Ich habe bei meinem Berufs-Switch immer gesagt: Ich will in Zukunft Menschen zu Technik beraten, sprich: an der Schnittstelle zwischen Individuum und Internet. Ich habe neben meinem Beruf viel und mit großer Leidenschaft in diesem Bereich gearbeitet. Das will ich nutzen.
Nun ploppt immer wieder das Coaching hoch. Potentielle Auftraggeber wollen Angebote und Konzepte von mir. Ich habe 15 Jahre Karriereberatung gemacht. Mit allen Details. Von konkretem Bewerbungstraining bis hin zu langfristigen Lebens- und Berufsplanungen, incl. Analyse und Strategieentwicklung.
Argh!
Ich finde einfach keine Worte dafür. Ich habe weder Personalmanagement studiert oder Psychologie, noch habe ich einen esoterisch-ganzheitlichen Ansatz. Dafür habe ich aber 15 Jahre Berufserfahrung in einem knallharten Bereich.
Verkauf das mal einer.
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Vollidioten
Es ist mir in den letzten Jahrzehnten immer wieder passiert, daß Leute, die eine Idee hatten, mich um Hilfe oder Zusammenarbeit baten.
Was mir ja grundsätzlich schmeichelt und so manche gute Kooperation ist daraus entstanden.
Dann gibt es aber die Vollpfosten, die null Gefühl dafür haben, was man tun will (auch wenn es gerade finanziell nicht zum Besten steht) und was einen weiterbringt.
Mir hat in diesen Zeiten zwar niemand angeoten, für ihn auf den Strich zu gehen, aber ich habe einige sehr sonderbare Akquise- und Verkaufsangebote aus dem engsten Freundeskreis bekommen.
Ich sollte zum Beispiel selbst hergestellte gekochte Maiskolben vor der TU verkaufen. – In Zeiten, wo das mit dem vegetarischen Essen noch nicht aktuell war.
Oder von einer Telefon-DVD Listen von potentiellen (nicht technikaffinen) Kunden erstellen und per Kaltakquise und mit selbsterstellten Verkaufsargumenten durchtelefonieren, ob jemand ein völlig abstruses Netzwerk-Gadget will. – Auf Erfolgsbasis wohlgemerkt.
Oder jemand, der eine recht gute Idee fürs Personalmarketing hatte, dem ich ebenfalls die Leute vor die Flinte treiben sollte.
Steht auf meiner Stirn: Ich bin eine Drückerkolonne?
Wenn die Idee gut wäre, würde ich sie selbst realisieren. Wer einen Akquisefredi braucht, um seine Ideen zu verkaufen, der vertraut ihnen nicht.
Und dann
Es heißt gemeinhin, daß es als Ausdruck von Reife zu werten ist, wenn man/frau etwas aushalten kann bzw. nicht mehr vor jedem Problem wegläuft.
Was aber auch heißen kann, daß lange Jahre mit Spielen vergehen, die heißen „Tut ja garnicht weh-he!“ oder „Wir sind hier bei SO ISSES!“.
Weiterhin kann es als Ausdruck von Reife gewertet werden, daß auftretende Dissonanzen nicht mit Ohrenzuhalten und Gegenkreischen pariert werden, sondern mit gemessen geführten Gesprächen.
Blöd ist allerdings, wenn diese Gespräche zwei Stunden später zur totalen Paralyse führen. Da wären Ohrenzuhalten und Gegenkreischen wesentlich besser fürs Wohlbefinden gewesen.
Als meine Leistung werte ich in diesem Zusammenhang die Geste, einem Menschen – den ich trotz allem sehr mag – zu gewähren, daß er sich nun endlich, nach gut 40 Jahren des Zögerns und Suchens, daran machen kann, seine Träume zu verwirklichen.
Als meine Belohnung sehe ich an, daß ich im selbstgeschaffenen Nestchen sitze, mich wohl fühle und einen Martini Dry vor mir habe. Leider noch ohne Olive. Die kommt morgen.
