Archiv für den Monat: August 2013
Change it, love it, leave it or paint it black
Gestern Abend. Von mir angestoßene Diskussion im Damenkreis (Frauen von Ende 20 bis Ende 60) zum Thema Überwachung zeigt folgende Reaktionen:
Das ist zu komplex.
Es wird auffällig werden, keine gespeicherten Daten zu haben. Will die was verbergen?
Mir egal, es geht doch nur um Verbrecher.
Der Klärungs-Prozess ist angestoßen, das dauert aber noch.
Ich finde viel schlimmer, was Privatunternehmen mit den Daten machen.
Für mehr Sicherheit gebe ich gern alles preis.
Überwachung ist gut, wirkungsvoll und hilft mir bei der Arbeit. (Kripobeamtin)
Das hätten wir gern, dann würden wir nicht so verarscht. (Angestellte Jobcenter)
Das wird noch ein langer Weg. Aber wenigstens eines war allen klar: Das hat nichts mit „dann mach doch nichts mehr im Internet“ zu tun. Sie haben begriffen, dass es ihr ganzes Leben umfasst.
Abgeordneten-Watch-Kandidaten-Check gemacht. Ok., interessant. Ich pflücke ins Pali-Tuch eingewickelt biodynamischen Revolutionskaffee. Die Wurzeln lassen sich nicht verleugnen, scheint mir.
Interessant wäre zu wissen, ob moralische Urteils-Muster, die in politische Überzeugungen münden, tatsächlich so früh geprägt werden und alles andere danach nur Überschreibungsversuche vom Hirn im Unbewußt-Speicher sind. (Ich bin da echt naiv, ich dachte, das wäre nur eine Frage des Willens.) Das würde heißen, dass wir unserer Herkunft nicht entfliehen können, so sehr wir auch Anstrengungen machen. Die Muster bleiben.
Mein Schreibtischleben ist derzeit frustrierend. Ich hätte gern eine Lightbox-Galerie, die auf allen Geräten funktioniert, auch auf mobilen, dann mit Wischfunktion. Und NextgenGallery plus Photoswipe tuts nicht. Bzw. tut nicht das Versprochene.
Frustrierend. Vor allem, wenn eigentliche Seite muckert und eine Test-Seite es tut. (Die streikende ist genuin WP 3.6, die laufende von 3.4 per scheibchenweisem Update gewandelt und zwei unterschiedliche Provider. Ansonsten alles gleich. Ich zermartere mir das Hirn.)
Dann abends eine verseuchte große Firmenpräsenz. Ich immer nur „Mimimi!“ und der Graf gab den Pädagogen und lotste mich durch. <3
Themenwechsel ins Private
Interessant, dass bei mir gerade in Varianten die Frage „Wie heiße ich nach der Hochzeit?“ vorbeischippert. Im Freundeskreis, auf Kleinerdrei und auf Real Virtuality.
Online habe ich beide Male einen Kommentar abgegeben und jedes Mal hat mein mobile-Safari mit einem dreckigen Grinsen die Zusammenarbeit mit dem jeweils installierten Kommentarsystem verweigert. Natürlich unter Löschung meines Textes. (edit: Nein, in letzterem steht der Kommentar doch. Es ist nicht alles schlecht.)
Dann schreibe ich es hier auf.
Als der Graf und ich darüber redeten, bot ich ihm an, seinen Namen anzunehmen. Für ihn war das zu viel Selbstaufgabe. Nach kurzem Überlegen erkannte ich mein rein romantisches Motiv, das lebenstechnisch aber schwierig ist. Ich habe im Beruf einen Namen.
Ein Doppelname kam für mich nicht in Frage. Die Frauen mit Doppelnamen, die ich nach 1990 kennenlernte waren eher, nun ja, anstrengende Personen. Da hatte ich mein Klischee im Kopf und habe nicht weiter darüber nachgedacht.
Nach der Hochzeit wurde ich bei der Gratulation sofort von fast allen gefragt, wie ich denn nun hieße. Mich erstaunte das. Ich dachte, dass es mittlerweile Usus ist, dass Frauen ihren Namen behalten. Scheinbar nicht. Es ist noch immer eine wichtige Tradition, so die Gründung einer Familie und Zusammengehörigkeit zu demonstrieren.
Ich hatte meinen Namen behalten, genauso wie ich es in meiner ersten Ehe, wenn auch mit Tricks und Kniffen getan habe. Damals waren selbst Doppelnamen schwierig und der (wirklich nicht schöne) Namen meines Mannes wäre ausgestorben, hätte er meinen angenommen. So unterschrieb ich ungelenk die Eheurkunde, ich hatte das vorher nicht einmal geübt, weil verdrängt.
Der Leiter des künstlerischen Betriebsbüros erlöste mich damals. Er fragte mich am nächsten Arbeitstag, ob ich unter neuem oder alte Namen im Programmheft stehen wolle. Es bezog sich also auch auf künstlerisches Hilfspersonal, dass die Frauen ihren Mädchennamen als Künstlernamen behielten. Damit war die Entscheidung klar. Ich war im Privat- und Amtsbereich die Frau Q. und im Job und auch später im Studium die Frau K.
