Nählust statt Shoppingfrust – Buchbesprechung

Selber nähen macht glücklich! sagt Meike Rensch-Bergner in ihrem neuen Buch Nählust statt Shoppingfrust.

Das Buch ist kein reines Näh-Anleitungsbuch, sondern fokussiert das Thema aus einer viel weiteren Perspektive. Es wendet sich nicht nur an Hobbyschneiderinnen, sondern ganz allgemein an Menschen, die das Gefühl haben, den Ansprüchen, die Konfektionskleidung an die Beschaffenheit ihrer Körper stellt, nicht gewachsen zu sein und die sich trotz Massen von Konfektionskleidung aller Preislagen immer schlechter gekleidet fühlen – von Nachhaltigkeit und fairen Geschäftsverhältnissen ganz zu schweigen. Der Ansatz ist, nachzufragen, warum wir eigentlich glauben, unser Körper sei falsch, wenn wir nicht in eine gängige Konfektionsgröße oder in einen von der Mode favorisierten Style passen, weil wir womöglich zu viel oder zu wenig Busen, Taille, Hüfte oder Körpergröße haben.

konfektion

Screenshot von GoFeminin.de

„Nählust statt Shoppingfrust“ beginnt in den Anfangskapiteln die verkehrte Welt, in der Menschen Kleidungsnormen füllen sollen, vom Kopf auf die Füße zu stellen. Weg mit den Schuldgefühlen, nicht richtig zu sein. Weg auch von der Idee, dass Kleidung vermeintliche Makel immer kaschieren muss und jeder Mensch eine Liste für Kleidung, die er nicht tragen sollte, akzeptieren muss.
Denn der Vorschlag von Meike Rensch-Bergner ist es, die Kleidung selbst zu nähen. Mit ans eigene Maß angepasste Sachen, die nicht einer großen Masse von Kunden, sondern einem selbst passen müssen, ist plötzlich viel Spielraum für Passform, Bequemlichkeit und eigenen Stil. Das ist zeitgemäß, denn Maßschneiderei kann sich beim hiesigen Lohnniveau kaum jemand leisten und Maßkonfektion ist nur für Männer mit ihren 5 essentiellen Kleidungsstücken und Grunddesigns ernsthaft machbar.
Rensch-Bergner weist darauf hin, dass allein das Maßnehmen und die Entwicklung eines Schnittes oder die Anpassung eines fertigen Schnittmusters an die individuellen Maße die Möglichkeit bietet, den eigenen Körper so wie er ist, richtig zu erfassen. Der „Kopfkleiderschrank“, der erst einmal alles an Wünsche und Entwürfen erlaubt, was gefällt, ist ein wesentlicher Startpunkt für ihre Einführung in die Hobbyschneiderei.

In den nächsten Kapiteln geht es um praktische Vorbereitungen. – Wie kann ich Schnittmuster beurteilen und wo bekomme ich sie? Welche Stoffe sind empfehlenswert? Welche Nähmaschine und Werkzeuge brauche ich? Und nicht zuletzt: Wie lerne ich nähen? Denn die Zeiten von Handarbeitsunterricht und Unterweisungen durch versierte Mütter und Großmütter sind vorbei.
Das Buch verweist hier immer wieder auf die DIY-Bewegung im Internet, auf Foren, Videoportale und Blogs, in denen viele Tricks, Kniffe und kleine Geheimnisse allen zugänglich gemacht werden und sich eine Anfängerin bald nicht mehr allein fühlt, sondern Verbündete und Orientierung findet. (Die Autorin bloggt selbst seit Jahren unter crafteln.de.)
Natürlich geht „Nählust statt Shoppingfrust“ auch auf Schwierigkeiten und Perfektionsansprüche ein, denn jeder Anfang ist schwer, gerade bei so einem komplexen Handwerk wie dem Nähen. Außerdem widmet sich ein Kapitel den Grundlagen der guten Passform, den Fertigkeiten, die Kleidung individuell komfortabel machen.

Last but not least, der Praxisteil. Die Leserinnen werden Schritt für Schritt durch die Herstellung eines ersten, handwerklich leichten maßgefertigten Kleidungsstückes geleitet. Ohne Konfektionsgrößen und ohne Schnittmusterbogen.
Ein guter Ansatz, auf den Urgrund der Kleidungsherstellung zurückzugehen und Normen, die für die Industrieproduktion hergestellt wurden, erst einmal zu ignorieren, um zu erfahren, was selbst Kleidung nähen ausmacht.

