Tagebuchbloggen – 23. September 2013

Weiter gehts mit Tagebuchbloggen, das gab es hier lange nicht mehr. Andere machen zweimal im Jahr einen alkoholfreien Monat, ich schreibe in ebendiesem Turnus mein Tagwerk auf.

Das gestern war ein Montag. Das sagt alles. Vor sieben Uhr hochgewunden, im Halbschlaf dem Grafen Kaffee gekocht und ihn an die Tür begleitet. Dann gut eine halbe Stunde zum Mensch werden. Mittels Kaffee, Bananenquark und Pflaumentarte.
Am Schreibtisch gesessen, einen Blogeintrag geschrieben und den Umzug einer WordPress-Testseite von einer Subdomain auf die normale Domain vorbereitet. Selten viel Scheiße dabei gebaut. Erst alle für alle Plugins ein Update gemacht, um zu schauen, ob es dann wirklich noch läuft, denn die Nextgen-Gallery ist eine fragile Zicke. Bingo, es lief natürlich nicht mehr, das Plugin war unvollständig geladen. Daher den übriggebleibenen Salat gelöscht und das Plugin wieder händisch installiert. Panische Suche nach den Fotos, die Nextgen natürlich nicht in den Standardverzeichnissen abspeichert, aber sie waren noch da. Dazu noch ein paar kleinere Details geändert. Das nächste Mal gibt es selbst vor Plugin-Updates & Billighoster eine Datensicherung. Ich brauche das für mich bei Strato nicht, da habe ich die Backups zur Verfügung.
Den Restgulasch von Samstag gegessen. Anschließend komatöser Mittagsschlaf.
Dann versucht, bei kontent.com eine URL auf ein Verzeichnis auf dem Webserver umzuleiten. Also das schlichte: Mache ein Verzeichnis, pack deinen Schrott da rein und leite darauf um. Vielleicht wars auch nur für mich nicht intuitiv genug und es dauert ewig, bis die Umleitungen auf dem Server verdrahtet sind. Jedenfalls lief erstmal nichts, bzw. nur auf de alte Tour und ich bekam das große Jammern und Nörgeln. Der Graf muss da mal reinschauen, ich hatte mich festgefahren und habe nichts mehr angefasst, um das Desaster nicht noch größer zu machen..

Am Abend zu angenehmeren Tätigkeiten gewechselt.
Am Freitag hatte ich mit dem Kind einen Fischzug über den Markt am Maibachufer getan. Meine Beute ist schwer zu fotografieren:
Stoffe vom Maybachufer
Schwarze Popeline, die gut steht und knistert, lockerer schwarzer Flanell, ein Blümchenkattun, hier schon zugeschnitten und hauchdünner weißer Batist für Unterrock und Hemdchen. Die Taschentücher, die darauf liegen, waren Beigabe bei einem e*ay-Kauf, die verarbeite ich zu Einsätzen in den Hemdchen.
Taschentücher
Dann gab es noch diesen Schnitt, den ich auf Paßform testen wollte.

Gestern fing ich aber erst mal mit einer Lockerungsübung an. Ein simpler Stufenrock, den ich im Sommer schon mal genäht und dabei gut verk… hatte, weil ich mich in den Stufen verzählte.
Schnitt Stufenrock Blümchenstoff
Diesmal war aber alles korrekt zugeschnitten. Aus der übrigbleibenden halben Stoffbahn spendierte ich mir noch Taschen, denn Winterzeit ist Taschentuchzeit.
Taschen
Dazu französische Nähte aus Garn, das noch in meinen Altbeständen schlummerte.
Französische Naht
Französische Naht 2Garn
An so blöden Tagen wie gestern ist langsam Nähen wichtig. Nicht noch das Pixelchaos mit an die Nähmaschine mitbringen. Ich achtelte die Bahnen sorgfältig mit Bügelmarkierungen
und zog Reihfäden getrennt nach Vorder- und Rückseite ein.
Reihfäden
Die Taschen bügelte ich Freestyle zurecht, um sie aufzunähen, das durfte ruhig etwas improvisiert aussehen. Nun fehlen nur noch zwei Stufen. (und das gefällige Hindrapieren lerne ich wohl nie mehr…)
Stufenrock

