Change it, love it, leave it or paint it black

Gestern Abend. Von mir angestoßene Diskussion im Damenkreis (Frauen von Ende 20 bis Ende 60) zum Thema Überwachung zeigt folgende Reaktionen:
Das ist zu komplex.
Es wird auffällig werden, keine gespeicherten Daten zu haben. Will die was verbergen?
Mir egal, es geht doch nur um Verbrecher.

Der Klärungs-Prozess ist angestoßen, das dauert aber noch.
Ich finde viel schlimmer, was Privatunternehmen mit den Daten machen.
Für mehr Sicherheit gebe ich gern alles preis.
Überwachung ist gut, wirkungsvoll und hilft mir bei der Arbeit. (Kripobeamtin)
Das hätten wir gern, dann würden wir nicht so verarscht. (Angestellte Jobcenter)
Das wird noch ein langer Weg. Aber wenigstens eines war allen klar: Das hat nichts mit „dann mach doch nichts mehr im Internet“ zu tun. Sie haben begriffen, dass es ihr ganzes Leben umfasst.

Abgeordneten-Watch-Kandidaten-Check gemacht. Ok., interessant. Ich pflücke ins Pali-Tuch eingewickelt biodynamischen Revolutionskaffee. Die Wurzeln lassen sich nicht verleugnen, scheint mir.
Interessant wäre zu wissen, ob moralische Urteils-Muster, die in politische Überzeugungen münden, tatsächlich so früh geprägt werden und alles andere danach nur Überschreibungsversuche vom Hirn im Unbewußt-Speicher sind. (Ich bin da echt naiv, ich dachte, das wäre nur eine Frage des Willens.) Das würde heißen, dass wir unserer Herkunft nicht entfliehen können, so sehr wir auch Anstrengungen machen. Die Muster bleiben.

Mein Schreibtischleben ist derzeit frustrierend. Ich hätte gern eine Lightbox-Galerie, die auf allen Geräten funktioniert, auch auf mobilen, dann mit Wischfunktion. Und NextgenGallery plus Photoswipe tuts nicht. Bzw. tut nicht das Versprochene.
Frustrierend. Vor allem, wenn eigentliche Seite muckert und eine Test-Seite es tut. (Die streikende ist genuin WP 3.6, die laufende von 3.4 per scheibchenweisem Update gewandelt und zwei unterschiedliche Provider. Ansonsten alles gleich. Ich zermartere mir das Hirn.)
Dann abends eine verseuchte große Firmenpräsenz. Ich immer nur „Mimimi!“ und der Graf gab den Pädagogen und lotste mich durch. <3

Themenwechsel ins Private
Interessant, dass bei mir gerade in Varianten die Frage „Wie heiße ich nach der Hochzeit?“ vorbeischippert. Im Freundeskreis, auf Kleinerdrei und auf Real Virtuality.
Online habe ich beide Male einen Kommentar abgegeben und jedes Mal hat mein mobile-Safari mit einem dreckigen Grinsen die Zusammenarbeit mit dem jeweils installierten Kommentarsystem verweigert. Natürlich unter Löschung meines Textes. (edit: Nein, in letzterem steht der Kommentar doch. Es ist nicht alles schlecht.)
Dann schreibe ich es hier auf.
Als der Graf und ich darüber redeten, bot ich ihm an, seinen Namen anzunehmen. Für ihn war das zu viel Selbstaufgabe. Nach kurzem Überlegen erkannte ich mein rein romantisches Motiv, das lebenstechnisch aber schwierig ist. Ich habe im Beruf einen Namen.
Ein Doppelname kam für mich nicht in Frage. Die Frauen mit Doppelnamen, die ich nach 1990 kennenlernte waren eher, nun ja, anstrengende Personen. Da hatte ich mein Klischee im Kopf und habe nicht weiter darüber nachgedacht.
Nach der Hochzeit wurde ich bei der Gratulation sofort von fast allen gefragt, wie ich denn nun hieße. Mich erstaunte das. Ich dachte, dass es mittlerweile Usus ist, dass Frauen ihren Namen behalten. Scheinbar nicht. Es ist noch immer eine wichtige Tradition, so die Gründung einer Familie und Zusammengehörigkeit zu demonstrieren.
Ich hatte meinen Namen behalten, genauso wie ich es in meiner ersten Ehe, wenn auch mit Tricks und Kniffen getan habe. Damals waren selbst Doppelnamen schwierig und der (wirklich nicht schöne) Namen meines Mannes wäre ausgestorben, hätte er meinen angenommen. So unterschrieb ich ungelenk die Eheurkunde, ich hatte das vorher nicht einmal geübt, weil verdrängt.
Der Leiter des künstlerischen Betriebsbüros erlöste mich damals. Er fragte mich am nächsten Arbeitstag, ob ich unter neuem oder alte Namen im Programmheft stehen wolle. Es bezog sich also auch auf künstlerisches Hilfspersonal, dass die Frauen ihren Mädchennamen als Künstlernamen behielten. Damit war die Entscheidung klar. Ich war im Privat- und Amtsbereich die Frau Q. und im Job und auch später im Studium die Frau K.
Nun habe ich aber, weil ich mich verheiratet sehr wohl fühle, die Doppelnamen noch einmal ins Radar genommen. Siehe da, viele Frauen tragen einen, ich habe es nur nicht mitbekommen. Weil sie ihn nur im privaten und administrativen Bereich benutzen. Wenn man sich über gemeinsame Interessen kennenlernt, kennt man sich oft nur beim Vornamen und/oder Nick, wenn man sich im Job kennenlernt, beim Nachnamen (was in dem Fall der Mädchenname der Frauen ist).
Ich denke nun tatsächlich nachträglich über einen Doppelnamen nach. Ein vollständiger Namenswechsel wäre mir zu erklärungsbedürftig. Aber auch den Namen meines Mannes zu tragen, wäre der Verbindung würdig.

