13 – So wird das nichts!

Das Tagebuchloggen ist wirklich gerade ein Witz. Egal.
Twoday ist nicht mehr das, was es mal war. Die Struktur veraltet, es wird kaum noch gewartet und es schaut – auch gemessen am Support und den Downtimes – nur noch wenig in der Aufmerksamkeit von Knallgrau zu sein. Der Umzug von Herrn Lucky scheint gelungen, ein bisschen Finish und Politur braucht es noch, aber sonst ist alles fein. Und es ist schon sicher, einige werden folgen. Ich hab das jetzt einmal geübt, ich kann das auch noch öfter. – Falls jemand Bedarf hat, einfach eine Mail schicken.
Schade ist nur, daß die Kommentare zwar mitkommen, aber sich nicht von selbst sortieren, wenn es eine Antwort auf einen Kommentar gab. Das ist leider Handarbeit, weil Twoday die Daten, auf welchen Kommentar sich eine Antwort bezieht, nicht mitliefert. Ich schreibe die jetzt mal an, vielleicht packen die uns noch ein paar Daten dazu…

Ansonsten ist mein Körper ein einziges „Hä???“ ob des Wetters. Nachts hundekalt, die Sonne spiegelt sich im Schnee, Traufen machen Eispanzer… als wäre Berlin für zwei Wochen im Frühling Wintersportmetropole.  Bei mir wechseln sich Hormon- und Aktivitätsschub mit Frühjahrsmüdigkeit und Winterschlaf, kurzum: Totalkonfusion.

Im Schwung der Veränderung werde ich wahrscheinlich demnächst auch mein Blogdesign umbauen. Zwei Jahre Wu Wei reichen. Und da der Herr Lucky so ein schönes Last-Year-Plugin entdeckt hat, kann ich sogar eine kleine Rubrik „Was macht eigentlich…“ eröffnen.

Was macht eigentlich das junge Paar aus dem Eintrag von 2008?
Sie haben zwei wunderbare Kinder bekommen. Aber er ist sehr, sehr krank geworden, Glioblastom, vernahm ich, ich hoffe, ich habe mich verhört. Ich denke oft an die beiden und ihre Lebensprüfungen.
Was passiert auf dem Berg am Meer auf Sardinien?
So weit ich weiß, genauso das, was auf der Barnimkante passiert. (abgesehen von Gartenarbeit) Matteo Tedesco und ich haben fast zeitgleich die Liebe gefunden.
Und das Junggesellenkochbuch steht immer noch im Regal und amüsiert mich. Wie kann man bei einem intimen Souper zu zweit weiße Bohnen anbieten! Andererseits sind die weißen Bohnen schon so eine Art Jungfrauenalarm. Das Fräulein wird schamhaft gehen und nicht über Nacht bleiben wollen.

 

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Es sind Damen anwesend!

Vielleicht ist das genau der Moment, in dem ich mich in eine zänkische alte Frau verwandele. In eine unerbittliche Lady, deren hormonelle Programmierung dieses „nett sein“ nicht mehr verlangt. Oder aber ich werde einfach empfindlich.

Twitter hat für mich seit #aufschrei die Leichtigkeit verloren, für die ich diese Sprachassoziationsmaschine mal geschätzt habe. Das war wie eine Party. Hier macht einer Witzchen, dort spreizt jemand das Gefieder, der nächste doziert oder zitiert, um ein paar andere zu beeindrucken oder eine Botschaft zu verbreiten, jemand heult, zeigt Katzen- oder Familienfotos und es wird auch in die Ecke gekotzt, einsam Zoten gerissen und besoffen herumgepöbelt. Es wurde gelebt, geboren, gestorben, ver- und entliebt, eine Welt in der Nussschale.
Ich habe seit Herbst 2010 meine Timeline absichtlich politisiert. Die Piraten lagen mir am Herzen. Ich hoffte auf eine intellektuelle Elite, die die Politik wieder in Schwung bringt. Auslöser war für mich das Internetzensurgesetz aus dem Familienministerium. Ein Paradebeispiel für einen schlecht gemachten, populistischen Gesetzentwurf, der mehr Schaden anrichtet, als er vorgibt zu verhindern. Nicht umsonst verschwand er in der Versenkung.
Ich fürchtete um die Freiheit des Gedankens, um die Neugier und um die freie Bewegung im Netz. Ich wollte mich nicht bevormunden und denunzieren lassen.
Ja, ich war sogar bereit, meine langjährige politische Bindung zu beenden, um Piratin zu werden. Ich schaute genauer hin, bevor ich das tun wollte und mein Zögern dauerte endlos. Das, was ich da sah, reden wir nicht drüber… Spätestens seit die Linksaktivisten ihre Aktionen abfeierten, war es bei mir vorbei, wenn man auf die 50 zugeht hatte man solche Ideologie-Performer schon ein paarmal im Leben vor der Nase und weiß, was ihr Treibstoff ist.
Ich habe mich vor einem viertel Jahr weider einer jungen, fitten und ehrgeizigen Frauen-Gang angeschlossen, die zwar auf einem Altherrendampfer Politik macht (in der Frauen aus dem Dekostatus längst raus sind), die aber darauf verzichtet, gleich die ganze Welt zu retten und sich nebenbei gegenseitig zu pulverisieren wie in einem Computerspiel.
Die Piraten waren so ein bisschen wie der Neue Markt, wo auch alle dachten, die Gesetze der Old Economy gelten für sie nicht. Bilanzbuchhaltung und Kommunikationsstrukturen sind böse, harte Klippen.

