MMM 23.10. – Blümchenrock

Vier Wochen Pause, da ich nicht so wahnsinnig produktiv bin, slow sewing ist mein Credo.
Dieser Rock leistet mir schon seit Wochen gute Dienste und bisher habe ich es noch nicht hinbekommen, ordentliche Fotos davon zu machen bzw. vom Gatten machen zu lassen, deshalb gibt es nur diesen klassischen „Selfie“, den ich zum Hashtag #609060 * verinstagramt habe:
Blumenrock
Pullover Kuschelkaschmir aus Altbeständen, mittlerweile ziemlich eng, die Lieblings-Bluse Hasi & Mausi (davon habe ich 5 Stück), dazu Wanderstiefel und dicke Socken, denn ich war auf dem Land.
Der Stoff ist vom Markt am Maybachufer.
Blümchenstoff
Auf meines Kindes Ratschlag hin nicht schwarz mit weißen Blümchen, sondern braun mit rosa Blümchen. Für mich manchmal etwas gewöhnungsbedürftig, aber ok.
Baumwoll-Garn
Das Baumwoll-Garn stammt noch aus meinen DDR-Altbeständen. (Es ist nicht das älteste in meinem Fundus, ich habe noch Leinengarn von vor 1945 aus dem Kurzwarenladen meiner Urgroßmutter.)
Nähanleitung Stuferock
Die Anleitung habe ich mal irgendwo aus dem Internet aufgepickt und verwende sie seither mit Variationen für jeden Stufenrock. Bei obenstehender Aufteilung werden 2m Stoff 1,40m breit benötigt. Aus dem überstehenden Restchen habe ich Taschen zum Aufsetzen gemacht:
Rocktaschen
Stufen
Das Anreihen ist eine furchtbare Arbeit, aber ich habe mittlerweile meine Tricks, die Stofflängen mit Viertel- und Achtel-Bügelmarkierungen aufzuteilen. Außerdem läuft der Reihfaden nicht in 360 Grad herum, sondern in 2x 180 Grad, das ist einfach nicht so viel Geschiebe.
Französische Naht
Innen liegen wie immer französische Nähte, die ich dann noch festgesteppt habe, um ein Kriechen zu vermeiden.
So sieht der Rock halbfertig aus, der Bund ist ein 3,5cm-Gummiband, das im Tunnelzug läuft.
Halbfertig
Was leider nicht zu sehen ist: Ich trage unter dem Rock einen Zweiten, baugleichen aus dünnem, rutschigem weißem Baumwollbatist, der manchmal ein bisschen hervorblitzt, wie Unterröcke das tun. Aber natürlich nicht dann, wenn er es soll…
Der Rock hat sich schon sehr bewährt und funktioniert auch stadtfein. Es gibt den Schnitt auch schon einmal in hellblau und Piroschka-Länge als Sommermodell, er wird demnächst noch einmal verwendet, wahrscheinlich für schwarzen Wollflanell.

Verflixt! Das hatte ich doch in meiner morgendlichen Verpeiltheit den Backlink vergessen! Hier isser. Die anderen MMM-Modelle finden Sie wie immer hier.

 

* Wer es nicht kennt: Menschen fotografieren sich morgens in den Spiegel, so, wie sie aus dem Haus gehen bzw. den Tag verbringen.

