Ich bin fasziniert davon, was am Ende dieses als langweilig gescholtenen Wahlkampfes passiert.
Angela Merkel steht vor den Fernsehkameras und wedelt impulsiv mit den Armen (Ellbogen natürlich wie immer am Körper), sie lächelt sogar.
Und dann kommt Super-Guido. Der, der schon zwei Mal vor den Augen der ganzen Nation am Zaun rüttelte und schrie: „Ich will hier rein.“ Der auch im siebten Jahr und im dritten Versuch auf der Außenseiterposition knapp hätte scheitern können. Er ist von Kopf bis Fuß Triumph, er platzt fast vor Freude und Energie. Endlich regieren!
Alle alle alle Visionen verwirklichen!
Der Mann ist in seinem Redesermon nicht zu unterbrechen, zwei Mal muß die Kanzlerin reingehen, bis er mitbekommt, daß gerade seine Chefin spricht und er jetzt anstandshalber mal die Klappe zu halten hätte.
In diesen drei Minuten hatten wir die Dynamik der zukünftigen Koalition in der Nußschale.
Merkel wird sich noch sehr nach der bräsigen SPD und ihren Akteuren zurücksehnen, nach Steinmeiers kooperativem Phlegma, Becks Neigung, bullerig Eigentore zu schießen und einem Müntefering, der durch junge Liebe altersmilde geworden ist.
Westerwelle scheint übermotiviert und die Kraftverteilung in der zukünftigen Koalition arbeitet ihm auch noch zu. Daß diese Stimmen, die die FDP zu diesem Wahlergebnis katapultierten, vor allem die SPD an der Macht hindern sollten, ist in der Politikpraxis nicht maßgeblich.
Merkel hat vier Jahre Schwerstarbeit hinter sich, das sieht man ihr auch an. ob sie dem, was sie jetzt erwartet, gewachsen ist, darauf bin ich sehr gespannt.
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Exkurs 1
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GRMPF!
Mal wieder aus Bravheit und Zögern einen Tick zu spät dran.
Kitty, wenn dich etwas leidenschaftlich anzieht, dann solltest du deinen Impulsen folgen und nicht deinem Kopf und den anderen, die dir sagen, was richtig für dich ist.
Im Anderen leben
Eva Gabriellson, die Lebensgefährtin des schwedischen Autors Stieg Larsson hat ein Problem.
Larsson starb völlig überraschend, relativ jung und ohne Testament. Die Erlöse der drei Bücher, die sich als Bestseller erwiesen, gehen an seine lebenden Blutsverwandten, zu denen er laut Gabriellson so gut wie keine Verbindung hatte.
Aber ihre sehr lange dauernde Beziehung ist so gut wie nicht publik:
Eva Gabrielsson hat 32 Jahre mit Stieg Larsson zusammengelebt. Es war ein gefährliches Leben, denn er stand auf den Todeslisten der Neonazis in Schweden, weil er den Mut hatte, immer wieder öffentlich vor ihnen zu warnen. Er musste sein Privatleben so anonym halten wie möglich. „Ich durfte nicht mal meinen Arbeitskollegen sagen, mit wem ich meine Wohnung teile“, erinnert sich Gabrielsson. „Ich hatte auch nie Menschen von der Arbeit zu Hause zum Essen oder so was. Wir haben auch nicht geheiratet, damit Stieg nicht bei den öffentlichen Behörden recherchierbar ist.“
Quelle
Ganz ehrlich, ich finde das sonderbar. Vielleicht sind schwedische Neonazis gefährlicher und mächtiger als deutsche. Denn zwei Frauen, die ich kenne, die in Brandenburg und Berlin sehr intensiv zu Neonazis recherchier(t)en und veröffentlich(t)en, bewegen sich ganz normal in der Öffentlichkeit. Sie telefonieren zwar mit unterdrückten Nummern und sind mit ihrer Adresse nicht allzu freigiebig, aber sie bekennen sich zum Lebensgefährten bzw. Ehemann und haben Kinder, mit denen sie ganz normal umgehen.