Thilo wider die Sarazenen
Seit Tagen habe ich den Impuls, gegen die ganze Sarrazin-Häme ein, zwei knackige Sätze über Twitter loszulassen. Daß ich die Art der Auseinandersetzung idiotisch finde, denn sie köpft den Überbringer der schlechten Nachricht und will den Inhalt überhaupt nicht wahrnehmen.
Es hätte aber die Gefahr bestanden, daß ich genauso niedergebuht worden wäre. Der Mainstream des Netzes ist contra Sarrazin. Vielleicht, weil es viele Gebildete immer noch prima finden, laut im Chor „Nazi“ zu schreien, wenn die Argumente fehlen.
Sarrazin ist ein notorischer Querulant. Jede Gesellschaft braucht zu ihrer Entwicklung die Impulse notorischer Querulanten. Solche Leute haben auch der DDR den letzten Tritt versetzt. Ihre Polemik war nicht immer mehrheitsfähig und die meisten waren hinterher auch nur begrenzt politikfähig.
Sarrazin hat einen kapitalen Fehler begangen. Er hat seine Argumentation stark auf die Genetik gestützt. Das tut man nicht in Deutschland. Aus Gründen. Der politisch korrekte Deutsche wählt zwar die Rasse seines Hundes nach Zuchteigenschaften wie: familienverträglich, kinderlieb, sensibel, agil, verteidigungsbewußt und er nickt klaglos ab, wenn es heißt, daß der äußerste Nordosten Deutschlands verblödet, weil in der Uckermark nur die jungen Deppen nicht in den Westen gegangen sind und mit ihren Cousinen jede Menge Kinder zeugen, die dann auf die Sonderschule gehen.
Was mich stört ist, daß versucht wird, die Behauptung Der übewiegende Teil der in Deutschland geborenen Kinder entstammt aus einer Schicht bildungsferner Migranten, die auch in der vierten Generation noch nicht in der deutschen Kultur angekommen sind – was rein rechnerisch bedeuten kann, daß sich mit der fünften Generation die deutsche Kultur tiefgreifend ändern wird so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwinden zu lassen, indem sie zum Unthema erklärt wird. Die Weigerung, sich damit zu beschäftigen, gleicht der eines Kindes, das sich die Ohren zuhält und „nana-nanana“ singt, wenn es etwas hört, das es nicht hören will.
Diese Reaktion ist einerseits verständlich. Denn kulturelle Veränderungen sind unaufhaltsam. Aber die Reaktion ist auch wenig selbstbewußt. Es wäre viel besser, sich das Problem einfach anzusehen. Denn bisher sind noch nicht viele stichhaltige Gegenargumente gekommen.
Wenn in einer Milionenstadt wie Berlin über 60% und mit generativer Kumulation bald 80% der geborenen Kinder aus Migrantenfamilien stammen, dann schafft sich Deutschland ab, wie wir es kennen, mit Dackel, Schützenverein und Jägerzaun. Daran ist nichts zu deuteln.
Das ist zunächst gut. Nur was tritt an diese Stelle? Und hier setzt Sarrazins Formulierung des Unbehangens an. Das kinderreichste Gesellschaftssegment Deuschlands sind Einwanderer aus den rückständigsten Regionen der Türkei. Sie kommen z.T. aus Dörfern, die weder Strom noch Wasserleitungen noch eine aktive moderne Gerichtsbarkeit oder Bildung haben. Eine Gruppe, die unter sich lebt und ihre mitgebrachten Lebensverhältnisse unter etwas mehr Wohlstand mit allen Mitteln zu konservieren versucht. Mit allen Mitteln heißt: Zuzug „unverdorbener“ Ehefrauen, adoleszenter Männlichkeitskult, brutal ausgetragene Konflikte mit in Deutschland aufgewachsenen „verdorbenen“ jungen Mädchen und Frauen, Dominanz streng religiöser Werte und Stärkung der Familienclans durch Vetternehen.
England hat ein ähnliches Problem mit pakistanischen Migranten, die nachhaltig fremd in Großbritannien bleiben.
