This is how I work

Isabella Donnerhall hat ein Stöckchen geworfen, nicht an mich, aber ich finde es spannend zu lesen, wie andere arbeiten und mich selbst zu beschreiben.
(Zum besseren Verständnis, ich setze manchmal noch einen Kommentar zu meiner Job-Arbeitsweise darunter, die ist ganz anders als das Schreiben im Blog.)

Miz Kitty’s Tagebuch war schon immer ein klassisches Befindlichkeitsblog (früher sogar ungeoutet und hochgradig anonym), garniert mit Ausflügen in Gesellschaftsanalyse und Kunst- besser Kulturkritik. Mit mir selbst bin ich nun mal geschlagen, da kann ich nichts ändern, das ist mein Leben. Manchmal gibt es Ausflüge in das, was ich „Miz Kitty’s Flying Matriarchal Circus“ nenne: Kochrezepte, Haushaltstipps, neuerdings wieder Näharbeiten.
Was die analytischen Dinge betrifft: Ich äußere mich zu bestimmten Themen auch, wenn ich nicht mit dem Strom schwimme. Das mag gerade beim Thema Feminismus mitunter stören, Frauen sind untereinander eher konsenshungrig. Aber mir ist das egal. Ich weiß, dass ich da etwas zu sagen habe. Das hat nichts mit Mangel an Solidarität, sondern mit anderem Blickwinkel auf bestimmte Dinge zu tun und einer Menge sozialer Erfahrung, einer gänzlich anderen als eine Menge anderer Frauen, die sich dazu äußern.
In der Kunst- und Kulturkritik mag ich die die Spitze und Pointe, die aber halbwegs auf Kenntnis und Bildungsinstrumentarium beruht.

Digitale Gerätschaften:
Ein fast 5 Jahre altes iPhone 2G, dessen Akku unkaputtbar ist, auf dem kaum noch Apps laufen und eines der ersten iPads (beide mit Minimal-Speicherplatz) und ein MacBook 13“, im Büro steht ein Cinema-Display mit Bluetooth-Tastatur und Magic Mouse.
Analoge Gerätschaften:
Berge von Kladden, die überall rumfliegen. Entweder Clairefontaine mit Linien oder Restbestände von Uromas alten Kontorbüchern (A5), dazu Bleistifte HB und ein Metall-Lamy mit breiter Spitze und dunkelblauer Dokumententinte (der zarte Pelikan-Stresemann mit Goldfeder, den ich vor ein paar Jahren geschenkt bekam, ist leider eine unbrauchbare Zicke). In die Kladden schreibe ich Jobnotizen und Synopsen und Figurenporträts. Also meine ungeschrieben Romane. Für seltene, besonders kreative Anfälle gibt es das A4-Künstlerbuch aus Aquarelllkarton, das mir das Kind schenkte, da zeichne ich mit Feder und Japantusche Storyboards hinein. Meine ungedrehten Filme.
(Interessant, wie ich gerade merke, daß meine fiktionalen Versuche – als Arbeit kann man das nicht ernst nehmen – für die analogen Gerätschaften reserviert sind.)
Für meine Jobnotizen gibt es außer den Kladden große, weiße A1-Bögen, von denen in einer Beratungsstunde 2-3 nebeneinander liegen. Auf die Bögen kommen große Mindmaps, die mit dicken Filzstiften in klaren Grundfarben geschrieben und gezeichnet werden.
Arbeitsweise:
Beim Schreiben: Flow. Wie beim Surfen, die meiste Zeit vergeht beim Warten auf die Welle.
Beim Beraten: Absolut fokussiert, das ist wie gemeinsame Meditation.

Welche Tools nutzt du zum Bloggen, Recherchieren und Bookmark-Verwaltung?

Mein Blog läuft nach Textpattern und Twoday seit zwei Jahren auf WordPress. Ich mache seit 1997 meine Firmenhomepages selbst (zuletzt sogar dynamisch, mit selbstgestrickten php-Skripts), da macht ein Blog den Kohl auch nicht mehr fett. Die Twoday-Jahre dienten vor allem der Synergie und waren außerdem dem Umstand geschuldet, dass mein Englisch lausig ist. Ich habe die Movable Type- und WordPress-Tutorials auf Englisch einfach nicht verstanden.

