Me Made Mittwoch – Vichy-Karo-Kleid

Mein erster Me Made Mittwoch, danke für die Einladung! Hier sind vorab zwei, drei Stichworte, aus welcher Ecke ich komme.
Es geht los. Das

Vichy-Karo-Kleid

Vichy-Karo-Kleid
war mir ein Anliegen. Endlich wieder weibliche Vintage-Mode, ohne dass frau komisch angeschaut wurde, wie es mir noch 2003 mit einem alten rosa Kleid aus den 50ern passierte.
Die Grundlage für das Kleid ist V8788, ein Vintage Vogue-Schnitt, auf den ich im Frühling lange Wochen wartete.
Vintage Vogue SchnittMir gefielen besonders die Mischung aus Leichtigkeit und Eleganz und dass sich hier um ein wenig störanfälliges Wickelkleid handelt, das durch die kluge Konstruktion nie unversehens auseinander klappen wird. (Eine Sache, die mir an Wickelkleidern immer wieder passierte, oft mit Sicherheitsnadeln gefixt wurde und die ich schlichtweg hasse.)
Außerdem liebe ich Schleifen.
Vichy-Karo-Kleid, Rücken
Dass ich ein richtiges Oberteil mit Prinzessnaht gemacht hatte, war schon lange her und in den späten 80ern passte mein Busen noch in alles hinein und es war meist noch eine Menge Platz.

Nun, nicht nur ich, auch meine Figur hat sich weiterentwickelt und ich traute dem alten Schnitt nicht, weil ich damit keine Erfahrungen hatte. Legten die Damen doch damals wesentlich mehr Wert auf eine schmale Taille und auch die Taillenlinie schien mir oft absurd hoch. (Jetzt weiß ich: Letzteres nicht in den 50ern, dafür aber in den 60ern.)
Ich nahm meine Maße, verzweifelte kurz und begann mit wilden Schnittänderungen, um meine nichtvorhandene Taille einzuarbeiten.
Schnittveränderung
50% davon waren überflüssig, das weiß ich jetzt. Aber am Oberteil vorn reichlich 2 cm zuzugeben und hinten reichlich 2 wegzulassen, ist immer gut und mit etwas Zugabe an den Seiten wird das schon. Und weder Weite noch Busen hätte ich verschlimmbesserngrößern müssen, das reguliert die Wickelkonstruktion. Solche Klimmzüge wie oben waren unnötig.
In brütender Sommerhitze, hinter vorgezogenen Vorhängen, begann ich zu nähen. Ich habe simplen Baumwollstoff von Karstadt benutzt, das Meter 8,50€, 1,40m breit.
Da ich großen Wert auf gut versäuberte Nähte lege und für französische Nähte mit reichlich 2cm Nahtzugabe arbeite, war das Anprobieren der Brustnähte ein besonderes Gefummel, denn der Stoff geht mit so breiten Überständen nicht in die richtige Form. Mangels Routine habe ich alles wieder und wieder geheftet und damit sich die Rundungen und Schrägen nicht verziehen, habe ich noch jede Menge Positionsnähte (Staystitches) gezogen.
Das Dekollete habe ich umgearbeitet. Mir stehen helle Muster nicht unbedingt, deshalb wollte ich nicht so einen voluminösen, karoverhüllten Vorbau haben, mit V-Ausschnitt fühle ich mich wohler.
Ausschnitt
Hier ist auch gut zu sehen, worauf ich nicht geachtet habe. Ich hatte früher für Konfektions-Schnitte immer zu breite Schultern. Jetzt nicht mehr, da könnte mehr als ein Zentimeter weg. Als mir das auffiel, war alles schon versäubert und ich hatte keine Lust mehr, das zu ändern.
Die offen liegenden Kanten habe ich mit kariertem Schrägband versäubert.
Versäuberung
(Schade, das gabs nicht in meiner Farbe, aber es ist ein Riesenluxus, Frau Tulpe drei Häuser weiter zu haben. Leider auch für meine Geldbörse…)
Der rückwärtige Ausschnitt bekam etwas Handarbeit und einen von den Knöpfen aus der Omi-Kiste, die mir meine Mutter vor zwei Jahren in die Hand drückte. Ich wußte damals nicht so richtig, was das sollte, aber ich kann doch keine Knöpfe wegwerfen.
Verschluss

