Sonntagsmänder am vorletzten Sommertag

Morgen noch mal bei 34 Grad Dampfgaren im Büro und dann ist es wohl vorbei mit dem heißen Sommer.
Ja, Büro. Morgen sind 2 Wochen Urlaub vorbei. Der erste Urlaub seit 1994, in dem ich einfach nicht erreichbar sein durfte – und trotzdem bezahlt wurde und Urlaubsgeld obendrauf bekam. Luxus, großer Luxus. Und das Gefühl, wie ein Schulkind vor dem neuen Schuljahr zu stehen und zu denken: Ja, aber ich will doch den ganzen Tag spielen!, das gibt es wahrscheinlich gratis dazu.

Dessen ungeachtet bekommt ein Plan B Konturen. Mal schauen, ob und wie das funktionieren könnte. Fernziel wäre, von zu Hause und ggf. auch von Berlin unabhängig zu arbeiten und die Arbeitszeiten an die tatsächliche Nachfrage anzupassen. Also weg von täglich 9to6, das konnte ich noch nie. Ich habe immer viel gearbeitet, wenn viel zu tun war, aber nie Arbeit simuliert, wenn es ruhiger wurde.
In diesem Sommer sind kurz hintereinander zwei Menschen aus meinem früheren Arbeitsleben gestorben, nur wenige Jahre älter als ich. Einfach so, unerwartet, in keiner Risikogruppe. An verschleppter Krankheit bzw. plötzlichem Herztod.
Meine Zeit wird wertvoller. Ich möchte sie mit den Menschen, die ich liebe, verbringen und mit den Tätigkeiten, die ich liebe.

Wir waren einige Male schwimmen und ich merke, wie gut es mir tut, mehr als eine Stunde über einen ruhigen See zu ziehen. Für den Körper sowieso, aber auch für die Seele. Das ist nicht zu vergleichen mit dem Mief und der Enge eines Schwimmbads.

Weiter. Es gibt ein Thema, das für Twitter ungeeignet ist. Vor dem, was momentan passiert, kann niemand abtauchen. Plötzlich stehen in Deutschland Menschen vor den Türen. Kriegsflüchtlinge, Elendsflüchtlinge, Glückssucher. Viele. Mitten in der Urlaubszeit, in der Ämter, die ohnehin Dienst nach Vorschrift machen – was eine Qualität wir auch ein Fluch sein kann – genau wie andere Firmen minder besetzt sind. Die Lage der Menschen, die darauf warten, ihren Asylantrag zu stellen, ist unwürdig und prekär, zumindest in Berlin. Bürgerinitiativen versorgen die Ankömmlinge und organisieren und koordinieren diese Arbeit selbst, in anderen Regionen ist das Aufgabe der Verwaltung.
Mehr als Tausend obdachlose Menschen – das ist ein Altbau-Straßenzug in Berlin – kann diese Stadt also nicht versorgen und sie stranden zunächst in der normalen Berliner Ignoranz, die diese Stadt so frei macht, aber auch so unsozial. Ich möchte es nicht erleben, dass es hier einmal zu einer ernsthaften Katastrophe kommt.

Ich schicke den längeren Ausführungen eines voraus, falls das jemandem nicht klar sein sollte. Ich halte es für selbstverständlich, Kriegsflüchtlingen und politisch Verfolgten Asyl zu gewähren. Für alle anderen, deren Leben viel besser wird, wenn sie ihre Heimat verlassen, braucht Deutschland ein Einwanderungsgesetz, wie es viele andere Länder mit hoher Lebensqualität und -perspektive haben.

Aber ich wollte eigentlich über etwas anderes schreiben, über Dresden, über Menschen, die als Pack bezeichnet werden und statt sich zum Schämen in die Ecke zu verkriechen, diese Bezeichnung annehmen.
Es gibt aber vorher noch eine Trigger-Warnung. Was ich hier schreibe, hat keine soziologische Fundiertheit. Es ist „grabe, wo du stehst“. Wer das nicht mag, sollte nicht weiterlesen.
Mein Großvater war Dresdner und wie sein Vater aktiver Kommunist, manchmal auch kommunistischer Aktivist. Er kletterte mit den Roten Bergsteigern im Elbsandsteingebirge und er erzählte mir, wie sich nach dem Klettern in der Kneipe die jungen Männer an der Farbe ihrer Anoraks erkannten.  – Blau Kommunisten, braun Nazis. Waren genug Leute der jeweiligen Gruppierung vorhanden, gab es nicht nur Gepöbel, sondern aufs Maul.
Diese Ecke da oben ab Pirna war schon immer so starr im Kopf wie heute. Was ab der Romantik für die Oberklasse Naturschönheit war, war für die Menschen dort karger Boden und wenig Platz für Wohnraum. Zog Krieg durch, nahm man die Habseligkeiten und das Vieh und versteckte sich in den Höhlen. Wildern und Schmuggeln gehörten zum Leben. Für Neuankömmlinge war in der Regel kein Platz. Das war ein Ort, von dem man wegging, wenn das Handwerk oder der Hof niemand weiteren ernährte, aber keiner, an dem man sich neu ansiedelte oder Neuankömmlinge freundlich begrüßte, es sei denn, sie waren Touristen, ließen Geld da und gingen wieder. (Hier ein interessanter Blogpost von Wolfgang Michal zur ganz alten Fremdenangst in Sachsen.)
Der Talkessel Dresden war weiter und offener und doch ähnlich beschränkt. Hier findet man die Oberklasse sogar geografisch ganz weit oben – wer es sich in den Zeiten der Industrialisierung leisten konnte, hatte unten die Fabrik und baute von deren Profit oben am südlichen Elbhang in der klaren Luft eine Villa. Unten im Smog bildete das Pack hustende Klumpen in der Friedrichstadt, den Souterrains und Dachkammern der Äußeren Neustadt und später in Leuben, Niedersedlitz und Heidenau. Chemie- und Papierfabriken verpesteten die Elbe, Dampfmaschinen und Brennereien die Luft. Das hielt sich noch lange nach dem Krieg bis zur Wiedervereinigung, weil die Industrie nie großartig saniert wurde, man lebte von der Substanz. Nur die Villen am Elbhang waren aufgeteilt, hier wohnten nun viele Familien und sie verfielen allmählich als Relikt der alten Zeit und weil keiner sie erhalten konnte.
Dresden, das Tal der Ahnungslosen, wo man sich vom Westen erzählen lassen musste, weil das Westfernsehen nicht bis in den Talkessel kam, leerte sich. Man ging ins das Land der Verheißungen, wo man binnen kurzer Zeit ein Haus bauen und zwei Autos haben kann und wenn man mal keinen Bock auf Arbeit oder keine hat, bleibt man erstmal ein, zwei Jahre zu Hause und bekommt trotzdem genug Geld.
Dagegen redete nicht nur die Genossen an, sondern auch die linken Aktivisten, die das Land reformieren wollten. (Hier vermisse ich einen Link zu einer Schrift der Umweltbibliothek, die sich explizit gegen dumme und verblendete Wirtschaftsflüchtlinge aus der DDR wandte, der mir dieser Tage per RT in die Timeline gespült wurde.) Wer von guter Moral war (oder halt den A… nicht hochbekam oder heimatverwurzelt war und hier was zu verlieren hatte) blieb.
(Und wurde kurz darauf gef…t, möchte ich hier flapsig schreiben.)
Nach der Wiedervereinigung kamen sie in Horden in das Vakuum, das die weggejagten Genossen hinterließen. Die Geschäftemacher und Verkäufer, für die der Osten 17 Millionen neue Kunden bedeutete. Die Glücksritter und Heilsversprecher, die die nicht mehr konkurrenzfähige Industrie ausweideten oder aber dafür sorgten, dass der Konkurrent vom Markt verschwand. Die Investoren und Erben, die im Westen nicht den richtigen Claim gefunden hatten und es sich hier aussuchen konnten. Die drittklassigen Beamten, die qua Buschzulage die hakende Karriere pimpen konnten. Nicht zuletzt die, die sich preiswert in einer alten Kulturlandschaft ansiedeln wollten, die, die ihren alten Besitz wieder zurückkauften und solche, die sich als Entwicklungshelfer verstanden (was auch impliziert, dass die Eingeborenen grade noch mit der Keule durch den Wald rannten).
Linke und rechte politische Phantasten gab es gratis obendrauf. Mein Bruder war Anfang der Neunziger Sprecher und Aktivist der Marxistischen Linken in Dresden und warf das Handtuch, als diese Spinner einritten und begannen, rumzukrakeelen.
Die Entscheider, Eliten und Führungskräfte in sächsischen Ballungsgebieten wurde binnen 4-5 Jahren fast komplett durch Zugereiste aus dem Westen ausgetauscht, es bildete sich dazu eine bürgerliche Oberschicht, die vorher kaum noch existierte. Am Elbhang wohnten nun wieder reiche Großbürger, Unternehmer und hohe Beamte. Die linken Utopisten hatten die Äußere Neustadt okkupiert. Die Dresdner wurstelten sich so durch, wer etwas konnte, das die moderne westliche Industriegesellschft brauchte und/oder jung und anpassungsfähig war, hatte Glück. Die anderen waren auf Kurzarbeit 0, arbeitslos, Umschüler und schließlich ABM-Kräfte, sie bildeten das Kundenpotential für Quelle, Bertelsmann und Beate Uhse und hielten als Vorbild für die einfältige Dialekt-Lachnummer im Fernsehen und auf der Straße her.
Kurt Biedenkopf versuchte, ein Bundesland nach dem Vorbild von Bayern aufzubauen, das ist ihm in vielem gelungen. Schule und Verwaltung funktionieren, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist genauso volksnah und korrupt wie in den alten Bundesländern. Arbeit, vor allem schlecht bezahlte Arbeit gibt es auch wieder einigermaßen. Die Seelen der Alteingesessenen schweben aber immer noch in einem undefinierbaren Identitäts-Niemandsland. Sie benutzen die neue Infrastruktur, sie sind stolz auf ihr kleines Musterland, aber sie sind auch Fremde darin und kompensieren das durch lautes „Mir sin mir!“
Der Grat zwischen dem ausgelachten Zoni in Schneejeans, der von nichts eine Ahnung, aber große Erwartungen und Ängste hat und dem überangepassten Fake-Ed-Hardy-über-Plautze tragenden Superchecker, der laut über „unsere Regeln, unsere Bräuche“ schwadroniert, ist sehr sehr schmal.
Traditionelle Milieus neigen dazu, Parallelgesellschaften zu bilden, damit man unter sich ist, das Neue ist der Feind, das gilt für Einwanderer aus dem ländlichen Anatolien und ostdeutsche Datschenbewohner in gleicher Weise.

