Liebe Inhaber

von Feedreadern, bitte nicht wundern, es ploppen grade jede Menge alte Artikel hoch, weil ich Links repariere, Bilder wieder einsetze und Textile entfernen muß.

Veröffentlicht unter Exkurs

Ach früher!

Jetzt bin ich also schon in dieser Phase angekommen.
Ich lese in der Twitter-Timeline die Berichte von der Berlinale und krieg so ein komisches Gefühl. All die Jahre war ich dabei und konnte so gut wie nichts darüber schreiben, obwohl die Mischung aus Film-Leidenschaft und Party-Gossip sicher interessant gewesen wäre. Aber ich hatte halt Diskretion zugesichert und wollte mich nicht outen.

Mit etwas Suchen habe ich doch noch was gefunden:

2007

2008

 

Veröffentlicht unter Exkurs

Alte Kamellen 3

Polizeiruf 110 „DerUnfall“ 1982, Regie Manfred Mosblech

Wieder eine von den Folgen, in denen eigentlich von vornherein alles klar ist, eine genretypische Dramaturgie deshalb nicht existiert und eigentlich geht es auch nicht um ein Kapitalverbrechen. Ein Mann ist nach einem Ehestreit durch den Wind, fährt deshalb ein Kind an und haut ab. Der Täter ist klar, er windet sich in Gewissenskrämpfen, die Festnahme wird nur verzögert durch eine Reise des Ehepaares und einige retardierende Tricks – Fahnder und Täter fahren mit Schiffe aneinander vorbei, es scheint auf Hiddensee weder einen Dorfpolizisten noch Telefone zu geben. Alles geht so langsam wie in der Zeit der Postkutschen und in der Zwischenzeit wird bürgerliche Tragödie gespielt.
Die Personnage teilt sich in die Bodenständigen (diesmal keine Arbeiter sondern Bauern und Fischer) mit dem Herz auf dem rechten Fleck, in deren heile Welt und Familie die Tragödie hereinbricht und die auf hohem Niveau unzufriedenen, deshalb fehlbaren Intellektuellen (ein Schiffskonstrukteur, der gern Flugzeuge bauen würde und eine Fotografin, die soviel arbeitet, daß sie ihr Kind zu Großmutter geben).
Mosblech baut Bilder. Jede Menge Natur, Pferde, Apfelbäume, ein vor Fröhlichkeit platzendes, Äpfel schmatzendes blondgelocktes Kind, eine wunderbar optimistische Mutter auf dem Trecker. Wie aus dem Auschneide-Bilderbogen „Unser schönes Land“. Auch nach dem Unfall bleibt alles holzschnittmäßig. Die starr dastehenden Eltern des angefahrenen Kindes im Sonntagsstaat, er mit Jackett und sie mit Spitzenkragen, der geballte Haufen trauernder Bauern. Das sieht alles aus wie auf Bildern des sozialistischen Realismus.
Dagegen als Schattenrisse im Dunkeln die Szenen einer Ehe der beiden Intellektuellen. Wie sie davon reden, daß sie sich verloren haben und sich trotzdem im Kreis drehen. Emotionale Brücke ist die Großmutter, die den beiden einfach Fisch in die Hände packt zum Saubermachen und Falstaff, Gastwirt und Säufer, den den tragischen Helden mit einem riesigen Tritt in den Hintern dazu bringt, sich zu stellen, die Narrenrolle im Stück.
Die Geschichte ist den Machern des Films ein willkommer Anlaß, das Thema zerüttete Ehe und gescheiterte Träume zu verhandeln. Man erinnere sich, Frank Beyers „Geschlossene Gesellschaft“ wurde nach einer widerwilligen Sendung verboten. Von alldem sind aber nur (noch?) Andeutungen zu sehen. Der Schiffskonstukteur will eigentlich Flugzeuge bauen. Der Flugzeugbau in der DDR wurde 1961 eingestellt. So bastelt der Mann des Nachts Modellflugzeuge und ist tagsüber neben der Kappe und mutiert zum Eigenbrötler. Die Frau dagegen macht Karriere, was sie fotografiert, davon ist nicht die Rede. Aber sie ist ein Fischerkind, nah an der Basis. Also wahrscheinlich recht linientreu. Im Ganzen ist der Film eine tief in der Tasche heimlich geballte Faust.