Die Wickelei ist wirklich ganz clever gelöst. Der vordere Rock umschließt fast gänzlich den hinteren Rock und umgekehrt, so fällt beim Sitzen nichts auseinander.
Wickelverschluß vorn Wickelverschluß hinten
Das Rückenteil wird mit Haken vorn geschlossen und das ist die einzige Schwachstelle. Die Haken gehen immer wieder auf, das merke ich zwar kaum, weil das Kleid auch so sicher sitzt, aber dieses Teil, das auf die Taille gehört, findet auf meinem Bauch keinen Halt.
Wickelverschluss offen Wickelverschluss geschossen
(Das sitzt natürlich unter dem Vorderteil, auf der bloßen Haut, deshalb rutscht es so.)

Fazit?

Ein sehr schönes Sommerkleid, aber nix für mal schnell um die Ecke gehen. Fahrrad fahren geht damit nicht und irgendwo mal eben hinsetzen bringt endloses Gegrabbel mit sich, damit der Rock nicht im Dreck liegt. Schuhe und Darüber müssen adäquat sein. Man ist schon recht angezogen damit und ich wirke ohnehin schnell overdressed.
Der Schnitt ist sehr empfehlenswert, weil super gut durchdacht.

Und ich hätte es jetzt gern noch mal aus leichtem schwarzen Leinen…

Vichy-Kleid Vorderansicht(Nur echt mit dem Zipfelsaum!)
Vichy-Kleid Rückansicht

Der gesamte Me Made Mittwoch von August kann hier besichtigt werden.

Nähen – Früher

Dass ich Kleider nähe, hat immer damit zu tun, dass ich etwas nicht kaufen kann, erst dann bewegt sich mein innerer Schweinehund.
Mangels Westverwandtschaft hieß es früher, entweder du trägst VEB Jugendmode oder du lässt dir was einfallen. Ich tat letzteres und das erste Stück, das ich allein nähte, war eine Hängerbluse mit Stehbündchen und Biesen, dunkelblau mit weißen Pünktchen, Vorkriegs-Viskose aus den Beständen einer Urgroßmutter. Ich brach mir fast die Finger und eine Nähanleitung gab es nicht, aber ich wollte mir keinen Rat holen. Meine Mutter und meine Oma nähten mir zwar das eine oder andere Teil und manchmal durfte ich schon übungshalber etwas allein machen. Aber: Sie reden mir ständig rein, was ich denn zu tragen hätte. Mit 15 stand mir der Sinn nach dunklem Walla-Wala und das hätte nur Diskussionen gebracht, warum ich denn eine altmodische, trübsinnige Schwangerenbluse anziehen wollte.