Noch mal zum Mitschreiben für die, die sich das nicht vorstellen können. Die Demütigungen, Kränkungen und Verunsicherungen, die ein durchschnittlicher ostdeutscher Mensch meiner Generation und älter erlebt hat, sitzen nachhaltig und tief. Durch jeden dieser Menschen gehen Risse.

Zudem lebten sie in einem double-bind. Denn das Geld für die sozialen Wohltaten, die die ostdeutschen Minderleister den Brüdern und Schwestern gleich stellten, kam aus dem Westen und bescherte Deutschland einen 20 Jahre langen wirtschaftlichen Einbruch, der sich (unter anderem) erst mit Hartz IV zum Besseren wendete.
Die Konsequenz von Hartz IV ist eine Entsolidarisierung in der Gesellschaft, die dauerhaften Empfänger dieser Leistung werden als stigmatisiert wahrgenommen. Es bildet sich ein neues Lumpenproletariat aus Menschen, die zwar nicht mehr hungern und verelenden, die aber perspektivisch (z.T. trotz Arbeit) nicht aus dem Transferleistungsempfang herauskommen werden oder aber immer wieder in der Gefahr sind, innerhalb kurzer Zeit hineinzurutschen.
Zudem hat sich eine neue Schicht von Arbeitern und Angestellten gebildet, deren Existenz zwar transferleistungsunabhängig ist, die aber bei Krisen oder persönlichen Schlägen Gefahr laufen, alles Geschaffene schnell zu verlieren, bevor die Grundsicherung greift. Diese Menschen schlittern auf sehr dünnem Eis und in Ostdeutschland haben sie auch kein familiäres Fallback, denn ihre Eltern haben meist kein kleines Kapital oder Immobilien.
Cornelia Koppetsch dazu im Freitag:

„Wohlfahrt, Bildung, Gesundheit und selbst Arbeit sind inzwischen zu Gütern geworden, die der Staat nicht mehr fraglos zur Verfügung stellt, sondern (die) von den einzelnen erkämpft werden müssen Dabei schneiden jene besonders schlecht ab, die Hilfe am dringendsten benötigen. Der westliche Staat genoss nur deshalb eine breite Zustimmung, weil er in der Vergangenheit immer wieder als Wohlfahrtstaat auftrat. (…)
Besonders gravierend scheint es da, wenn nun Leute mit Zuwendungen versehen werden, die vermeintlich nicht dazu gehören: Flüchtlinge und Migranten. Flüchtlingspolitik ist eben auch Sozialpolitik.“

BTW. Lumpenproletariat ist übrigens in der Regel politisch konservativ bis reaktionär.

Solidarität als Stichwort. Menschen, die in der DDR sozialisiert wurden, hörten dieses Wort mehrmals täglich. Es ersetzte in vielen Momenten die Formulierung Nächstenliebe, war aber viel weiter gefasst. Denn Solidarität wollte mehr sein als die Liebe des Nächsten und Ähnlichen. Der Kommunismus begriff sich als internationale Bewegung. Solidarität wurde als weltumspannendes mentales und materielles Band in einem Zeitalter geringerer Mobilität begriffen (Brecht/Eisler/Busch Solidaritätslied):

Zumindest in meiner Umgebung glaubten das die Menschen und spendeten Geld und Arbeit für Menschen in Vietnam, Chile, Angola und Mosambique. Alle taten das, vom Schulkind bis zum Rentner. Manchmal nur Pfennige, aber wer den Pfennig nicht ehrt… Nach der Wende wurde bekannt, dass dieses Geld das Land nie verlassen hat und die Empfänger nie erreichte.
Karitative Leistungen waren weitgehend unbekannt, da das Land bis auf wenige Überbleibsel säkularisiert war.