Gegen eine Parallelgesellschaft ist zunächst nichts einzuwenden. Die amerikanischen Chinatowns haben sich gut 100 Jahre gehalten. Chinesische Migranten hatten eigene Areale, die kaum kontrollierbar waren. Dort herrschten eigene Gesetze, Clanchefs sprachen Recht. Die Söhne waren kleine Götter, das jüngste Mädchen überlebte nur, weil es die familiäre Funktion hatte, die Eltern im Alter zu pflegen. Es wurde untereinander geheiratet, Verwandte zogen nach und die Menschen arbeiteten hatten Läden, Wäschereien und Schneidereien.
Obwohl Asiaten eine besondere Begabung für Mathematik nachgesagt wird (Achtung! Genetik!), bestanden Aufsteigerbiografien zu Anfang vor allem darin, Gangster zu werden.
Erst in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts assimilierten sich die Chinesen in Amerika. Jetzt sterben die letzten chinesischen Wäschereien aus, weil die Kinder der Besitzer viel zu gebildet sind und lukrativere Jobchancen haben, als den Familienbetrieb zu übernehmen.
Der Unterschied zwischen Chinatown in San Franzisco und Arabtown in Neukölln ist vor allem der, daß ein Chinatown in der Lage war (und sein mußte), so autark zu sein, daß es sich selbst ernähren konnte.
Die Migrantengruppe, mit der Sarrazin sich auseinandersetzt, hat überdurchschnittlich viele Transferleistungsempfänger, vor allem unter Menschen im besten arbeitsfähigen Alter. Die jungen Männer nutzen die ihnen gebotenen Chancen nicht, die jungen Frauen dürfen sie oft nicht nutzen.
Das ist kein unbeeinflußbares Schicksal. Die Kinder der (teilweise unfreiwilligen, teilweise illegalen) vietnamesischen Migranten haben hervorragende Schulleistungen, ebenso die Kinder der aus der ehemaligen Sowjetunion eingewanderten Juden. Fleiß, Bildung und Leistung ist für deren Kultur ein hoher Wert. Diese Generation wird studieren und die deutsche Kultur ebenfalls prägen und verändern.
Anders sieht es mit den aus den Dörfern der kasachischen Steppe stammenden Rußlanddeutschen aus. Auswanderungsgrund ist häufig die Pflege und die medizinische Versorgung der Großeltern und die Hebung des Lebensstandards, basierend auf Transferleistungsempfang der ganzen Familie, die beruflich nicht Fuß fassen kann, selbst bei guter Ausbildung. Die jetzt Schulpflichtigen laufen daher aus lauter Fremdsein, Motivations- und Perspektivlosigkeit komplett vor die Wand.
Ich bin mit der Äußerung Sarrazin in „Lettre international“ (leider nicht im Volltext zu verlinken) d’accord: Wer nur kommt, um zu nehmen, ist auf die Dauer kein gern gesehener Gast. Und wer nicht nur Gast sein und weiterziehen will, muß seinen Beitrag für die Gesamtheit leisten.
Aber warum? Für eine Familie, die ein anatolisches Bergdorf verlassen hat und ihn Berlin lebt, herrschen angenehme Zustände. Wer sich – für modernen deutschen Geschmack – mit beengten und primitiven Wohnverhältnissen zufrieden gibt, hat in dieser kleinen, bescheidenen Welt einen enormen Wohlstandsprung gegenüber der Heimat gemacht. Wer krank ist, wird kostenlos sehr gut medizinisch versorgt. Die Kinder gehen zur Schule. Die Wege sind kurz und komfortabel. Es gibt für die Kurden keine großen politischen Probleme. In der Heimat konkurrierende Familien können sich aus dem Weg gehen. Und es gibt Geld. Sicher. Jeden Monat. Ohne Mühe. Ohne lange Buswege in industrialisiertere Gegenden, ohne schwere Landarbeit mit womöglich ausfallender Ernte oder verfallenden Marktpreisen, ohne Selbstversorgerwirtschaft.
Wer könnte es irgendeinem dieser Leute verdenken, daß sie sich auf dem Weg nach Deutschland gemacht haben?
Wären wir in dieser Situation, würden wir es genauso tun.