MMM 25.9. – Das Schleifenkleid

Ich hatte mich im Frühling in einen Schnitt verliebt, der „eigentlich“ im Gepäck hatte. Eigentlich zu schick. … zu jugendlich. … zu extravagant. … zu unpraktisch.
Daher wollte ich ihn unbedingt realisieren. Dann lief mir auch noch ein wunderbar strahlendes stahlblaues Leinengemisch in die Quere. Also konnte ich nicht anders.
schnitt  stoff
Ich änderte nicht viel. Die üblichen 2 cm runter an der vorderen und 2 cm rauf an der hinteren Taille, was in diesem Fall hieß, den Rückenausschnitt zu verschieben, aber das war einfach. Außerdem gefiel es mir gar nicht, dass die Schleife so weit oben saß. Mein Rücken ist in der Mitte nicht mehr taufrisch und der BH war auch zu verdecken, deshalb setzte ich die Schleife tiefer und breiter an.
Schleifenkleid von vorn Schleifenkleid von hinten
Der Schnitt ist simpel und einfach zu realisieren. Das Oberteil wird gedoppelt, die Anleitung für das Einarbeiten der Schleife von Innen und das Verstürzen des Oberteils ist detailliert und nachvollziehbar. Mittlerweile würde ich das Teil nicht mehr doppeln sondern füttern, doppelt ist der Stoff sehr steif. Auch ein Rockfutter wäre bei der Halbtransarenz eigentlich gut gewesen, aber uneigentlich – Unterhöschen blitzen nicht durch, dazu ist oben genug Stoff und das verlängerte Bein durchscheinen zu sehen, finde ich ganz reizvoll.
Die mitgegebene Stoffverteilung für die Größe, die ich zuschneide (20 mit Sicherheits-Zugaben) ist verdammt knapp. Deshalb durfte ich die Zickzackpräzision der damals neu gekauften Bernina austesten, indem ich kleine Keile in angefressene Teile setzte. So langsam sollte ich den Schnitten wieder vertrauen, meist sind meine Zugaben unnötig. Aber zu viel Weite wegnähen ist besser als zu viel Enge wegwerfen.
Einsatz
Der Reißverschluß wurde weggespart, das Kleid ist weit genug, ich habe hinten einfach eine Falte geknöpft.
Knopfverschluß
Vorn musste ich leider einen Abnäher setzen. Hohe U-Boot-Ausschnitte und ich waren noch nie Freunde. Der Ausschnitt war ursprünglich 3 cm höher, aber da protestiert meine empfindliche Schilddrüse.
Ausschnitt
Ich finde das Kleid ziemlich fein, die Farbe steht mir sehr und die Schlichtheit vorn und die Verspieltheit hinten sind ganz nach meinem Geschmack.
Rückenansicht
Was man dann drüberzieht, ist ein eigenes Thema. Jedes Jackett hätte einen Buckel. Mehr als ein Pashmina oder Cache-Coeur funktionieren nicht. So ist es ein Kleid für warme Sommerabende. Ich sehe mich damit Martini trinkend auf einem Barhocker sitzen, im Hintergrund dezenter Jazz.
Rock

Und nun folgt leider ein Rant erster Güte: Dieser Stoff, so genial er aussieht, ist der letzte Dreck! Es handelt sich um ein Leinen-Modal-Gemisch. Was heißt: Das Leinen braucht eine hohe Bügelemperatur, um glatt zu werden, die Modalfasern vertragen das aber nicht.
Ich habe mir zwei Mal beim Ausbügeln Löcher in den Stoff gesengt. Das Modal britzelt weg wie Zigarettenpapier und der Leinen-Schussfaden liegt plötzlich allein da, wenn man nicht gaaanz vorsichtig mit einem sehr feuchten Tuch rangeht und damit gleichzeitig leichten Krissel in Kauf nimmt. Eine große Stelle konnte ich nur durch eine Schnittänderung rausholen, die andere (beim finalen Ausbügeln passiert) muss ich auftrennen und von innen mit Klebebelag reparieren.
Schaden
Deshalb bleiben solche Brüche einfach drin und können wahrscheinlich nur mit Waschen und nassbügeln entfernt werden.
Stoffbruch
Außerdem kratzt der Stoff ganz erbärmlich. Also ist das Kleid tatsächlich etwas für den großen Auftritt von zwei Stunden nach dem frau ganz schnell wieder in den seidenen Kimono schlüpfen darf (dann auch gern mit diesen Halsbrecherschuhen, zu denen es hier eine schöne Geschichte gibt).

edit: Wenn ich mir die Fotos kritisch ansehe , habe ich gut was zu nölen:
1. Oberteil zu weit und um den Busen doch noch zu eng. Also demnächst Brustweite anpassen.
2. Wird Zeit, dass ich mir einen Rocksaum-Abrunder besorge, wenn ich ständig Tellerröcke nähe.
3. Die Bügelschäden hinten sind immer noch zu sehen.

Demnächst gibt es dann hier wieder ganz normale Sachen. Ich sitze ja schon an den Herbstschlumpiklamotten.

Und hier geht es zurück zu den Kleidern der anderen Damen.

Me Made Mittwoch – Vichy-Karo-Kleid

Mein erster Me Made Mittwoch, danke für die Einladung! Hier sind vorab zwei, drei Stichworte, aus welcher Ecke ich komme.
Es geht los. Das

Vichy-Karo-Kleid

Vichy-Karo-Kleid
war mir ein Anliegen. Endlich wieder weibliche Vintage-Mode, ohne dass frau komisch angeschaut wurde, wie es mir noch 2003 mit einem alten rosa Kleid aus den 50ern passierte.
Die Grundlage für das Kleid ist V8788, ein Vintage Vogue-Schnitt, auf den ich im Frühling lange Wochen wartete.
Vintage Vogue SchnittMir gefielen besonders die Mischung aus Leichtigkeit und Eleganz und dass sich hier um ein wenig störanfälliges Wickelkleid handelt, das durch die kluge Konstruktion nie unversehens auseinander klappen wird. (Eine Sache, die mir an Wickelkleidern immer wieder passierte, oft mit Sicherheitsnadeln gefixt wurde und die ich schlichtweg hasse.)
Außerdem liebe ich Schleifen.
Vichy-Karo-Kleid, Rücken
Dass ich ein richtiges Oberteil mit Prinzessnaht gemacht hatte, war schon lange her und in den späten 80ern passte mein Busen noch in alles hinein und es war meist noch eine Menge Platz.

