In Erwartung des angekündigten starken Windes schaute ich morgens, was alles wegfliegen könnte, aber es war dann doch eher ein gemäßigtes Lüftchen.
Bis zum Nachmittag knibbelte ich an meinem Pullover. Abends bin ich zu müde, um so komplexe Sachen zu machen, wie einen Ärmel einstricken und alles vorher durchzurechnen. So hatte ich bald einen Einstieg gefunden.
Erst um 15 Uhr ging ich raus, mittlerweile war es warm geworden.
Wir inspizierten die Treppenkammer, in der ich gestern lockeren Putz abgeschlagen hatte. Da sich dort im Winter oft die Feuchtigkeit staut, mußten die Öl- und Dispersionsfarbe von der Wand geholt werden. (Eigentlich wollte ich den ganzen Putz runterholen, doch der war fester als die Lehmziegel darunter.)
Der Graf schliff die Farbe ab, bis es früher Abend war und ich schaute ihm bewundernd zu.
Ich kochte danach Suppe und strickte weiter am Ärmel.
Nebenher schauten wir Nachrichten, um zu wissen, wann wir aus der Klausur wieder in den Baumarkt können und wann das Enkelkind wieder ihren Kindergartenfreund sehen darf.
Der Graf und ich reagieren auf die Vorschriften völlig unterschiedlich. Ich, die ich in einem restriktiven Staat geprägt wurde, war sehr unruhig, als die Seuche kam und noch jeder tun konnte, was er wollte. Ich wurde ruhig, als die Grenzen für alle definiert waren. Dem Grafen ging es umgekehrt. Die Beschneidung seiner Freiheiten macht ihn widerständig.
Archiv des Autors: kitty
14.04. 2020
Kalter Wind und Sonne. Unangenehm Schwindel hervorrufend.
Nur drinnen gearbeitet. Böden geputzt. Die Treppenkammer ausgeräumt. Putz dort abgeschlagen. GsD nicht so viel wie geplant, denn er ist fest und die Wand dahinter wider Erwarten trocken.
13.04. 2020
Ein fauler Ostermontag.
Der Plan war eigentlich, die Katzen rauszuschmeißen und bis Mittags im Bett liegen zu bleiben. Aber der kalte stramme Wind hatte drei Kohlrabihütchen weggepustet (zwei davon dauerhaft abgängig)und schüttelte die Wäsche auf der Leine ordentlich durch. Also brachte ich die Hütchen und die Wäsche in Sicherheit, bevor ich mir alles im Dorf zusammensuchen durfte.
Dann aß ich im Bett Pudding und trank Kaffee.
Ansonsten habe ich den Tag heute so vertrödelt, daß ich garnicht mehr zusammenbekomme, was ich heute gemacht habe.
Das Bad geputzt, noch mal zwei Stunden geschlafen und gestrickt. Das wars.
Immer öfter merke ich, wie privilegiert wir leben und wie gut es uns geht. Ich denke an Freunde, die so schnell nicht in ihren alten Job zurück können, weil es da nichts zu tun gibt, manchmal hängt auch eine Firma mit Mitarbeitern dran. Freunde, die von Homeoffice und alle hocken zusammen nur träumen können, weil jemand im Krankenhaus ist.
Ich glaube, der allmähliche Neustart in ein paar Wochen führt uns in eine sich verändernde Welt. Es wird viel nicht mehr so sein, wie es einmal war.
12.04. 2020
Ein richtiger Ostersonntag, wir haben den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.
Weil es so schön warm war, hat der Graf die Dresdner Terrassenmöbel ausgemottet. Ich pimpte einen fertigen Käsekuchen auf und am Nachmittag saßen die Freunde von drei Dörfer weiter in gutem Abstand mit uns im Frühlingswind bei Kaffee und Kuchen. Danach wurden die Deckenbalken im Gartensalon und der angefaulte Sparren darüber besprochen.
Ansonsten habe ich noch etwas Wäsche aufgehängt (ich Heidenkind weiß ja nicht, daß das nicht gottgefällig ist) und Mimi einige Male von Tisch und Stühlen verjagt, es war zu interessant, was wir da essen.
Es gibt einen neuen Job für mich: An warmen Tagen morgens die Hütchen von den Kohlrabis nehmen und abends wieder aufsetzen.