Der sozialen Medien müde

Als Ergänzung der Twitter-Diskussion zur Instagram-Genervtheit.

Facebook
da bin ich seit 10 Jahren. Ich schaue immer mal rein, weil dort Leute unterwegs sind, von denen ich sonst nichts höre, mit denen ich auch immer mal interagiere und werfe immer mal selten einen Blick auf das, was Menschen so tun, die sich mit mir befreundet haben, um mir gleich danach anzutragen, ich solle irgendwas mit „Gefällt mir“ markieren.
Der Algorithmus verärgert mich, aber viele Leute posten so wenig relevantes, dass es sich nicht lohnt, die Freunde in Circles zu sortieren, um die Sichtbarkeit zu beeinflussen. Außerdem geht es diesen Konzern einen Sch…dreck an, wer mein Verwandter oder enger Freund ist.
Lalala „welcher Rockstar bist du?“ interessiert mich nicht und so benutze ich nur das Partyeinladungszusagentool aktiv, weil es praktisch ist.

Twitter
seit 9 Jahren meine kommunikative Wärmestube, ich brauche Twitter, um in Kontakt zu bleiben. Da ich nicht die Kontaktfreudigste bin, das das ein wichtiges Mittel, dran zu bleiben. Ich weiß garnicht, wie ich das früher gemacht habe.
Auch wenn immer öfter die PredigerInnen und Agit-Prop-Brigaden durchziehen, sich gepflegt aufs Maul angeboten wird und die Witzemacher immer stiller werden.
Ist halt eine Frage, in welche Ecke man sich setzt. Timelinepflege macht eine Menge aus.
Ich mute erst mal sehr lange, bevor ich mir anschaue, wer das alles ist, ganze Populationen entfolge und mich für andere interessiere. Das ist als würde man den Tisch wechseln.
Außerdem kommt der Großteil meiner Blogleser mittlerweile über Twitter.
Ohne Tweetbot ginge das alles nicht, diese App ist noch immer werbefrei und auf meinem Handy kann ich sogar noch Sternchen vergeben.

Instagram
habe ich sehr spät entdeckt, so vor 6 Jahren vielleicht. Als die ersten Instagram-Fotos in meiner Twitter-Timeline auftauchten, habe ich mich gewundert, dass es Leute gibt, die diese Orwo-Foto-Ästhektik toll fanden. Ich war so übersatt von Autorenfilmern, die altes Material aus dem Ostblock verwendeten, damit die Farben „so wunderbar entsättigt“ sind.
Als ich dann ein Handy hatte, auf dem Instagram funktionierte, fand ich es ganz nett, den Tag von Sonnenaufgangsfotos zu Sonnenuntergangsfotos zu verfolgen. Vor allem, nachdem die Filter etwas vielfältiger geworden waren.
Irgendwann postete ich dann auch Bilder und fand großen Spaß dabei. Allerdings sicherte ich die Fotos immer parallel dazu auf meinem Blog.
Instagram hat viel in Bezug auf Fotografie verändert und von dem Bild, das Menschen von ihrem Leben erzeigen. Bis dahin, dass der Headshot heute „Selfie“ heißt.
Als der Algorithmus mit einem Update Einzug hielt, war der Spaß bei mir vorbei.
Es ärgert mich nicht nur, es kotzt mich an, dass ich nun Fotos in Best of-Manier zu sehen bekomme, und nicht das Neueste. Dass ich über Dutzende schon gesehene Fotos hinwegscrollen muss, um etwas zu finden, das neu ist und mich interessiert.
Keine mehrgängigen Menüs in der richtigen Reihenfolge, 12v12 völlig durcheinander, ätzend.
Ich weigere mich, Leute extra zu abbonnieren. Was soll das? Der Charme dieser App war ihre Chronologie und der ist zerstört.

Ob Instragram Stories etwas für mich ist, weiß ich nicht. Als Produzentin finde ich das Verfallsdatum blöd, als Konsumentin dauert mir das Zuschauen zu lange, ich lese lieber.

Snapchat
da findet man nur den Grafen, der dort schöne Geschichten erzählt. Ich bin zwar leidlich fotogen, aber Bewegtbild stresst mich.

Whatsapp
auch da bin erst hingeraten, als mich Bekannte fragten, ob sie mich so erreichen. Das ist irgendwie eine Hand voll. Das rangiert für mich auf dem Level von erweiterter SMS.

Ello
ich finde die Idee, so eine Ablagefläche für Text zu haben, nach wie vor charmant. Sollte Twitter einige der blöderen Geschäftsideen verwirklichen, werde ich wohl dorthin umziehen.

Das Diary
ich blogge immer noch sehr gern. Ich merke, dass parallel dazu, dass ich immer weniger regelmäßig Blogs lese (die Einstellung des Google Readers hat viel damit zu tun), gehen bei mir die Leserzahlen zurück. Ich finde das sogar kommod. Zu viel Aufmerksamkeit war mir eher unangenehm, die Leserzahlen der Mutti-Blogs (und ihre Trolle und bösartigen Kommentatorinnen) möchte ich nicht haben.
Das wird hier noch längere Zeit vor sich hinplätschern.

4 Gedanken zu „Der sozialen Medien müde

  1. Ich bin auch so müde, aber ich blogge immer noch und lese vor allem Blogs deren Gesicht ich bei der berühmten Fress:Publica persönlich kennenlernte

    • Ich lese immer noch eine ganze Menge Blogs. Meine Crowd ist immer bei mir, so sie überhaupt noch bloggt.
      Ich habe das Gefühl, es ist weniger geworden oder meine Aufmerksamkeit hat nachgelassen, ist von schnelleren Medien abgelenkt.

  2. Blogs lese ich immer noch wie zu Zeiten des Google Readers, da es einen alternativen Dienst gibt, der mit meinen Reader-Apps funktioniert.
    Instagram habe ich ebenso wegen des Algorithmus geleert. Der Account lebt nur noch für die Namensreservierung. Wenn ich da alle paar Monate mal reinschaue: Alles richtig gemacht.
    FB habe ich deaktiviert. Habe mich da zu oft sinnlos ablenken lassen und die paar Partyeinladungen, naja. Wer mich wirklich dabei haben will, gibt mir anderswo Bescheid. Allein bin ich damit nicht, wie ich feststellte.
    Snapchat schaute ich mir einen Weile an. Hatte soweit auch alles kapiert, aber bis auf die Beiträge vom Grafen kam nix Relevantes rum.
    Ello: Namensreservierung

    Twitter: Wird gerade wieder etwas. Aber ein bisschen distanziert habe ich mich schon. War auch gut so. Viele Themen erreichen mich schon gar nicht mehr. Habe eine riesen Mute (Accounts/Hashtags)- sowie Blockliste.
    Geht gut, wie es gerade ist.

    • Entschuldigung, ich habe erst gestern gesehen, das ich den Beitrag hätte freischalten müssen.
      Bei Twitter reißt es einen manchmal schon mit, das stimmt und Distanz ist gesund.

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