Die Erinnerung, daß ich an diesem Tag unbedingt an einer Demonstration teilnehmen mußte, sonst steigt mir meine Mutter aufs Dach, ist verdammt lange her.
Das Wetter wechselte zwischen Regenschauern und Sonne. Es war angenehm.
Zuerst spülte ich die Bauschutteimer mit dem Schlauch ab und stellte sie zum Trocknen auf den Rasen. Dann kärcherte ich die große Stehleiter.
Zwischendurch kamen zwei ältere Herrschaften, die mal schauen wollten. Der Mann hatte als Kind in den 50ern einige Zeit im Verwalterhaus verbracht. Er erzählte, daß am kleinen Haus ein Wildgatter war für im Wald aufgelesene Rehe. Gut, daß so etwas nicht in Vergessenheit gerät.
Ich säte zwischen zwei Regenschauern Gras aus und beschnitt die Hortensie im Barockpott. Sie hatte Anfang März schon einmal ausgetrieben, die Triebe waren erfroren. Ich schnitt die toten Zweige weg und Mimi mußte unbedingt zuschauen und mithelfen. Ich mußte sehr aufpassen, daß kein kleines Pfötchen in der Gartenschere landet.
Dann schickte ich meinen inneren Schweinehund in die Ecke und begann, die Tapeten in der Treppenkammer abzureißen.
Bei dieser Arbeit gilt die 80/20 Quote ganz gewiss. 80% der Tapete gehen in 20% der Arbeitszeit ab. Für die restlichen 20% kratzt man 80% der Restzeit. Die Hälfte habe ich geschafft.
Um 19 Uhr machte ich Schluß und ging in die Badewanne.
Archiv des Autors: kitty
30.04. 2020
Ein Tag wie im Brutapparat. Immer mal Regen, Wärme und blankgeputzte Luft, man konnte dem Gras beim Wachsen zusehen.
Heute war es so weit. Die mit im Boot sitzenden Menschen konnten nicht warten und Drängten zum Finale der ersten Hälfte des Berlin-Dramas per Videokonferenz. Wir zogen uns vormittags zumindest obenrum ordentlich an und ich malte und frisierte. Dann kamen 100 Minuten Dokumentenverlesung und „Mikro aus!“, „Ich habe keinen Ton!“ und so weiter.
Wie schon überlegt – eine Katze oder ein Huhn quer über den Tisch laufen zu lassen, wäre nett gewesen.
Aber es war nur die Hälfte vom Spaß. Es geht weiter.
Wir saßen dann etwas am Ofen, verschnauften und aßen etwas. Ich strickte noch ein bisschen.
Am Nachmittag brachen wir zu einer Besorgungstour auf. Zuerst ein Päckchen beim Edeka in der Kleinstadt abgeben. Die dort Einkaufenden zogen in der Ladentür die Masken auf und rissen sie sich beim Rausgehen sofort wieder herunter.
Nun muss man sehen, daß bis zum Montag kaum jemand mit Maske Lebensmittel kaufte und in der Woche, in der es – so weit ich mich erinnere – in diesem Bundesland keine oder nur zwei oder drei Neuinfektionen gab, plötzlich eine Maskenpflicht in Läden ab nächsten Montag beschlossen wurde. Das ist für viele völlig absurd.
(Für uns ist es egal. Wir halten die Füße still, bleiben weitgehend zu Hause und auf Abstand. Wer es anders entscheidet, tut das eben. Solange uns so jemand nicht auf den Schoß springt…)
Wir fuhren weiter in die Gegend um Rostock und holten einen Tisch ab, vorher hielten wir kurz bei der Freundin drei Dörfer weiter an und brachten die Gesichtsmasken vorbei. Sie hatte wieder interessante Sachen zu zeigen. Wann sieht man denn schon mal Uhrzeiger, Wetterhähne und Turmspitzen von nahem?
Der Rückweg war mit wunderschönem Abendlicht garniert und beim Parken empfing uns ein Miezekatzen-Begrüßungskomitee.
So muss das.
29.04. 2020
Ein wunderbar verdallerter Tag. Es hatte etwas geregnet, es war kühl und es war richtig, fast nichts zu tun.
Ein Test für die Videokonferenz morgen. (Leider ist die Kameraposition so, daß niemand nackt durch Bild laufen kann. Vielleicht sollte ich eine Katze so auf einem Ruhekissen positionieren, daß sie irgendwann aufwacht und nach Stretching und Gähnen Futter einfordert. Shawn kann das gut. Der schaut dann immer so vorwurfsvoll.)
Etwas spazieren gegangen. Die Kohlrabis wachsen und werden interessant für nächtliche Salatliebhaber und die unvermeidlichen Wühlmäuse.
Zwei Gesichtsmasken genäht.
Den Ofen geheizt, rumgehangen und gebadet.
28.04. 2020
In Erwartung des Regens, der dringend nötig ist. Die Obstwiese wird stellenweise schon gelb, der Boden staubt. Der Lehm hatte sich im Winter zwar gut mit Wasser vollgesogen, aber die oberen 15 cm sind steinhart und trocken.
Ansonsten ist hier gerade das Paradies. Die Birnen und Quitten streuen schon die Blütenblätter aus, die Kirschen schwingen noch die Pompoms, die Apfelblüten sind gerade aufgegangen, die Magnolien sind mitten dabei. Flieder und Kastanien warten auf ihren Auftritt. In allen Ecken des Parks kommen die Hasenglöckchen zum Vorschein. Eigentlich hat der Rasenmäher nur zwei Pflanzen halb rasiert. (Und der Raps blüht, war der früher nicht erst im Juni dran?)
Die Kälber toben auf der Weide und die Kinder in der Nachbarschaft spielten heute mit einem winzigen Lämmchen.
Das größte Ereignis heute: Die Knospen der Blutbuche gingen auf. Es ging morgens oben auf der Krone los und nachmittags hatten auch die unteren Äste kleine zarte Blätter.
Ich bin dankbar für dieses Leben.
Keine Ahnung, warum, ich war heute langsam und müde. Es hat ewig gedauert, bis ich endlich das restliche Gras von der Obstwiese geharkt hatte. Mittlerweile ist es duftendes Heu.
Nachmittags saß ich einfach nur mit Kaffee im Park.
Mimi hat heute wieder einmal eine Begegnung mit ihrer Mutter, der Nachbarkatze, gehabt. Es war wie seit ihrer dritten Lebenswoche, die Mutter echauffiert sich furchtbar, wenn sie sie sieht, faucht und knurrt mit gesträubtem Fell. Ich wußte garnicht, daß Katzen so ein gutes Verwandtschaftsgedächtnis haben.
Der Graf und ich sprachen über die Terrasse. Sie soll einmal abgebrochen und wieder aufgebaut werden. Der Belag aus gespaltenen Feldsteinen ist für Stühle und Tische zu uneben.
60 Quadratmeter neuer Belag sind zu suchen. Schön, funktionierend und bezahlbar. Helle Hartbrandziegel, glatter Naturstein oder etwas, auf das wir noch kommen müssen. Gern auch als Zweitverwertung. Das wird spannend.
Abends gab es Suppe und ich beobachte, wie der Regen seit Stunden nördlich und südlich am Dorf vorbei zieht.