Die auf starker sozialer Kontrolle und relativ wanderungs- bzw. veränderungsarmen Soziotopen basierende Gesellschaft in der DDR (in der Momentaufnahme einer oder zweier Generationen natürlich, dieses Land gab es ja nicht lange) hatte eine eigene, fast dörfliche Form von Nähe entwickelt. Man war aufeinander angewiesen, auf Unterstützung und Tauschwirtschaft, von Geld ließ sich fast nichts kaufen. Auch das war eine Form von Solidarität, die ihr abruptes Ende mit der Wiedervereinigung hatte. Plötzlich gab es starke Wanderungsbewegungen und gesellschaftliche Schichten differenzierten sich wieder und kamen in einen massiven Distinkstionsprozeß. In der Empfindung war sich nun jeder selbst der Nächste und musste schauen, wo er bleibt. Der Identitätsverlust kam obendrauf.

Identität. Wer ist man, wenn man plötzlich erklärt bekommt, dass die bisherigen Ideale und Werte der letzte Dreck sind? Für die älteren Deutschen im Osten passierte das nun schon zum zweiten Mal. Die Westdeutschen konnten die Nazizeit mit Leistung kompensieren und neue Werte definieren. Die Ostdeutschen hatten kein Wirtschaftswunder. Sie waren der arme, etwas hinterwäldlerische Cousin am Katzentisch.

Nationalismus. Es war für mich immer wieder erschreckend, wie schnell selbst sehr intelligente Menschen, denen man die Werte des Sozialismus nahm und die die neuen Werte des Kapitalismus nicht adaptieren konnten oder wollten, ideologisch 50 Jahre zurückfielen.
Endlich durfte man wieder deutsch sein. Die offizielle DDR-Identität war ja etwas sehr Schemenhaftes, Behauptetes und Fragiles. Etwas das deutsch war, aber nicht deutsch sein durfte, so was halbrussisches, aber auch wiederum völlig anders als der Rest des Ostblocks, der aus dem Russischen Großreich mit asiatischen Vasallenstaaten, Polen und den Resten von Österreich-Ungarn zusammengelötet war. Dieses Rumgedruckse erwies sich als Nährboden für alles Mögliche, wenn Menschen die kommunistische Ideologie verabschiedeten.
Umschwung in symbolischen Nationalismus, der Jahrzehnte in irgendwelchen Hirnkellern überdauert hatte, teilweise mit Anleihen an die militante Studenten- und Burschenschaftsbewegung, die über 100 Jahre alt war. Orientierung an der Anthroposophie und der Reformbewegung, die auch die Nationalsozialisten nährte. Platt-geschichtsvergessen-Pragmatisches „ja, aber der hat doch die Autobahnen gebaut und Kinder bekommen war auch willkommen“ oder die böse Glatze-Springerstiefel-Hitlergruß-Provokation, von der man wußte, dass sie immer ins Schwarze traf und Reaktionen hervorrief. Ich habe das nie verstanden, weil ich alles Totalitär-Ideologische hasse wie die Pest, aber es ist da. Als Provokation, als Trotzalledem, als Halt.
Eine panische Suche nach Orientierung wird sichtbar. No Exit, der Diplomfilm von Franziska Tenner zeigt junge Rechtsradikale bei dieser Orientierungssuche (und wird in der Berliner Zeitung von irgendeinem Fatzke aus dem Westen verrissen, weil sich scheinbar Ostdeutsche nicht einmal ihren eigenen Herangang zu diesem Thema erarbeiten dürfen).
Kleiner Exkurs, Franziska Tenner ist eine der wenigen, die schon Anfang der 90er Recherchen im rechtsradikalen Milieu machte, sie weiß sehr genau, worum es geht, sie kennt die Akteure. Ein Milieu, in das sich normale Akademiker in der Regel nicht hintrauten.

Fremde. In der DDR, die sich weitgehend abgeschottet hatte, damit das Land nicht binnen kurzem verlassen daliegt und „der Letzte das Licht ausmacht“, wie es in einem viel erzählten Witz hieß, gab es kaum Fremde. Schon gar keine, die einfach so ins Land kamen. Es gab kubanische, polnische und vietnamesische Vertragsarbeiterinnen. Es gab die sowjetischen Truppen, die ihre eigene Gesellschaft bildeten. Es gab Afrikaner aus Mosambique, von denen ich immer dachte, sie würden einen Beruf lernen, die aber als Waldarbeiter eingesetzt wurden.
Begegnungen zwischen den Deutschen und den Fremden über die Arbeit oder organisierte und beaufsichtigte Treffen hinaus waren nicht erwünscht. (Allerdings nur im Arbeitermilieu, an den Universitäten war das anders.) Beziehungen gab es schon gar nicht, die waren regelrecht untersagt und es gab Strafen bzw. Versetzungen, die das Paar auseinanderbrachten. Deshalb blieben die Leute auch nie lange, damit sie sich nicht integrierten.
Für einfache, nicht mobile Leute waren das schon immer Fidschis, Preßkohlen oder Russenbesatzer, zumindest wenn man unter sich war, nur die gebildeten Schichten waren offener, hatte aber auch bessere Begegnungsmöglichkeiten durch das Studium oder Auslandsaufenthalte.
Kleiner Exkurs: In so einer Gesellschaft strandeten 1992 in Rostock-Lichtenhagen die vietnamesischen Vertragsarbeiter, die ihr Land nicht mehr zurücknahm und die sich mit allem möglichen durchbrachten und brachen hunderte Südeuropäische Einwanderer, vor allem Roma, ein, die wochenlang auf den Grünflächen zwischen den Plattenbauten kampierten, weil sie in einem suboptimal arbeitenden Amt Asyl beantragen wollen. (Also die LaGeSo-Situation in Berlin, nur ohne kleinen Tiergarten in der Nähe und unter Menschen, die Migration nicht kannten.)
Hier gibt es übrigens einen sehr interessanten und differenzierten Artikel dazu, der auf das Klischeefoto von dem Heil-Hitler-Typen mit der bepissten Jogginghose verzichtet.
Es ist kurzsichtig, Nazi zu schreien und nicht nach den Ursachen zu suchen, denn die Ereignisse von Lichtenhagen passierten nicht im luftleeren Raum. Da gab es keine Nazivergiftung per Chemtrail, noch war die DDR heimlicher Unterschlupf aller Nazis, die es im Westen wohl scheinbar nicht mehr gab.

Nazi. Ich halte es nicht für gut, jeden konservativen oder reaktionären Rumbrüller als Nazi zu etikettieren. Es ist sicher bequem, denn es entbindet einen vom Nachdenken und Privilegien checken, denn die meisten als Nazis etikettierten Menschen sind Unterprivilegierte gegenüber dem Nazi-Etikettierer.
Die wenigen Nazis, die ich kennengelernt habe, waren Arbeiter oder Ungelernte mit nicht viel im Kopf, kaum sozialen Bindungen, aber einer Menge Kraft und Energie, plötzlich keiner Vergangenenheit mehr und wenig Zukunft. Wo sollen da bitte moralische Werte herkommen?
Und dann gab es da noch die Rattenfänger, die kleinen Führer, die in der Menge badeten oder sich in den Männerbünden wohlfühlten.
Ich glaube nicht, dass es jemand von den politisch Radikalen wirklich nachhaltig ernst meint, bis auf ein paar ganz Ausgetickte, die dann auch ganz schnell außerhalb der Gesellschaft stehen und von Bewunderern freiwillig und Kontrollorganen (unfreiwillig?) über V-Leute supportet werden. Aber auch diese Leute können sehr viel Schaden anrichten. Siehe NSU, siehe RAF.
Es will mir nicht in den Kopf, dass Leute ernsthaft Gesellschaftssysteme wieder aufbauen wollen, die nach ein paar Jahrzehnten mit Riesenkrach gescheitert sind. Ich glaube das einfach nicht.

