Lazy Sunday.
Der Sturm hatte nachgelassen, aber es war noch immer kühl und ungemütlich, obwohl manchmal die Sonne herauskam. Das Tal lag wie ausgestorben da. Die Leute waren alle in ihren Häusern.
Ich igelte mich ein. Warme Kuschelsachen, ein helles, aber zugfreies Eckchen, Schreibarbeiten, Homepage. Wenn ich keine Lust auf Schreiben und die Wortklaubereien für die Homepage hatte, stellte ich mich in die Küche oder hing Wäsche auf. Im Wind getrocknete Wäsche ist für mich nach wie vor der größte Luxus, den es gibt.
Ich machte gegrillte Gemüse mit Parmesanspänen für den Nachmittagsimbiss und bestückte zwei Flaschen mit Peperocini, einem Rosmarinzweiglein, etwas Thymian, ungeschälten Knoblauchzehen, einem jungen Salbeitrieb und einem Lavendelblütenstand. M.T. goß Öl aus einem riesigen Kanister darauf. Ich bin gespannt, wie das in ein paar Wochen schmeckt.
Gegen vier Uhr rollte ich mich wie eine Katze auf meinem Bett zusammen und schlief zwei Stunden. Draußen wurde es wieder düster und windig. Zeit für einen Spätnachmittag auf dem Sofa. Nebenbei fiel mir noch der eine oder andere Satz für die Homepage ein, ansonsten schauten wir uns – Oh Gott, wie hieß der Film, in dem Tom Hanks diesen skurrilen Amerikaner spielt, der immer rennt? – an.
Nach den Nachrichten hatte ich vom vielen Nichtstun unglaublichen Hunger. Wir fuhren in die Stadt und aßen Fisch und Fisch und tranken dazu eine Flasche Vermentino. Ich liebe diesen in Tomatensauce marinierten Meeraal über alles. Als Hauptgang gab es Fischfilet, Kartoffelscheiben, Zitronensauce und Steinpilze. Mjam.
Zurückgekehrt, war ich so müde, daß ich sofort ins Bett ging. Ich las noch etwas, dann fiel ich in einen unruhigen Schlaf, weil der Mond direkt ins Fenster schien. In den halbwachen Minuten baute ich eines meiner Küchenregale auseinander, um das Gaskochfeld einzubauen.
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25.9. 10
Der angekündigte Sturm kam auf. Er fetzte an den Palmen auf der Terrasse und jagte die Wolken über den Himmel. Ab und zu regnete es, aber immer wieder zu wenig. Selbst die vier Stunden Landregen vor zwei Tagen wurden innerhalb kürzester Zeit von der Erde aufgesogen. Das Meer in der Bucht produzierte die ersten dramatischen Gischtbögen. Das sei aber alles noch nichts, meinte der Gastgeber. Ein richtiger Sturm putze allen Sand vom Strand und käme bis über die Uferstraße.
Wir nutzten den Vormittag für Lebensmittelnachschub. Scheinbar macht Katastrophenwetter aus Menschen vorsichtige Wesen. Lieber die Vorräte aufstocken, falls man die nächsten Tage eingeschlossen in Haus verbringt.
Da Samstag war, begegneten uns die ersten Paare, die im Spaziertrott Kinderwagen schoben und ältere Herren standen in Grüppchen an der Mole und diskutierten scheinbar weltbewegende Themen.
Im Gemüseladen war der Teufel los. Ein Dutzend älterer Damen mit Dauerwelle stand in dem kleinen Raum, zum Vorwand irgendein Gemüse in der Hand und ratschte, was das Zeug hielt. Das passiert komischerweise im Supermarkt nicht. Ich kroch förmlich hinein, um die Regale nach Pepperocini zu sichten. Aber selbst wenn dort welche gewesen wären, es wäre unmöglich gewesen, sie zu kaufen, der Händler klemmte irgendwo ganz hinten.
Den Mittag nutzte wir für einen Gang zu einem zum Verkauf stehenden Olivenhain. Er liegt auf der meerabgewandten Bergflanke, fast im Tal. Vom Sturm war dort nichts zu spüren. Ein kleiner Bach geht mitten hindurch und löst das hier allgegenwärtige Wasserproblem. Neben den Oliven stehen Zitrus-, Apfel- und Granatapfelbäume. Die Erde ist kaum steinig und feucht und fruchtbar. Die Preisvorstellungen der Verkäufer übersteigen allerdings jedes realistische Maß. Ich schnaufte über die Hügel wie eine kleine Lokomotive. Mein Kondition ist noch immer am Boden, auch wenn sie sich von Tag zu Tag bessert.