Aber mein allerwichtigstes Tool ist mein Hirn. Da sausen Faktenfetzen durch die Gegend und sortieren sich unter den richtigen Einflüssen, das ist wie mit Interferenzmustern.
Ich recherchiere selten gezielt. Ich googele durch die Gegend oder nutze die Twitterlinks der anderen. Dadurch, dass ich sehr schnell lese, grase ich im Internet wie eine Kuh, da ist ein leckeres Büschel und dort ein duftender Halm und schon bin ich in einer neuen Ecke gelandet und muss mich erstmal zum Mental-Wiederkäuen hinsetzen. (Entschuldigt bitte diese peinlichen, schrägen Bilder!)
Das Angelesene brodelt in mir, formt ein Thema und irgendwann will es raus, da muss ich auch den richtigen Moment abpassen. Manchmal benutze ich Stimulanzien: Formuliere Headlines, Subtexte oder Fragen, um dem Prozess einen zeitlichen Rahmen zu geben, manchmal kommt der Kick auch von außen, durch eine Deadline oder einen aktuellen Diskurs.
Deshalb schreibe ich auch keine Entwürfe. Ein Text muss raus. Was im Entwurf hängen bleibt, ist ein totgeborenes Kind. Manchmal, wenn der Text zu lang ist (so wie heute) unterbreche ich für eine Nacht. Aber nur, wenn ich einen Plan habe, wo der Text enden wird. Ohne klares Ende setze ich ich mittlerweile eigentlich garnicht mehr hin. Früher sind mir die Texte immer so im Sande verlaufen. Mittlerweile definiere ich den Opener, das Leitmotiv, den Diskurs-Bogen und das Finale.
Daher habe ich auch keine Bookmarkverwaltung und könnte auch nie Linklisten posten wie andere. Manchmal maile ich mir etwas Wichtiges oder schiebe es in Instapaper (was aber bei mir die Garantie ist, daß ich es nicht lese). Ich habe ein paar wenige Bookmarks, praktische Sachen, die ich brauche oder schön finde, Seiten mit websicheren Farben und Hexcodes z.B., ein schöner Kleidschnitt, tolle Schuhe (also alles visuelle Sachen). Schrift und Sprache muß in meinem Kopf gespeichert sein.

Vorträge mache ich mit Powerpoint. Mir ist einfach egal, mit welchem Programm die Bildchen und Stichpunkte arrangiert werden, Hauptsache sie entsprechen dem Look, der mir vorschwebt. (Da hilft mir der Graf.) Ich spreche ohnehin frei und habe mit den Folien nur meine Leuchttürme, an denen ich entlang segele. Ich komme vom Theater. Ich brauche kein Rednerpult oder nur als Requisit, sondern ich habe eine Bühne und ein Publikum, das ich auf eine Reise mitnehmen will.

In den Beratungen lasse ich den Menschen auf mich wirken: Was mir erzählt wird, was ich notiere, dazu Stimme, Körpersprache etc und in mir entsteht ein Bild. Manchmal sind das ein paar Worte, manchmal ein Satz, die das Charakteristische eines Lebenslaufes beschreiben. Ich nenne das den Luziden Moment, den muss ich einfangen. Das passiert sehr früh und darauf baue ich dann alles andere auf und differenziere es.
Dazu gibt es ein paar Persönlichkeitstypen- und Kommunikationssystem-Tools, die eher im Hintergrund laufen, denn ich arbeite nicht mit Fragebögen.

Wo sammelst du deine Blogideen?

Die laufen mir zu, einen anderen Teil diktiert mir meine Eitelkeit. Die Hälfte vergesse ich, dann waren sie nicht so wichtig, manche kommen zurück und machen mich penetrant auf sich aufmerksam. Ich schreibe über das, was für mich dran ist. Deshalb habe ich auch keinen Entwurfsspeicher. In den Artikelentwürfen liegt ein einziger, begonnener Artikel zum Thema Religion. Den habe ich zu Ostern begonnen, als die Wessis in meiner Timeline ihre kollektiven Karfreitagsverhöhnungsritale begingen. Vielleicht ist der nächstes Jahr dran.

