Sterntaler

Mit dem schwindenden Sommer, der so groß war, läuft nun auch wieder das Getriebe des Jahres an.
Ein Seminar, das ich schon vor zwei Jahren entwickelt hatte, wird nun stattfinden. Es heißt „Sterntaler – vom Wert meiner Arbeit“ und genau darum gehts.
Ich saß vor zwei Jahren als Personalberaterin in Einstellungsgesprächen und wenn es um Gehaltsverhandlungen ging, war ich kurz davor die Seiten zu wechseln, die Bewerberinnen hart zu schütteln und ihnen zu sagen, dass das doch wohl alles nicht wahr sein könne.
In einem Fall kann ich aus dem Nähkästchen plaudern.
Über 200 Bewerbungen, davon 2 Männer, die aber beide indiskutabel unpassend auf die Stelle waren. (Einer, der sich auf eine Marketingstelle als Geschäftsretter und Messias anpries und einer, der eine animierte Show als Supergrafiker abzog. Die hatten beide nicht genau hingeschaut und sich standardmäßig überschätzt.)
2 Frauen fielen raus, obwohl sie gut passten, weil ein Unterton nicht stimmte. Beide kamen aus Höllenjobs, die eine von einer Luxusmarke in London, die andere von einer Frankfurter Werbeagentur und wollten es nun langsamer angehen. Das ist völlig ok., wer die Erfahrung hat muss nicht mehr wie verrückt rotieren. Aber die eine hatte viel zu hohe Gehaltsvorstellungen für einen mittelständischen Berliner Betrieb und bei der anderen hätte man Wetten darüber abschließen können, in wie kurzer Zeit sie schwanger ist, sich krankschreiben lässt und dann doch nicht mehr wiederkommt. Westdeutsch, bürgerliches Umfeld, verheiratet, gutverdienender etablierter Mann (den sie schon in der Bewerbung erwähnte), altersmäßig fürs Kinderkriegen allerhöchste Zeit – die klassische „ich gebe meine Kinder besser doch nicht ab!“-Frau. Ich war da neutral und hätte sie zumindest sprechen wollen, aber das wollte die Chefin nach zwei solchen Erlebnissen auf keinen Fall mehr.

Die knapp 20 Frauen, die wir einluden, hatten genau hingeschaut und waren super vorbereitet, bestens qualifiziert und arbeitserfahren. Als es an den Gehalts-Teil des Bewerbungsgespräches ging, wurde es wunderlich.
„Naja, ich hab schon vorher wenig verdient, ich möchte mich auf keinen Fall verschlechtern.“
„Nicht weniger als vorher, da bekam ich (nennt einen Hungerlohn.)“
„Ich weiß ja auch nicht, aber vielleicht (nennt einen Betrag 20% unter der schon unterirdisch niedrigen Kalkulation der Firmenchefin).“
„Mein Papa hat gesagt, ich soll (keine Ahnung woher der Papa diese astronomische Zahl hatte) verlangen.“
„Ich hab mit meinem Freund geredet. Wenn ich das hier mache, dann nicht unter (ebenfalls astronomische Zahl), sonst lohnt sich das Arbeitengehen nicht.“
„Geld ist mir egal, ich will Spaß haben.“ (Mutter von drei Kindern, die sich zehn Sätze vorher darüber beklagt hatte, dass als Freiberuflerin das Geld so knapp ist.)
Zwei, drei lagen ganz richtig, gaben aber bei der Feilscherei zu früh auf, so dass sich die Chefin nicht sicher war, ob sie auch für Verhandlungen mit Lieferanten den richtigen Biss hätten.
Die Favoritin hatte klarsichtig verhandelt, noch einiges an Sonderkonditionen rausgeschlagen und sagte nach einer Woche Überlegen ab. Eigentlich hatte sie nur ihre Marktwert überprüfen und in ihrer Firma eine Handhabe für eine Beförderung schaffen wollen.
Die Nachrückerin war in der Gehaltsverhandlung sehr defensiv und kartete nach der Zusage noch zwei Wochen nach. Erst wollte sie die Konditionen ganz neu verhandeln (unbefristeter Vertrag, 30% mehr), dann wollte sie wenigstens eine BVG-Umweltkarte. Was die Sache fast in die Grütze ritt und die Skepsis ihr gegenüber hoch steigen ließ.
Sie blieb auch nicht lange, so weit ich weiß.

