Schöne Klare Dinge

Das sind aus Stoff genähte Taschen und Etuis, schlicht, edel und gut verarbeitet.
Als wir uns den Namen ausdachten, ging es uns darum, zu signalisieren, dass es bei uns keine kunterbunten Muttitäschchen gibt. Mir war dazu noch wichtig, dass der Name weder englisch ist und noch ein Wortspiel. Schöne Klare Dinge – das klingt wie eine Zeile von Matthias Claudius.
Der Graf hat seit Jahren für seinen Bedarf clevere und gut konstruierte Hüllen und Täschchen entworfen, in die er sein iPad, das Notizbuch und seine vielen Stifte verpacken konnte. Ich war immer völlig fasziniert und wollte die Sachen auch haben. Letzte Weihnachten machten wir dann noch weitere Exemplare zum Verkauf.
Es sind mittlerweile einige Stücke über den Tisch gegangen. Die Tweedkollektion, die wir von Anfang an vorhatten, entstand bisher noch nicht, weil alle auf die Japanstoffe flogen. Und letztens wurde es für eine Kundenorder von Stiftrollen sogar bunt gemustert.
13722037_1802873246608222_218180663_n
In diesem Sommer kam ein Rucksack dazu. Einer von denen, die man sich einfach auf den Rücken hängt und den Pullover und ein Buch reinpacken kann.
winirucksack
Während der Graf bei den Stiftrollen noch pingelig darauf achtete, dass die Nähte genau gerade sind und Ecken wirklich eckig, setzte ich mir beim Rucksack von allein das Ziel, dass innen aber auch gar keine fransende Stoff-Kante zu sehen sein darf. Was beim Übergang von den Seitennähten zum Tunnelzug einige Tests brauchte, bis es mich zufrieden stellte.
rucksack2
Auch eine Möglichkeit, die Kordeln zu verstellen, ohne Metall einzusetzen, gelang mit einer simplen Vorrichtung.

Was eine schon ziemlich freut, ist, wenn ein Teststück nach einem Foto auf Twitter sofort gekauft wird und wenn es dann noch vom Profi den Impuls gibt, nun mal endlich mit der Tweed-Kollektion zu beginnen.

Wir nehmen gern Bestellungen per Mail entgegen. Wem das zu persönlich ist, kann auch im Shop ordern: Dawanda oder Etsy. Alle Teile – Stiftrolle, Rucksack und Statt-Handtasche – kosten jeweils 35€ zuzüglich Versand. Barzahlung und Abholung sind auch möglich.

Und für weitere Einzelheiten gibt es hier unser digitales Lookbook.

Vigil 74

UpRecycling oder Die Odyssee eines Vorhangs. In den 70ern aus Verlegenheitsstoff von des Grafen Oma genäht, hing er Jahrzehnte im Bad. Dann wurde er von uns zum einwickeln und transportieren von etwas Zerbrechlichem genutzt. Danach lag er ewig im Kofferraum und wurde um ein Haar zu Putzlappen verarbeitet.
Aber der Graf hat ja einen Blick für Details. Das Muster gefiel ihm und als wir die Standard-Ikea-Fusselmatte aus dem Bad entsorgten, erkor er das alte Stück Stoff zum Nachfolger.

Ich trennte den Vorhang auseinander, fütterte den Stoff mit einer alten Fleecedecke und steppte Bahnen darauf – und nun ist er wieder in einem Badezimmer und hat ein zweites Leben.

matte

MMM mit Jerseyblazer

Seit Sewing by the Sea, wo Elisabeth an einem Blazer arbeitete, wollte ich auch einen. Das heißt, ich habe einen Jerseyblazer, ein 15 Jahre altes Stück von Escada, das verbotenerweise mitgewachsen ist und auch so aussieht. Aber jetzt brauchte ich einen, der paßt. Also so einigermaßen.
jerseyblazer1
Ich habe dafür meinen neu konstruierten und erprobten Oberteilgrundschnitt verwendet, auf Paßformklasse 6 geweitet (viel zu viel! aber ich hatte im Kopf, dass Elisabeths Blazer zu eng wurde) und ein Revers angebaut. Der Graf hatte mir guten Sweatshirtstoff spendiert.
jerseyblazer2

Nach der ersten Anprobe hingen mir die Ohren runter, der Graf kommentierte, ich würde wie eine Landfrau auf dem Gang zur Beerdigung aussehen und das Teil kam erst mal in die Ecke. Der Stoff geht auseinander wie Hefeteig. Hauteng durfte der Blazer auch nicht sein, ich wollte wie bei meinem Vintage-Teil auch mal einen Pullover drunter tragen können und ein Futter sollte er auch noch bekommen.
jerseyblazer3

