Gestern Nacht in Berlin

Erst knibbelten sie bei Spätzle und Bier.

Dann wuselten sie am Moritzplatz.

Blümerant an den Prinzessinnengärten.

Dann wuselten sie am Landwehrkanal.

Remmidemmi auf der Admiralsbrücke.

 

Vorher schon am Potsdamer Platz.

Etepetete vorm Ritz.

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Alte Kamellen 2

Erst Tatort mit Madame Furtwängler, die sich diesmal als moderne Liebende inszenieren ließ und eine On-Off-Beziehung mit dem entsetzlich clooneyhaft mager gewordenen Bejamin Sadler vorführte. Gott, wie fürchterlich gecoacht die Frau immer rüberkommt. Und keine Frau im Film hat eine größere Oberweite als sie. Und dieses deplazierte „Sea-of-Love“-Zitat! Nein, Madame, Sie sind nicht Ellen Barkin!
Furtwängler versucht mit allen Mitteln in ihrer privaten Figurengeschichte Emotion zu erzeugen. Das Kind, der Lover, früher der verpeilte Freund und Kollege. Alles herzenswarme Requisiten, um die Frau nahbarer zu machen. Aber sie riecht immer noch dezent nach Sagrotan.

*Stutenbissigkeit off*

Dann Polizeiruf 110 aus dem Jahr 1982. Regie Richard Engel, Hauptrolle seine Frau Petra Kelling. Fernsehen war in der DDR halt eine familiäre Angelegenheit. Ich könnte jetzt viel schreben über die paternalistische Rolle des älteren Ermittlungsbeamten, die kontrastiert wurde durch einen jungen Heißsporn, den die Staatsgewalt aber immer wieder diszipliniert. Und darüber, daß der Film eigentlich um ein gigantisches Vakuum kreiste. Welche Gerechtigkeit sollte wieder hergestellt werden (Haupmotor eines Krimis)? Ging es nun um einen Raubüberfall? Dafür ist zu selten die Rede von den geklauten Sachen, die ohnehin nebenbei auftauchen. Ging es um den Täter? Der ist nach der Hälfte des Filmes tot, die Ermittlungen gehen trotzdem weiter. Man arbeitet sich an einen anderen Verdächtigen ab, der in einer archaischen Bauernehe lebt. Große Posen, die an Helmut Sakowskis „Wege übers Land“ erinnern.
Eigentlich hätten die Ermittler schon fünfmal einpacken und wegfahren können. Aber dann hätte es weniger großes Drama gegeben. Und die Rückblende hätte gefehlt. Auftritt Walter Plathe in seiner vollen jugendlichen Schönheit als DDR-Posterboy. Außerdem wären uns die Taptenmuster entgangen. Das wichtigste ästhetische Merkmal dieses Filmes waren nicht seine naturbelassen entsättigten Farben (Buntfilm sagten wir damals, weil es aussah wie verschossene Polaroids) sondern die Tapeten im Hintergrund. Ich zählte knapp 20 verschiedene Taptenmuster an den Wänden. Wir hatten ja sonst nichts. Aber Tapeten, die hattenwer.

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Alte Kamellen

Weil ich derzeit was zu häkeln habe (nämlich ein großes R), hänge ich öfter vor dem Fernseher und sehe mir ältere Perlen der TV-Kultur an.
Zum Beispiel den Polizeiruf „Flüssige Waffe“ von 1988. Fast alle Leute, die da spielen, incl. Regisseur kenne ich irgendwie persönlich. Der Film ist ein wunderbares Stück untergehende DDR. In den Aufnahmen der Städte und Straßen sowieso, aber auch in der Thematik. Man traut sich was. Der ganze Film spielt unter klauenden und saufenden Asozialen. Gefallene Arbeiter, die von einem Sexualverbrecher für einen Kirchendiebstahl benutzt werden. Das ist schon mal mehr als die politisch korrekte Jagd nach Eierdieben sonst.
Und dann ist das Ganze auch noch als großes existenzielles Drama inszeniert. Es wird heftig theatert. So heftig, daß das ganze fast schon alte Ufa-Filme erinnert, wenn nicht die Schauspieler die Brechtsche Sprechschule hätten, die Dialekte anklingen läßt. Ulli Mühe noch mit (einigen) Haaren auf dem Kopp, Jenny Gröllmann (noch) als seine Frau, Klaus Gendries, der der Nation hinterher viele Folgen „Für alle Fälle Stefanie“ bescherte, als eisgrauer Kommissar und jede Menge graue Häuser, leere Straßen, plattgetretener Rasen. Sehr schön.
Anschließend dann das Kontrastprogramm. Star Trek. „The Enemy Within“ und „What Are Littele Girls Made Of?“ Sehr schön, mal wieder eine von den alten Folgen zu sehen, in denen eine Handlung inszeniert wird wie im griechischen Theater. Die Leute stehen mit bunten Kostümen herum und texten sich zu. Dann kämpfen sie. Dann texten sie sich wieder zu… Und der gute Kirk muß den Bauch noch nicht einziehen.

Ansonsten? Steuer. Ja, wirklich.
Und der Ärger darüber, daß ich mir in öffentlichen verkehrsmitteln scheinbar ständig irgendwelche Infekte einfange. Nun sind es zu Abwechslung mal dicke Mandeln nd Halsweh.

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Übrigens

Mit Christa Wolf konnte ich nie etwas anfangen. Während meine beste Freundin in Verzückung verfiel ob „Kein Ort. Nirgends“ und jahrelang anhaltend schwärmte, quälte ich mich durch ihre Bücher und gab oft in der Hälfte auf. Nur „Kindheitsmuster“ nötigte mir Respekt ab. Zu hören, daß man den Führer und das Reich lieben konnte, weil das die einzige Lebensrealität war, die ein junges Mädchen in Landsberg an der Warthe kannte.

Ansonsten: Die gewundenen Sätze! Die Andeutungen! Immer wenn ich herausbekommen hatte, was sie meinte, brüllte ich innerlich: „Warum hast du das nicht ganz einfach gesagt, du blöde Kuh? Warum mußte ich jetzt einen ganzen Abschnitt rätseln? Meinst du, gerade das ist Kunst???“
Heiner Müller mit seiner Macheten-Sprache war mir da deutlich (sic!) lieber.

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