Der 36. Blog’n’Burger fand wieder im White Trash statt. Aus Gründen. Eine Menge burgerfutternder Leute hatten wieder richtig Spaß und neue Bekanntschaften gab es auch.
Aber so wie es aussieht, wird es das letzte Mal in dieser Location gewesen sein. Das White Trash war ja schon immer etwas speziell und bahnbrechend, was ruppigen, konsequent englisch sprechenden Service, hingeknallte Speisen und die absolute Weigerung zu getrennten Rechnungen anging. Das Essen war gut in einer Zeit, in der es Burger und anderes Streetfood nur bei McDonalds gab, das hat sich mittlerweile sehr geändert. Die Konkurrenz ist fit und besser.
Nach dem Auszug aus der Schönhauser Allee residiert man nun in Laufweite der Arena und diverser Hostels am Ende der Schlesischen Straße. Das seit langem vom Szenepublikum vertriebene Autohaus wurde in einen Tempel des zweifelhaften Geschmacks im Ed-Hardy-Style verwandelt.
Die Musikkneipe im Keller und das Restaurant sind nun vereint, was mit sich bringt, daß man am frühen Abend 1€ Eintritt für den DJ zahlt und später 5€ in Erwartung einer Liveband.
Die Euphemismen der Restaurantbeschreibung im Netz endeten da, wo auf unserem Tisch nur die Burgerkarte lag. Auch da – die Speisekartenpoesie endete angesichts eines Burgers, den ich fast genau so bei mir um die Ecke im Rosenburger bekommen könnte, für nicht mal zweidrittel des Geldes und ebenfalls Bio. Da verbarg man unter jeder Menge Salat, daß es es dolle nun doch nicht ist.
Die für den Classic Cheese Burger angekündigte dicke Scheibe Cheddar schien mir eine simple Scheiblette zu sein, das Fleisch war ok., aber nicht umwerfend. Die Fritten waren normale Convinience und das Ganze kostete 10€. Dazu der halbe Liter Warsteiner für 5€. Der an den Nebenplätzen georderte winzige Cheesecake für 7€ (Dessertkarte gab es nur auf Nachfrage) ging als Frechheit zurück. An den Investitionen für die Einrichtung kanns nicht liegen, ich saß auf einem Gartenklappstuhl. Die Bedienung kam im Fünfminutentakt, um zu fragen, wer noch was zu trinken braucht.
Das ist nicht mehr ironische Inszenierung amerikanischen Unterschicht-Lifestyles, das ist Ballermann meets Oktoberfest-Abzocke.
Aber der Hammer war die Sache mit der Rechnung. Schon bei der Reservierung kam mit der Bestätigungsmail der Satz, dass man 10% Trinkgeld erwarte. Kann man in Deutschland nur mit einem loriotschen „Achwas!“ quittieren, die Rechtslage ist da eindeutig. Der Betreiber hat sein Personal zu bezahlen und das Trinkgeld ist die freiwillige Anerkennung für guten Service. Dass am Ende des Essens das Glas rumgeht, weil man hier Bargeld will und eine getrennte Rechnung ablehnt, war bekannt.
Wir rechneten zusammen (die Rechnung belief sich auf über 500€), füllten das Glas und als Chris, der Organisator der Veranstaltungsreihe, für uns zahlte und die Trinkgeldforderung um ein paar Prozent unterschritten wurde, weil keiner von uns zufrieden war, gab es ein Problem. Man wolle 10%, das sei so vereinbart gewesen. Auf einen freundlichen Hinweis, dass das nur eine Empfehlung sein könne, holte man den nächsten Oberhäuptling. Der meinte allen Ernstes, die Reservierungsbestätigung mit der 10%-Forderung an Trinkgeld sei ein bindender Vertrag und er könne die Annahme unseres Geldbetrages auch verweigern. Als er gesagt bekam, das er das gern tun könne, fing er an zu argumentieren. Wir würden den ganzen Abend eine Menge Plätze blockieren, man hätte sechs Tische für uns zusammengeschoben…
Irgendwann zog er mit dem Schlußsatz ab, Blog’n’Burger käme hier nie wieder rein.
Ich glaube auch nicht, dass wir das müssen. Berlin ist voll von hervorragenden Burgerläden. Im Muse oder im Zsazsa Burger gibt es zum gleichen Preis wesentlich besseres Essen. Und das ganze „wir sind stolz auf unseren Proletengeschmack“-Ambiente ist auch sehr Nullerjahre.
Aber das funktioniert sicher noch eine ganze Weile bei den Touristen.
Edit: Nur um das noch mal klar zu stellen, wir geben an diesen Abenden gut Geld aus und keiner von uns knausert mit dem Trinkgeld. Es aber von vornherein als Forderung zu behandeln, geht gar nicht. Für das Personal ist das eine Sch…situation, auf so eine Weise Geld fordern zu müssen, das wahrscheinlich – ich weiß es nicht – eine unzureichende Bezahlung kompensieren soll.
Edit zwei Tage später: Jetzt steuert wohl jemand gegen und die sich stapelnden schlechten Bewertungen auf Yelp werden von extrem positiven überdeckt, deren Schreiber sich komischerweise gerade erst angemeldet haben.
Honi soit qui mal y pense…