Das war eine Initialzündung. Sobald ich Taschengeld übrig hatte und es Stoff zu kaufen gab, stockte ich mein Lager auf. Die Mutter meiner Jugendliebe, eine schöne Frau mit künstlerischen Ambitionen und wirklich gutem Geschmack beriet mich und brachte mir Stil bei, was in meiner Familie nicht Standard war. Der eine Teil ließ schneidern und das waren dann pragmatische Etuis für die Korpulenz, wenn auch aus teuren Stoffen. Erst auf alten Fotos sah ich, was für eine elegant und weiblich gekleidete junge Frau meine Oma mal war, mit Pelzen, Handschuhen und Hut. Der andere Teil kaufte das, was da war (also den üblen VEB-Schick) oder schneiderte selbst, auch aus dem was da war. Das waren meist billige Stoffe mit blöden Mustern oder noch schlimmer knallbunter oder beiger bondierter Möbelbezugsstoff aus Polyester (so eine Art dünner Neopren), den es im Werksverkauf billiger gab. Materialen, die bei der Verarbeitung zu biederen, unauffälligen und stoffsparenden Stücken noch mit fetten Stufen und Säumen versehen wurden, damit man sie ändern konnte.
Ich legte mir ein kleines Lager aus Batist, Uromas Spitzen und handgewebtem Leinenbestand, Chiffon und anderen Seidenstoffen an und dazu kam das eine oder andere ausrangierte Teil aus Omas Festkleidbeständen – schwarzer Samt mit silbernen Rosen bestickt, silber-schwarzer Lurex, bunter Samt mit großen Blüten, alles, was sich durch Omas Masse gut umarbeiten ließ.
Bei meinem Kleid für den Tanzstundenabschlußball beriet mich die Quasi-Schwiegermutter, meine Mutter und meine Oma hatten nur kopfschüttelnd auf den Schnitt geschaut: Was ich denn damit wolle? Schon wieder zu weit und zu extravagant: Eine weite Chemise zartem weißem Batist mit einer angearbeiteten Pelerine bis zu den Ellenbogen, dazu ein selbstgemachtes Stoffblumenbukett. Das trug ich noch jahrelang im Sommer, dann allerdings blau gefärbt.
Später kamen die Hippiekleidchen aus Bettlaken mit perlenbestickten Spitzenapplikationen und selbstgedrehten Troddeln und Kordeln. Lang natürlich. Kopfschütteln von der Familie. Mein Bruder bekam aus gestreiftem Nachthemdbarchent ein weites Hemd über der Hose zu tragen gemacht und so marschierten wir zur Scham der Oma zu einer Familienfeier. Wir sähen aus wie die Hausbesetzer, meinte sie.
Die Abnabelung von der Familie drückte sich in Rocksäumen aus. 7 Meter Saum hatte ein Stufenrock aus schwarzem Cloqué, den ich mir nähte. Unpraktisch sicher, aber wunderschön.
Als man sah, ich meine es ernst, schenkte mir eine Oma eine nagelneue transportable Veritas (unbedingt mal diese schräge Website ansehen!) mit jeder Menge Nutzstichen, Klassen besser als die elektrische Zickzackmaschine meiner Mutter oder gar die Singer meiner anderen Oma, die noch getreten werden musste.
Später bekam ich noch die Victoria-Langschiffmaschine aus dem Erbe der Urgroßmutter, die ebenfalls gute Dienste leistete, vor allem bei dicken Stoffen.