Ich habe ihn mächtig tailliert und vorn und hinten zwei Abnäher gemacht, unter die hängenden Schultern kamen Polster.
jerseyblazer4

Auch an der Brust habe ich etwas weggenommen, Trotzdem ist der Bereich über der Brust etwas zu weit, da habe ich mich nicht rangetraut. Alle Längsakzente haben eine Ziernaht bekommen. Die Taschen brauchen noch Knöpfe, sie stehen durch die Abnäher etwas ab.
jerseyblazer5

Der Blazer ist wie die alte Jacke mit einem dünnen grauen Baumwolljersey gefüttert, der wenig Elasthan enthält (aber leider furchtbar staubt, ich hoffe, das gibt sich nach einigen Wäschen).
jerseyblazer6

Für die erste eigene Konstruktion (es gibt noch einen Schnitt für ein A-Linienkleid aus Batist, aber das ist noch nicht fertig) bin ich sehr zufrieden. Und das mit dem Jersey lerne ich noch.

Und die anderen schönen Kleider gibt es wie immer hier.

Stoffe selbst bedrucken (Werbung)

Vor einigen Wochen wurde mir ein Gutschein angeboten, mit dem ich bei Originelle Fotogeschenke Stoff für ein Nähprojekt bedrucken lassen konnte. Ich war sehr gern dabei, weil genau das auf der „müssen wir unbedingt probieren“-Liste vom Grafen und mir stand.

Der Graf hat viele Fotos von grafischen Strukturen und Mustern. Da ich nicht unbedingt der Typ Bunt bin, landeten wir sehr schnell bei alten japanischen Motiven, die grafische Zweifarbigkeit voraussetzen und doch filigran und elegant aussehen, statt abstrakt-technisch.

Vorbereitung auf den Stoffdruck – Material und Muster sichten

Wir bestellten erst einmal das Musterpäckchen, um zu sehen, wie die Qualität der angebotenen Stoffe und die Ausführung des Drucks ist.
12940787_1121253047896663_1979331468_n12912608_245395012472967_1305169132_n
Ich hatte relativ schnell den Seidensatin favorisiert, auch wenn der als Bedruckstoff wesentlich heikler ist als der Baumwollbatist, der auch noch in der engen Wahl war.
12328396_946171838812403_499140512_nWährend ich hin- und herüberlegte, wofür ich den Stoffdruck verarbeiten wollte – Vielleicht ein Kleid in A-Linie oder doch ein schlichter Rock? – gestaltete der Graf Muster-Rapporte.12930818_1687596584835213_904026000_n japanese pattern
Nachdem ich mich für Bambus, Schmetterlinge und Blüten entschieden hatte, wäre ich diejenige gewesen, die ihre Lieblingsfarbkombi nachtblau/hellgrau einfach bestellt hätte. Aber…

Ein Probedruck spart Überraschungen

Der Druckprofi im Haus verhindert Katastrophen. Wieder was gelernt: Stoff bedrucken ist gar nicht so großartig anders als Papier bedrucken. So was wird heutzutage von großen Tintenstrahldruckern erledigt.
Der Graf bestand auf einem Probedruck und das war gut so. Er legte nicht nur einen A1-Probedruck mit ein paar Dutzend Farbkombis unseres Musters auf kleinen Feldern an, sondern zusätzlich noch noch eine schöne Farbpalette, um zu schauen, wie andere Farbtöne kommen. – Falls wir ganz umdisponieren wollen und auch für spätere Projekte.
12912547_224077611281900_1167766196_n 12940108_543592465844479_1567175682_n
Es ist schon ganz gut, dass wir uns dahingehend ergänzen. Ich bin „Trial and error, wir machen das jetzt einfach!“ und der Graf „Moment mal, das muss erst bis zum Ende durchgeplant werden!“. Das kracht zwar auch immer mal, aber letztlich gibt es ein Ergebnis und ich habe nicht tausend zufällige Zwischenschritte.

Der Probedruck auf Satinseide zeigte, dass die beste Farbkombination das Schwarz-Goldgelb war, das wir auch bei dem Seigeiha-Muster für unsere Etuis bevorzugen.
Wogegen mein favorisiertes Nachtblau nicht gut funktionierte. Auch eine Dunkel-Hell-Abstufung Ton in Ton funktionierte nicht so gut, sondern wurde unscharf. Es gab ein, zwei Varianten invers Hell auf Dunkel (das Muster ist eigentlich für Dunkel auf Hell gemacht, weil es für eine alte Reservefärbetechnik ist), die sehr schön aussahen, aber ich habe immer wieder Probleme damit, mit wallenden, hellen, glänzenden Muster-Stoffen herumzulaufen. Ich finde mich damit zu voluminös.

Der Rock entsteht

Wir bestellten paßgenau für einen Rock 80×180 cm bedruckte Satinseide.

