MMM – Der Herzchenrock

Diesen Rock habe ich an einem Urlaubstag im Frühjahr genäht. Ein Dreiviertelteller ohne Reißverschluß, wie immer nach der Anleitung im Natron- und Soda-Forum, das ist eine Sache von zweieinhalb Stunden.
Herzchenrock5
Da ich ihn am nächsten Tag anziehen wollte, habe ich ihn nicht aushängen lassen, sondern die Regionen im schrägen Fadenlauf Pi mal Daumen verkürzt. Da der Rock ohnehin vier Nähte hat, bei zweien trifft schräger auf graden Fadenlauf, war das kein großes Risiko.
Herzchenrock2  Herzchenrock1
Im hinteren Bund ist ein Gummizug, der alle meine Veränderungen der nicht mehr vorhandenen Taille mitmacht. Der Saum ist mit blau-weiß gestreiftem Schrägband versäubert.
Herzchenrock3
Da der Stoff doch recht dünn ist (vom Muster her ist das für mich ja das äußerste an Baumwollstoff-Verspieltheit), trage ich ihn mit einem Halbteller-Unterrock, dem Allures- und Couture-Patentunterrock aus einer blickdichten und zwei Tüllschichten, der mir sonst auch bei kühlem Wetter gute Dienste leistet..
Herzchenrock4

Die anderen schönen Kleider sind wie immer beim Me Made Mittwoch zu finden.

Sonntagsmäander unter Helikoptern

Es ist Berlin-Marathon und der Graf ist nach dem Erwachen schnell den Weinberg herunter gestürzt, um zuzusehen, wie sie laufen. Schließlich war er selbst acht Mal dabei. (Und die zehn Mal zur Aufnahme in den Jubilee-Club, die schafft er sicher demnächst.)
Ich sitze neben der Heizung, die zum ersten Mal wieder läuft – nachdem ich die Nacht fröstelnd unter der Sommerdecke verbracht hatte, aber zu müde war, um mir noch eine Decke zu holen – und schaue den Wolkenschiffchen zu.

Der Tag gestern war doch etwas anstrengend. Erst das Kind beim Bestellen eines Kleides begleitet. Dann abends mit Kind und Männern zum Essen gegangen. Das reichte dann für diesen Tag. Ich bin zwar immer wieder der Meinung, mir geht es schon gut und in einer Welt, in der ich noch nach dem Motto lebte „alles, was und nicht tötet, härtet uns ab“, würde ich sicher am Montag wieder zur Arbeit gehen, aber das geht nicht mehr. Ich bin noch eine Woche krankgeschrieben.
Meine Innereien hatten sich auch in der letzten Woche einiges einfallen lassen, um mich ruhigzustellen. Nach der Mandelentzündung kamen fiese kleine Entzündungen im Mund, die sich hinter den Mandeln ins innere Ohr zogen. Dazu schmerzten alle Gesichtsnerven höllisch. Viren, die einmal quer durch den Kopf ziehen.
Das war der Moment, in dem sich der innere Hypochonder zu Wort meldete. Erinnerte er sich doch, dass eine Schauspielerin, für die ich arbeitete, bei so einer Sache lange brauchte, bis ihr rechtes Augenlid nicht mehr hing.
Also auskurieren, aber nicht rumhängen. Wir fuhren zu einem Spaziergang an den Straussee, von dem Creezy neulich schrieb. Was für ein schöner See! Wenn ihm auch derzeit mal wieder gut ein halber Meter Wasser fehlt. Für mich ist das immer eine volle Welle Kindheitserinnerungen, schließlich habe ich von 1965 bis 1969 am Seeufer gewohnt.

Themawechsel, das ist der Chrevron-Quilt, an dem ich seit Februar immer mal wieder gearbeitet hatte.
chevron quilt ready
Ich bin Coolcat für ihr Tutorial sehr dankbar, Zacken kann man auf mannigfache Art und Weise zusammenstellen, das ist die Einfachste. Und einfache Lösungen, die nach was aussehen, sind bei diesem Fummelarbeiten viel wert.

