…einen schönen Hals hat Ihre Frau…!

Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens kennt irgendwie jeder und hat doch kaum jemand im Original gesehen. Stephan Graf von Bothmer hat gestern im Wintergarten in Berlin zur neuesten, viragierten Restaurierung ein Stummfilmkonzert mit Chor, Sopranistin, Cello, Percussion und Piano aufgeführt. Mein so lange stilles Cineastinnenherz lachte und strahlte.

Stephan von Bothmer ist sehr wahrscheinlich mittlerweile die Koryphäe für Live-Musik zu Stummfilmen – und sogar zu Fußball ohne Bela-Rethy-Kommentar. Wir sind uns vor langen Jahren bei einer Filminitiative* über den Weg gelaufen und ich habe immer aus der Ferne gesehen, hey, der macht das, was er schon immer tun wollte, nämlich diese Sache mit Stummfilm und Musik, konsequent weiter.
Da musste erst eine Begegnung mit einer Mitstreiterin kommen, die sagte: „Wir machen da eine Konzertserie im Wintergarten“ und ich meinte: „Ey, den kenn ich!“ und dann saßen der Graf und ich beim Konzert in der wunderbar plüschigen Location und erlebten einen außergewöhnlichen Abend.
Graf von Bothmer Nosferatu
Faszinierend war nicht nur der Film, den ich erstmals in der Fassung mit kalligrafierten Zwischentiteln erlebte, in der er sehr wahrscheinlich auch Premiere hatte und ich hatte noch nie Filme mit Viragierungen gesehen. Die waren nämlich gar nicht schwarzweiß, diese alten Filme. Die waren eingefärbt, um Stimmungen zu transportieren und klar zu machen, ob gerade Tag oder Nacht, Dämmerung, Tages- oder Kerzenlicht ist.
Die kollektive Erinnerung an Nosferatu besteht in der Vampirfigur, die, von Max Schreck dargestellt, zum visuellen Sterotyp wurde.** Bis heute bewegen sich Untote darstellende Schauspieler wie er und sehen ähnlich aus.
Mich faszinierte die Fülle von Außenaufnahmen für einen Film dieser Zeit und die detail- und materialgenauen Biedermeierkostüme. Wenn wir mal nachrechnen, dann inszeniert der Film die Erinnerung an eine Zeit (zur Premiere war Kostümzwang, man sollte „altdeutsch“ gekleidet kommen), die in so verklärbarer Nah-Ferne war, wie die 50er Jahre in Mad Men für uns.
Ich bin keine große Freundin des Stummfilm-Overacting und da kam die Musik von Stephan Graf von Bothmer genau an der richtigen Stelle und machte den expressiven Film rund und groß. Als eine Kunstgattung, die noch sehr nah an Malerei, Ballett und Pantomime liegt und in der Musikbegleitung eine Schwester findet, die wirkt, als wäre sie schon immer da gewesen.***
Nosferatu Graf von Bothmer und ChorWenn das Ganze dann auch noch so stattfindet, dass man das Gefühl hat, da sind Leute am Werk, die etwas davon verstehen und es gern machen – das ist nicht so normal, an einem Ort wie der Potsdamer Straße, wo ein paar hundert Meter weiter Touristen seit fast 10 Jahren ein Vielfaches an Geld zahlen, um blauangemalten Männern  beim Spielen mit Plastikrohren zuzuschauen – es ist ein Gefühl, als erlebe man man einen Act, wenn er noch in kleinen finnischen Clubs spielt. Ganz neu (was das Konzertarchiv widerlegt), freundlich, offen und intim, mit allem Herzblut, ohne abgefuckte Show, die nur noch Knöpfe drückt und unter Ernstnahme des Publikums. Ich mag das, sehr sogar.

Deshalb gibt es hier jetzt noch Werbung. Es gibt nämlich nur noch eine Aufführung im Wintergarten, diesmal mit Slapstick:
Graf von Bothmer Stan und OlliAm 1. April 2014 ist die Aufführung, die ich jedem empfehlen kann und ich habe mir sagen lassen, dass es noch ein paar Karten gibt.

 

 

*S.R.A.L., das Schauspieler-Regisseure-Autoren-Labor in freundlicher Gastfreundschaft der dffb ist mittlerweile eine Legende aus alten Zeiten. Wir haben noch mit einem Faxverteiler gearbeitet, bevor es einen Mail-Newsletter gab.