Was ist dein bester Zeitspar-Trick/Shortcut fürs Bloggen/im Internet

Im 10-Finger-System tippen. Ich bin aber zu faul, das zu lernen, da ich mit 6 Fingern schon ganz flott schreibe. Ansonsten der Feedreader, dringend, unbedingt und Tweetbot, weil ich da auch mal Sachen ausblenden kann, die nerven.
Ich bin in meiner gesamten Freizeit mit dem iPad zugange, das ist mittlerweile meine Hirn/Welt-Schnittstelle, damit lese ich alles. Geschrieben wird auf dem MacBook.
Und ansonsten: Internet und Zeit sparen? Wer kommt denn auf so eine Idee? Ich lese kaum noch Papier und sehe seltenst fern, da hat ein Verdrängungsprozeß stattgefunden.

Ich bin generell nicht so für Zeit sparen. Effizienz aus Erfahrung ist etwas Gutes, weil sich Vorgänge und Erkenntnisse automatisiert haben. Aber Zeitsparen aus Zeitgeist oder Protestantismus („Bei allem, was du tust, schau, daß du es effizienter gestalten kannst!“) ist gar nicht mehr meins. Ich hatte Jahre das Gefühl, von meinem Job gehetzt zu werden. Eigentlich hat er mich (also ich mich) fast zu Tode gejagt. Alles was Bedeutung hat, braucht seine Zeit und nimmt sie sich sogar. Was noch nicht reif ist, kommt noch mal in den mentalen Brutkasten. Statt Prokrastination benutze ich mittlerweile lieber das Wort Inkubationszeit.

Benutzt du eine To-Do List-App? Welche

To Do-Listen mache ich mir nur in hektischen Zeiten, wenn ich viel hintereinander abarbeiten muss, das nicht viel mit mir und meiner eigentlichen Arbeit zu tun hat.
Die sind dann die klassischen Zettel. Entweder Post its, an auffällige Stellen geklebt oder Listen, die abgehakt oder durchgestrichen und täglich auf neue Listen übertragen werden.
Aber: I hate it!
Das sind völlig entfremdete Blöcke von „Ok., bringen wir es hinter uns!“ und damit verbundenem Gefühl von Heldenmut. Ich bin nicht unbedingt dafür, nach dem Lustprinzip zu arbeiten, da würde meine Steuer nie fertig. Aber in bestimmten Arbeitsbereichen lege ich auf kreatives Chaos großen Wert. Das hält mich offen. Durchgeplante Dinge sind für mich tot, bevor sie angefangen haben. (Großer Unterschied zum Grafen, der alles vom Ende denkt. Das knallt auch oft.) Ich habe eine Idee und eine Menge im Kopf, checke ein paar Grundbedingungen und fange an. Das dauert dann, weil es trial an error ist. Aber wenn ich es einmal in mich rein gelassen habe, kann ich es die weiteren Male.
Ein Unternehmensberater hatte mir mal dringend nahegelegt, dass ich meine Arbeit minutiös durchplanen müsste. Er hatte schon recht, weil sich dann für mich Freizeit und Arbeit besser trennen würden. (Ich habe damit keine Erfahrung weil ich früher im Job immer Feuerwehr gespielt habe, geplante Sachen waren nur frühmorgens und abends möglich.) Aber ich bin nicht dafür gemacht. Meine Arbeit sollte sich doch weitestgehend nach mir richten.

In den Beratungen gibt es ein festes Ritual, das ist wie eine Messe lesen.

Gibt es neben Telefon und Computer ein Gerät ohne das du nicht leben kannst?

Ich telefoniere nur noch, wenn es unbedingt nötig ist. In meinen Anfängen in der Filmbranche habe ich 70-100 Telefonate täglich geführt (später wich die Kommunikation auf Mail aus und alle kriegten einen Depri, weil das Telefon nicht mehr ständig klingelte, weil das ja Zeichen von gut laufendem Geschäft war). Ich bin perfekt in Kundengesprächen, aber es nervt und zieht Energie.