Nachmittags fuhren wir nach Süden, fast bis zur Halbinsel Sinis. Unser Ziel war dieser Felsen.
Das Foto hatte HeMan bei einem Frühjahrssturm gemacht. So hoch waren die Wellen gestern allerdings nicht. Ein paar Surfer hockten wie wir im Salznebel auf dem Steilufer und sahen sich an, ob es sich lohnt, dafür ins Wasser zu gehen. Aber der Wind ging nicht exakt durch den Tunnel und so blieben die Wellen zu klein.
Nach einem Cappuccino zogen wir ein paar Kilometer weiter an einen Sandstrand. Auf den ersten hundert Metern des Spaziergangs erwischte mich eine knöcheltiefe Welle und taufte meine Wanderschuhe. Aber gute Qualität zeigt sich daran, daß man hinterher problemlos mit nassen Schuhe weiterlaufen kann und es nicht einmal merkt.
Der Gastgeber suchte nach interessantem Treibgut. Sein Haus ist voll von Materialarrangements. Ihm hatten es, neben Muscheln und Treibholz, vor allem lackierte Bootstrümmer und Nylontaue angetan, die intensive Farben haben. Schon am Anfang unseres Weges lag ein großes blaues Fischernetz. Als wir uns einige Kilometer weiter zum Ausruhen in die Sonne legten, taten wir das auf einer massiven rechteckigen Platte aus geteerten Holzbrettern, die mit riesigen Bolzen zusammengeschraubt war. Vielleicht ein Ruderblatt eines Holzschiffes, das in einem Sturm abgebrochen war. Nach gut einer Viertelstunde dreht sich das Gespräch nur um ein Thema: Wie bekomme ich dieses einige Zentner schwere Trumm nach Hause? Ins Wasser ziehen und rudern verwarfen wir wieder, obwohl ich anbot aus meinem Taschentuch ein Segel zu machen, das geht schließlich in jedem Cartoon problemlos. Also mußten wir mit dem Auto vorliebnehmen, das einen guten Kilometer entfernt stand.
Wenn dieser Mann sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht er das durch. Das kommt mir sehr bekannt vor. Ich teste ja auch immer mal mit dem Kopf an der nächsten Wand, ob ich durchkomme. Hier war es nun eine mit Salzwasser vollgesogene fünfzehn Zentimeter dicke Holztafel.
Da sich im Strandgut nichts zum Rollen oder Schleppen fand – manchmal gibt es liegengebliebene Bootstrolleys – blieben nur das einige hundert Meter entfernt liegende Fischernetz, das groß und vielleicht auch stabil genug wäre oder das Abschleppseil aus dem Auto.
Ich bewachte unseren Schatz, indem ich dösend darauf liegenblieb und der Gastgeber sammelte das Netz ein und fuhr das Auto zum nächsten Dünenzugang. Wir versuchten, das Teil in das Netz einzuwickeln, um es zu zweit zu ziehen, aber das schien nicht stabil genug. Also banden wir das Abschleppseil darum. Was zur Konsequenz hatte, das das Ziehen eine Solopartie wurde. Da mich das Gewicht der Platte nur nach hinten zog, war es eine Einmannnummer, die dort stattfand.
Jeder dort zufällig vorbeikommende Italiener hätte uns bekloppten Deutschen den Vogel gezeigt, wie wir monströsen Müll den Strand langtreckten. Noch besser wäre es gekommen, hätte ich mein Clean-Ocean-Project-Shirt getragen und ein verklärt-bekifftes Gutmenschengesicht gemacht, als ich mit dem im Sturm wehenden Netz nebenher ging und im Kopf memorierte, wie das mit der Erstversorgung von Bauchwandbrüchen und Bandscheibenvorfällen ging. Aber es alles wurde gut. Nach den hunderfünfzig Metern Strand kam der lange Holzsteg über die Düne. Es gibt im Sportfernsehen Übertragungen von absurden Wettbewerben, in denen bullige Männer unter Anfeuerungsrufen Trucks zogen. Das könnte die Qualifikation dafür gewesen sein.
Ein Mann muß tun, was ein Mann tun muß. Und so, wie John Wayne fortreitet, um den Wilden Westen zu retten und danach heil zurückkommt, brachte der Gastgeber das Holzmonster zum Haus auf den Berg, lehnte es an die Wand, wischte sich den Schweiß ab und freute sich, pünktlich zur Sportschau zurück zu sein.