Seit klar wird, dass man sich im engen Zirkel effektiv selbst demontiert hat, schwappen die Spielchen nach draußen, so mein – vielleicht sehr subjektiver – Eindruck. Leute werden für Tweets abgewatscht, bekommen Diskussonen über „böse Worte“ in deren Nähe man nicht kommen sollte und korrekte Sprachregelungen zu den exotischsten Minderheiten, von deren Existenz man bis dato nichts wußte, aufgedrängt und Witze über den Steak & Blowjob-Tag gibt es kaum noch. (Unter der Gürtellinie angesiedelte Empörungstweets über Politiker oder im Zusammenhang mit Religion aber immer wieder gern. Aufstand gegen die Elternfiguren eben.) Ich habe noch nicht ganz begriffen, warum das überhaupt gerade so ist, aber ich werde das noch durchschauen, da bin ich mir sicher.
Mir waren solche Sprachpolizei-Aktionen bisher erspart geblieben, ich sah sie nur aus der Ferne, Gott sei Dank, bin ich doch empfindlich uff die Wörter. Bis gestern.
Ich sass am Schreibtisch und dachte über eine Diät nach. Das passiert sogar mir mitunter im Frühjahr. Ich dachte an den Mann, mit dem ich den Rest des Lebens verbringen will und daran, dass er mich mag, wie ich bin und ich ihm früher nicht gefallen hätte, im Verhalten und in der Figur. Dann erinnerte ich mich an meine Großmutter. Die hatte einen knappen, aber dezidierten Kanon an Ratschlägen für mich. Einer lautete: „Mädel werd nich so dürre, da wirschte zickig. Männer megn das nich.“*
Dieses Satz twitterte ich, als Zitat meiner Oma gekennzeichnet und fügte hinzu: Recht hatte sie. Innerhalb von wenigen Minuten kamen Reaktionen: (sinngemäß, denn ich möchte das hier anonym halten)
Zickig ist ein böses, frauenmanipulierendes Wort!
Wie kann sich für etwas entscheiden, weil es Männer mögen würden?
Das diskriminiert Dünne!
Das weist Dicken ein klischeehaftes Verhalten zu!
(letztere beide Äußerungen übrigens von einer Person)
Oh. Mein. Gott. Meine Oma hätte an der Stelle diesen Leuten gesagt, sie sollten gefälligst nicht solchen Zinnober reden, denn sie müssten sich nicht jede Jacke anziehen, die rumliegt. Heute gängige Sprachregelung: „Soll ich dir zeigen, wo der Unfollow-Button ist?“
Was ich selbst nicht so handhabe. Mir gehen Leute mit manchen Äußerungen gehörig auf den Zeiger, aber so es sich die Waage hält, ist das ok. Ich muss niemanden entfolgen, wenn er nicht so denkt wie ich. Ich fühle mich in vielen Fällen bereichert, wenn anders denken Substanz hat.
Zweien, die sich beschwerten, habe ich kurz erklärt, worum es ging. Das wurde akzeptiert. Im dritten Fall wurde ich pauschal gebeten, keine solchen verletztenden Äußerungen mehr zu machen. Das überschritt bei mir gehörig eine Grenze. Da wurde ich dann doch etwas eindringlicher. Ich brauche keine Newspeak-Gouvernante.