Es gilt die Mitläufer einzufangen, wieder einzunorden, in die gesellschaftliche Kontrolle zu bringen, möglichst bevor sie einen Molotow-Cocktail in der Hand haben und denen, die kommen und um Asyl bitten, zu zeigen, dass man denen Deutschland nicht überlassen hat.

Veröffentlicht unter Leben

Urlaubsmäander Nummer 2

Mit einem kleinen Kapitel Exorzismus. Aber davon später.
Da ich großspurig meine Wanderschuhe eigepackt hatte und am letzten Arbeitstag noch per Expreßversand ein Wanderführer ankam, gingen wir natürlich auch in die Berge. An einem verregneten Tag stiefelten der Graf und ich durch die Wälder bei Agnetendorf. Mich interessierte, ob es Pilze gibt, aber scheinbar werden ab ein paar hundert Meter Höhe die Nächte so kalt, dass selbst warme Tage und Feuchtigkeit keinen Pilz herbeizaubern.

Überhaupt, die Wettervorhersagen. Meine Wetter-App behauptete in der Vorhersage konsequent 7-8 Grad weniger als in der Realität. Wenn ich morgens gegen 9 Uhr draufschaute, hieß es, es würden 8-16 Grad, die derzeitige Temperatur sei aber 18 Grad, in Laufe des Tage wurden es dann 23-25, die Wetter-App behauptete weiterhin stoisch, am nächsten Tag würde die Höchsttemperatur 14 Grad betragen und es wurden wieder mehr als 20.
Erst dachte ich, das seien Temperaturen vom Riesengebirgskamm, direkt in Sichtweite aus dem Fenster war ja eine große Wetterstation, aber dazu passten die realen Temperaturangaben nicht, oben war es tatsächlich wesentlich kälter.
Die Vermutung liegt nahe, dass da jemand am Algorithmus geschraubt hat, um gute Wintersportvorhersagen zu bekommen.

Aber weiter mit Wandern. Wir liefen bergan durch nasses Unterholz, weil uns ein Schild, das uns zur Bismarckhöhe und zum Bismarckmuseum verwies, neugierig gemacht hatte. Aber da oben war alles videoüberwacht, verschlossen und verrammelt, ein Auto stand auf dem Grundstück und ein riesiger Hund bellte.
Grzybowiec Old 01

Im Schloss sagte man uns, es heiße, da sei einer hingezogen der etwas verrückt sei.

Zwei Tage später planten wir eine Bequemtour zur Elbquelle. Seit ich 2002 auf Skiern dort war – an einem wunderschönen sonnigen und windstillen Tag und fast ohne andere Menschen – wollte ich den Ort im Sommer sehen. Wir planten, uns den langen Aufstieg zu sparen und wollten von Schreiberhau den Lift nehmen. Nur war die erste Lifttrasse geschlossen und wir liefen zunächst den Berg hinauf bis zur zweiten Station, die den wesentlich steileren Teil absolviert. Oben auf dem Reifträger strahlte die Sonne, pfiff der Wind und stapelten sich die Leute, aber egal. Wir wollten einen vierstündigen Rundweg machen und kalkulierten ein, anschließend zu Fuß abzusteigen, denn wie immer waren wir erst spät losgekommen.
Aber bald kämpfte ich mit mir. Entweder erstmal Willenskraft und später ein Problem oder Weichei, aber keine Probleme. Ich hatte Unannehmlichkeiten mit der linken Achillessehne, sie war beim Anstieg heißgelaufen und scheuerte schmerzhaft in der Sehnenscheide. Typisch, wenn man sonst nicht viel läuft, die Sehne regierte wahrscheinlich auf die Dehnung beim Aufstieg.
Auch ansonsten war ich nicht sehr trittsicher, zuviel Sonne, zuviel Wind, abwechselnd heiß und kalt, zuviel Gewurl und definitiv zu wenig Kondition. In früheren Jahren bin ich bei meinen Alleintouren dann stundenlang stoisch vor mich hingetrabt, habe mich mit mir selbst unterhalten und den nächsten Tag im Bett verbracht. (Ich erinnere ich noch gut diese Weihnachtswanderung, die ich mit einem Sonnenstich bezahlte.)
Also musste ich mich zu einer Ansage durchringen: Mimimi, Fuß ist schlimm, wir sollten besser bald umkehren und den Lift nach unten nehmen. Achteinhalb Kilometer Abstieg hätte ich definitiv nicht mehr geschafft, egal, wie lang die Runde ist, die wir oben auf dem Bergkamm drehen. Also schaukelten wir mit dem Lift wieder nach unten, diesmal lief auch der zweite Teil der Bahn.
Grmpf!

Ansonsten schwamm ich jeden Morgen brav meine Runden im Pool, meist eine halbe Stunde lang und widmete mich der Kunst des Nichtstuns – was hieß, an einem Spitzentuch mit dünnem Seidengarn zu stricken oder Blindsäume am Kielo Wrap Dress zu nähen.
Das Kleid hatte am Samstag zum Klavierkonzert im Schlosshotel seinen Auftritt. Fotos gibts allerdings nicht, das habe ich vergessen. Aber so weit: Guter Schnitt und ein guter Stoff, der auf diese Verwendung mehr als 10 Jahre gewartet hat.

An einem Tag fuhren wir ins Böhmische und tranken einen Kaffee in Trautenau auf dem Marktplatz. Eine schöne Mischung als exaltiertem Barock und Jugendstil mit derselben Attitüde. Vorher machten wir Halt in Landeshut, einer kleinen, ebenso barocken Stadt. Im Gegensatz zum properen und blühenden Trautenau ein vergessenes und verfallenes Eckchen. Es sieht aus wie in vielen ostdeutschen Kleinstädten. Wer die Energie hat wegzugehen, tut es und die anderen bleiben zurück – bis auf einen, der hier in einem kleinen Restaurant phantastisch  kocht.
Auf dem Rückweg zum Auto kamen wir an einer gespenstischen Szene vorbei. Eines der kleinen Barockhäuser hatte eine Polizeiabsperrung, davor sammelten sich Teenagermütter mit Kinderwagen auf Bänken, ältere Frauen standen zwischen parkenden Autos mit verschränkten Armen in Grüppchen herum, die üblichen Säufer schwadronierten laut und dazu gab es noch zwei Fernsehberichterstatter mit Mikro und Kameramann. (Sehr interessant anzusehen, wie die Leute ihren Text vorher üben und nur obenrum ordentlich angezogen sind.) Den Grund für diesen Auflauf – zuerst vermuteten wir einen Lokalpolitiker, der wegen Steuerhinterziehung verhaftet wurde – googelten wir auf der Seite des Nachrichtenkanals, die an einem Ü-Wagen stand. Der war leider sehr tragisch und begegnet einem sonst nur in Krimis. Ein junger Mann hatte ein zehnjähriges Kind, das vor dem Haus stand und auf seine Eltern wartete, die in einem Ladengeschäft waren, einfach so mit einer Axt erschlagen.
Gruselig.