**Selbst das von Glam erfundene Vampir-Emoticon setzt dort auf: :-=

***Der Fachmensch haut mich sicher, wenn ich an „Atom Heart Mother“ denke, aber isso.

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Mühselig ernährt sich das Eichhörnchen

Arbeit

Am Samstag Abend war ich platt wie eine Flunder, das war eine dicke Woche. Zwei Tage „da war noch Arbeit übrig“ in Kreuzberg, einen Ameisenhaufen umziehen und Laub harken bei den Eltern, Pixel schubsen, eine ziemlich umfangreiche Beratung und Recherchen in eigener Sache. Es könnte sein, dass das Vierteljahr Resozialisierungstätigkeit einen tiefgreifenden Entschluss befördert hat: Ich möchte in Zukunft keine Einzelkämpferin mehr sein und die Selbständigkeit ist auch keine so Heilige Kuh mehr.

Futter

Es gibt heute eine Empfehlung für alle, die es einmal nach Spandau verschlägt. In der Fußgängerzone der Havelstraße ist die Kupferpfanne und dort gibt es Burger und Hotdogs. Sehr sehr leckere Burger, mit vielen Zutaten, die gut passen, aber auf die man erstmal kommen muss (man könnte sich sogar einen Labskaus-Burger bauen). Außen leicht rösches, innen fluffiges Brötchen, auf den Punkt gegrillter Rindfleischklops, eine sehr leckere Soße nach eigener Rezeptur und klasse Pommes. Das ganze dann auch noch zu einem zivilen Preis.
Ich suche jetzt nach einem dringenden Grund, im März dort noch einmal den Frühlingsburger zu essen.

Nochmal Futter – Biokiste

Wir bekommen seit einem knappen Jahr wöchentlich eine Lieferung von der Märkischen Kiste. Da sich das Angebot mittlerweile zum kleinen Supermarkt ausgeweitet hat und wir das sehr schätzen, gehen 75% unseres Lebensmittel-Etats dort hin (der Rest sind Fleischkäufe und Essen gehen).
Das, was ich mir am problematischsten vorstellte, die Lieferungen, sind pünktlich und unkompliziert. Manchmal klingelt es nicht einmal, es scheint hier im Haus mittlerweile noch einen weiteren Empfänger zu geben Die Sachen sind sehr frisch, ist mal etwas am Tag der Lieferung hinüber, wird der Preis ohne Diskussion zurückerstattet.
Ich möchte das wirklich gute Obst und Gemüse nicht mehr missen und Milch, Wasser, Bier, Eier und Joghurt wieder von der Ackerhalle den Weinbergsweg hinauf und vier Treppen hoch zu tragen, wäre eine Umstellung.
Allerdings gibt es einen Haken. Die Lieferungen haben eine hohe Fehlerquote, es vergeht eigentlich keine Woche, in denen wirklich das in der Kiste ist, was in der Bestellmail stand. (und ich meine nicht kurzfristige Sortimentsänderungen)
Eine Fehlerquelle ist schnell einzugrenzen und wahrscheinlich unvermeidlich: Packfehler. Da fehlen mal die Eier, steht eine Flasche Dunkelbier in einem Kasten mit Hellem, liegen in der Backwarentüte statt Marzipanhörnchen Zimtschnecken, ist ein Päckchen Fruchtjoghurt zu viel etc. Das Geld wird verrechnet, das ist nur ein Anruf vor 13 Uhr, kein Problem, das kommt auch nicht so oft vor.
Dann gibt es eine andauernde Fehlerkette, deren Ursache noch nicht klar ist. Wir haben nur erstmal ausschließen können, dass wir es mit ganz groben Fehlern beim Bestellen sind. Wir nutzen die Möglichkeit, den im voraus zusammengestellten Obst- und Gemüsekorb per Internet zu ändern, nehmen Sachen raus, mit denen wir in der Woche gar nichts anfangen können oder die wir nicht mögen und legen Produkte dazu. Das geht über ein klassisches Online-Shop-System.
Wir bekommen eine Bestätigungsmail, die dem entspricht, was wir eingegeben haben und dann wird es spannend: Hat die Bestellung funktioniert?
Eine Fehlerquelle hatte ich nach zwei Monaten entdeckt. Es schien nämlich nur so, als wäre eine bearbeiteter Warenkorb auf dem Server abgespeichert worden, wenn ich den Warenkorb ein paar Stunden später mit einem anderen Gerät öffnete. Mit dem Ergebnis, dass gelöschte/geänderte Bestellungen falsch geliefert wurden.
Mittlerweile bearbeiten wir den Warenkorb in einem Zug, verwenden kein mobiles Gerät und keinen Chrome-Browser (alles vermutete Fehlerquellen) und achten peinlichst genau darauf, dass der „Aktualisieren“-Button gedrückt wird. Und trotzdem, die Lieferung und der Lieferschein entsprechen bei bearbeiteten Posten oft nicht unserer Bestellbestätigungsmail (also in 3 von 4 Fallen ist das so!). Mal ist eine veränderte Menge nicht abgespeichert, mal fehlt ein Posten ganz.
Ich habe zweimal versucht, das mit der Hotline zu klären. Vor Monaten gab es mal einen „Computerfehler“, wie man mir sagte. Beim nächsten Mal, als ich nachfragte, ob es ein systemisches technisches Problem sein könne, bekam ich nur in fast flehentlichem Ton zu hören: „Aber sie kriegen doch ihr Geld zurück, dann ist doch alles gut!“
Äh, nö? Mir ist es tierisch peinlich, mir Geld für überschüssig erhaltene Waren zurück erstatten zu lassen. Aber das Geld einfach so für nicht Bestelltes auszugeben, auch. Gleiches gilt für nicht bestellte oder nicht erhaltene Waren. Das eine ist wie ein ungeplantes Geschenk, das andere fehlt.
Scheinbar kann dort keiner so richtig mit der Onlineshop-Technik umgehen. Nach einer ähnlichen Erfahrung bei einem Mittelständler weiß ich, dass es Mitarbeiter gibt, die ihr Unvermögen, mit der Technik zu arbeiten, sehr geschickt verbergen, indem sie Fehler deckeln oder Arbeit  (möglichst noch per handgeschriebener Liste) auf andere delegieren, die dann Fehler wegen Überlastung machen. (Nö, nach Überschlafen, glaube ich, daran liegt es nicht, die bemühen sich wirklich, bzw. haben gar keine Chance, was zu tun.) Oder das Problem liegt gar nicht bei der Märkischen Kiste.
Es scheint entweder einen Bug im Shop zu geben, der nicht das an den Händler übermittelt, was er uns anzeigt oder es gibt einen Gap zwischen Warenwirtschaftssystem und Bestellsystem.
Man könnte nun sagen, es wäre überflüssig, sich um solchen Sch… zu kümmern, es gibt genug andere Anbieter. Aber die Recherche letztes Jahr hatte uns gezeigt, dass alle Anbieter, die wir uns anschauten, mit dem gleichen Shopsystem zu arbeiten scheinen. Alle betreiben ihren Shop über den Anbieter oekobox-online.de. Die Frage ist, mit wem redet man wegen solcher Probleme?