Manfred Mosblech Regie, nach dem Mauerfall ging er erfolgreich in die Serienroutine bei SAT1 und dem ZDF. Er hat jede Menge Folgen „Für alle Fälle Stefanie“ und „Der Landarzt“ gedreht. (BTW, sehr interessant, daß die Serienredaktion von SAT1 in den 90ern aus Ost-Theatermachern bestand. Ein ordentlicher Fernseh-Wessi ging damals doch nicht zu den Igitt-Privaten.) Sein Assistent Udo Witte war später die Institution für anspruchsvolle Serien-Pilot-Filme der Privaten.
Einfach interessehalber habe ich mal zu Marianne Wünscher nachgeschlagen, Mutter der Nation, die hier die Fischersfrau gab. Frappierend. Die Frau war damals 42. Ich habe sie immer mittelalt und in Mütterrollen in Erinnerung. Dabei war sie erst 60, als sie 1990 starb.
Ach und dann dise Narrenfigur Falstaff, ein hinkender Typ mit langem Vollbart. Ich sagte mir: Kitty, den kennste doch. Aber woher? Bis ich mir dann rausrecherchierte: Von einem Abend in Görlitz. Es war Roman Silberstein, damals Intendant des Dreispartentheaters Zittau-Görlitz. Ein Kollege hatte mich mitgenommen, um eine Inszenierung anzusehen und am Abend zeigte er mir im Dunkeln die Görlitzer Altstadt, damals nur aus Ruinen bestehend.

So. Nähkästchen zu.

Veröffentlicht unter Exkurs

Jahresrückblick

Zugenommen oder abgenommen?
Aaaaach! Fragense nich! Aber immerhin vermutete die Verwandtschaft, daß ich mein derzeit erreichtes Lebenshöchstgewicht mindestens schon zweimal in den letzten 20 Jahren hatte, was nicht so ist. Ich lag einmal 18, einmal 10 Kilo drunter. Was heißt: Du kannst wiegen so viel wie du willst, wenn du dich fett fühlst, strahlst du es aus.

Haare länger oder kürzer?
Sehr viel länger, überschulterlang. Wo ich doch jetzt in das Alter für die frische und freche Kurzhaarfrisur komme. Aber ich war schon immer antizyklisch unterwegs.

Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Ohne Lesebrille geht so gut wie nichts mehr, ich fürchte, demnächst ist noch die Fernsichtbrille dran. Die Welt sieht derzeit so weichgezeichnet aus.

Mehr ausgegeben oder weniger?
Dieses Jahr war eine Übung in Verzicht.

Mehr bewegt oder weniger?
Gleichbleibend wenig. Verharren war  meine wichtigste Übung.

Der hirnrissigste Plan?
Mit medikamenteninduziertem Muskelhartspann daran zu denken, daß ich am Avon-Frauenlauf teilnehmen könnte.

Die gefährlichste Unternehmung?
Ein Gaskochfeld mit Propangasflasche in einer Einzimmerwohnung mit winziger Küche zu betreiben.

Die teuerste Anschaffung?
An einem Tag einen Mantel und Schuhe für ein Date zu kaufen. Nicht bei KiK.

Das leckerste Essen?
Selbst gemacht. Spanferkelrücken in Biersoße mit Kartoffelklößen und Bayrisch Kraut.

Das beeindruckenste Buch?
Die Neuromancer-Trilogie. (ja, ich bin ein merkbefreiter Nerd.)

Der ergreifendste Film?
Es gab nicht viele Filme in diesem Jahr. Aber es war wieder mal ein Coen-Film, True Grit.

Die beste CD?
Ach, auch für neue Musik ist nicht die Zeit.

Das schönste Konzert?
Ich war nur in einem Konzert und das war Scheiße.

Der beste Sex?
Ständig.

Die meiste Zeit verbracht mit…?
…mir selbst. Ganz zweckfrei und richtungslos.

Die schönste Zeit verbracht damit…?
…zu merken, daß es für nix zu spät ist im Leben.

Vorherrschendes Gefühl 2011?
„Daß ich das noch mal erleben darf!“

2011 zum ersten Mal getan?
Einen Job, um den mich viele beneiden würden, aufgegeben, als ich merkte, ich ich für schlecht bezahlten, subalternen Kompromiß nicht gemacht bin.

2011 nach langer Zeit wieder getan?
Mein Leben eng mit einem anderen verknüpft.

Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?
Es hatte alles seinen Sinn. Sogar die dreiwöchige Magen-Darm-Grippe am Anfang des Jahres.

Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Ich war in der luxuriösen Situation, bei den Dingen, die mir am Herzen lagen, niemanden überzeugen zu müssen.

Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?
Hingabe. Bedingungslos.

Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Dasein. Bedingungslos.

Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
Die Anrede „Mein Mädchen!“ Das hat nämlich schon mein Lieblings-Opa immer zu meiner Lieblings-Oma gesagt.

Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
„Laß mal das olle Ding da weg.“

2011 war mit 1 Wort…?
Neubeginn.

2007200820092010

Veröffentlicht unter Exkurs