Vorgestern nun gab es die exorzistische Reise. Ich hatte das irgendwann schon einmal erwähnt, dass Urlaub in Polen für mich kategorisch nie wieder in Frage kam, nachdem meine Eltern mich 1976 dorthin in ein Ferienlager geschickt hatten.
Also noch mal im Klartext. Ein soziophobe, moppelige in die Welt von viktorianischen Romanen und medizinischen Fachbüchern abgetauchte Pubertistin von 13 Jahren wurde mit 15 Altersgenossinnen (und ebensoviel Jungs, aber gleichaltrige, reale Jungs waren ja uninteressant) für drei Wochen gegen ihren erklärten Willen ins benachbarte Ausland geschickt. So mit „Kind, wir schicken dich in die Berge, du musst auch mal raus, dich bewegen, mit anderen Leuten zusammen sein!“ Ganz eigentlich sollte es wohl ein „Wanderlager“ sein. Eine Tourengruppe, die durch Polen wandert und jeden Tag woanders ist. Aber da überlegten die Eltern wohl zu lange, ob ich den anderen nicht zu langsam wäre und es gab keine freien Plätze mehr.
Mein Koffer wurde gepackt und ich in den Bus gesetzt. Mit uns fuhren 30 polnische Mädchen und Jungs, die auf der anderen Seite des Flusses vom Oderkaff wohnten, in einem ehemaligen Stadtviertel, nun zur Stadt erklärt und etwas einsam im strukturschwachen Gebiet. Ihre Eltern arbeiteten im größten Großbetrieb im Oderkaff.
Man fuhr uns ins Isergebirge nach Bad Flinsberg in ein Ferienlager, das einem polnischen Partnerbetrieb gehörte. Während eines Zwischenstopps in Hirschberg, wo wir in polnische Busse umstiegen, wurden Höflichkeiten zwischen den Erwachsenen ausgetauscht und eine elegante ältere Polin sagte laut in sehr gutem Deutsch: „Polen ist so schön, bleibt doch einfach alle hier!“ Wir Kids schauten uns mit panisch aufgerissenen Augen an. Bloß nicht!
Wir fanden es zwar cool, im kleinen Grenzverkehr nach Polen zu gehen, denn im Gegensatz zur DDR und ihren satten Handwerkern und den enteigneten Kleinbetrieben gab es dort eine Privatwirtschaft, die noch die 1000 kleinen Dinge herstellte und vertrieb. Nippes, handgefertigter Schmuck, Holzschuhe, Westkaugummis, Schallplatten aus Lizenzproduktion etc. Aber die Häuser waren noch kaputter und heruntergekommener als im Oderkaff, wo man wenigstens jede Menge neue baute und die alten verfallen ließ. Die Herden von professionellen Hamsterkäufern, die halbe Kaufhäuser leermachten, weil es scheinbar in Polen weder Zucker noch Watte (zum Schnapsbrennen und -filtern), noch preiswerte Kinder-und Babyausstattung gab, waren im Oderkaff berüchtigt.
Wir wurden mit dem Bus in den Zielort hinein und wieder heraus auf eine Bergwiese gefahren und dort gab es den ersten Fahnenappell und eine Begrüßung vor einem Gebäude mit anliegendem Saal.
Es war hundekalt und regnerisch. Das würde sich die nächsten Wochen nicht ändern. Wir hatten zwar eine Liste erhalten, was wir unbedingt mitbringen sollten (ein Freundschaftsgeschenk, Pionierkleidung, Sportsachen), aber die Angabe, dass das Ferienlager auf 640 Meter Höhe auf einem Bergsattel lag, über den der Wind pfiff, fehlte. Einige hatten noch nicht einmal einen warmen Pullover im Gepäck, weil die Eltern geglaubt hatten, es ginge um die üblichen Sommerferien. Die Temperaturen waren tagsüber seltenst über 20 Grad, nachts wurde es sehr kalt.
Die Deutschen wurden in einem anderen Quartier untergebracht, 600 m entfernt, 80 Höhenmeter niedriger und nur zu erreichen nur über einen steilen, schlammigen Trampelpfad bergab, über den wir bald unser Gepäck zerrten.
Man wies uns in einer verfallenen, schmutzigen Villa ein Zimmer mit Nebengelass und Veranda zu, etwas über 30 qm für 15 Personen, mit schmalen eisernen Militärbetten, auf denen Strohsäcke und Decken lagen, dicht an dicht gefüllt. Keine Tische, keine Schränke, keine Stühle. Dafür fingerdicke Ritzen im Holz der Veranda und schlecht schließende Fenster, durch die es zog und hereinregnete. Auch das Dach war nicht dicht, es tropfte bei starkem Regen auf ein Bett.
Ich reagiere ja schon ein Leben lang auf Zumutungen mit stummem Entsetzen, so auch hier. Die anderen Mädchen setzten sich hin und heulten. Sie wollten sofort wieder nach Hause.
Kurze Krisensitzung unter den Betreuern (die im Nachhinein betrachtet ebenso wenig amüsiert schienen, es sich aber nicht anmerken ließen), dann kam der deutsche Lagerleiter, Typ 1,60m-Zackzack-Reserveunteroffizier und erklärte uns, wir sollten uns nicht so haben. Das sei in Polen so, man habe hier sehr unter dem Krieg gelitten und wir sollten den Mund halten und uns anpassen. Schließlich ginge es um Völkerverständigung.
Der Kulturschock ging beim Essen weiter. Es gab genug Brot, das war alles. Butter und Wurst nur in homöopatischen Dosen, jede Menge grüne Gurke, die Marmelade stand auch abends auf dem Tisch, war mit Wasser verdünnt und dazu gab es immer und überall Twarog, in Blöcke gepreßten Quark (in der Konsistenz ähnlich wie zu trockener Ricotta), von dem Scheiben geschnitten wurden. Das Mittagessen bestand aus Suppe und am Wochenende aus Kartoffeln, gekochtem Dosenfleisch und Kraut. Dazu gab es süßen bunten Fruchtsaft, den wir gierig tranken. Wir wurden nach ein paar Tagen darauf hingewiesen, dass wir bitte nicht mehrmals Kompott nachverlangen sollten und lernten, dass der Fruchtsaft Kompott war – ausgekochtes, gezuckertes Trockenobst. Irgendwann, als wir nach mehr Butter und Wurst fragten und das abschlägig beschieden wurde, wurde gesagt, es gäbe große Nahrungsengpässe, das sei das Äußerste, was man aufbieten konnte. (Dass wir wiederum das Sonntagsessen, gebackene Grützblutwurst, überwiegend nicht wollten, begriff niemand.) Wir waren verwöhnte Wohlstandskinder.
Unter Diätstandpunkt war das sicher eine sehr gute Nahrungszusammenstellung. Aber wir im Wachstum begriffene, frierende Teenager, die noch nie im Leben hungern mussten, litten einfach nur. Es gab ja nicht mal Schokolade oder Kekse, die wir statt dessen bei unseren Ausflügen in die Stadt kaufen konnten. Nebeneffekt: Ich nahm in den knapp 3 Wochen 5 Kilo ab.
Nach einer Woche hatte ich wie viele eine Mordserkältung und fragte mich, was das alles sollte. Die engen, feuchten Zimmer in der Villa waren für den Aufenthalt nicht geeignet, der Speisesaal komplett überfüllt und draußen vor dem Haupthaus rumhängen brachte es auch nur zeitweise, wenn es mal nicht regnete. Wir langweilten uns auf Pubertistenart furchtbar, weigerten uns aber, auf Bergwanderungen zu gehen – auch weil viele nicht die geeigneten Schuhe dafür hatten.
Das mit der Völkerverständigung war auch eher so ein frommer Wunsch. Die Polen wollten mit uns nicht Russisch sprechen, wir wiederum sprachen nur sehr wenig hastig angelerntes Polnisch. Es gab einfach kein wirkliches Interesse aneinander.
Während wir litten, hatten sie Spaß. Rannten herum, sahen fern, spielten Spiele, lasen Bücher oder sammelten Blaubeeren. Ein Betreuer erklärte uns dann, dass polnische Familien oft sehr beengt mit mehreren Generationen unter einem Dach lebten. Der durchschnittliche Lebensstil in der DDR – die vierköpfige Familie in einer Drei- oder Vier-Zimmerwohnung von 50 oder 55 qm war für sie Luxus, ebenso Neubau mit Fernheizung und Warmwasser aus der Wand, das gab es nur in industrialisieren Ballungsgebieten. Die meisten Familien wohnten in einer Zweizimmerwohnung und hatten noch die Großeltern dabei. Dementsprechend waren sie froh, der Enge entronnen zu sein.
Nach 10 Tagen bekamen unsere Klagen, in dem entfernten Haus schlafen zu müssen, doch einen handfesten Unterton. Das Bad der kleinen Villa war die umgebaute, mit den üblichen Terrazzo-Waschrinnen, die es auf jedem Campingplatz gibt, versehene Waschküche im Souterrain, in die man auch zwei zusammengezimmerte Kloverschläge gesetzt hatte. Der Fußboden schwamm vor schlammigem Dreck, den wir von draußen hinein trugen und keine der Türen war abschließbar. Aber das war egal, wir hatten sowieso mehrmals am Tag nasse, schlammige Socken und Schuhe.
Die Jungs machten sich einen Spaß daraus, ins Bad oder ins Klo hineinzuplatzen, um irgendwann mal eins der Mädchen vielleicht nackt zu sehen. Selbst wenn jemand Wache stand, nutzte es nichts. Die polnischen Mädels hätten den Typen wahrscheinlich längst aufs Maul angeboten, mit der Sprachbarriere mussten wir die Betreuer einbeziehen. Jungfrau in Not ist überall auf der Welt ein Argument.
Wir siedelten ins Haupthaus um, wo auch der deutsche Lagerleiter mit seiner Familie wohnte, damit wir besser unter Aufsicht waren. Das brachte zumindest einige Erleichterungen wie ein Zimmer, in dem man sich aufhalten konnte, sogar einige Stühle und es war nicht mehr so kalt, weil die Fenster besser schlossen. Am einzigen Sonnentag des Aufenthaltes fand übrigens das Sportfest statt.
Wir zählten die verbleibenden Tage und warteten auf die Rückfahrt, für die wir lange ins Tal laufen mussten, weil die Busse aus irgendeinem Grund nicht bis auf den Berg kamen. Ich war schon seit Tagen vor lauter Heimweh völlig durch und kotzte wie ein Reiher. Auch kein Vergnügen bei einer längeren Busfahrt.
Die Eltern waren entsprechend entsetzt bei meiner Rückkehr und das Wanderlager – berichteten sie mir – war vorfristig abgebrochen worden, als die Gruppe so gut wie gar nichts zu essen bekam, neben einem Schweinestall nächtigen musste und dort Ärger mit über die Betten flitzenden Ratten bekam. Ich bekam ein paar Gespräche mit, das Kopfschütteln, das „Was machen die da bloß mit dem, was sie bekommen haben?“
Bald darauf wurde die Grenze zu Polen geschlossen und die Werftarbeiter in Danzig streikten. Wir bekamen als Kinder nur den ersten Beginn mit.