Verschleiernde Sprache oder Sprachverbote sind nichts Neues. Erinnern wir uns an das Victorianische Zeitalter, das den Gipfelpunkt von Verschleiern und Verschweigen von Sexualität war. Ziel: Konditionierung der Triebbeherrschung. In der Enge und Anonymität der wachsenden Städte war das wichtig. Man sagte nicht: „Hintern“ oder „Schwanz“, sondern „das auf dem ich sitze“ oder „Manneskraft“, man hatte Lenden und Scham, keine Geschlechtsteile, oft nicht mal mehr das, sondern es gab nur noch das „Unaussprechliche“ oder „untenrum“. Parallel wurde das Benennen als Quelle von Verletzungen anderer Menschen ausgemacht. Standardsatz „Das sagt man nicht in Gegenwart von Kindern/Damen/Dienstpersonal!“ Bestimmte Dinge sagte man höchstens noch dem Arzt oder Pfarrer.
Heute, weil die Welt durch Globalisierung enger wird, weil gleiche Lebensteilnahme für alle wichtig ist, weil jedes Individuum eine wichtige gesellschaftliche Ressource ist (Thema einer reichen Gesellschaft, die wenig Nachwuchs hat), konditionieren wir andere Bereiche. Das sind vor allem, ganz umfassend: Ablehnung, Misstrauen und Überhöhung gegenüber dem Anderen (also all das, was nicht so ist wie man selbst). Was dann passiert, ist genauso wie abgeklemmte Sexualität. Es ist trotzdem da. Fällt in den Schatten. Wuchert und schießt üppig ins Kraut. Wird kompensiert.
Ich für meinen Teil bin froh darüber, eine reiche Sprache zu benutzen. Ich liebe Humor. Humor ist Verkehrung, Überhöhung, Demaskierung, Statusspiel. Ich behandele mein Gegenüber respektvoll. Aber hab ich bei Twitter ein Gegenüber? Nicht direkt. Sonst wäre es eine Chatcommunity, die bestimmten Regeln unterliegt. Hier spricht man über Sex, dort über Haustiere, da über Kinder. Und ja nach Thema weiß man, wie die Leute ticken, mit denen man zu tun hat. Twitter ist bunter, heterogener. Das ist gut so. Und gerade deshalb will ich mich nicht von jemandem angehen lassen, was ich zu sagen hätte. Diese Menschen schränken mit Moralduktus meine Freiheit ein. Ich habe das Echo des Stalinismus in meiner Familie noch mitbekommen. Deshalb mag ich so etwas nicht.

 

*Andere lauteten:
„Mach was, dann musste hinterher nich rumjammern!“
„Ab 40 isses nich mehr so mit den Männern, da brauchste einen richtigen.“
„Schwimm nich so viel, das zehrt und dann musste mehr essen.“
(Ich hab natürlich gesagt: Jaja Oma…“ und die Backen aufgeblasen und gemacht, was ich wollte, das hat sie schließlich auch nicht anders getan.)

12 – Na du alte Fregatte?

Ich hatte als junge Bohemienne eine sonderbare Angewohnheit. Bevor ich aus der Theaterkantine fiel und ins Bett ging (auf Grund von Fernbeziehung ging ich öfter allein ins Bett als zu zweit) stellte ich mich vor den Spiegel und beschimpfte mich eine Runde. Ich weiß bis heute nicht, warum ich das getan habe, aber es hatte einen erfrischenden Effekt. Vielleicht war mir das, was ich in diesen Jahren tat, selbst nicht so richtig geheuer, sah mein staatspolitisch vorgesehener Lebensplan und der meiner Eltern für mich doch wesentlich anders aus und bestand nicht darin, mit einer Schauspielerin, die heute mit Rants gegen junge Männer in Talksshows durchs Netz geht, nochn Bier zu kippen.
Irgendwann, als ich sicher war, dass das ganz ok. ist, was ich tat, verlor sich diese Gewohnheit. Aber das nur am Rande.

Männer und Klamotten kaufen. Es gibt im Leben des Grafen ganz kurze Timeslots, in denen es möglich ist, ihn mit einem Kleidungsstück zur Kasse zu bringen, die muss man dringend nutzen, bevor ihm der Altbestand in Fetzen vom Leib fällt („Aber das ist doch noch gut!“ „Das hab ich doch noch gar nicht so lange!“). Den Rest der Zeit probiert er an und hängt die Sachen kopfschüttelnd wieder weg, wenn er denn überhaupt so weit kommt, manchmal bricht er auch Einkaufstouren ab wg. „nicht in Stimmung“. Ein klamotten-uneitler Mann hat zwar den Vorteil, dass er im Gesamtverbrauch sehr effizient und Madame auch nicht so im Druck ist, sich aufzutakeln, damit sie nicht wie eine Praktikantin neben ihm herlatscht (hatte ich ja schon mal, war anstrengend), aber mehr als ein Fleece-Pullover und drölfzig Marathon-Finisher-Shirts dürfen es schon sein. Außerdem: Wenn der Herr an meiner Seite einen Anzug trägt, mag ich das, sehr sogar. Deshalb arbeiteten wir uns gestern unter reger Anteilname sämtlicher grauhaariger Berliner Herrenoberbekleidungsverkäufer durch Mientus, P&C und das gute alte KaDeWe und brachten tatsächlich Beute nach Hause. Der besondere Termin muss also doch nicht in Badehose und Gummistiefeln begangen werden.

Und sonst so? Meinen gestrigen Post habe ich dann nachts schamhaft verborgen. Schwäche zeigen geht ja nicht. Außerdem, wenn die Vermutung naheliegt, die BU-Versicherung wolle sich rausziehen, läge das ja wohl nicht an der Versicherung, sondern an mir. Heute habe ich mir dann im Spiegel selbst den Vogel gezeigt und ihn wieder online gestellt. Auch durchhängen will gelernt sein.

Veröffentlicht unter Leben