Als ich am Theater arbeitete, bekam ich Stilkostüme zu sehen. Korsagen, Raffungen, Rüschen bis zum Abwinken und der übervolle Fundus enthielt das eine oder andere Stück, das ich mir adaptierte. Unter anderem ein weiter leinerner Rüschenunterrock und ein seidenes Hemdblusenkleid mit Kellerfaltenrock aus den 50ern. Neue Farbe, neue Knöpfe und dann war war es meins.
Dort lernte ich auch La Primavera kennen. Die hatte in ihrer riesigen Altbauwohnung das Berliner Zimmer zur Werkstatt erklärt und nähte, färbte und batikte, was das Zeug hielt. Ich war tief beeindruckt. Zum Arbeitszimmer schaffte ich es zwar nie, aber in meinem Näheckchen lag immer eine angefangene Arbeit. La Primavera erklärte mir auch, was ich da eigentlich tue, denn sie machte inzwischen eine Schneiderinnenausbildung. Die wenigsten Schnitte hatten schrittweise Nähanleitungen, Anleitungsbücher gab es auch nicht, ich war furchtbar dankbar dafür, wenn sie mir beibrachte, wann und wie ich einen Kragen, ein Bündchen oder ein Revers anzusetzen hatte.

Als ich 25 war, hatte ich so ziemlich alles schon einmal genäht: Patchwork, Biesen, Hohlsaum, Jacketts und Hosen, selbst entworfene Abendkleider und Filzhütchen mit Stickerei.
Dann fiel die Mauer und ich schwelgte in wunderbaren Stoffen und Knöpfen. Doch nach dem Studium, wir wohnten zudem beengt zu dritt in einer 50qm-Zweizimmerwohnung und ich begann zu arbeiten, schwand der Spaß am Nähen. Gekaufte Kleidung war schneller zu haben und war zumindest damals halbwegs ok. verarbeitet. Meine Arbeiten blieben halbherzig, weil zu eilig angefertigt. Ein schwarzes Samtkleid mit hohem Schlitz und rotem Futter klemmte über der Brust (ich hatte vergessen den Schnitt nachzumessen) und bescherte dem Kind und mir sich verschlimmernden Husten, weil der feine Flor überall rumflog. An dem Abend, wo ich es hatte tragen wollen, lagen sie und ich mit Bronchitis im Bett.
Dann kam die Zeit der Selbständigkeit und mit ihr wenig Zeit und gutes Geld. Ich konnte das eine oder andere Designerstück kaufen, das zudem gute Arbeit und Material war. Die Nähmaschine zog zwar weiter mit um, aber sie verstaubte und irgendwann gab ich auch meine Stoff-Vorräte, die ich wie meinen Augapfel gehütet hatte, auf.
Die Näh-Ära war vorbei.

Veröffentlicht unter Nähen

Change it, love it, leave it or paint it black

Gestern Abend. Von mir angestoßene Diskussion im Damenkreis (Frauen von Ende 20 bis Ende 60) zum Thema Überwachung zeigt folgende Reaktionen:
Das ist zu komplex.
Es wird auffällig werden, keine gespeicherten Daten zu haben. Will die was verbergen?
Mir egal, es geht doch nur um Verbrecher.

Der Klärungs-Prozess ist angestoßen, das dauert aber noch.
Ich finde viel schlimmer, was Privatunternehmen mit den Daten machen.
Für mehr Sicherheit gebe ich gern alles preis.
Überwachung ist gut, wirkungsvoll und hilft mir bei der Arbeit. (Kripobeamtin)
Das hätten wir gern, dann würden wir nicht so verarscht. (Angestellte Jobcenter)
Das wird noch ein langer Weg. Aber wenigstens eines war allen klar: Das hat nichts mit „dann mach doch nichts mehr im Internet“ zu tun. Sie haben begriffen, dass es ihr ganzes Leben umfasst.

Abgeordneten-Watch-Kandidaten-Check gemacht. Ok., interessant. Ich pflücke ins Pali-Tuch eingewickelt biodynamischen Revolutionskaffee. Die Wurzeln lassen sich nicht verleugnen, scheint mir.
Interessant wäre zu wissen, ob moralische Urteils-Muster, die in politische Überzeugungen münden, tatsächlich so früh geprägt werden und alles andere danach nur Überschreibungsversuche vom Hirn im Unbewußt-Speicher sind. (Ich bin da echt naiv, ich dachte, das wäre nur eine Frage des Willens.) Das würde heißen, dass wir unserer Herkunft nicht entfliehen können, so sehr wir auch Anstrengungen machen. Die Muster bleiben.

Mein Schreibtischleben ist derzeit frustrierend. Ich hätte gern eine Lightbox-Galerie, die auf allen Geräten funktioniert, auch auf mobilen, dann mit Wischfunktion. Und NextgenGallery plus Photoswipe tuts nicht. Bzw. tut nicht das Versprochene.
Frustrierend. Vor allem, wenn eigentliche Seite muckert und eine Test-Seite es tut. (Die streikende ist genuin WP 3.6, die laufende von 3.4 per scheibchenweisem Update gewandelt und zwei unterschiedliche Provider. Ansonsten alles gleich. Ich zermartere mir das Hirn.)
Dann abends eine verseuchte große Firmenpräsenz. Ich immer nur „Mimimi!“ und der Graf gab den Pädagogen und lotste mich durch. <3