Ich komme wieder beim mit den Händen arbeiten an. Wo ich genau weiß, dass das für das industrialisierte Europa nur ein Hobby sein kann und nur für sehr wenige ein Erwerb. Oder die Konsequenz Verzicht, Selbstausbeutung, Subventionierung oder Querfinanzierung sind. Kaum jemand wird bereit sein, für Zacken, an denen nicht Missoni oder so steht, den Mindestlohn zu zahlen. Dafür sind wir durch indische oder pakistanische Arbeit viel zu verwöhnt, wo auch die Kleinserie nur wenig kostet und für alle, die an so einem Projekt beteiligt sind, mehr oder auch weniger abwirft. (Da gerade viele Pakistani auf der Suche nach einem besseren Leben in Europa vor der Tür stehen, zeigt, dass wie dringend über unsere Lebensführung nachdenken sollten.)
Was ist das für eine Zeit, in der man Socken stopfen nicht mehr lernt, weil Socken mit einem Loch weggeworfen werden? (Über die Unfälle mit motorisch unbeherrschten Kindern, wenn es heute Handarbeitsunterricht gäbe, möchte ich gar nicht nachdenken…)

Auch wenn es jetzt etwas herbstlich-melancholisch wird – zu den Socken mit dem Loch passt ein Artikel, der sich mit den persönlichen Folgen schwerer Krankheiten beschäftigt. Diesen Zustand, nicht unbedingt schwer und sichtbar eingeschränkt zu sein, aber trotzdem keine konstante Arbeitsleitung garantieren zu können, kenne ich sehr gut.
An der Stelle kann ich zum Thema Arbeitszeitregelung abschwenken. Man optimiert Arbeitsprozesse auf mannigfache Art und Weise. Warum ist es so schwer, sie so zu optimieren, dass der Wunsch nach Teilzeit nicht allein als persönlicher Wunsch des Arbeitnehmers gesehen wird? Wäre ein Arbeitnehmer eine Maschine, die nur 4 Stunden am Tag laufen kann und dann abkühlen muss, hätten Unternehmen wahrscheinlich weniger Probleme damit. (Bis einer kommt und die Maschine erfindet, die konstant durchlaufen kann, ich weiß…)
Ich grantel grade ein bisschen über meine Minderleisterkarriere, tut mir leid!.

MMM – Kielo Wrap Dress

Dieses Kleid habe ich natürlich heute nicht getragen. Aber da es mein erster Independent-Schnitt war, ist es die Aufzeichnung wert.
Das Kielo Wrap Dress  des Labels Named sprach mich schon seit geraumer Zeit an. Es erinnerte mich an schlichte, aber wirkungsvolle Schnitte aus den 80ern, von denen ich ziemlich viele genäht habe.
Kielo Wrap Dress
Ich hatte seit gut 15 Jahren in meiner Stoffkiste noch einen stretchigen Kreppstoff aus 1A Synthetik liegen, von dem ich hätte schwören können, dass er schilfgrün war. Er ist aber eher grau, mit einem kleinen Grünstich.
An einem Sonntag vor dem Urlaub war der Tag für Schnitt und Stoff gekommen. Ich brauchte ungefähr 3 Stunden für Schnittkopie, Zuschnitt und Nähen. Die Blindsäume an dem Schrägstreifen und am Beleg nahm ich als Arbeit mit in den Urlaub, wo ich das Kleid bei einem Klavierkonzert auch zum ersten Mal ausführte.
Die Nähanleitung sieht vor, die Ränder einfach nur umzunähen. Das wäre bei dem dehnbaren Stoff nicht gut gegangen, ich hätte es auch nicht schön gefunden.
Ich habe zwei Änderungen gemacht. Das Original hat einen U-Boot-Auschnitt. Diese Sorte Ausschnitt steht mir überhaupt nicht und so habe ich meinen bevorzugten tiefen V-Ausschnitt verwendet. Außerdem mochte ich die schmalen, geraden Wickelbänder nicht. Sie sahen irgendwie nach Bademantel aus. Ich habe aus geschwungenen Resten, die beim Zuschneiden übrig blieben, breitere Bänder mit Kurve gebastelt.
Kielo Wrap Dress
Hier ist auch schon der Anpassungsbedarf zu sehen. Bei mir muss der Rücken gekürzt werden, ich muß noch einen tiefen Querabnäher in Taillenhöhe machen.
 kwd4
Außerdem ist der Nackenausschnitt zu weit und steht ab (kein Problem das zu korrigieren mit der hinteren Mittelnaht) und auch das Dekolleté muss mit ein paar Stichen eingehalten werden. Trotz Fixierung der Ausschnitte mit Stay-Stitches brauche ich immer etwas einseitige Korrektur, weil meine rechte Schulter hängt.
kwd5
Ich mag das Kleid, weil es mit meiner gerade völlig überbordenden Figur mitwächst, obwohl es kein Sack für „starke Frauen“ ist und eine ganz andere Linienführung hat, als man es derzeit gewohnt ist.
Und wenn ich den Streß wieder im Griff habe (4,5 Kilo in 6 Monaten, es ist jenseits der Wohlfühl-Grenze) wird es mit mir auch wieder schrumpfen.

