Bei Frau Brüllen habe ich eine interessante Sache gefunden. Jeweils der 5. eines Monats wird tagebuchähnlich dokumentiert. Das mache ich doch auch mal. Wobei ich mich zu erinnern weiß, dass das monatliche Foto vom Hof eine Herausforderung war, an der ich gescheitert bin.
Montag, der 5. August 2013
Der Wecker klingelt wieder, wenn auch spät, um 8:30 Uhr. Der Mann hat heute seinen ersten ernsthaften Arbeitstag nach den Ferien und er schaut genauso unglücklich drein und hat genauso schlecht geschlafen, wie wir als Kinder, wenn die Sommerferien vorbei waren. Ich komme zu ihm ins Bett und wickele mich einmal um den ganzen Kerl, damit der Montag etwas kuschliger anfängt.
Dann mache ich ihm noch eine Kaffeebombe zurecht, bevor er geht.
Nach dem Frühstück und der Twitter-Schau setze mich gleich an den Schreibtisch. Es ist einiges aufzuarbeiten, Mails liegen schon fast schimmelig im Postfach herum, Texte wollen geschrieben und vorher recherchiert werden. Also an die Arbeit.
Das Telefon klingelt, es ist LaPrimavera. Es geht um Termine, meinen Überwachungsartikel, zu dem sie eine Mail geschrieben hatte, die ich aber gern im Blog veröffentlichen will, dazu noch dies und das beziehungstechnische, der Frauengesprächsklassiker.
Weiter im Text. Ich habe Briefe aufzugeben, die ausgedruckten Briefmarken sind alle, die schwarze Druckerpatrone und die Batterien in der Maus sind leer. Aus dem Gang zum Briefkasten wird also ein Gang zur Post wird eine Fahrt zu den Schönhauser Allee Arcaden, um eine Druckerpatrone zu kaufen. Dort gibt es bekanntermaßen die Postfiliale des Grauens, bei der ich mich entweder in die Schlange einreihen oder am Briefmarkenautomaten passend zahlen muss.
Aber erst klingelt das Telefon. Glämmie hat Urlaub und fragt, ob ich mit auf den See komme. Verlockend, aber die Disziplin ist stärker, außerdem habe ich vom gestrigen Schwumm noch eine beträchtliche Grundschwere in den Gliedern. Also sage ich ab.
Weiter im Text, das mit der Post schiebe ich erstmal raus und bald ist vom Obstjoghurt in meinem Magen nichts mehr übrig. Ich mache mir ein Brot.
Ich setze mich zur Entspannung in der Mittagspause an die beiden langen französischen Rocknähte von dem Kleid, das ich in Arbeit habe. Wie immer werden aus vier Nähten sieben, weil ich zusätzlich noch einmal die Taille und den Saum mit Positionsnähten versehe.
Dabei werde ich, wie ich es schon befürchtet hatte, bleiern müde, die Grundschwere will sich ausleben. Dabei wollte ich es doch vor zwei Uhr zur Post geschafft haben. Ich schaffe es nur noch bis aufs Sofa, falle bäuchlings in Komaschlaf™ und wache erst wieder auf, als der Graf zurückkommt. Kurz habe ich Angst, dass ich bis halb fünf Uhr durchgeschlafen habe, aber er war heute schon eher fertig.
Ich mache mir einen Haarknödel, ziehe mir ein paar Kleidungsstücke an (die braucht man in unserem Gewächshaus auf der Barminkante nicht), setze ein Sonnenhütchen auf und radele, abwechselnd den Hut festhaltend und das enge T-Shirt-Kleid runterziehend, zum S-Bahnhof Schönhauser.
Oh Wunder! In der Post stehen vor mir nur 5 oder 6 Leute das habe ich hier noch nie erlebt! Ich werde meine Briefe los und die Druckerpatrone ist auch schnell gekauft.
Ich radele zurück, setze mich wieder an das Kleid, freue mich an den akkuratesten Zickzacknähten die ich je genäht habe und stecke den Rock an das Oberteil. Zunächst mit Nadeln zur Anprobe, denn ich habe mittlerweile eine haarsträubend verschobene Taillenlinie, vorn plus 2 cm, hinten minus 2. Der Graf hilft mir beim Stecken und korrigieren.
Dann baue ich den Nähplatz in der Küche ab. Der Graf holt mit mir einen Ersatztisch vom Boden und ich ziehe ins zweite Wohnzimmer ans Fenster um. In der Küche arbeiten ist zwar gemütlich, aber Stoff und Essen, das beißt sich.
Ich baue alles wieder auf und putze den zweiten Tisch, der von den Jahren auf dem Boden mit schwarzem Staub bedeckt ist. Nebenher bade ich noch des Mannes Flipflops und starte eine Waschmaschine mit Bürohemden.
Hunger. Ich esse den Rest Bratkartoffeln von Samstag und dazu Radieschenquark.
Dann hefte und stichele ich, das Feintuning erlaubt mir, die zu heiß gebügelte Stelle zu verstecken und der Rock sitzt nach einer ganzen Zeit Gefrickel gut an der Taille. (Die Brustabnäher mussten steiler. Schenkt mir doch der liebe Gott jedes Jahr eine halbe Körbchengrösse. Aber das ist Gott sei Dank bald vorbei, in zwei oder drei Jahren lichtet sich dieses Hormonchaos.)
Dann ist es auch schon dunkler Abend. Ich lasse mir den 6-Meter-Saum für morgen, denn es ist Zeit, sich gegenseitig zu bepuscheln (dabei nicht zu vergessen, die Wäsche aufzuhängen) und des Grafen Blogeintrag über eine seiner größten Leidenschaften zu lesen.
tl;dnr Ich habe nur die Hälfte von dem geschafft, was ich tun wollte und konstant ein schlechtes Gewissen, dass ich keiner „ordentlichen“ Arbeit nachgegangen bin.
PS: Zum Vergleich ein Arbeitstag vor genau 6 Jahren. Kein Kommentar.