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Is so

Als ich gestern Abend Twitter öffnete, hatte ich das Gefühl, dass meine Filterblase und ich (ich mag sie nicht immer, aber ich hab mir die Leute schließlich ausgesucht) ein paar Stunden Realitätskontakt hatten. Wir Leute aus Dörfern und Kleinstädten, die diese Orte in Richtung Metropole verlassen hatten, wo wir seither lautstark und aktionsreich versuchen unsere Wurzeln zu verdrängen und irgendwie ganz besonders zu tun, waren plötzlich wieder mit unseren Ursprüngen konfrontiert. Per Wahlergebnis. Schwarz der Westen, Rot der Osten. Mit dem Statement: Ordnung, Vertrautes, Überschaubarkeit, bitte keine Veränderung, läuft doch.*
Kurze Verwirrtheit, dann Hämegedöns über den Absturz der FDP.
Hey Leute – Piraten? War da was? Aber der Splitter im Auge der anderen ist immer noch attraktiver als der Balken im eigenen.
Je konkreter das Wahlergebnis wurde, desto mehr Mimimi und Rabäh. Blöde Mehrheit aber auch. Alles Idioten. Apokalyptische Visonen: Vier Jahre ohne Zukunft! Nur: Was sind vier Jahre? Es braucht langen Atem, um zu verändern. Wer ist eigentlich überhaupt auf diese Idee mit der Demokratie gekommen? Kann doch nicht sein, dass das Volk wählt, das ist doch viel zu blöd dazu oder?
Dann kam der Erste mit „Auswandern!“ Zeit, Twitter wieder zu schließen.

Die Frau Wortschnittchen und ich verbrachten den Abend in einem bretonischen Restaurant, aßen Galettes, tranken Cidre auf die Liebe und die Gesundheit und plauderten. Zurückgekehrt sah ich mit dem Grafen zu, wie die Fernsehjournalisten versuchten, per Infotainment die sehr lange und sorgfältige Auszählung zu überbrücken und dann auch schon mal nicht mehr ganz nüchterne Politiker befragten. (Oder wie nannte sich das, was der Bütikofer da hatte?)
Twitter wieder an. Ich schaute noch mal nach, ob die Koffer für die Auswanderung schon gepackt waren oder ob man dann doch eher, wie am Stammtisch der Kleingartenanlage „Frohe Zukunft“ in Merseburg-Süd, schwadronierend das nächste und übernächste Bier bestellt hatte.
Eine Frau hatte, obwohl es ihr unter der CDU-Regierung sehr gut ging, um den weniger Glücklichen zu helfen, eine Partei der sozialen Gerechtigkeit gewählt und war nun erschüttert, dass die sozial Zukurzgekommenen das nicht taten.
Kurzer Dialog zwischen zwei Müttern, die sich immer recht gewogen waren. Eine outete sich als FDP-Mitglied. Ich bin gespannt, ob die andere – eine Anhängerin alternativer Lebensformen, die von anderen Toleranz erfordern – das auf die Reihe bekommt.
Ein paar Leute beginnen, das Wahlergebnis pragmatisch zu sehen und gehen schlafen.
In die Stille hinein trompetet eine einsame Seele R E V O L U T I O N!
Dann schlafe ich auch.

Wie ich das sehe? Nicht anders als vor der Wahl. Ich bin Realo, nicht Fundi und habe keine Lust auf Rumspacken in der Selbstreferenzialität.
Ich werde mich weiter in meinem Wirkungskreis aktiv für digitale Bürgerrechte engagieren. Gerade durch den Wegfall der FDP aus dem Bundestag, die bei diesen Themen ein Korrektiv war und vom Totalausfall der Piraten mal ganz zu schweigen, braucht dieses Thema Struktur und Einsatz. Ja, es ist Neuland, vielleicht nicht für die Pioniere, aber für die nachfolgenden Siedler allemal.
Außerdem sind für mich Frauen als Protagonistinnen in Wirtschaft, Kultur und Politik wichtiger denn je, denen gilt meine Unterstützung. Mein Thema ist nicht „wie Frauen behandelt werden“, sondern „handelnde Frauen“.
Es ist so: Es bleibt kompliziert und es gibt leider keine einfache Wahrheit, auch wenn wir die gern hätten. Es hilft nichts anderes als sich in das Leben und in die Realität zu begeben und zu handeln.

Es gibt noch eine Linkempfehlung. Antje Schrupp zu Thema Reibung zwischen Eliten und Mainstream. Ich schätze Antje Schrupp immer mehr, weil sie unaufgeregt genau hinschaut. Das braucht es.

 

*Was die Linkswahl-Folklore im Osten betrifft, ist das nicht ganz so pointiert darstellbar, aber das ist nun mal so, wenn man mit einer Ideologie vor mehr als 20 Jahren ein Land in den Sand gesetzt hat.

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