Das Fatale ist, daß eine ganze Gesellschaft so tut, als gäbe es damit keine Probleme. Es sei halt alles ein bißchen anders, aber das wär schon ok. und schön bunt so.
Das Aufräumen an den Reibungsflächen der Kulturen überlassen wir der sozialen Müllabfuhr. Den Lehrern in den „Brennpunktschulen“, von denen ich einige mit Burnout in der Psychiatrie traf. Den Sozialarbeitern, die nur mit den Kindern, nicht mit den Müttern arbeiten können, weil sie nicht verstanden werden und damit die Kinder wahrscheinlich in noch tiefere kulturelle Konflikte stürzen. Den Richtern, von denen eine vor ihrem Tod ein sehr gutes Buch schrieb, das nun leider im polemischen Lärm um Sarrazin unterzugehen droht.
Die Türken selbst kommentieren die Debatte wesentlich weniger dramatisch, ja zum Teil sogar verständnisvoll, weil sie um die Probleme wissen und in der religiösen Radikalisierung ihrer Landsleute ihre eigene Freiheit bedroht sehen.
Nur, wer sind „die Türken“? Ich habe in den letzten 15 Jahren mit 4 türkischen Migranten zusammengearbeitet.
Eine, Einwanderin der 3. Generation, vom Mittelmeer stammend, verwahrte sich immer vehement dagegen, wenn ein Journalist seine Vorstellungen von Kreuzberger Multikulti auf sie projizierte. Ihrer Familie würde es nie einfallen, in diesem Armenvierteln zu vegetieren. Ihre Mutter und ihre Schwestern hätten alle nur zwei Kinder, damit sie genügend Aufmerksamkeit für deren Bildung hätten. Mädchen und Jungen würden gleich behandelt. Leistung und Erfolg zählen. Eine ihrer Cousinen war Jetpilotin in der türkischen Luftwaffe, jetzt ist sie Anwältin. (Wohlgemerkt, diese Familie gehört nicht zur Oberschicht und auch nicht zu den Intellektuellen!) Sie wird immer wieder gebeten, sich zu den Migrantendebatten zu äußern, hält aber wohlweislich den Mund. Was sie zu sagen hätte, würde so gern keiner hören wollen. Unter multikultisentimentalen Deutschen genauso wie unter konservativen Türken.
Die drei anderen sind Kurden aus Anatolien. Zwei stammen aus der politisch aktiven Bürgerklasse, sie sind clever und kommen erfolgreich durchs Leben (unter anderem dadurch, daß sie sich den Aufenhalt in Deutschland sicherten, indem sie deutsche Frauen heirateten), aber sie sind mit der Zeit Kosmopoliten geworden.
Der dritte stammt aus einem der vielbeschworenen primitiven Bergdörfer, er weiß nicht einmal, an welchem Tag er geboren wurde. Die Bewohnerschaft stirbt aus, weil die gesamte junge Generation über die ganze Welt verstreut ist. In Fünfjahresabständen treffen sich die Auswanderer und arbeiten an ihrem modernen Netzwerk. Hier gingen nicht Familienclans mit all ihren Traditionen, sonden hier ließen wagemutige Menschen allen Halt und alle Fesseln hinter sich. Keiner von denen würde sich auf Weisung von Vater oder Großvater mit seiner Cousine verheiraten lassen.
Wo wir wieder bei der Genetik wären. Inzuchtdörfer, in denen alle irgendwie miteinander verwandt sind, kennen wir auch aus abgelegenen Gegenden in Bayern und Mac-Pomm. Daß dort das Intelligenzniveau nicht sonderlich hoch ist, sondern eher die Anzahl der Dorfdeppen, ist für uns kein aufregendes Thema.
Daß der Anteil der Erbkrankheiten unter Migranten enorm hoch ist, obwohl die Eltern noch jung sind wird selten thematisiert, wie hier. Nicht Dummheit vererbt sich, sondern eine Menge anderer Krankheiten. Die Dumpfheit hermetisch abgeriegelter archaisch-kultureller Verhältnisse wirkt viel nachhaltiger.
Das ist das Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Denn es ist nicht verkehrt, zu wissen, wohin das Schiff Deutschland segelt.