Lange hier nichts mehr über Klamotten gelesen oder? Jetzt aber.
Der nächste Me Made Mittwoch rückt näher und ich will daran teilnehmen. Die Fotos sind fertig, der Artikel im Kopf. Die einzige Frage, die ich noch klären müsste, wäre: Nerven die Nähposts, weil zu speziell? Sollte ich sie auf eine extra Seite packen?
Auf der anderen Seite funktioniert das bei Frau Gröner hervorrragend. Futter, Oper und Kunstgeschichte waren meines, Fußball habe ich überblättert. Also, wer dazu etwas sagen möchte: Bitte gern!
Den Kostüm Sew Along finde ich Spitze, das ist aber nichts für mich. Dazu verlasse ich derzeit zu selten zum Arbeiten das Haus und ich habe noch ein paar Fummel vom Modejob, wenn Beratungstunden oder ein Seminar anstehen.
Außerdem erinnere ich mich, daß ein Jackett zu nähen eine sehr frickelige Angelegenheit ist. Zu dem Zweck wollte mir LaPrimavera mal das pikieren beibringen. Revers und Belege entwickeln gern ein Eigenleben, wenn man drauflosnäht. Wenn man dann noch bedenkt, dass das Ganze mit möglichst gutem Stoff stattzufinden hat. Nee, eher nicht.

Ich habe derzeit mal wieder mein übliches Farbproblem. Ich arbeite viel mit weißen Baumwoll-Stoffen, weil ich dann hinterher nach Lust und Laune färben kann. Da ist Baumwollnähgarn zwar ein Muß, aber in gut sortierten Läden gibt es mehr als Allesnäher.
Einerseits liebe ich im Sommer Weiß oder Farben – helle Blau-Grautöne, Flieder, Geranienrot – und doch stehe ich dann oft vorm Schrank und will nach meinen geliebten schwarzen Fummeln greifen. Schwarz steht mir, keine Frage. Farbig – oder noch schlimmer- gemustert, damit fühle ich mich sehr auffällig.
Hm. Am liebsten hätte ich von allem zwei Ausführungen im Schrank. Einmal farbig, einmal Schwarz.

Miz Kitty reist mit dem Grafen – Palac Mysliwski Antonin, Großpolen

Nach dieser mysteriösen „eigentlich wollen wir keine Gäste, zumindest euch nicht“-Geschichte in Tarce fuhren wir weiter in Richtung Ostrow Wielkopolski und Kepno.

Größere Kartenansicht
Das in einem dichten Wald mit Seen gelegene Schloss Antonin (Palac Mysliwski Antonin) ist eine Rarität. Es heißt es sei einer der wenigen avantgardistischen Schinkel-Entwürfe, der verwirklicht worden ist. Ein hohes, kreuzförmiges holzverkleidetes Gebäude, fast ein Wohnturm, dessen Zentrum ein Gemeinschaftsraum mit einem drei Stockwerke hohen Ofen ist.
Der Graf war schon einmal da, die Zimmer sind schlicht und klein, aber das Ganze ist wunderschön. (Im übrigen, unweit von hier war lange Jahre die Grenze zum Zarenreich.)
Als wir durch den Wald hinfuhren, wo an den Straßenrändern Leute Gläser mit frischgepflückten Blaubeeren und Zeitungsseiten voll Pfifferlinge feilboten, sprang bei Miz Kitty wieder der Kopffilm an. Rehe, Hasen und Fasane, die abhängen, die Hunde bellen, im Garten des Verwalterhauses wachsen Kräuter, aus dem Dorf nebenan kommen Gurken, Zwiebeln, Rote Bete, Speck, Milch, Dickmilch und Sahne. Dazu hat der Keller Bier und Wein. Man tafelt bis spät in die Nacht, im Sommer draußen am See, umsirrt von Mücken (viele!, grosse! Mücken), im Winter, eingeschneit, sitzt man am großen Ofen. Die Herren trinken Wodka und erzählen von der Jagd und die Damen bewundern sie gebührend.
Nur leider, was das Gerüst auf dem Foto des Grafen schon zeigt:
Palac Miysliwski, Antonin
Geschlossen wegen Remont bis zum Herbst.
Da hatten wir dann doch ein klitzekleines Problem. Im Park in der Sonne sitzend und die Mücken verscheuchend fischten wir zum zweiten Mal am Tage Reste von Datennetz aus der Luft, um zu schauen, wo es hingeht. Ich wollte nach Westen, der Graf nach Osten und er fand tatsächlich ein weiteres Kleinod, den Palac Tlokinia bei Opatowek, was nun wirklich dereinst Rußland und später Sitz riesiger polnischer Spinnereien war.