Das war die Erinnerung. Immer wenn die Rede auf Polen kam, dachte ich an Kälte, Schlamm, Hunger, faulendes Holz, abblätternde Farbe und quietschende Knastbetten.
Der Graf hat mir Polen von einer anderen Seite gezeigt, auch wenn Schlesien in vielen Ecken immer noch so aussieht, wie die alten Bergpensionen 1976. Ich weigerte mich allerdings beharrlich, nach Bad Flinsberg zu fahren, ich wollte da nie wieder hin. Aber der Graf meinte, ich sollte es mir anschauen.
Da ich vor diesen vielen Jahren den typischen Teenager-Tunnelblick hatte – man interessiert sich kaum für Landschaften und Wege, sondern trabt mit einer Gruppe mit, brauchte ich einige Zeit, um auf der Karte zu recherchieren, wo das Haupthaus und das kleine Nebenhaus gewesen sein könnten. Ich erinnerte mich an die Lage außerhalb von Bad Flinsberg, an den Bergsattel und dass es auf der anderen Seite in einen anderen Ort ging. Es kam nur ein Ort in Frage, ein dreieckiges Stück planiertes Brachland.

Als wir aus dem Hotel ausgecheckt hatten, fuhren wir gleich in Richtung Isergebirge. Wir verzichteten auf einen Aufenthalt im Wald zwischen Agentendorf und Kiesewald, wo ich gern in einem kleinen Bergflüßchen Flachköpperdämme und Staustufen baue, während der Graf die Beine ins Wasser hält und mir zusieht. Es war zu kalt, es fühlte sich an wie der erste Herbsttag.
Wir fuhren durch Bad Flinsberg, das sich wieder in einen properen Kurort verwandelt hat und nahmen den Weg über den Berg, wo ein Wintersport- und Mountainbike-Zentrum entstanden war. Das dreieckige Brachland war ein Parkplatz, die großen Bäume standen noch davor, die Stromversorgung aus dem Tal war am Rande des Platzes gekappt. Die Bergwiese, auf der Fahnenappelle und das verhaßte Sportfest stattfanden, war von Büschen verwuchert, wie auch der Weg hangabwärts zu der kleinen Villa.
Ich spuckte auf den Platz. Es war wie an anderen Orten meiner Kindheit. Ich entdeckte erst nach langer Zeit – und dem Fall der Mauer – dass es sich um wunderschöne Landschaften handelte. In den Zeiten vorher dominierten Ungemach von Anreise und Aufenthalt, fehlende Bequemlichkeit und Privatsphäre, direkter Anschluss an alle Wetterunbill und liebloser Großküchenfraß. Ja, es war hier wunderschön. Der Wind pfiff zwar immer noch über den Sattel, aber die Blicke in beide Richtungen waren beeindruckend, sonnenübergossene dunkelgrüne Berge und flache Landschaften mit Stoppelfeldern. Am Rand des Platzes wuchsen süße, riesige Brombeeren. Ich pflückte eine große Hand voll, ich hatte sie mir verdient.
Dann fuhren wir ins Tal Richtung Bad Schwarzbach hinunter und fanden die Villa, stiegen aber nicht aus, weil Leute davor arbeiteten.

Auf der Rückfahrt nach Berlin überlegten wir, wie wir recherchieren konnten, ob ich mich nicht geirrt hatte. Da in den Jahren nach dem Krieg in diesen Bergorten seltenst neu gebaut wurde und wenn, dann Stahlbeton-Fremdkörper im Moderne-Stil, musste es sich um einen deutschen Berggasthof handeln.* Das Netz ist voll von schlesischen Erinnerungssammlungen, das Haus müßte zu finden sein.