Auf der Website wird dafür eine vorher angelegte tif-Datei der gesamten Stofffläche hochgeladen oder ein Rapport, der mit der Kachelfunktion automatisch vervielfältigt wird. Es ist auch unkompliziert möglich, Instagram-Sonnenuntergänge zu verwenden, die Fotogalerien der sozialen Netzwerke können einfach durchsucht werden (Flickr, Facebook, Instagram). Der Stoff kam sehr schnell, obwohl es hieß, das Seide ggf. zwei Tage länger dauert.
13117819_857070847730406_212826259_n 13151081_1020517208024392_1689538225_n
Ich ließ den Stoff noch zwei, drei Tage auslüften und durchtrocken und bügelte ihn anschließend noch mal vorsichtig von links mit niedriger Temperatur.
japanese-pattern-3 japanese-pattern-2
Es kommt tatsächlich genau das bedruckte Areal, versehen mit einem feinen Rand, was das Zuschneiden bei dem rutschigen Stoff leicht machte.

Ich machte einen simplen angeriehenen Rock mit einem 4 cm breiten Gummizug und französischen Nähten. Seidensatin muss unbedingt mit einer gratfreien, scharfen Nadel genäht werden, weil es sonst stumpfe Fadenzüge im glänzenden Stoff gibt. Auch Auftrennen hinterlässt Spuren, der Stoff ist sehr empfindlich. Glatter, feiner Seidenfaden ist besser als synthetischer Allesnäher, aber ich hatte keinen mehr und es gibt ihn auch nicht mehr so einfach zu kaufen wie früher.
japanese-pattern-5 japanese-pattern-4
Die Seiten ließ ich für Gehschlitze offen, aber ich glaube, das werde ich rückgängig machen, denn der Rock ist weit genug. Die innere Inge wollte unbedingt einen Handsaum, den habe ich ihr gegönnt. Dafür habe ich sehr feinen Stickunterfaden verwendet.

13092407_1713710315512744_1921028042_n japanese-pattern-6

Fertig!
japanese-pattern-7Da wir mit diesem schlichten Rock die überraschungsärmste Minimalvariante gemacht haben, habe ich schon wieder jede Menge Ideen. Das Verfahren ist extrem stoffsparend. Ich hatte so gut wie keinen Verschnitt.

Wer einen Schnitt hat, der zu 100% passt und den in ein Grafikprogramm lädt (wie das geht, weiß ich nicht, aber man könnte selbst im CAD-Programm entwerfen oder die Teile einscannen), kann die Schnittteile mit Mustern versehen, so dass der Rapport immer passt und die Highlights an den präsenten Stellen sind. Dann können diese Schnittteile im Fadenlauf dicht an dicht im Fadenlauf auf die zu bedruckende Fläche gepackt werden, das spart endlosen Verschnitt und zu viel gekaufte Stoffbreite- letztlich ist das ja nur eine tif-Datei, die hochgeladen wird. Dann werden die auf den Stoff gedruckten Schnittteile ausgeschnitten und zusammengenäht.
Auch individuelle Bordüren und Farbverläufe ließen sich so ganz leicht herstellen. Außerdem lässt sich die weiße Unterseite gut in die Farbgestaltung integrieren.

Service

Bei der ersten Bestellung war ich darauf gefasst, dass die Stoffmuster aus England mindestens 10 Tage unterwegs sind. Erst als ich eine Mail bekam, wie die Lieferung gefiele, dachte ich: Moment mal! und konsultierte die DHL-App. Die Lieferung lag seit mehreren Tagen in einem Laden der Nachbarschaft und es gab nur keine Benachrichtigung.
Es geht nämlich wirklich blitzschnell und das wird einem nicht einmal als besonderes Feature angepriesen, sondern scheint normal zu sein. (In London liefert man sogar Same Day mit Fahrrradkurier, habe ich irgendwo gelesen.) Der Testdruck war nach zwei Tagen bei uns. Da in London hergestellt wird, passiert der Transport zwischen Heathrow und Frachtflughafen Leipzig über Nacht, die Sendung geht am Morgen in Berlin ins Lieferauto. Die Auslieferung in Berlin passierte einmal sogar per Expressboten.
Aber: Die Adressdaten von Auslandssendungen scheinen nicht kompatibel zu den kleinen mobilen Druckern der DHL-Boten zu sein und scheinbar haben sie keine Zeit, die Benachrichtigungskärtchen per Hand auszufüllen. Dass die Jungs nicht klingeln, wenn man oben wohnt, sondern die Sendung irgendwo abwerfen, ist ja Standard. Man weiß nur nie, wo, weil die Benachrichtigung fehlt. Also unbedingt auf die DHL-App schauen, sonst wird der ganze schnelle Service des Herstellers kurz vor der Zielgerade ad absurdum geführt.