Miz Kitty reist mit dem Grafen – Pałac Tarce, Großpolen

Bevor wir zum Pałac Tarce weiterzogen, wollten wir uns gestern noch kurz das Napoleon- und Star-Wars-Museum zu Gemüte ziehen, das dem Gutshaus von Witaszyce angegliedert war und sich als „Museum der zwei Imperien“ nannte. Wie es sich herausstellte, was das wohl das Privatvergnügen des Chefs (Napoleon) und seiner Freundin (Star Wars). Es war …schräg. Im Kohlenkeller eines Nebenhauses waren alle erdenklichen Star Wars-Devotionalien zu sehen, dazu handgebastelte Dioramen von Film-Szenen. Im ersten Stock stellte man alles gesammelte über Napoelon, polnische Ulanen und die Koalitionskriege aus, inclusive zweier großer Schlachten-Dioramen. Der gute Mann, der das alles zusammengestellt hatte, machte eine Führung auf Polnisch mit einigen anderen Interessenten und um auf dem riesigen Tableau besser zeigen zu können was er meinte, nahm er sich einen der Säbel zum zeigen und rumfuchteln. Wir hatten genug gesehen und suchten besser das Weite.

Pałac Tarce

Wir hatten schon am Tag vorher eine kurze Fahrt über die Dörfer gemacht und das schnieke Kontrastprogramm zu unserer aktuellen und eher etwas rustikalen Unterkunft besichtigt. 8 km weiter, näher an Jarocin gelegen, hatte jemand ein anderes Gutshaus, den Pałac Tarce, ganz neu wieder hergerichtet. Man zeigte uns ein hübsches Zimmer mit einer Sitzecke im Türmchen und Booking.com versprach dem Grafen sogar einen Last-Minute-Rabatt, hier wollten wir zwei Tage bleiben. Wir sagten, besser bedeuteten der jungen Dame, die hier alles tat, Wein servieren, die Rezeption vertreten, ein freies Zimmer zeigen, dass das Zimmer prima wäre und wir am nächsten Tag anreisen würden. Sie verstand zwar weder Deutsch noch Englisch, aber schien zu verstehen und packte uns noch jede Menge Hochglanzprospekte ein.
Ich phantasierte bei der Fahrt zurück über diese um die letzte Jahrhundertwende gebauten Palais, die allesamt an der Gartenfront drei ineinander übergehende riesige Festsäle mit Marmorboden hatten. Da man sich sicher dort am Ende der Welt langweilte, weil man denjenigen, die den Reichtum erarbeiteten, auf die Finger schauen musste und deshalb nicht in der Hauptstadt wohnen konnte, verlegte man sich aufs Feiern. Ich sah Kuschen und Pferdeschlitten mit angeschickerten, gutgekleideten Damen und Herren hin- und herfahren…
Als wir dann gestern mittag im Pałac Tarce eintrafen, stand eine andere junge Dame da und meinte, es sei leider alles ausgebucht. Zuerst dachten wir uns, ok., ein Verständigungsproblem und meinten: Ja kann schon sein, weil wir gestern gebucht hatten. Aber nachdem sie uns zweimal sagte, sie könne uns gern die Adresse des Hotels in Jarocin sagen und man nähme ohnehin nur Leute, die 7 Tage blieben (einfaches Polnisch verstehe ich zumindest in Grundzügen), zogen wir ab, weil uns das zu blöd war. Im Auto schauten wir noch mal nach. Booking offenbarte für den Pałac Tarce noch immer den Last-Minute-Rabatt und auch Eintagesbuchungen. Wenn wir jetzt online gebucht hätten, hätten wir wieder grinsend retour marschieren können. Aber wahrscheinlich hätte man uns dann in der Besenkammer geparkt und ausgesucht ignorant behandelt.
Keine Ahnung, was da los war. Ob das Haus vielleicht ein reines Abschreibungsobjekt ist, denn es gehört scheinbar einer Fischfabrik namens Rybhand. Oder ob das die Entscheidungsängstlichkeit von Personal ist, das irgendwann mal angebellt wurde „Wir nehmen niemand mehr unter 7 Tagen Buchung!“
Also schickten wir ein herzhaftes „Fuck You“ über den englischen Rasen des Parks und fuhren wir zur nächsten geplanten Station.