*Es ist so. Zeit vergeht schnell. Schlesien war für die Großeltern selbstverständlich ein verlorener Teil von Deutschland, für die Eltern eine Erinnerung daran und für uns Kinder war es Polen, nichts anderes.

Berlin empfing uns mit einer warmen Sommernacht und einer kleinen Jazzband vor der Weinerei. Die Stadt summte. Der Graf setzte sich auf einen Tisch, den er ans offene Fenster geschoben hatte, hielt die Füße in die Nachtluft und begann zu recherchieren. Und dann hatten wir das Haus gefunden.

So wie hier, nur mit mehr Wald umstanden.

Quelle
Tatsächlich ein alter Berggasthof, dem die Außenanlagen allmählich abhanden gekommen waren.

Das Haus ist das zweite von rechts mittig.

Quelle
Der Berghang ist nun völlig zugewuchert, nur manche Wiesen werden noch gemäht, hier hält schon seit 70 Jahren niemand mehr Vieh und die Bauernhäuser verfallen. Die Villa ist in neuen Händen und viel Arbeit liegt vor den Besitzern:
villa2 villa1
Ich habe einen Haken an diese Wochen gemacht. Die Brandhöhbaude, einst Berggasthof, dann Privatwohnung und Ferienheim des elektronischen Betriebes Tewa, war in den 90er Jahren Heim für ledige Mütter und wurde danach abgerissen (…aber niemand weiß, warum, heißt es in einem Kommentar).

Das Ende

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Wer bis hierhin durchgehalten hat, bekommt noch eine Empfehlung – hier ist eine ältere, sehr gute Geschichte über Wanderungs- und Fluchtbewegungen im letzten Jahrhundert.
Das, was gerade passiert, ist nicht neu. Es ist anders und deshalb fühlt es sich neu und für manche bedrohlich an. In Zeiten, wo wir mal eben nach London auf eine Party fliegen und keine Visa mehr dafür beantragen oder ein Vermögen für die Reise ausgeben müssen, machen sich auch Kriegsflüchtlinge und Völker in Not und ihre Vorhut, die jungen, kräftigen Männer, auf größere Wege.
Es ist auch nicht neu, dass sich Menschen von Fremden bedroht fühlen und um sich schlagen. Es gehört zur Natur der menschlichen Gesellschaft, genau wie Barmherzigkeit und Gastfreundschaft. Es ist das Ying, das das Yang bedingt. Licht und Schatten. Es ist einfältig, zu hoffen, dass Veränderung immer nur gute Seiten hat (für wen, ist immer die Frage). Es wird einfach anders und global gesehen sind die Befindlichkeiten unserer Tage stecknadelkopfgroß. Wenn die Zeit reif ist, können aktivistische Menschen viel bewegen. Manchmal glauben sie sogar, sie waren die Ursache, nicht nur der Anlass.

DAMIT ETWAS KOMMT MUSS ETWAS GEHEN DIE ERSTE GESTALT DER HOFFNUNG IST DIE FURCHT DIE ERSTE ERSCHEINUNG DES NEUEN DER SCHRECKEN**

Das Schlimmste ist wohl, wenn Menschen sich glauben machen lassen, sie dürften nicht dagegen anschreien und wenn sie nur fein still hielten und täten, was von ihnen verlangt würde (von Leuten, die schon wüssten, was gut für alle sei), käme irgendwann das Paradies/der Kommunismus/die gerechte, bessere Gesellschaft.
Zivilen Ungehorsam gibt es nicht nur von links und nicht nur aus dieser Richtung ist er legitim. Das ist bitter und schwer aushaltbar. Auch für mich. Wenn ich das Foto der Mutti mit der Reichskriegsflagge in Heidenau auf dem Parkplatz sehe, dann höre ich tief in mir meinen Großvater im Grab rotieren.
Die Symbolik des zivilen Ungehorsams kann mit etwas Recherche hergeleitet werden. Auf allen Seiten paramilitärisch, hier mit Punk-Attitüde, da mit Nazi-Anleihen. Es geht sehr wahrscheinlich weniger um den tatsächlichen Inhalt als um den Stich in die richtige Richtung. Hier die Provokation alles Festgelegten, Geordneten, Sauberen, Begrenzten und Sortierten, da die Provokation des Offenen, Freien, Veränderungswilligen, Flexiblen.
Mit ihrer Angst um ihr kleines Geschaffenes, aus der in Erzählungen große Dämonen wachsen, ähneln sie sehr denen, gegen die sie kämpfen. Wie der zu kurz gekommene Bruder, der gegen das bevorzugte Kind wütet.

Wie das Neue aussehen wird? Wir wissen es nicht. Wir gehen ihm nur durch den Strom der Zeit entgegen.

Ich verlasse den Fahrstuhl beim nächsten Halt und stehe ohne Auftrag, den nicht mehr gebrauchten Schlips immer noch lächerlich unter mein Kinn gebunden, auf einer Dorfstraße in Peru. Trockener Schlamm mit Fahrspuren. (…) Vor einer Plakatwand mit Reklamen für Produkte einer fremden Zivilisation stehen zwei riesige Einwohner.***

 

**Anmerkung zu „Mauser“ in Heiner Müller Revolutionsstücke, Reclam, Stuttgart 1988
*** „Der Mann im Fahrstuhl“ in Heiner Müller Werke 2, Die Prosa, Suhrkamp 1999

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Urlaubsmäander Nummer 1

Das Schöne am Urlaub ist ja, dass man irgendwann vergisst, welcher Wochentag ist.
Nach dem Berliner Schweiß-und Staubbad genießen wir nun kühle klare Bergluft am Fuß des Riesengebirges.
Klar, in Berlin ist es nun auch kühl und feucht und die üble Hitze ist vorbei, die mir zuletzt enorm gesundheitlich zusetzte. Meine innere Hypochonderin hatte gute Stunden und unkte von Schlaganfällen, Thrombosen oder dramatischem Herzkasper. Sehr wahrscheinlich war es nur schnöder Elektrolytmangel in Verbindung mit zu fett sein, der mir die üblen Bein- und Fußkrämpfe bescherte, die mich nach dem Aufstehen hatschen ließen wie eine 70jährige. So langsam lässt es nach.

Im Augenblick preise ich meine Angestelltenexistenz. Ich schrieb am letzten Tag zwei Seiten Übergabe und ließ den Rest des Büros allein damit. Nachdem mir 20 Jahre lang die Leute auch im Urlaub in die Parade fahren durften und ich noch dynamisch tun musste, statt reflexartig „Sie! Männeken! Rufese mich in zwei Wochen wieder an!“ in den Hörer zu maulen. Ha!

Es ist ja so eine Sache mit dem Rumwursteln in der Arbeit. Als ich im März antrat, sagte ich zum Grafen, dass ich von der Leistung her sowieso nicht mehr viel reißen kann und mir deshalb Sachen suchen werde, die die anderen nicht gern machen und dort entweder meine Expertise einsetzen oder neue erwerben. Genau das ist in der Rückschau aufgegangen, auch wenn mir das zwischendurch nicht klar war. Ich habe mir einen Bereich gesucht, der nervig und im ersten Moment nicht sehr lukrativ ist, aber das, was ich jetzt an Wissen im Kopf habe, ist mein Kapital. Vielleicht für den nächsten Job, vielleicht auch für ein nächstes eigenes Business.

