Mein geliebter Dyson-Staubsauger (der große mit Allergiefilter, Bürste und langem Schlauch) ist für meine Putzfrauen ein Horrorobjekt. Sie stehen vor dem Teil, an den alles selbsterklärend konstruiert ist, drücken mal hier, rütteln mal da und fragen, wie sie damit arbeiten sollen. Meine Mutter weigerte sich gar, ihn überhaupt anzufassen. Es ist doch so simpel. Alles, was beweglich ist, klickt, sich dreht und schnappt, ist gelb. Alles andere ist grau. Männer nehmen ihn in die Hand und bedienen ihn. Problemlos. Und ich stehe nach wie vor dazu, daß ich mir damit einen Techniktraum erfüllt habe, eine wunderbare Symbiose von Form und Funktion.
Gestern abend jagte HeMan ein paar Maden hinterher, die in einer Bio-Müsli-Tüte Obdach gefunden hatten. Weil ich stundenlang gekocht und gebacken hatte und ihr Regal, in dem sie wohnten, immer ungemütlicher und heißer wurde, hatten sie die Flucht wandaufwärts in Richtung Zimmerdecke angetreten. Kein Problem für meinen Staubsauger, schließlich hat er in seinem Griff einen Rüssel,eine geniale Schlauch-Rohr-Kombi, die sich auf vier Meter Länge ausfahren läßt und die Viecher selbst von der vermeintlich ruhigen, kühlen Rundung der Kappendecke putzen kann.
Ich stellte mich vor Heman in Ghostbusters-Pose hin. Mit Ritsch-Ratsch-Klick wollte ich ihm meinen Madenvernichter präsentieren. Schon Ritsch mißlang. Der Griff war verkehrtherum eingerastet und mußte peinvoll herausgerüttelt werden. Ratsch mutierte zu Zerr. Wo bitte war die gelbe Muffe, die mit dem Schauch über das Alurohr rutscht und am Ende einrastet? Klemmte sie irgendwo oben im Kopf des Griffs? Brutal reingewürgt? Gab es sie nicht mehr? War das das Ergebnis einer provisorischen, heimlichen Reparatur? Zerr endete mit Reiß.
Mein schöner Staubsauger! Demnächst, wenn die – wahrscheinlich schweineteuren Ersatzteile da sind – gibt es für Unkundige zuvor eine Schnelleinweisung.
Und wie ich das mit meiner Putzfrau besprechen soll, weiß ich auch noch nicht. Ich bin da so schrecklich defensiv. Hab mich auch nicht getraut, meine Tiefgaragennachbarin darauf anzusprechen, daß sie mit mit der Tür von ihrem Jeep eine Beule in das rote Hurenauto gehauen hatte…
Archiv für den Monat: Oktober 2007
Einheitsbrei
Vor genau zehn Jahren fuhr ich mit meiner Tochter nach Berchtesgaden. Da die Autobahn an einer Baustelle zugestaut war, nahm ich die Landstraße über die Niederlausitzer Braunkohlendörfer um Bronkow. Und da habe ich dann versucht, meinem Kind, das bei Mauerfall zweieinhalb Jahre alt war, zu erklären, wie das hier früher aussah: Keine oder verbeulte Gehwege, Straßen mit tiefen Schlaglöchern, an allem haftender Dreck und Staub, Mief in der Luft und ein deprimierendes Grau-in-Grau. Als einziger Farbtupfer Frauen in Kittelschürze auf Fahrrädern, das Kind auf dem Kindersattel, zwei volle Einkaufsbeutel am Lenker. Wenn der Tagebau näherrückte, wurden die Menschen in Plattenbauviertel umgesiedelt, die am Rand der industriellen Kleinstädte wie Hoyerswerda oder Senftenberg lagen. Bauern bekamen andere Jobs. Haustiere und Gärten gab es nicht mehr. Dörfliche Gemeinschaften wurden auseinander gerissen, wenn die Wohnungen nicht reichten.
Jetzt waren die Dörfer adrett und sauber. Die Straßen und Gehwege grade und trocken. Die Häuser mit Baumarktcharme saniert. Ab und zu war auch ein Mensch zu sehen. Meist ein alter Mensch.
Meine Tochter hat – damals zehnjährig – nicht so richtig verstanden, was ich meinte. Es war mal wieder so ein bißchen „Mama erzählt vom Krieg“. Was sollte ich auch sagen? Ihr erzählen, daß die Raststätte Frankenwald für mich in einer anderen Welt lag? Berchtesgaden für mich mit Hitler assoziiert war und nicht mit Skifahren und Bergwandern?
Ich will die Mauer nicht zurückhaben. Ich will nie wieder im Februarsmog in einem Dreckloch, wie es Leipzig einst war, einen Asthmaanfall bekommen. Ich will nie wieder die gemunkelten Geschichten über auffällig häufige Kindesmißbildungen in der Bitterfelder Gegend hören und nicht wissen: Ist das negative Propaganda oder die Wahrheit?
Mal abgesehen von der ganzen kommunistisch-quasi-religiösen Gehirnwäschescheiße, die mein Leben von frühester Kindheit an bestimmt hat.
Ja, es ist richtig so.
Und ja, es ist schmerzlich, daß Millionen von Menschen in dem Gefühl leben, wohlgepflegte Eingeborene einer nahen Kolonie zu sein. Sonderbar und belächelt in ihrem Anderssein, kostspielig, unselbständig, larmoyant.
Die adretten Straßen täuschen nicht darüber hinweg, daß die ostdeutsche Gesellschaft in Gewinner und Verlierer zerfällt. Menschen, die die neu entstandene Welt akzeptieren (denn der Westen ist auch nicht mehr das, was er mal war) und sich integrieren und Menschen, die ihre alte Lebenshaltung beibehalten haben. Die entweder aus alter Ideologie und ihren Grabenweisheiten besteht oder aus der Gemengelage von ewigem Misstrauen gegen „die da oben“ und dem Verharren in Unmündigkeit und Abhängigkeit.
Das waren jetzt alles keine perfekt gebaute Sätze, aber es mußte mal raus.
furor autumnalis
Fragmente beschreibt sich in Aggregatszuständen und erwähnt:
Im Moment toben in meinem Brustkorb gasförmige Teilchen, trommeln wild und hektisch gegen meinen Solarplexus. Es ist schrecklich. Ich weiß nicht, woher es kommt – Hormone, Mond oder Jahreszeit?
Mir geht es genau so. Gestern nacht fing es an. Nach einem dieser sonntägliche Beziehungsgespräche, die HeMan und mir seit einigen Wochen unterlaufen, die mit einem nebensächliche Satz beginnen und plötzlich sehr grundlegend und existenziell werden. Ich schlief zwei Stunden wie eine Tote und plötzlich wachte ich mit einem inneren Paukenschlag auf. Danach nur noch Gedankenräder, Herzrasen, am Tag kam noch Übelkeit dazu. Ich habe das manchmal, meine Mutter auch und frage mich, was das ist. Es kommt in den Übergangsjahreszeiten. Im Frühjahr kommt noch ein brutales Jucken am ganzen Körper dazu.
Schilddrüsenkapriolen können so schnell nicht passieren, eine Überfunktion bei falscher Dosierung baut sich langsam auf. To much t3 kann es nicht sein. Hm. Hormone?
Frauen. Irgendwie sind sie schon komische Konstruktionen. Männer prügeln sich, wenn sie zu viel Testosteron haben. Frauen köcheln hysterisch vor sich hin.