Frau Brüllen fragt wieder, was wir den ganzen Tag gemacht haben.
Heute war einer der Tage, an denen ich an einer Berliner Fachhochschule ein Seminar zum Thema Gehaltsverhandlung halte.
Mein Wecker klingelte um 7 Uhr, ich frühstückte Reiswaffeln mit Erdnußbutter und Himbeermarmelade. (Mein morgendlicher Joghurt fällt aus Obstmangel gerade aus. Die Biokiste ist abbestellt, weil wir freitags auf dem Dorf waren und zum Einkaufen bin ich bisher auch nicht gekommen.) Dazu trank ich drei Tassen Kaffee.
Ich malte mir Farbe ins Gesicht, machte mir eine Frisur und zog ein paar warme Hüllen über, die ich nach und nach ablegen konnte. Es ist die Zeit des Winters, in der man bei Außerhalbbeschäftigung von -5 Grad draußen zu 20 Grad drinnen wechselt, ohne sich umziehen zu können. Das habe ich noch nie gemocht.
Ich schickte dem Kind einen Gruß, sie ist in Arbeitswoche zwei nach der Elternzeit, schläft nachts kaum, weil das Enkelkind sie tagsüber vermisst und der zu Hause bleibende Papa das noch nicht ganz kompensiert (Milchbar ist Milchbar) und das Pendeln mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauert lange. Natürlich zuckt da mein Mutterherz.
Dann überprüfte ich noch einmal, ob ich alles dabei hatte. Einmal hatte mich tatsächlich ein leerer Laptopakku, und dazu ein vergessenes Ladekabel und ein nicht eingesteckter USB-Stick mitten im Seminar völlig scheitern lassen. Das passiert mir nicht noch mal.
Ich fuhr um 8:30 Uhr los, an den Stadtrand zu der Bildungstätte, die sich gerade überregionalen Ruhm erarbeitet hatte, indem sie ein an eine Mauer gemaltes Gedicht des Sexismus bezichtigte und tilgte. Ich zucke da immer ein bisschen. Solche Kunstverschwindeaktionen aus ideologischen Gründen kenne ich noch aus anderen Lebensabschnitten.
Die Revoluzzerx sind dort zwar sehr laut und radikal, aber in der Minderzahl. In meinem Seminar saßen ganz geerdete Menschen, die etwas wissen wollten.
Also erzählte und unterwies ich und ließ Spielszenen machen. Kurz vor 12 gab es eine Mittagspause, dann ging es weiter bis vor 16 Uhr. Wie immer seilten sich zwei oder drei Menschen vorher ab. Ich bin mittlerweile etwas mitleidlos und terminiere die Fragerunde mit den speziellen Problemen nach hinten. Einfach damit sich nicht Einzelne vorher an Auskünften bedienen, gehen und die anderen bis zum Schluss sitzen lassen.
Manchmal muss ich auch sagen: „Das weiß ich nicht.“ oder „Ihr Problem lässt sich nicht zu Ihrer Zufriedenheit lösen.“ Was sich nun in der Evaluierung unter „ging nicht auf mein spezielles Problem ein“ niederschlug. So was ärgert mich dann schon. (Aber was sollen Lehrer sagen, die täglich mit unmotivierten, auf Krawall gebürsteten Schülern zu tun haben.)
Ich machte gegen 16:30 Uhr dem Brötchengeber noch eine kurze Aufwartung. Wir plauderten etwas, es gibt eine Idee, dass ich noch ein weiteres Thema anbieten könnte, dann verabschiedete ich mich bis zum Frühsommer.
Dann machte ich den rituellen Gang zu den Billo-Läden im angrenzenden Einkaufszentrum. Dort gebe ich immer etwas von meinem Honorar für Leggings und T-Shirts aus, bei denen mir die 44 passt, weil Schmeichelgröße.
So gut geht das aber nicht mehr, Das Einkaufszentrum hat mittlerweile fast 50% Leerstand. Wahrscheinlich fährt man in die Stadt zu Primark, um mal richtig schick einzukaufen.
Zufällig war der Tag, an dem in einem Geschäft die reduzierten Sachen noch mal die Hälfte kosteten. Ich erstand eine Steppweste für die Baustelle für 5€. Das gibt zwar keine Karmapunkte, aber es gibt die Garantie, dass das Teil nicht in den Tiefen eines Kleiderschrankes verschwindet, sondern getragen wird. Eigentlich habe ich das Teil gerettet^^
Ich fuhr zurück in die Stadt und der Graf pickte mich kurz vor 18 Uhr an der Straßenbahnhaltestelle auf und wir gingen ins Naan in der Oderberger Straße etwas essen. Er erzählte mir, was er den Tag über an Bauplanung gemacht hatte. Es fehlt immer noch ein Waschtisch, auch ein schöner, preiswerter, weil gebrauchter, mit Holz heizbarer Küchenofen wird noch gesucht, am liebsten ein kleiner La Nordica.
Am Donnerstag geht es wieder in Richtung Dorf, wir müssen die eine oder andere Materiallieferung noch koordinieren. Geht sie nun postlagernd nach Norden und wird in der Poststelle des Kleinstadtedeka abgeholt? Wird sie direkt ins Dorf geliefert, weil sehr schwer? Geht sie nach Berlin und der Postbote spielt wieder das „ich stelle nur noch an die Filiale zu“-Spiel mit uns?
Gegen 19 Uhr gingen wir satt nach Hause und ich legte mich zur Entspannung für anderthalb Stunden in die Badewanne.
Dann schrieb ich das hier auf. Nun ist es 22.30 Uhr.
Ich werde noch etwas an den neuen
Perlenstulpen stricken, und versuchen, das Onleihe-Hörbuch, das ich schon dreimal verlängert habe, weiterzuhören. Wenn denn die Onleihe funktioniert, „es ist ein unerwarteteter Fehler aufgetreten“ ist dort schließlich die Lieblingsfehlermeldung.
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