Ein Smartphone ist für mich nicht mehr wegzudenken, auch wenn ich es nicht zum Telefonieren nutze. Ansonsten? Mein Leatherman. Eine Kaffeemaschine. Und ein Eckchen, das nur mir gehört. Ich brauche ein festes Revier. Ein Sessel, einen Bürostuhl.
On the fly zu arbeiten, ist gar nicht meins. Deshalb wären Reisejobs auch nichts für mich.
Wenn ich unterwegs bin, dann bin ich Kartenfetischstin. Entweder digital oder analog. Früher hatte ich zum Trampen eine auf dünnen Nylonstoff gedruckte Generalstabskarte dabei. (die noch immer in einer Kiste liegt, nun aber eher historischen Wert hat) Auch alte Wanderführer liebe ich sehr. Aber nur mit Übersichtskarten. Ich muß drauf schauen können. (das gilt auch generell für alle andere Arbeit, ich brauche die Distanz für die Übersicht)

Gibt es etwas, das du besser kannst als andere?

Mich mit Steilvorlagen, kühnen Schlußfolgerungen und Statements blamieren vielleicht? Meine Mischung aus großem Auftritt, Furchtlosigkeit und Ignoranzpotenial ist vielleicht nicht so ganz frauentypisch. Das ist zwar nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal aber eine Art Markenzeichen, denke ich. (und es ist von Hasenherzigkeit und Skrupeln im kleinen Kämmerlein gesund konterkariert)
Ich bin analytische Denkerin und nicht sooo kreativ wie ich gern wäre. Wenn ich dem Raum gebe, kann ich Sachen, die andere nicht so gut können.

Was begleitet dich musikalisch beim Bloggen?

Nichts. Ich war noch nie Freundin von Musikteppichen. Dazu ist mir Musik zu wichtig und ich bin nicht multitaskingfähig genug. Manchmal benutze ich sie als Inspiration, beim freien Schreiben auf Papier, beim Malen und Nachdenken und ich denke nach beim Kochen, Nähen und Putzen, also höre ich dabei oft Musik, Techno, Rock, Klassik. Vollkommen eklektisch, Hauptsache dramatisch-emotional.
Außerdem habe ich das Gefühl, daß ich meinen Partner mit meiner Musik stören könnte. Deshalb läuft Musik vor allem, wenn ich allein bin und ich mir ausgiebig meinen Raum nehme, den ich ansonsten nur im Kopf habe.

Wie ist dein Schlafrhythmus – Eule oder Nachtigall?

Definitiv Eule. Ich werde gegen 8 oder 9 Uhr wach und brauche ewig zum Starten. Wenn ich dann warm bin, gehen kreative und kopfintensive Sachen am besten von 16-22 Uhr (+/- 1 Stunde). Morgens mache ich am besten blöde, entfremdete Dinge.
Mittlerweile mache ich ganz gern ein Nachmittagsschläfchen, denn mein Kern-Arbeitspensum ist gesundheitsbedingt immer noch niedrig und bei drei Stunden am Tag.
Ich weiß nicht, ob das noch mal anders wird.

Eher introvertiert oder extrovertiert?

Introvertiert. Allein oder mit jemand Vertrautem zu zweit sein spendet mir Kraft. Viele Menschen und Kontakt kosten mich Kraft.
Wenn ich allerdings vor allem Sender bin, auf einem Podium zu Beispiel oder vor einem Auditorium oder meine Position und Gewolltheit geklärt ist, ich also niemanden kommunikativ „erobern“ muss, bin ich recht gesellig. Aber danach muss ich mich dringend ausruhen, manchmal klappe ich ganz unvermittelt zusammen.
Die meiste Kraft bekomme ich, wenn ich allein in weiter Landschaft bin und ein Hüttchen für mich habe. Ich bin also die klassische Einsiedlerin.

Wer sollte diese Fragen auch beantworten?

Das lassen wir mal aus, denn s.o. ich bin introvertiert und hätte das Gefühl jemanden damit zu belästigen.

Der beste Rat den du je bekommen hast?

„Du bereust, was du nicht getan hast.“

Noch irgendwas wichtiges?

*räusper* Sex ist wichtig. Sehr sogar. Das vergisst frau bei allen Verstricktheiten ganz schnell.

Mittlerweile gibt es sehr viele Blogposts zum Thema, die Isabella hier sammelt.