Damit unterscheidet sich Meike Rensch-Bergners Buch wesentlich von vielen anderen Handarbeits-Anleitungsbüchern. Es ist ein leidenschaftliches Manifest, zum eigenen Körper ja zu sagen und sich von Konfektionsfrust und Modegedöns zu entfernen. Und es gibt einen ersten wesentlichen Impuls und viele hilfreiche Informationen, sich in die Gemeinde der Macherinnen schöner eigener Kleidung zu begeben.

Weihnachtswahnsinn

Wer noch nicht genug prickelnden Stress zu Weihnachten hat, sollte noch ein Buch fertig machen. Damit die, die nicht wissen, was sie schenken sollen, ein Instant-Geschenk haben.
Zwischen Geschenkebasteln und Menüplanung ist „In den Tiefen der Blogs ist fertig geworden, eine Sammlung mit Lieblingsblogtexten vom Grafen und mir.

In den Tiefen der Blogs

Mit von der Partie sind Cabman, Frau Casino, docbuelle, engl, fragmente, Andreas Glumm, Heartcore, Frau Indica, Felix Schwenzel, Journelle, Kaltmamsell, Katiza, Barbara A. Lehner, Lucky, Markus Pfeifer, Modeste, Rosmarin, Sebastian Rogler, Wortschnittchen

Das eBook läßt sich hier in verschiedenen Formaten herunterladen (ca. 9Mb) und so man kann es lesen:

mit der Freeware Calibre auf dem Rechner
im .mobi-Format auf dem Kindle oder in der Kindle-App auf dem iPhone oder iPad
als .epub in der iBooks-App auf dem iPhone oder iPad
und auf Androidgeräten funktioniert die gitden-App.

eBook-Jagd

Ich war in Sachen kommerzielle eBooks in Deutschland early adopter. Dass der Besitz von eBooks noch ein paar Haken hat, war mir klar. Damit, dass ich nun meinen frühen Käufen hinterherrennen darf, um die Kopie noch einmal zu bekommen, damit hatte ich nicht gerechnet.
Aber der Reihe nach.
2010 kaufte ich mir das erste iPad und erinnerte mich daran, dass ich im Sommer 2009 ein längeres Gespräch mit einem Mitarbeiter von Textunes hatte. Damals noch im Rahmen eines Innovationswettbewerbs, denn ich plante das Geschäftsfeld zu wechseln und wollte einen eBookverlag gründen. Es kam dann alles anders, ich wurde krank und an eine inhaltliche Neugründung war nicht zu denken.
So wollte ich 2010, weitgehend ruhiggestellt und sehr lesehungrig, zumindest ein engagiertes Startup unterstützen – außerdem hatte Kindle noch keine App und iBooks vorwiegend englische Titel – und kaufte eine ganze Reihe Bücher bei Textunes. Da das Angebot beschränkt war (man lieferte übergangsweise als Ersatz Papierbücher aus, die als eBook noch nicht vorlagen und die Verlage listeten scheinbar nicht alles bei Textunes) wechselte ich nach ein paar Monaten zu iBooks. Im Bookshelf der Textunes-App standen ca. 10 Titel.

Ende 2012 kam die Nachricht, daß Textunes demnächst zu Thalia gehört, was mich für die Unternehmer sehr freute und dazu ein App-Update, dass das Lesen fast unmöglich machte, die App stürzte ständig ab, die Bücher waren problematisch zu laden und ein Buch aus einer Sonderaktion fehlte außerdem.
Ich beschwerte mich, nach ein paar Tagen fand man das Mavil-Comic und schob es mir wieder in die Datenbank. Das mit der App dauerte etwas länger, aber funktionierte auch, so dass ich den ersten Teil der Quicksilver-Trilogie endlich zu Ende lesen konnte.
Daraus hatte ich gelernt, ich machte von iBooks und Kindle Datensicherungen über Calibre, damit mir niemand die Bücher unter dem Hintern wegziehen konnte, für die ich einen Euro weniger als den Listenpreis für Papierbücher bezahlt hatte. Mit Textunes bzw. der Thalia-App ging das Anfang 2013 noch nicht, die Bücher wurden scheinbar immer wieder neu geladen und nicht gespeichert.
Erst jetzt machte ich die App noch einmal auf. Hm. Fragmente waren noch zu sehen, die Buchtitel waren noch da, die Texte nicht mehr. Ich machte ein Update, denn es gab längst eine neue Version und dann war alles weg. Das Textunes-Login funktionierte nicht mehr, ein Thalia-Login hatte ich nicht. Ein Blick auf die Thalia-Seite zeigte mir, ok. man kann jetzt auch die Dateien sichern, man sollte es sogar.