Sollten die beiden tatsächlich 30 Jahre lang ohne Freunde und jegliche andere öffentliche/gesellschaftliche Statements eine enge Beziehung geführt haben? So eng, daß Gabriellson tatsächlich durch konkrete Hilfe und Unterstützung maßgeblich am Entstehen der Bücher beteiligt war? Oder war sie nur(?) die Geliebte, die standby-Frau, bei der sich der Untergrund-Krieger ausruhte und zu der er sich womöglich nie bekennen wollte?
Die Frau im Hintergrund des Kreativen ist keine Neuigkeit der Kunstgeschichte, eher der Klassiker.
Mich verwundert aber, daß das auch in einer so extrem emanzipierten Gesellschaft wie Schweden passieren kann. – Oder vielleicht gerade? Denn welche eigenständige Frau stellt sich hin und rechnet ihrem Lebensgefährten/Geliebten vor:
Socken und Unterhosen gewaschen
für einen vollen Kühlschrank gesorgt
zugehört (auch wenn du zuviel getrunken hast)
Bibliotheksrecherche
Ideen ausgesprochen
Manuskript gesichtet und korrigiert
dir Mut gemacht, wieder und wieder
auf gemeinsame Freunde verzichtet
offiziell als alte Jungfer vergammelt
Angst um dich gehabt,
das macht in 30 Jahren, in denen ich dir einen großen Teil meiner privaten Energie und Lebenszeit gewidmet habe mindestens 30% deiner gegenwärtigen und zukünftigen Einnahmen aus – und das hätte ich bitte schriftlich und zwar jetzt.
Das ist eine schwierige Sache, nicht wahr? Zudem Frauen ihren Support freiwillig anbieten, wieder und immer wieder. In der alten, tief sitzenden Hoffnung, für Nettsein und stille Aufopferung belohnt zu werden. Statt auf sich selbst zu vertrauen und ein Buch zu schreiben, einen Bauernhof zu kaufen, eine Firma zu gründen, sind sie die Wesen im Hintergrund und seit es aus der Mode ist, bei engerer Bindung zu heiraten, sind sie gearschter als früher. Aber sie sind selbst schuld.
LaPrimavera hat sich ihr drittes Haus allein gekauft. Zwei Mal hatte sie einen Mann im Boot. Beim ersten Mal verlor sie bei der Scheidung die ältesten Freunde, weil der Exmann öffentlich jammerte, sie habe ihn mit dem Haus finanziell ruiniert, weil es nur unter Verlust zu verkaufen war. Beim zweiten Mal zog der Lebensgefährte die Reißleine, weil er seine Ideen nicht durchsetzen konnte. Das Haus wurde rechtzeitig und mit Gewinn verkauft. Den Gewinn teilten sich die beiden und sie machte die nächste Investition in ihre Traumobjekt allein. Mit allen Konsequenzen: ruinierten Bandscheiben wegen der harten Arbeit und einem Fulltimejob durch den riesigen Garten. Es gibt zwar einen Mann in ihrem Leben und der wird auch aufgefordert, etwas zu tun, wenn er unter riesigen Bäumen in der Hängematte liegen will. Aber wenn es darum geht, daß er ganz zu ihr zieht (was er eigentlich gern möchte) und damit als Mann im Haus jede Menge schwere Arbeit übernehmen wird, macht er immer wieder einen Rückzieher.
Er begründet den natürlich nicht öffentlich, aber ich kann mir gut vorstellen, daß es sicher darum geht, daß er seine Energie nicht in einem Faß ohne Boden versenken will und womöglich irgendwann ohne Bleibe dasteht.
Er weiß also, jenseits von Heimwerkerei zur Beziehungspflege, was seine Arbeit wert ist. Er will sie nicht einfach so verschenken.
Vielleicht ist das der Punkt. Den Wert der Zuarbeit für einen Partner selbst schätzen zu lernen. Sich nicht mit Kleinkram bescheiden oder diesen bewußt zu verschenken (ich habe z.B. Bügeln immer als scherzhaft Liebesbeweis bezeichnet). Sich zu fragen, warum man das, was man für den anderen tut, nicht für sich selbst tut. – Verbunden mit Verantwortung und dem Risiko des Scheiterns. Wir sind wieder beim alten Thema Furcht vor Verantwortung…