Doch zurück in die Berge. Der Regen rauschte ein paar Stunden und nun tröpfelt es von den Bäumen und die Kinder spielen draußen. Mir kommt die Erinnerung an endlose Ostseeurlaube hoch, die mein Bruder und ich samt und sonders mit Gummistiefeln und Regenjacke verbracht haben müssen. Wir trieben uns mit anderen Kindern stundenlang im Wald an der Küste herum, fingen Frösche und kletterten auf Bäume. Ich weiß nicht was unsere Eltern in dieser Zeit gemacht haben. Zumindest waren wir nicht in der Pflicht, die Rolle der aufsichtsbedürftigen Kinder zu spielen.

Ich habe an die niederschlesische Landschaft am Fuß des Riesengebirges mein Herz verloren. Nichts, was aus alten Zeiten kommt, die Familie war in Sachsen ansässig, keiner brach reflexartig ins Schlesierlied aus oder jammerte alten Zeiten nach. Da ist seit 1945 eine Nationengrenze und dass sie da ist, haben wir Deutschen selbst verbockt.
Und so bin ich ganz ohne Last der früheren Jahre gern hier, denn die Landschaft ist eine Mischung aus Oberlausitz (meiner Wurzelheimat) und den Alpen. Hier hätte ich gern ein Häuschen mit Ausblick und Internetanschluss.

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Sonntagmäander an einem heißen Montag

Am Freitag holte mich der Graf ab und wir fuhren sofort nach Dresden, damit wir nicht den Samstag in brüllender Hitze auf der Autobahn verbringen mussten.
Aufenthalte in fremdem Städten sehen für mich momentan so aus, dass ich mir Plätzchen suche, wo ich mich ungestört ausruhen kann. Sightseeing? Wäh! Socialising? Umpf! Neues entdecken? Och nö!
Was mit sich brachte, dass wir am Samstag morgen das Hotelzimmerchen unterm Dach verließen und den Tag unter einer großen Weide in Pillnitz und später in einem Biergarten in Kleinzschachwitz verbrachten.
Das mit Ausruhen war leider so eine Sache. Mit den Jahren vertrage ich Hitze und vor allem Sonne immer weniger. Ich war erschöpft und klebte schwitzend an diversen Sitz-und Liegegelegenheiten, aber kam einfach nicht runter. Ich fühlte mich von der Sonne förmlich verprügelt, mir tat alles weh. Versuchte ich die Augen zuzumachen, klappte das höchstens 20 Minuten, dann war ich wieder wach. Sehr unangenehm.
Den Abend verbrachten wir im Zaza. Jetzt mal abgesehen vom sonderbaren Geschäftsmodell dieses Ladens ist das immer wieder wunderbar, den Abend über der Elbe dämmern zu sehen.

Am nächsten Morgen starteten wir früh, schließlich war Elbeschwimmen. Ein bisschen hatte ich die Befürchtung, dass sich die Sache von Schwimmen in Schlammrutschen transformieren könnte, schließlich war Niedrigwasser und die Schifffahrt weitgehend eingestellt. Doch die Fahrrinne hatte immer noch zwischen 1,30m und 1,60m Wassertiefe und die Strömung hatte allen Schlamm weggeputzt. Unten auf dem Grund lagen nur Steine und Kiesel. Aber es gab schon Stellen, da konnte man von der Strömung beschleunigt laufen.
Es war wie schon letztes Jahr ein Genuss, mit der Strömung an den Elbschlössern vorbeizugleiten, aus einer der Villen begleiteten uns Wagnerklänge, irgendjemand hatte uns seine Boxen auf den Balkon gestellt.
Eine wirklich empfehlenswerte Veranstaltung weil wettbewerbsfrei und fröhlich. Es geht die Sammelbüchse für die Wasserwacht rum, alle schmeißen ihre Klamotten auf Wagen und vertrauen darauf, dass nichts geklaut wird. Der Veranstalter hält wie immer eine kleine Rede und alle wissen, wenn bei irgendeinem hirnbefreiten Blödsinn was passieren sollte, war es das letzte Mal – weshalb alle Leute Vernunft an den Tag legten. Am Ziel warteten wieder die vietnamesischen Damen mit ihren bunten Kleidern und den Sonnenschirmchen im Wasser, es gab Bier und Bratwurst von den Sponsoren und ein T-Shirt für ein paar Euro. Dann lagen alle auf der Wiese und ließen es sich gut gehen. Frau Mona Lisa (ansonsten bekannt unter @anjam_dd) war gekommen und wir lernten uns endlich von Angesicht zu Angesicht kennen und plauderten ein Stündchen. Dann machte wir uns auf den Rückweg. Diesmal nicht zu Fuß, sondern wir setzten mit der Fähre über und nahmen ein Taxi. Es war einfach zu sonnig, zu heiß und die Stadt war durch ein Radrennen weitgehend lahmgelegt.
Der Versuch, Mittagsschlaf zu halten, scheiterte zumindest für mich wieder. Den späten Nachmittag verbrachten wir im Café Clara und gedachten des letztjährigen Treffens mit den Herren Spontiv, mit denen wir dort auf der Terrasse gesessen hatten. Einen Spaziergang brach ich ab, mit Herzrasen, einer Aufgedrehtheit, die mich die Wände hochgehen ließ und stocksteifen Muskeln ist das nicht angenehm. Der Graf machte noch ein sehr schönes Foto.
Als wir wieder im Schatten saßen und die Sonne langsam unterging, ging es mir besser.
Wir saßen noch den ganzen Abend entspannt bei Wein und Käse und schliefen des Nachts bis morgens der Hahn krähte.

Heute ging es nach einem kurzen Abstecher in die Neustadt zurück nach Berlin, wo es ebenso heiß, trocken und staubig ist.

Was es noch gibt? Nur noch 4 !!! Tage zu arbeiten bis zum Urlaub. Die krieg ich schon noch rum. Ich habe noch den Schnitt für das Kielo Wrap Dress daliegen und einen schönen schilfgrünen Crêpe-Stoff dazu. Aber ob ich das noch schaffe? (Obwohl, ich könnte alles fertigmachen bis auf die Handsäume…)

Ach so, erinnert sich noch jemand an Formspring? Ich trug mich da ein, als die Hochzeit dort schon vorbei war. Dann bekam ich viele Mails, ich solle mich doch mal wieder betätigen, ob jemals etwas kam, dass man den Service einstelle, erinnere ich mich nicht. Seit ein paar Tagen, nämlich nach der Nachricht, man wäre mit einem Dienst namens Twoo zusammengegangen (was mich nur die Schultern zucken  ließ), bekam ich Mails, dass mich irgendwelche Typen schau fänden und gut zu mir passen würden. Die haben also die Datensätze verkauft. Frechheit.
Heute sah ich dann mal genauer nach. Twoo muß so eine Abzocker-Kontaktbörse sein, wo man Creditpoints kauft. Bei jedem Klick wollte man mir etwas verkaufen oder mich dazu bringen, Mailadressen von Bekannten einzugeben oder mich mit Facebook oder Twitter einzuloggen und dann meine Kontakte auszulesen. Sie hatten mich auch noch 10 Jahre jünger gemacht und überall mein altes Foto rausgehangen. Das ist ja schlimmer, als in Hundescheiße zu treten.
Nach einigem Gebastel habe ich mein Profil dort angeblich löschen können.

So, nun, jetzt geht es ins Bett. Wenn ich morgen pünktlich aufstehen muss, werde ich sicher nicht vor 7 Uhr wach, wie das ganze Wochenende lang.

 

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