Der Telefon-Service von Thalia meinte, nach über einem Jahr seien die eBooks nun weg, man hätte sie lange genug vorgehalten für die alten Kunden. Einen Hinweis, die Daten zu sichern bzw. ein neues Konto anzulegen, hatte ich nicht bekommen. Aber man wolle sich kümmern. Zumindest heute erreichte mich die Mail, man habe das Problem an Textunes weitergeleitet. Ich bin gespannt, was passiert, dort war man damals bei meiner Nachfrage nach dem verschwundenen Comic auch eher genervt bis pampig. Und ich hoffe nicht, dass ich uralte Kreditkartenbuchungen zusammensuchen muss, um meine Käufe zu belegen.

Meine Schlussfolgerungen aus der Geschichte:

  1. eBooks immer selbst sichern. Wenn man sie nicht eigenhändig sichern kann, dann woanders kaufen.
  2. Möglichst ein Format für teure Bücher von etablierten Verlagen, einen Reader  oder eine App für alle Bücher benutzen. Da bin ich dankbar für Ratschläge, welche App das sein könnte.
  3. Sich nicht erzählen lassen, der Datenverlust von eBooks beim Anbieter der Bücher und der App wäre eigene Schuld. „Als hätten Sie ein Buch liegen gelassen.“ Nö. Ich verschmeisse meine Sachen lieber selbstverantwortlich.
    Wer Bücher im eigenen Regal behält, nachdem er sie mir verkauft hat, muss dafür sorgen, die mir wieder zur Verfügung zu stellen. Ich sehe auch keine Notwendigkeit, im Monatsabstand in einem Laden nachzuschauen, ob man die Bücher jetzt mitnehmen darf oder ob sie noch da sind.

Tja, Neuland eben.

Edit: Vorbildlich. Es hat tatsächlich nur zwei Tage gebraucht, bis die Bücher wieder da sind. Der Kundendienst von Thalia hat sich gut gekümmert.

Weihnachten. Erledigt.

Weihnachten und icke, das ist ja nicht so die super funktionierende Partnerschaft. Dieses Jahr lief das ganz gut. Das Besinnlichkeitsmonster und ich arrangierten uns miteinander.
Das Größte, war, dass das Kindchen, die kleine, resolute Elfe, den Heiligabend ausrichtete. So, wie sie es schon immer wollte. Mit einem Essen am großen Tisch, allen Geschenken unterm Weihnachtsbaum, einem der sie verteilt, öffentlichem Auspacken und zum Schluss noch einem Familienfoto. Ich hatte den ganzem Abend blinkende Herzchen um den Kopf. Selbst die rasante Zusammenstellung von Eltern, Stiefgefährten und Schwiegereltern funktionierte hervorragend. (typische deutsche Bevölkerungspyramide – viele Leute 40+, wenige junge Menschen, keine Kinder)
Meine Eltern machten für eine Nacht Station an der Barnimkante, auch eine Premiere, und es war gut.