Hier, auf der Seite des Me Made Mittwoch, sind noch viel viel mehr schöne Sachen zu finden.

MMM – Teures Improtheater

Nach langer, mit viel Arbeit gefüllter Pause kann ich endlich einmal zum Me Made Mittwoch zurückkehren.
Diesen Rock hätte ich heute an so einem schönen Spätsommertag getragen, wenn ich nicht mit Fieber und anderen Ekligkeiten im Bett liege würde. Gott sei Dank hat der Mann die Fotos der in der Zwischenzeit produzierten Teile bereits an den letzten Urlaubstagen gemacht.
Tulle & Stars

Dieser Rock war teuer, man sieht es ihm allerdings nicht an. Mir schwebte einer dieser bodenlangen, fließenden Tüllröcke in grau oder chamoise vor, unter dem nur ein kurzer blickdichter Rock getragen wird.
Also bestellte ich mir bei Tulle Factory 1,50m Baumwoll-Feintüll ohne Stand in chamoise, der liegt 1,60m breit, hat aber seinen Preis, auch wenn es gerade Sommer-Rabatt gab und großzügigst abgemessen wurde.
Dann kam Problem Nr. 1, chamoise war mir zu gelb. Ich bestickte ihn trotzdem erst einmal mit Sternchen und Pünktchen in dunkelgold.
sternentuell 11373892_1478068789158616_1431129027_n
La Primavera hatte nämlich die Idee, dass es sicher toll aussehen würde, wenn eine dunkle Lage Tüll unter der hellen liegen würde, auf dem Tisch sah es toll aus, wunderbare Grauschattierungen. Am lebenden Objekt erwies es sich eher als suboptimal, die Farbe war nun beige und so alt bin ich nun doch noch nicht.
Problem Nr. 2 –  dieser Stoff geht beim Waschen und Färben mehr als 10% ein. Ich verabschiedete mich vom bodenlangen Rock und setzte den Tüll um einiges tiefer angeriehen an einen simplen graden Jerseyrock mit Gummizug.
stars3 stars4
Mittlerweile hatte ich auch beide Tüllbahnen schwarz gefärbt. (Das ist wichtig für mich, deshalb verwende ich vorzugsweise reine Baumwolle oder Seide, auch als Nähgarn, ich muss einfach drüberfärben können, wenn es mir nicht gefällt.)

Die Sternchen sind natürlich jetzt dunkel, mit hellem Rand, weil der Unterfaden weiß und synthetisch war.
stars5 stars6
Ich war etwas knurrig, ob der vielen Umstände und des verhunzten teuren Stoffes, doch siehe da, der Rock wurde mein Lieblingsstück der nicht ganz so heißen Sommertage.
stars8 stars9 stars2

Hier geht es zu den anderen Lieblingsstücken beim Me Made Mittwoch.