edit: Ich habe jetzt mal den technischen Anbieter angeschrieben. Meine Vermutung ist, dass die Fehlerquelle beim Schreiben des geänderten Einzelpostens auf die mysql-Datenbank liegt.
Die Reaktion kam eine halbe Stunde später, man macht sich auf Fehlersuche. Fitte Leute.

Handarbeit

Hatte ich schon mal gesagt, dass Details nicht so mein Ding sind und Bastelarbeiten auch nicht?
Quilt Shells 2
Quilt Shells 1So richtig weiß ich nicht, warum ich das gerade tue. Ok., weils fertig werden soll und die Decke, die jetzt auf dem Sofa liegt, immer fadenscheiniger wird.
Dann hatte ich einen guten Tag in der Stoffabteilung im Karstadt am Hermannplatz abgepasst. Man hatte gerade Stoffe reduziert, die mir sehr gefielen.
Früjahrsfarben
Ich war noch nie ein Winterklamottentyp, ein Grund, warum ich zwar seit Oktober einen Rock und drei Kleider genäht habe, der Me Made Mittwoch aber nur halbherzig den Rock zu sehen bekam. Ich fand die Sachen, die ich teilweise in wochenlanger Anpassungsarbeit gefertigt hatte, einfach nur blöd. Außerdem wurde ich im Nachweihnachtsstress noch dicker, die mühselig angepassten Klamotten passten nicht mehr und ich mochte mich nicht auf Fotos sehen. Aber das gibt sich gerade allmählich. (Eine gute Motivation, sich zu reduzieren: Diese Anpasserei nervt so derart und verwehrt einem auch den einen oder anderen schönen Schnitt.)
Für die unteren drei Stoffe gibts schon einen Plan, die beiden oberen, das Rosa und das Grau mit Punkten könnten eventl. zusammen etwas werden. Irgendwie schwebt mir Simplicity 7619 im Kopf herum. Mal schauen.

Last, but not least – Liebe

Am vergangenen Montag vor drei Jahren liefen der Graf und ich suchend am Süßigkeitenregal im Kaisers am Kotti entlang und trafen aufeinander. Dass das mal in einer Ehe enden würde, ist ein großes Glück und ein Geschenk des Lebens.
Die Geschichte ist romantisch und wie immer hat Romantik auch einen ganz handfesten Kern. Übernächstes Jahr, zum 5. schreibe ich sie wohl mal auf.

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