Themenwechsel ins Private
Interessant, dass bei mir gerade in Varianten die Frage „Wie heiße ich nach der Hochzeit?“ vorbeischippert. Im Freundeskreis, auf Kleinerdrei und auf Real Virtuality.
Online habe ich beide Male einen Kommentar abgegeben und jedes Mal hat mein mobile-Safari mit einem dreckigen Grinsen die Zusammenarbeit mit dem jeweils installierten Kommentarsystem verweigert. Natürlich unter Löschung meines Textes. (edit: Nein, in letzterem steht der Kommentar doch. Es ist nicht alles schlecht.)
Dann schreibe ich es hier auf.
Als der Graf und ich darüber redeten, bot ich ihm an, seinen Namen anzunehmen. Für ihn war das zu viel Selbstaufgabe. Nach kurzem Überlegen erkannte ich mein rein romantisches Motiv, das lebenstechnisch aber schwierig ist. Ich habe im Beruf einen Namen.
Ein Doppelname kam für mich nicht in Frage. Die Frauen mit Doppelnamen, die ich nach 1990 kennenlernte waren eher, nun ja, anstrengende Personen. Da hatte ich mein Klischee im Kopf und habe nicht weiter darüber nachgedacht.
Nach der Hochzeit wurde ich bei der Gratulation sofort von fast allen gefragt, wie ich denn nun hieße. Mich erstaunte das. Ich dachte, dass es mittlerweile Usus ist, dass Frauen ihren Namen behalten. Scheinbar nicht. Es ist noch immer eine wichtige Tradition, so die Gründung einer Familie und Zusammengehörigkeit zu demonstrieren.
Ich hatte meinen Namen behalten, genauso wie ich es in meiner ersten Ehe, wenn auch mit Tricks und Kniffen getan habe. Damals waren selbst Doppelnamen schwierig und der (wirklich nicht schöne) Namen meines Mannes wäre ausgestorben, hätte er meinen angenommen. So unterschrieb ich ungelenk die Eheurkunde, ich hatte das vorher nicht einmal geübt, weil verdrängt.
Der Leiter des künstlerischen Betriebsbüros erlöste mich damals. Er fragte mich am nächsten Arbeitstag, ob ich unter neuem oder alte Namen im Programmheft stehen wolle. Es bezog sich also auch auf künstlerisches Hilfspersonal, dass die Frauen ihren Mädchennamen als Künstlernamen behielten. Damit war die Entscheidung klar. Ich war im Privat- und Amtsbereich die Frau Q. und im Job und auch später im Studium die Frau K.
Nun habe ich aber, weil ich mich verheiratet sehr wohl fühle, die Doppelnamen noch einmal ins Radar genommen. Siehe da, viele Frauen tragen einen, ich habe es nur nicht mitbekommen. Weil sie ihn nur im privaten und administrativen Bereich benutzen. Wenn man sich über gemeinsame Interessen kennenlernt, kennt man sich oft nur beim Vornamen und/oder Nick, wenn man sich im Job kennenlernt, beim Nachnamen (was in dem Fall der Mädchenname der Frauen ist).
Ich denke nun tatsächlich nachträglich über einen Doppelnamen nach. Ein vollständiger Namenswechsel wäre mir zu erklärungsbedürftig. Aber auch den Namen meines Mannes zu tragen, wäre der Verbindung würdig.

Lange hier nichts mehr über Klamotten gelesen oder? Jetzt aber.
Der nächste Me Made Mittwoch rückt näher und ich will daran teilnehmen. Die Fotos sind fertig, der Artikel im Kopf. Die einzige Frage, die ich noch klären müsste, wäre: Nerven die Nähposts, weil zu speziell? Sollte ich sie auf eine extra Seite packen?
Auf der anderen Seite funktioniert das bei Frau Gröner hervorrragend. Futter, Oper und Kunstgeschichte waren meines, Fußball habe ich überblättert. Also, wer dazu etwas sagen möchte: Bitte gern!
Den Kostüm Sew Along finde ich Spitze, das ist aber nichts für mich. Dazu verlasse ich derzeit zu selten zum Arbeiten das Haus und ich habe noch ein paar Fummel vom Modejob, wenn Beratungstunden oder ein Seminar anstehen.
Außerdem erinnere ich mich, daß ein Jackett zu nähen eine sehr frickelige Angelegenheit ist. Zu dem Zweck wollte mir LaPrimavera mal das pikieren beibringen. Revers und Belege entwickeln gern ein Eigenleben, wenn man drauflosnäht. Wenn man dann noch bedenkt, dass das Ganze mit möglichst gutem Stoff stattzufinden hat. Nee, eher nicht.

