Heute morgen war nur Shawn zum Frühstück erschienen. Mimi war mir letzte Nacht kurz begegnet und verstand so garnicht, daß es nach Mitternacht nicht das volle Aufmerksamkeitsprogramm plus Snacks gibt, sondern nur ein „Hallo Kleine!“-Streicheln. In vermenschlichender Weltsicht dachte ich mir, sie ist sauer. In der Tierwelt hatte sie wahrscheinlich nur einen Streit mit dem Kater vom Wurstmacher, denn sie hatte einen frischen Schmiß auf der Nase, als sie mittags verschlafen aus einer Ecke getrottet kam.
Ich sah auch gleich nach den Kürbissen, sie haben die Tage ohne Wassermangel und Schneckenangriffe überstanden.
Ich mußte trotz Feiertag ein bißchen was tun, die Spülmaschine ausräumen, die Munddusche entkalken, die Betten frisch beziehen und Küche und Bad putzen. Aber irgendwie ging alles recht schnell.
Inzwischen zog eine Herrentagspartie auf einem historischen Trecker mit Anhänger durchs Dorf, sang und begleitete sich mit der Trommel*. Später kamen Gäste für die Wohnung an.
Der Graf zeigte mir am Nachmittag einen Weg für eine schöne Radtour nach Demmin, auch nutzbar für Gäste, die mit dem Zug und dem Fahrrad anreisen. (Wir nahmen aber das Auto.) Es ging über Feldwege mit schönem Weitblick und durch verwunschene Wälder mit riesigen Buchen, Eichen und Fichten (und Maiglöckchen, Waldmeister und verborgene slawische Burgwälle). Eigentlich geht die Strecke auf der Mecklenburger Seite des Trebelmoors von Ort zu Ort, bis die Trebel schließlich in Demmin in die Peene fließt.
Wir liefen etwas durch Demmin und aßen eine Kleinigkeit. So lieblich die Umgebung ist, Demmin als Ort ist eine einzige schlecht vernarbte Wunde. Die Geschichte steckt scheinbar allen in den Knochen, die einem dort begegnen.
Dafür sind die angrenzenden Dörfer proper. Wer etwas Wohlstand hat, zieht raus.
Abends saß ich strickend im Sessel. Gegen Mitternacht muß der junge Kauz mal kurz auf unserer Dachrinne gesessen haben. Seine lauten Rufe waren so durchdringend, daß ich sie durch die Kopfhörer und das Hörbuch hörte. Aber er fliegt schon gut und bevor ich mich anschleichen und das Fenster aufmachen konnte, saß er schon wieder zwanzig Meter entfernt in der Linde.
* Sehr schön waren auch die beiden Typen irgendwo am Rand der Landstraße. Sie saßen mit rosa Ballonseide-Freizeit-Anzügen und Vokuhila-Perücken vor einem Schild auf dem stand „Ihr hupt, wir saufen“. Für jedes Hupen nahmen sie einen Schluck aus der Bierflasche.
Schlimme Alkoholleichen haben wir indes nicht gesichtet.