Ich spielte wieder Hexenküche. Auf ein Backblech kamen Öl und zwei Kilo halbierte längliche Tomaten (fest und fast trocken sind sie in der regenfreien Zeit) mit der Schnittfläche nach unten. Ich schaltete den Grill an und wartete, bis sich die Schalen schwarz färbten, hob sie ab, zerdrückte die Tomaten mit der Gabel und gab Knoblauch, etwas an der Küste gesammeltes Salz, Pfeffer, Petersilie, Basilikum und noch einen ordentlichen Schuß Öl dazu. Dann kam das Blech noch für eine halbe Stunde in den Ofen, damit sich der Saft endgültig reduzierte. Das Ergebnis ist eine stückige Tomatensoße mit phänomenalem Geschmack.
Nebenher holte ich Venusmuscheln aus dem Kühlschrank und gab sie in ein Gefäß mit Wasser. Bald blubberten und kackten sie vor sich hin. Lebendig und fidel. Neulich im Restaurant hatten sie sogar Wasserfontänen gespuckt, aber dafür war ihnen wohl zu kalt. Ich machte einen Sud aus angeröstetem Tomatenmark, Zwiebeln, Knoblauch und Weißwein, entschuldigte mich bei den Muscheln und dem Universum und warf sie in den Topf. Die Spaghetti kochten auch schon.
Und so gab es nach den Abendnachrichten eine Kostprobe der Tomatensauce auf geröstetem Ciabatta und als zweiten Gang Spaghetti Vongole. Völlig versalzene Spaghetti Vongole, als sei ich die verliebteste Köchin der Welt. Ich hatte beim Salzen des Nudelwassers die Tupperdose mit dem groben Salz ein wenig zu heftig geschüttelt und die Muscheln hätten gar kein Salz gebraucht. Das passiert mir höchst selten, aber wenn, dann gründlich.
Der Gastgeber aß alles tapfer auf. Und ich ärgerte mich gründlich, nachdem dann auch noch meine glutenfreien Maisspaghetti in pampige Stücke zerfielen. Salz macht Durst und so machten wir eine zweite Flasche Weißwein auf und spielten Backgammon. Mittlerweile will ich aus dem Bauch raus spielen. Von den Erklärungen des Gastgebers läuft mir ohnehin der Arbeitsspeicher über. Jetzt will ich jeden blöden Fehler einmal mache und mich daran erinnern, was ich zu diesem Thema schon gehört hatte. Das schöne an dem Spiel ist, daß selbst ein Greenhorn wie ich ab und zu gewinnen kann.
Nach drei Runden erinnerten ich mich meine bleischweren Augenlider daran, daß ich heute kilometerweise im Sturm durch den Sand gestampft war. Ich ging im nachlassenden Brausen und Fensterlädenklappern schlafen.
Btw. Ich bitte um Entschuldigung, daß ich derzeit auf Kommentare nicht eingehe. Die Onlinepower reicht gerade, um die offline geschriebenen Postings auf den Weg zu bringen.
Und noch was. Der Gastgeber hat ein paarmal mitgelesen und sich einen ordentlichen Nickname erbeten. Mein Hirn raucht schon vor Überlegung. Prospero aus Shakespeares Sturm wäre für diesen mit beiden Beinen auf dem Boden stehenden Mann zu abgehoben. Kapitän Nemo, der Überheld meiner jugendlichen Jules-Verne-Lektüre, kurz Nemo genannt wird im allgemeinen von der Assoziation eines organgefarben gestreiften Fischas überdeckt. Wenn ich bei den Comics suche – dort hat HeMan seinen Namen schließlich her, habe ich das Problem, daß Alexander Nikopol zu sehr nach dem jüngeren Bruno Ganz aussieht. Und so lande ich mit einigen Gedankenrösselsprüngen bei Matteo Tedesco, kurz M.T. Klingt nach E.T., denn nach Hause telefonieren will er des öfteren.
24.9. 10
Am Morgen kam der Regen.
Die Weinbauern holten die Körbe wieder aus den Reihen, die sie vorsorglich hingestellt hatten. Nun hatten sie mehr als eine Woche Zeit bis zum nächsten Spätsommereinbruch. Dem Schwein auf der gegenüberliegenden Talflanke rettete das Wetter das Leben.
Das Feuer brannte schon und der Wasserkessel hing darüber. Der Mann, der allen beim Schlachten hilft, hielt mit seinem Auto am Eingang der kleinen Schweinefarm und näherte sich. Er trug schon sein weißes T-Shirt, das am Nachmittag blutgetränkt sein würde.
„Kein guter Tag für Schweine.“, bemerkte der Gastgeber, der neben mir auf der Terrasse den Morgenkaffee trank.
