Im Dickicht der Telekom

Es begab sich, daß der Graf Ende September die Geschwindigkeit seines Internetanschlusses erhöhen wollte. Zu diesem Behufe ging er in den endgeil-hippen Telekom-Laden in Berlin Mitte. Der hinter dem Tresen stehende Jungmann mit dem Flesh Tunnel meinte, kein Problem, ab dem 5.10. sei das Internet schneller und der Vertrag umgestellt.
Als auch am 9.10. das Internet noch mit 2000 mbit/s dahinplätscherte, rief ich dann mal bei Telekoms an.
Im Callcenter machte man dann Ach! und Oh! Man könne doch nicht einen Auftrag, der im T-Punkt eingestellt wurde, bearbeiten! Auch wenn der völlig unvollständig wäre. Da müsse man einen neuen Auftrag erstellen. (Mit der Callcenter-Dame als Vermittlerin, versteht sich.) Nächster Termin der Ausführung: 15., nein 19. Oktober, da man noch im Kasten unten auf der Straße was schrauben müsse.
Natürlich hatte sich nach dem 19. Oktober nichts geändert. Ein Anruf brachte Erstaunen. Ja, man wisse auch nicht warum, aber man würde ein Ticket einstellen und mit der Technik Rücksprache halten… Wieder passierte nichts. Ab dem 24. Oktober rief ich dann täglich an. Oh! und Ach! Ob ich denn das nicht bitte lassen könnte? Ein täglicher Anruf würde auch nichts ändern daran, daß keiner wüßte, wann der Anschluß nun umgestellt wäre. Es bestünde allerdings Hoffung, daß sich am 26. etwas täte.
Natürlich tat sich nichts. Heute rief ich wieder an. Was denn nun wäre? Ja, das wüßte man doch auch nicht! Eigentlich dürfte der Auftrag garnicht existieren, so wie er aussieht. (Aha!) EOder hätte es etwa ein Auftragsbestätigungsschreiben gegeben? (Aha!)
Und das Ticket zur Fehlerklärung, das man vor 10 Tagen eingestellt hätte, wäre mittlerweile tiefrot. Was aber nichts heißt. Man könne jetzt gar nichts machen. Der fast nicht existente Auftrag und das tiefrote Ticket wäre nun unwiderruflich im tiefen Schlund der inneren Abteilungen verschwunden. Die könne man nicht anrufen, da käme man nicht ran, noch weniger wüßte man, was und wann da passieren würde. Ich solle vertrauen, daß das geregelt würde. Ichso: Wie jetzt? Ich vertraue seit dem 5. Oktober, jetzt ist der 30. Ja, das wüßte man jetzt auch nicht, aber da könnte ja jeder kommen! Ich solle abwarten, man wüßte nicht wie lange und auf GAR KEINEN FALL wieder anrufen, denn das bringe nichts!

Ich bin mittlerweile überzeugt, die Telekom hat die Schnittstelle zur Parallelwelt schon lange. Und ich bin gespannt, was passiert, wenn das Ticket über den Tiefrot-Status hinaus ist. Verwandelt es sich dann in Antimaterie und pulverisiert die nächste Vermittlungsstelle?
Wahrscheinlich muß ich beim nächsten Anruf im Callcenter 1000 Mal aufschreiben: Ich soll festangestellte Telekom-Mitarbeiter nicht in ihrer Ruhe stören!

Veröffentlicht unter Exkurs

Zelte abbrechen

Es ist nicht nett, wenn ich hier schon so selten auftauche, daß ich mich dann noch beschwere.
Aber es wird hier immer mühseliger, einen Post zusammenzubekommen. Aus Änderung der Lebensumstände zum Einen, aber auch, weil ich Beiträge aus alten offline-Beständen erstellen muß. Twoday hat seine Bezahlmethoden jenseits der Kreditkarte scheinbar immer noch nicht im Griff und die Karawane ist weitergezogen in Richtung Social Media.
Wenn ich demnächst an langen Winterabenden etwas Zeit habe, werde ich wohl mit WordPress spielen und wieder selber etwas aufsetzen.

Veröffentlicht unter Exkurs

Ich hasse eure Armutsangst!

Zitierte eine Freundin eine Freundin.
Die mit ihren letzten 20 Mark einen Blumenstrauß kaufte, essen ging und auf diese Weise in Berührung mit der Welt blieb und unterm Strich ein reiches Leben führte.
Irgendwie habe ich die Tage viel darum diskutiert.
Um die Angst vor Verarmung und das Geldhorten und ein Leben so, als wäre der worst case schon eingetreten.
Darum, ab und zu den Test zu machen, wie wenig man eigentlich braucht und wovon man sich trennen kann. Materielles Fasten sozusagen.
Darum, welchen Wert man sich beimißt. Wie sich das ausdrückt. Ob man es sich wert ist.
Ob billig unterm Strich teuer ist.
Ob Kirchenmaus oder Katze. Grille oder Ameise.

Und dann machte der Diskurs einen Ruck.
„In der DDR gab es keine armen Leute.“
WTF?
ES dauerte lange, bis die Erinnerung wieder kam. Die Freundin mit dem dauerkranken Kind, die von 200 Mark Sozialhilfe lebte. Die Invaliden und alten Hausfrauen, die zuletzt eine Mindestrente von 330 Mark bekamen. Der Opa, der den Müll durchwühlte, um Verwertbares zu finden und Eier und Blumen an der Wohnungstür verkaufte, weil er auf einen Farbfernseher sparte. Die Freundin, deren psychisch kranke Mutter Ende der 70er 300 Mark Invalidenrente bekam und Kindergeld (20 Mark???), die nie in Urlaub fuhr und zweimal im Jahr zwei Hosen für 15 Mark und Leinen-Turnschuhe für zwölf Mark kaufte. Manchmal nähte sie sich was aus Stoffresten.
Es ist sicher keiner vor Hunger gestorben. Die Teilnahme an (staatskonformen) Veranstaltungen und Vereinen war auch umsonst, Kino und Theater relativ billig. Die Wohnbedingungen waren erschwinglich, aber katastrophal. Eben diese verkommenen, kaum heizbaren Altbauwohnungen ohne Bad und mit Klo auf der halben Treppe, um die wir nun, nach der Sanierung, in Mietwettbewerb treten.
Wer hochqualifiziert aus dem Beruf fiel, sei es durch Unfall oder Krankheit, mußte drei oder vier Stufen tiefer wieder anfangen, wenn er mit verminderter Funktionalität nicht mehr zu gebrauchen war.
Wenn „keine Armut“ bedeutete, daß keiner Obdachlos war oder verhungerte, dann akzeptiere ich das. Ansonsten lebt heute selbst ein Hartz IV Empfänger auf wesentlich höherem Niveau als ein Armer in der DDR.
Nur zur Erinnerumg.

Übrigens gibt es im Netz so gut wie kein Zahlenmaterial zu dem Thema. Es dürfen gern Fakten und Erinnerungen in den Kommentaren hinzugefügt werden.

Veröffentlicht unter Exkurs