Ich habe derzeit mal wieder mein übliches Farbproblem. Ich arbeite viel mit weißen Baumwoll-Stoffen, weil ich dann hinterher nach Lust und Laune färben kann. Da ist Baumwollnähgarn zwar ein Muß, aber in gut sortierten Läden gibt es mehr als Allesnäher.
Einerseits liebe ich im Sommer Weiß oder Farben – helle Blau-Grautöne, Flieder, Geranienrot – und doch stehe ich dann oft vorm Schrank und will nach meinen geliebten schwarzen Fummeln greifen. Schwarz steht mir, keine Frage. Farbig – oder noch schlimmer- gemustert, damit fühle ich mich sehr auffällig.
Hm. Am liebsten hätte ich von allem zwei Ausführungen im Schrank. Einmal farbig, einmal Schwarz.

Rosen

Das Kind der Nachbarn ist da. Der Termin war irgendwann im August, in der Hitze Ende Juli war alles still und ich hörte nur noch ihn den Hund ausführen, dann, als es kühler wurde, gab es einen Tag hektisches „Tür auf, Tür zu“, am nächsten Tag hing ein winziges Babymützchen am Türknauf.
Gestern morgen ging ich dann quer durch den Weinbergspark, der so früh bevölkert ist von trainierenden Menschen und Menschen mit zu trainierenden Hunden. Ein Paralleluniversum. Zwei Stunden später sitzen hier die ersten in der Sonne und pflegen den Müßiggang.
Ich kaufte Blumen. 20 winzige stachlige Rosen, eine pinkfarbene Gladiole, zwei Bambustriebe und eine magentafarbene Lilie.
Die Rosen wurden vom Grafen mit einer handgeschriebenen Karte versehen und den Nachbarn vor die Tür gestellt. Was für ein Duft!
Rosenstrauß
Das andere Gemüse kam in die große Glasvase.
Büten magenta
und ein übriggebliebenes Röschen beduftet meinen Schreibtisch.
Rose einzeln
Ich setze grade die Website des Freundes, der unsere Hochzeitsfotos machte, neu auf. Da die Projekt-Arbeit mit Dreamweaver immer umständlicher und schwieriger wurde, sind wir auch hier zu WordPress gewechselt. Mit ein paar Anpassungsarbeiten ist das Ergebnis effizienter zu erreichen als mit stundenlangem Zu-Fuß-HTML-Schreiben und Fotos umrechnen.
Dann schlug das Wetter um. Eine missgelaunte Migräne bemächtigte sich meines Kopfes und dreht ihn durch die Mangel. Gott sei Dank hält das nie lange an und so konnte ich spätabends noch aus Kohl und Roter Bete Suppe kochen (der Kühlschrank enthält grade nur Eier, Joghurt und Gemüse, ein Zustand, den der Graf mit „es ist nichts zu essen da“ assoziiert).
Dann setzte ich mich noch für eine Weile an den Quilt. Mit der Regulierung der Unterfadenspannung war das Problem gelöst, es gibt keine Fadenfresser mehr. Stippling ist wirklich eine Arbeit für Leute, die Vater und Mutter umgebracht haben. Aber ich lerne noch. Nach allem, was ich mir in Foren zusammengelesen habe, war es wohl der größte Wahnsinn, als erstes Projekt einen 140×200-Quilt anzugehen. Nun habe ich die Chance, alle Anfängerfehler auf einmal zu machen.
(Es ist im übrigen sehr interessant, dass diese Handarbeitsforen fast troll- und spinnerfrei und im Ton extrem höflich sind – mal abgesehen davon, dass sie sich alle ständig umarmen und bepuscheln, was mich etwas befremdet. Wenn man da etwas sucht, wird man wirklich fündig und muss sich nicht durch Seiten voller Mimimi und Aggro lesen.)
Bei der abendlichen Meditation an der Nähmaschine, allerdings gestern nicht so entspannend war wie sonst sondern mit Migränenachwehen, sprich Schweißausbrüchen und Schwindelanfällen garniert, sind langsam Fortschritte sichtbar.
Quilt Stippling
Mit dem Abstand von zwei Jahren frage ich mich, was mich geritten hat, diese Leberwurstfarbe als Grundton zu wählen. Aber ich erinnere mich, das hatte mit der pompejanisch roten Wand in der Bettnische des Nestchens zu tun und damit, dass LaPrimavera meinte, starke orientalische Farben, die ich eigentlich angedacht hatte, würden in der winzigen Wohnung zu beunruhigend wirken. Nun nähe ich also Hirnwindungen, auf denen Quadrate schwimmen. Weiters frage ich mich, wie ich auf de Idee gekommen bin, diesen arktisblauen Streifen einzusetzen, die einzige ungebrochene Farbe, ich erinnere mich schwach, dass ich mich irgendwo vermessen hatte und mir 10 cm fehlten und dieser Stoff grade reichte. Da muss ich noch mal ran. Wahrscheinlich werde ich die Handstiche der Quadrate durch artktisblaue Maschinen-Nähte ersetzen. Design ist echt nicht meine Stärke.
Sollte ich jemals ein klassisches Nähblog machen, dann wäre es ein Pendant dazu. Meine nachträglichen Ausbesserungen von Mess- und Planungsfehlern sind wirklich beachtlich.