Die Tiere wurden mit Futter abgelenkt. Gleich würden die Männer eines zur Seite treiben.
Es tröpfelte. Warmer, leichter Regen. Da unten machten sie erst einmal eine Zigarettenpause unter dem Schleppdach und warteten ab. Wir hielten noch eine Weile im Freien aus. Regen auf der Haut. Dann öffnete sich der graue Himmel. Es schüttete. Das Feuer ging aus. Wir flüchteten. Der Schlachter sprang ins Auto und die Schweine dankten dem großen Eber mit den dichten weißen Borsten, der da oben herrscht, für die Gnade.
Wir trödelten bis zum frühen Nachmittag im Haus herum. Es war einfach nichts weiter zu tun. Ab und zu zuckte ein Blitz vom Meer durchs Zimmer. Zeit zum Festplatten polieren,für MP3-Change und den Mittelteil von Juliet, Naked. Es sieht so aus, als würden sie sich kriegen. Je älter ich werde, desto mehr mag ich Bücher mit Happy End. Zur Romantikerin schaffe ich es allerdings nie. … Hoffe ich.
Gegen drei Uhr ließ es sich nicht ignorieren, daß der Regen aufgehört hatte und die Sonne schien. Zeit für den Garten. Der Gastgeber belud die den Anhänger, der an die Agria angehängt war, mit der Motorsense und allen verfügbaren Scheren.
Die Stichstraße, die zum Haus führt, wuchert binnen kürzester Zeit mit Dornenbüschen und Brombeerranken zu. Zeit, wieder eine Schneise zu schlagen. Ich bediente die große Heckenschere und verpaßte den Büschen einen militärischen Kurzhaarschnitt. Die Zeit verging wie im Flug. Wenn ich erst einmal dabei bin, wildwuchernde Pflanzen zu beschimpfen und bekämpfen, bremst mich so leicht nichts und ich vergesse völlig die Zeit.
Als tatsächlich alles erledigt war, sprang ich unter die Dusche und machte mich kleinstadtfein. Ich wollte wissen, ob ich die Produkte der Lieblingspizzeria des Gastgebers vertrage. Mit Weizenmehl ist das nach wie vor so eine Sache. Mal habe ich kein Problem, mal ein ganz gewaltiges.
Marcos Pizzeria hat eine Besonderheit: Der Cheffe höchstpersönlich steht am Ofen. Er schlägt den Teig hauchdünn, legt Holz nach und dreht die Pizzen, damit sie gleichmäßig braun werden.
Es war köstlich und ohne böse Konsequenzen, was mich einfach nur glücklich machte.
Der Rest des Abends verging mit Backgammon. Ich lerne gerade und bin nun in der Phase, in der ich meine Fehler selbst machen muß und bei weitem noch nicht alles überschaue. Aber es wird. Ich mag ja so abstrakte Spiele viel lieber als Geschichtenspiele wie Die Siedler von Catan oder Monopoly. Die regen mich einfach zu sehr auf.
Dann gegen zwölf kam das Sandmännchen und fragte mich, ob ich freiwillig ins Bett gehe oder ob er nachhelfen soll. Ich ging freiwillig, aber las noch heimlich Juliet, Naked zu Ende. Ich bin ja der Meinung, sie haben sich bekommen. Außerdem gefällt mir die Moral. Ein Künstler kann ein großes Werk schaffen, aber trotzdem ein neurotisches Arschloch und kein Erlöser sein. Und wenn es ihm dann gut geht, ist er vielleicht kein so großes Künstler mehr.
Was heißen will: Ein bißchen Macke braucht der Mensch.
23.9. 10
Der wahrscheinlich letzte Sommertag.
Das Wetter ist hier meistens sehr zuverlässig. Es fängt in der letzte Septemberwoche an zu regnen, damit die Weinbauern an einem der danach folgenden trockenen Tage prallen, süßen Wein ernten können. Der Wetterbericht hatte schon für den gestrigen Tag Wolken vorhergesagt, die aber in den Bergen hängengeblieben waren. Nun hing frühmorgens eine dünne Schäfchenwolkenschicht über dem ganzen Himmel.
Es hieß abwarten. Ich nahm mein Rotkäppchenkörbchen und ging zu dem verlassenen Sommerhaus. Eine Viertelstunde später machte ich mich mit drei Kilo Pflaumen auf den Rückweg. Sie waren mir entgegengerollt, als ich nur die Hand darunter hielt. Ich ließ beinahe vor Schreck den Korb fallen, als eine Schlange hinter meinen nackten Fersen den Weg querte. Aber die sind hier harmlos.