Nun, nicht nur ich, auch meine Figur hat sich weiterentwickelt und ich traute dem alten Schnitt nicht, weil ich damit keine Erfahrungen hatte. Legten die Damen doch damals wesentlich mehr Wert auf eine schmale Taille und auch die Taillenlinie schien mir oft absurd hoch. (Jetzt weiß ich: Letzteres nicht in den 50ern, dafür aber in den 60ern.)
Ich nahm meine Maße, verzweifelte kurz und begann mit wilden Schnittänderungen, um meine nichtvorhandene Taille einzuarbeiten.
Schnittveränderung
50% davon waren überflüssig, das weiß ich jetzt. Aber am Oberteil vorn reichlich 2 cm zuzugeben und hinten reichlich 2 wegzulassen, ist immer gut und mit etwas Zugabe an den Seiten wird das schon. Und weder Weite noch Busen hätte ich verschlimmbesserngrößern müssen, das reguliert die Wickelkonstruktion. Solche Klimmzüge wie oben waren unnötig.
In brütender Sommerhitze, hinter vorgezogenen Vorhängen, begann ich zu nähen. Ich habe simplen Baumwollstoff von Karstadt benutzt, das Meter 8,50€, 1,40m breit.
Da ich großen Wert auf gut versäuberte Nähte lege und für französische Nähte mit reichlich 2cm Nahtzugabe arbeite, war das Anprobieren der Brustnähte ein besonderes Gefummel, denn der Stoff geht mit so breiten Überständen nicht in die richtige Form. Mangels Routine habe ich alles wieder und wieder geheftet und damit sich die Rundungen und Schrägen nicht verziehen, habe ich noch jede Menge Positionsnähte (Staystitches) gezogen.
Das Dekollete habe ich umgearbeitet. Mir stehen helle Muster nicht unbedingt, deshalb wollte ich nicht so einen voluminösen, karoverhüllten Vorbau haben, mit V-Ausschnitt fühle ich mich wohler.
Ausschnitt
Hier ist auch gut zu sehen, worauf ich nicht geachtet habe. Ich hatte früher für Konfektions-Schnitte immer zu breite Schultern. Jetzt nicht mehr, da könnte mehr als ein Zentimeter weg. Als mir das auffiel, war alles schon versäubert und ich hatte keine Lust mehr, das zu ändern.
Die offen liegenden Kanten habe ich mit kariertem Schrägband versäubert.
Versäuberung
(Schade, das gabs nicht in meiner Farbe, aber es ist ein Riesenluxus, Frau Tulpe drei Häuser weiter zu haben. Leider auch für meine Geldbörse…)
Der rückwärtige Ausschnitt bekam etwas Handarbeit und einen von den Knöpfen aus der Omi-Kiste, die mir meine Mutter vor zwei Jahren in die Hand drückte. Ich wußte damals nicht so richtig, was das sollte, aber ich kann doch keine Knöpfe wegwerfen.
Verschluss

Die Wickelei ist wirklich ganz clever gelöst. Der vordere Rock umschließt fast gänzlich den hinteren Rock und umgekehrt, so fällt beim Sitzen nichts auseinander.
Wickelverschluß vorn Wickelverschluß hinten
Das Rückenteil wird mit Haken vorn geschlossen und das ist die einzige Schwachstelle. Die Haken gehen immer wieder auf, das merke ich zwar kaum, weil das Kleid auch so sicher sitzt, aber dieses Teil, das auf die Taille gehört, findet auf meinem Bauch keinen Halt.
Wickelverschluss offen Wickelverschluss geschossen
(Das sitzt natürlich unter dem Vorderteil, auf der bloßen Haut, deshalb rutscht es so.)

Fazit?

Ein sehr schönes Sommerkleid, aber nix für mal schnell um die Ecke gehen. Fahrrad fahren geht damit nicht und irgendwo mal eben hinsetzen bringt endloses Gegrabbel mit sich, damit der Rock nicht im Dreck liegt. Schuhe und Darüber müssen adäquat sein. Man ist schon recht angezogen damit und ich wirke ohnehin schnell overdressed.
Der Schnitt ist sehr empfehlenswert, weil super gut durchdacht.

Und ich hätte es jetzt gern noch mal aus leichtem schwarzen Leinen…

Vichy-Kleid Vorderansicht(Nur echt mit dem Zipfelsaum!)
Vichy-Kleid Rückansicht

Der gesamte Me Made Mittwoch von August kann hier besichtigt werden.