Aufregend

… wirklich. Manchmal kommen viele Sachen zusammen. Vor vier Jahren bin ich aufgebrochen. Jetzt komme ich an und ich habe unterwegs einen Gefährten getroffen. Wie es so ist, wenn man sich in die Hand des Schicksals begibt (Eso-Sprache, o-o!), es passieren Dinge, von denen man nie glaubte, dass sie passieren werden.
Vor knapp drei Jahren habe ich an einem Frühlingstag mein letztes Geld genommen und habe mir Lippenstift, Parfüm und eine Flasche Champagner gekauft. Letztere mit dem Gedanken, wenn mein Jobwechsel perfekt ist, dann lasse ich den Korken bei einer guten Gelegenheit knallen und proste mir im Spiegel zu. Dass meine Lebensveränderung nicht nur auf einen Beruf hinausläuft, in dem ich mich viel wohler fühle, sondern am Ziel der Suche eine Hochzeit stattfindet, auf der diese Flasche geleert wird, damit habe ich nicht gerechnet.
Vor zwei Jahren und einem Tag war ein besonderes Datum. Da war dem Grafen und mir klar, dass es ernst ist, weil es Spaß macht.

Morgen geht es also los nach Zehlendorf aufs Standesamt. Geschnatzt, aufgesatzt, mit Ersatz-Make up, Taschentüchern und einem Regenschirm versehen, Brautstrauß – vom Herrn Ereignishorizont, mittlerweile Mr. Grey Gardens, selbstverständlich fachkundig arrangiert – und Personalausweis dürfen auch nicht fehlen.

In den letzten Tagen haben wir noch einiges organisiert. Glitzersachen zum Beispiel:
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Mittels eines Tutorials wurde geübt, wie man eine Fliege bindet (besser wir können es beide, falls einer zu aufgeregt ist) und ich habe gut drei verschiedene Sorten Strümpfe/Strumpfhose/Unaussprechliche getestet, bis alles saß, was ich zur Hälfte wieder über Bord werfen kann, denn es ist einfach zu warm. Ich habe meinen alten Alexander-McQueen-Gehrock aufgebügelt und bin noch mal verzweifelt zu Rose Rosa reingestürzt, dem Wäscheladen, an dessen Fenster ich mir als Studentin die Nase plattgedrückt habe, und habe nicht nur ein wild konstruiertes Darunter erstanden (Transparent & Stütz, magische Kraftfelder aus schwarzem Tüll sozusagen), sondern auch noch einen Badeanzug. Den werde ich brauchen, denn morgen schlafen wir nicht zu Hause, sondern im Hotel de Rome und Miz Kitty wird alte Traditionen wieder aufleben lassen und vor dem Frühstück eine Runde schwimmen.
Wenn der Sonnenuntergang so fein wäre, dann gäbe es auf dieser Dachterrasse Fotos von Matl Findel:
Hotel de Rome - Roof Terrace

Es kann aber auch sein, daß wir uns furchtbar streiten, damit haben wir ja Erfahrung.

29 – Das üben wir jetzt mal

Miz Kitty und Frisuren ist so eine Sache. Erstens hab ich Haare wie Sharon Stone: dünn, fein und Geheimratsecken und zweitens im Gegensatz zu ihr keinen Stylisten bei Fuß. Deshalb hatte ich jahrelang Frisuren, bei denen ich einmal in die Hände spucken und über den Kopf fahren mußte, dann ging das.
Der Friseur meines Vertrauens kann nur peinlich genaue Kurzhaarfrisuren und vor allem phantastische Färbungen. (Also die phantastischsten macht natürlich immer noch der Herr Lucky. Aber da bin ich immer so arg betrunken hinterher.) Bei meinem Ansinnen, mir die Haare hochzustecken, würden sie dort wahrscheinlich alle bedauernd lächeln.
Dafür dann einfach als Laufkundschaft zu jemand anders zu gehen, ist mir zu unsicher. Die haben kein Interesse, mich als Kundin zu behalten, also können sie auf meinem Kopp veranstalten, was sie wollen und dann sehe ich womöglich aus wie eine weißrussische Nagelstudiobesitzerin. Die Läden, die einen Namen zu verlieren hätten, wenn ich sie als Credit nenne, lassen sich für alles Frisurmäßige, was nur in die Nähe von … besonderen Tagen kommt, mit Goldstaub bezahlen.
2e8f6d1aa1c611e296ca22000a9f0a36_7Also schritt ich heute morgen zur Tat und testete, ob ich das denn allein kann. Irgendwo hatte ich noch Klett-Lockenwickler und ich drehte mir zum ersten Mal seit Jahren die Haare ein. Das sah dann so aus. Nicht berühmt, aber haltbar.
Ein paar Stunden später (Homeoffice sei Dank!) musste ich sie dann wieder rausnehmen. Das war ganz, ganz böse. Die Teile sind schließlich wie die kratzige Seite vom Klettband. Ich hatte echt Angst, daß ich hinterher nur noch mit Fusseln aufm Kopf dastehe.
222c3340a21211e28e1522000a1f9a99_7 701f2ceca21211e2a8af22000a9f133c_7Dann striegelte, flocht und drapierte ich nach Leibeskräften, unter Verbrauch von vielen Klemmen und dekorativem Gestrüpp. Und so sieht das dann aus.
(Die graue Strähne wird am Freitag noch weggefärbt und alles wird noch geblondet.)
Heute Nachmittag habe ich dann einen größeren Einkauf beim Friseurbedarf gemacht. Kostenpunkt eine halbe Frisur für besondere Termine beim FeldWaldundWiesen-Coiffeur.
Haarspray zum Beispiel. Ich weiß nicht, wann ich das zuletzt hatte. Doch so eine Sprühpumpe mit einem Aufsatz aus geblasenem Glas hatte ich vor langen (DDR-)Zeiten mal. War ein tolles Teil, das aber irgendwann mal unrettbar verklebte. Dazu kaufte noch unstachlige Lockenwickler, die ich mit so einer Art Partyspießen irgendwie festbekommen muß und für die ich mir schon Tussi-Videotutorials reinziehe, Klemmen, Spangen, Haarnadeln, ein Super-Spezial-Spray, wahrscheinlich ordentlich silikonhaltig. Der Tag X kann also kommen.
Ich werde üben, üben, üben, damit ich mir dann ganz streßfrei eine nette Frisur machen kann. Der Graf wird derweil entspannt pfeifend zum Haartrimmer greifen, das Resthaar stutzen und anschliessend die Platte ein bisschen polieren. Männer haben es leicht.