Ein kühler, regnerischer Sonntag nachmittag kann langweilig sein. Aber das lässt sich schnell ändern. Sorgen Sie für prickelnde Action!
- Pusseln Sie in der Küche rum. Füllen Sie das Geschirrspülpulver aus der Tüte in die Metallflasche um, die Sie immer benutzen. Stellen Sie dafür unbedingt die Flasche mit dem Trichter etwas erhöht und nicht nach unten in die Spüle. Schauen Sie noch einmal genau hin, ob die Flasche schon voll ist, rütteln Sie am Trichter und verteilen Sie etwas Pulver sorgfältig in der Umgebung. Schnüffeln Sie gründlich. Das neue Produkt hat einen neuen Geruch!
- Den Effekt können Sie verstärken, indem Sie zusätzlich Waschsoda locker aus der Tüte in einen Topf schütteln.
- Setzen Sie sich entspannt ins Wohnzimmer und lesen Sie die aktuellen Tweets. Reiben Sie sich ab und zu die Augen und wundern Sie sich, woher das fiese und stärker werdende Brennen kommt.
- Sinnieren Sie über den aktuellen Pollenflug und darüber, dass die Birkenpollen doch längst durch sind.
- Reiben Sie nochmals kräftig ihr rechtes Auge, hören Sie das Feedback Ihres Gatten: „Was ist denn mit deinem Auge los?“und bauen gaaanz langsam die Kausalkette Alkalisches Reinigungspulver -> Staubwölkchen -> Auge auf.
- Spülen Sie mehrmals das Auge aus. Es sollte jetzt gut dunkelrot sein.
- Legen Sie sich eine Stunde schlafen. Lesen macht jetzt sowieso keinen Spaß.
- Nach dem Erwachen sollte sich die äußere Haut des Auges abgelöst haben und alles sieht schön verschwollen aus. Stolpern sie etwas ratlos und schlecht sehend durch die Gegend und granteln sie ob des tränenden Auges herum, das sich anfühlt, als hätten Sie Sägespäne darin.
- Lesen Sie sicherheitshalber im Internet nach, ob das gefährlich ist. Vor allem da der Gatte schon das Wort „Notaufnahme“ fragend in den Raum gestellt hatte. Üben Sie ob der Informationen, die Ihnen das Suchergebnis bietet das Mantra Oh mein Gott! Ich werde erblinden!
Außerdem wird sich bald eine leichte Übelkeit einstellen, die mit dem Gedanken verbunden ist, dass Ihnen bald ein Arzt am Auge fummelt. - Telefonieren Sie mit der Notaufnahme der Charité und lassen Sie sich ins Virchow-Krankenhaus komplimentieren. Verbunden damit sind die Empfehlung, schnell zu kommen, das Auge zu bedecken und auf keinen Fall selbst zu fahren.
- Verlassen Sie sich bei der Taxibestellung auf Ihren Gatten und kleben Sie sich leicht verstört unter großzügiger Verwendung weißen Pflasterbandes eine Mullkompresse auf das Auge.
- Irren Sie wie ein geblendeter Hase durchs Treppenhaus, ins Taxi und durch die Flure des Krankenhauses. Ignorieren Sie, dass der Taxifahrer auf der kurzen Strecke genauso verpeilt unterwegs war und einen riesigen Umweg fuhr.
- Genießen Sie die Signalwirkung ihres halb verklebten Kopfes. Ihr Outfit wird ihre Wartezeit beträchtlich verringern. Außerdem können Sie zum Zeitvertrieb analysieren, wie stark sich der Ausfall eines Auges auf ihr Wahrnehmungsvermögen auswirkt.
- Der Wartebereich ärztlicher Notaufnahmen in Metropolen bietet hervorragende Einblicke in die Familienstruktur und -kommunikation ihrer Bewohner. Hier kommt kaum jemand allein. Vergessen Sie nicht, auch Sie sind in Begleitung ihres Gatten.
Vor allem südländische Patienten reisen mit ihrer gesamten Familie an, das können durchaus sechs Personen sein. Auch ältere Angehörige, die zu Hilfe geeilt sind und sich notdürftig mit Sonntagshütchen, Gesundheits-Sandalen und eilig gegriffenem Wintermantel bekleidet haben, tragen zum pittoresken Charme des Ensembles bei.
Hören Sie zu, das ist amüsant. Die Umsitzenden unterhalten sich, als würden Sie zu Hause auf dem Sofa sitzen. (Was sie ja auch sonst tun würden, müsste die Tochter nicht gerade wegen eines Bienenstiches im Gesicht dem Arzt vorgestellt werden.)
Genießen Sie die Nähe anderer Menschen. Gerade im Virchow-Klinikum sind die wenigen Sitze des Wartebereiches noch in der historischen Schmalheit der 70er Jahre und eng nebeneinander geschraubt. Dazu Gepäckstücke, Taschen und Mäntel, knapp daneben der Strom der blau, grün und weiß gekleideten Notaufnahme-Angestellten, das ist wahres Gefühl von Zwischenmenschlichkeit. - Lassen Sie sich von einer netten AIPlerin verarzten und beruhigen, dass dies nur eine Verätzung ersten Grades ist, die sich von selbst wieder gibt. Beobachten Sie nebenbei, wie der hinzugekommene AIPler aus dem HNO-Raum nebenan mit der jungen Dame flirtet. Spinnen Sie sich eine kleine Krankenhaus-Soap im Kopf zusammen.
- Suchen Sie mit dem Gatten den Ausgang aus dem Krankenhaus-Labyrinth, die Beschilderung hilft nicht. Kommen Sie an einem halben Dutzend türkischer Großfamilien vorbei, die mit einem kranken Angehörigen in dem Wartebereichen der Eingänge zu den Stationen Picknick machen.
- Bewundern Sie den Taxifahrer, der Sie für 60% des Preises der Hinfahrt nach Hause chauffiert.
- Entspannen Sie sich, das Auge wird in den nächsten Stunden dank guter Schulmedizin-Augentropfen wieder abschwellen. Danken Sie dem deutschen Gesundheitssystem, dass dieser Aufenthalt nur eine Stunde gedauert hat und nicht den Rest des Tages.