Ich brauchte eine Weile, um das zu verarbeiten. Nicht, dass mir das nicht auch schon passiert war. In meinem ersten Job nach dem Studium saß ich mit Kulleraugen da und meinte „aber bitte nicht unter xxx Mark!“. Ich kannte nämlich nur die Konditionen der Theater und  der Offkunst-Szene und nicht die der Filmbranche. Irgendwann bekam ich hintenrum mit, dass meine Vorgängerin 30% mehr verdient hatte und ich zunächst unter „übergangsweise mag das mit der gehen, die ist doch froh, dass sie einen Job hat“ gehandelt wurde. Ich konnte meinen Kopf gar nicht so oft auf die Tischplatte schlagen, wie es nötig gewesen wäre. Dass ich das kurze Zeit später kompensierte, indem  ich der Chefin den A… rettete, als sie 8 Wochen schwer krank war und ich von jetzt auf gleich die gesamte Arbeit, auch ihre, ohne Einarbeitung übernahm und sie mir dahin schon aus Dankbarkeit das Gehalt wesentlich erhöhte, steht auf einem anderen Blatt. Aber was wäre gewesen, wenn es diese anstrengende „Heldentat“ nicht gegeben hätte?
In den Jahren danach habe ich schon berufshalber, indem ich für viele andere Verträge verhandelte, das ganze Geflecht von finanzieller Schätzung, Wertschätzung und Überschätzung kennengelernt. Inklusive des Standardspruches „Frauengagen sind ohnehin 30-50% niedriger“ – für Karrieren, die oft nur 10 Jahre dauern und überproportional hohe Investitionen in das Kapital Attraktivität erfordern. Selten, dass der Geder Gap so in Erz gegossen schien.

Deshalb gibt es jetzt einen Tag Recherche- und Kalkulations- und Verhandlungstraining nicht nur, aber vor allem für Frauen.

Edit: Da es auf Twitter und hier in den Kommentaren nachgefragt wurde: Ich mache das Seminar Mitte November in einer Hochschule, könnte es aber danach auch noch offen anbieten, wenn sich genug Leute finden, so dass sich ein Raum lohnt

Suchmaschinenoptimierung ist Voodoo

Seit einer reichlichen Woche vergrabe ich ich ganz ganz tief in SEO-Weisheiten. Suchmaschinenoptimierung ist ein hartes Tagwerk. Wenn ich abends aus dem Schacht komme, muss ich erstmal duschen.
Auch hier wieder mal die Frage: Will ich das? Das Internet ist in Informationsbereichen wie Gesundheit ohnehin schon gründlich mit Suchstichwort-Nullinformation zugeschrottet.
Im Suchmaschinenranking mag das erfolgreich sein. Nur bitte, wer will das lesen? Die Texte klingen so dämlich wie Waschmittelwerbung. Mir ist das Ziel immer noch nicht klar. Ist das wirklich so ein Penetrationsding? So wie jemand im Werbespot sagt „Blenda-Dingsda!“ und die Leute dabei immer weiße Zähne blecken beim Erzählen, wie glücklich sie jetzt sind und das alles nur, damit sich in Hirnen verankert: Zahncreme=Blenda-Dingsda.
So auch mit Such-Algorithmen? Tonnen von Wortblech, damit dann die „Kleinschrauben und Haltewinkel GmbH“ beim Suchstichwort Eckenbeschlag ganz oben steht?
Ich dachte immer, Markenbildung geht anders. Aber vielleicht bin ich da auch rettungslos von Gestern. Fakt ist, wenn mir jemand mit Butterfahrt-Poesie kommt und mich mit Stichworten zuspammt (möglichst noch in h2-Größe), bin ich ganz schnell wieder weg von der Seite.
Oder ist das alles nur etwas, was Firmen verkauft wird, um ihnen zu suggerieren, sie sind auf dem richtigen Weg?

Ich verstehe ja, wenn jemand in Berlin Dattelpalmen verkauft, dass derjenige beim Stichwort „Dattelpalmen Berlin“ ganz oben stehen will. Aber ej, das nervt! Aber sobald 20 andere Leute Dattelpalmen so optimiert anbieten, funktioniert es eh nicht mehr. Da wäre es im antizyklischen Handeln wichtiger, am Markenaufbau zu arbeiten. Kostet was, ist aber vermutlich nachhaltiger.

PS. Dieser Text klingt deshalb so schwachsinnig, weil er nach SEO-Maßgabe geschrieben ist.