Nachts recherchierte ich mich noch durch diverse Klamottenseiten. Mein Körper ist neuerdings der Meinung, dass Hosen (sprich: Jeans) doof sind, nachdem ich den ganzen Sommer Kleider trug. Ein Kleid für den Winter, das bequem ist, warm hält und nicht überall hängenbleibt, Staub wischt oder sich zur Küchenkatastrophe entwickelt, ist so eine Sache. Winterkleider sind heute vor allem Très Habilié-Garderobe (schöner französischer Begriff für den Repräsentativitätsgrad von Kleidung) oder diese irren ärmellosen Kleidchenfummel, die ein Model unterm Pelz trägt. (Oder die ganzganz furchtbare Variante Kleid-über-Jeans, das die Berliner Mädchen vor 10 Jahren trugen, bevor sie Kinder bekamen.) Nächstes Problem ist, dass ich diese Wurstpellen-Strumpfhosen hasse und Leggings möglichst nicht zu sehen sein sollten.
Ich glaube, die Lösung sind Schichten und back to the roots. Wenn man sich Trachten und ländliche Kleidung von vor 150 Jahren ansieht, sieht man die Lösungen für weiblich gekleidet sein, sich trotzdem bewegen können und es warm haben.
Den Anfang werde ich mit einem Prairie-Dress aus Baumwollflanell machen. Das ist die Klamotte, die Frauen in Western tragen, wenn sie nicht aufgetufft und mit Korsett versehen als Halbweltdame in Saloon sitzen. Also das was Caudia Cardinale trug, als sie die Arbeiter von Sweetwater versorgte, nur etwas züchtiger.
Wenn man sich in das Thema versenkt, begreift man, welche Funktionen Chemisen, Cache-Coeurs, Fichus und Rüschen-Unterröcke neben Halbtransparenzen und Frou-Frou haben: Sie wärmen. Und für schmutzigere Arbeiten gibts dann eine Schürze drüber, damit man sich nicht bekleckert.
Das heißt, für das Flanellkleid wird es zwei Unterkleider geben. Die Schürzen habe ich noch in meiner Sammlung, da hab ich alles gehörtet, was vorbeikam, weil es die nicht mehr gibt. (Wobei ich schöne Schürzenschnitte gefunden habe.)
Coco Chanel wird sich zwar im Grabe umdrehen, aber die hat für Frauen entworfen, die nur noch zum Schlafen nach Hause kamen und folgerichtig zu Hause einen Morgenrock trugen.
Dem weiblichen Homeofficer bliebe heute übrig, den ganzen Tag im Bademantel rumzuhocken, zur üblichen Jeanskluft zu greifen oder schlimmer noch – zur Jogginghose. Ein One Piece finde ich zwar ganz lustig, aber der Gedanke, mich auf dem Klo halb auszuziehen ist unwitzig.
Also, Pläne sind vorhanden.