Die Pflaumen kamen aufgeschnitten in eine große Pfanne. Während ich schnipselte, bekam der Himmel erste blaue Regionen und bald klarte es ganz auf.
Darauf hatten der Gastgeber und ich nur gewartet. Wir packten ein paar Sachen und fuhren zum Hafen. Keine Stunde später ankerten wir an einem Felsen vor der Küste und schnorchelten nach Fischen. So langsam groovte ich mich wieder ein. Schließlich bin ich ein Wasserwesen. Die meisten Fische hatten scheinbar Mittagspause. Dafür gab es eine Menge schöner Seesterne zu besichtigen. (Für Tierfreunde: Sie durften nach der Fotosession wieder ins Wasser.)
Da das Wasser wirklich recht kalt war, 20 bis 23 Grad, war das Aufwärmen hinterher doppelt so angenehm. Ich döste vor mich hin und drehte immer mal die strategisch wichtigen Stellen in die Sonne. Nahtlose Bräune zu bekommen, die nicht sofort wieder abblättert, ist schließlich eine Kunst. Soundtrack des Tages: Best of Scorpions. Wat mutt, dat mutt. Und Foreigners. Falls sich noch jemand erinnert.
Als ein paar Schlauchboote mit Tauchern auf den Felsen zusteuerten, hoben wir den Anker und schipperten in eine nahe Bucht. Dort gab es Mittagessen: Pflaumenkuchen mit Prosecco.
Wir schliefen eine Runde und lasen Bücher mit Zweiworttiteln. Ich Juliet naked, der Gastgeber Peking Koma. Dann machte er sich dann zu einer langen Unterwassertour auf, denn eine Bucht weiter gab es Oktopoden. Ich hatte zwar die große Klappe, daß einer davon unser Abendbrot sein könnte, aber ich hätte es nicht übers Herz gebracht, ihn auf einem Stein totzuprügeln und der Gastgeber schon garnicht. Ich nutze den Platz auf dem Boot, um noch eine Runde zu schlafen, bis mich mein Purzelbaum schlagender Magen weckte. Die Wellen waren inzwischen selbst in der Bucht einen halben Meter hoch und das Boot mußte ein Stück weiter in ruhigeres Wasser verlegt werden. Die Sonne hatte sich inzwischen leicht verschleiert, aber das Wetter hielt sich noch ein, zwei Stunden.
Ich machte noch eine Runde durchs Wasser, Fische kucken. Lange mit roten und grünen Streifen, runde mit einem schwarzen Punkt, ganz silberne und schwarz gestreifte mit dicken Lippen, die mit wichtiger an den Miene an den Steinen knabberten.
Als ich zurückkehrte wollte ich mich wieder entspannt in die Sonne werfen, doch da kam nicht mehr viel vom Himmel. Sie stand schon niedrig und bezogen über dem silberglitzernden Horizont. Lesen war auch unmöglich geworden, weil der Bug des Bootes meterhoch in den Himmel wippte und mein Magen den Rhythmus immer sauerer mitgluckerte.
Wir machte uns auf den Rückweg.
Am Abend verwandelte ich das Erdgeschoß in eine Hexenküche. Auf dem Herd brodelte die Pfanne mit den Pflaumen. Ich schöpfte erst Saft ab, den ich später wieder dazu gab und schaffte es tatsächlich, nicht ein einziges Mal umzurühren, denn dann hätte der Brei angefangen, mit heißen Pflaumenstücken zu schießen. Nebenbei fabrizierte ich aus dünnen Putenschnitzeln Involtini al Limone mit Salbei und Kapern gefüllt, dazu Rosmarinkartoffeln. Nach dem Essen war das Pflaumenmus soweit. Ich rührte es auf dem Feuer so lange, bis es glatt und dick war. Es war zuckersüß, ohne auch nur einen Krümel Industriezucker gesehen zu haben. Für die Würze hatte ich Zimt und Nelken zugegeben. Ich füllte drei mittlere Einmachgläser und hatte Gott sei Dank Hilfe bei der Dekontaminierung der Küche. Was schnell ging, damit hatte ich gar nicht gerechnet. Ich sah mich schon stundenlang dunkelroten Fruchtsaft von den Steintischen scheuern.
Nach getaner Arbeit wurde ich mit einer Shisha mit Erbeertabak belohnt, als Goodie gab es noch Toffifee obendrauf. Soundtrack des Aebnds: Archive, Londinium. So läßt es sich leben.
PS Fotos folgen.