Was bei mir passierte, war ein typischer Kitty. Aus der Weihnachtskleinigkeit, ein kleines Patchworkplatzdeckchen für jeden Gast des Weihnachtsabends, wurde eine stundenzehrende Arbeit. Es sah super aus, aber ich wußte schon beim zweiten Arbeitsschritt, dass das zu frickelig ist und etwas erprobtes, unaufwändiges und trotzdem effektvolles besser gewesen wäre. So schaffte ich es schon vor Weihnachten mühelos, mich zu überfordern.
Aus des Kindes „Meh, wir haben gar keine Einladung zum Essen von den anderen!“ entwickelte sich in meinem Kopf „mach doch einen Weihnachtsbraten am ersten Feiertag“. Eigentlich nicht so schlimm, ich nahm ein Rezept, dass ich vor Jahren schon einmal mit Erfolg für 6 Leute gemacht hatte (sogar mit verbundener rechter Hand): Gegrillte Entenkeulen mit dreierlei Gemüsen und Rieslingsauce. Wunderbar vorzubereiten und am eigentlichen Tag gibt es nur noch ein Finish der einzelnen Elemente. Aber irgendwie…
Ich stand in der Küche wie auf dem Schlachtfeld und merkte, das war nicht zu gewinnen. Nicht, weil es nicht richtig geplant war, sondern weil ich den Puffer für Unvorhergesehenes vergessen hatte. Da war (mein klassischer Trigger) ein Zeitlimit eingebaut, weil meine Eltern nicht zu spät loswollten, machte ich zu viel zeitgleich und verlor den Überblick. Das Gemüse stand erkaltet auf dem Tisch, die Ente war noch zu hart, die Klöße schon zu fest und mit einem Tag Verspätung merke ich erst, dass ich einfach hätte sagen können: „Sorry, ich habe eine Dreiviertelstunde Verspätung!“, um das zu entzerren. (Auch die Hilfe meiner Mutter nutzte nichts.)
Und so haderte ich mit mir. Für meine Überhebung, mir so etwas zuzutrauen (das ich vor fünf Jahren fast nebenbei gemacht hatte), für meine mangelnde Leistung, für meinen Scheiß-Anspruch, dafür dass die anderen meinen Stress gesehen hatten… das lässt sich beliebig fortsetzen. Wie blödsinnig.
Nebenher lief mein Berufs-Belastungstest in die anspruchsvolle Phase, auch das hatte ich nicht auf dem Schirm, die Weihnachtstätigkeiten liefen parallel. Naja, dafür ist es auch da, es sollte mir zeigen ob und wie es laufen kann und worauf ich achten sollte – zum Beispiel die privaten und beruflichen Pläne gegeneinander zu gewichten.
Die innere Kitty kam mit in paar unübersehbaren Statements dazwischen. Einen Sonntagsdienst verdrängte ich ganz, da musste man mich erst anrufen, wo ich bliebe. Und meine Dämonen tanzen wieder. Ich wachte nach Luft schnappend aus einem Alptraum auf. Irgendjemand hatte mich in diesem Traum gefragt, was mit meiner Katze sei. Panisch suchte ich die Katze im ganzen Haus ohne sie zu finden, später nur noch nach ihren Spuren, einem Katzenklo, dass ich wohl nicht saubergemacht hatte, das ich aber nicht fand, scheinbar hatte ich es nicht aufgestellt, nach Katzenfutter dass ich nicht besaß, schienbar hatte ich vergessen, welches zu besorgen. Ich wand mich vor Schuldgefühlen, dass sie wahrscheinlich irgendwo eingesperrt und verhungert und verdurstet war, weil ich mich nicht gekümmert hatte. Erst Minuten nach dem Aufwachen wurde mir klar: Ich habe gar keine Katze.
Ich bin also die Idiotin, die sogar auf nichtexistente Probleme mit Aktionismus, Versagenspanik und Schuldgefühlen reagieren kann. Sauber.

Aber nun reden wir über etwas anderes. Das Kind und ihr Liebster haben mir Gretchen Hirschs „Rock a Bella“-Buch geschenkt. Auch wenn es wahrscheinlich für mich nicht immer der Fifties-Style sein kann, weil zu taillienbetont und es geht ja eher in Richtung victorianische Zitate, aber ich liebe dieses Buch. Ich brauche kein Slow-Sewing-Manifest zu schreiben, die Frau trifft es. Warum sollten wir mit viel Liebe Kleidung für uns schneidern, die in Materialanspruch und Verarbeitung genauso billig, optimiert und auf schnelle Masse orientiert ist wie das, was wir in Discountklamottenläden bekommen können? Da hat sich jemand mit Konstruktionstechniken auseinandergesetzt, schaut auch in und unter ein Kleid oder ein Jackett und muss nicht an einem Tag einen Fummel fertig machen. Das gefällt mir.