Nun habe ich aber, weil ich mich verheiratet sehr wohl fühle, die Doppelnamen noch einmal ins Radar genommen. Siehe da, viele Frauen tragen einen, ich habe es nur nicht mitbekommen. Weil sie ihn nur im privaten und administrativen Bereich benutzen. Wenn man sich über gemeinsame Interessen kennenlernt, kennt man sich oft nur beim Vornamen und/oder Nick, wenn man sich im Job kennenlernt, beim Nachnamen (was in dem Fall der Mädchenname der Frauen ist).
Ich denke nun tatsächlich nachträglich über einen Doppelnamen nach. Ein vollständiger Namenswechsel wäre mir zu erklärungsbedürftig. Aber auch den Namen meines Mannes zu tragen, wäre der Verbindung würdig.
Lange hier nichts mehr über Klamotten gelesen oder? Jetzt aber.
Der nächste Me Made Mittwoch rückt näher und ich will daran teilnehmen. Die Fotos sind fertig, der Artikel im Kopf. Die einzige Frage, die ich noch klären müsste, wäre: Nerven die Nähposts, weil zu speziell? Sollte ich sie auf eine extra Seite packen?
Auf der anderen Seite funktioniert das bei Frau Gröner hervorrragend. Futter, Oper und Kunstgeschichte waren meines, Fußball habe ich überblättert. Also, wer dazu etwas sagen möchte: Bitte gern!
Den Kostüm Sew Along finde ich Spitze, das ist aber nichts für mich. Dazu verlasse ich derzeit zu selten zum Arbeiten das Haus und ich habe noch ein paar Fummel vom Modejob, wenn Beratungstunden oder ein Seminar anstehen.
Außerdem erinnere ich mich, daß ein Jackett zu nähen eine sehr frickelige Angelegenheit ist. Zu dem Zweck wollte mir LaPrimavera mal das pikieren beibringen. Revers und Belege entwickeln gern ein Eigenleben, wenn man drauflosnäht. Wenn man dann noch bedenkt, dass das Ganze mit möglichst gutem Stoff stattzufinden hat. Nee, eher nicht.
Ich habe derzeit mal wieder mein übliches Farbproblem. Ich arbeite viel mit weißen Baumwoll-Stoffen, weil ich dann hinterher nach Lust und Laune färben kann. Da ist Baumwollnähgarn zwar ein Muß, aber in gut sortierten Läden gibt es mehr als Allesnäher.
Einerseits liebe ich im Sommer Weiß oder Farben – helle Blau-Grautöne, Flieder, Geranienrot – und doch stehe ich dann oft vorm Schrank und will nach meinen geliebten schwarzen Fummeln greifen. Schwarz steht mir, keine Frage. Farbig – oder noch schlimmer- gemustert, damit fühle ich mich sehr auffällig.
Hm. Am liebsten hätte ich von allem zwei Ausführungen im Schrank. Einmal farbig, einmal Schwarz.
Himmel ist vorhanden #nofilter
… dass ihr armes Wandern mit keinem Dinge rings zusammenhängt
In letzter Zeit passiert es des öfteren, daß ich Geschriebenes wieder Offline nehme, so wie gestern den Linsen, Schnitzel, Igelbraten-Text. Die Hausfrauen- und Lebensdinge, die ich schreibe, scheinen mir akzeptabler. Braves Mädchen, sag lieber nichts. So ist fein.
Dabei hätte ich zu Sprache und Kultur so viel zu sagen. Über Spaltung von Sprache und Realität. Weil die Träumer sich in Despoten verwandelt haben, die nichts mehr zulassen als sich und ihren Entwurf der Welt. Die zuletzt glauben, dass die Welt wie sie ihnen gefällt, die Wirklichkeit ist.
Menschen, die glauben, die Welt zu besitzen, wenn sie die Dinge, die sie umgeben neu benannt haben.*
Über Sklavensprache, die versucht die Dinge, über die heimlich gesprochen wird in der öffentlichen Kommunikation zu platzieren, aber so, dass die, die die Macht haben über die Sprache es nicht merken. Über die Macht des Dokumentarischen. (Die wichtigsten Filme in der DDR waren am Schluss Dokumentarfilme, die eine ganz andere Welt zeigten, als öffentlich kommuniziert wurde. Helke Misselwitz, Petra Tschörtner, Frauen die es nicht nötig hatten, in irgendjemandes Arsch zu wohnen und davon profitierten, dass die männlichen Filmemacher gaaanz wichtige Dinge taten und sie aus dem Radar waren.)
Über Literatur, die plötzlich welk und kraftlos wird, weil Ambivalenz im Storytelling beim Bau der perfekten Zukunft stört. Beste Beispiele: Willi Bredels Trilogie „Verwandte und Bekannte“ oder noch besser „Der stille Don“. Ich habe mir vorgenommen die letztere Tetralogie im Winter wieder zu lesen. Als Mittzwanzigerin hatte ich den ersten Band verschlungen. Ein wahnsinniger Heimatroman, ein Blut- und Boden-Epos der anderen Art mit einer irrsinnig starken Frauengestalt. Der zweite Band hatte einen ähnlichen Drive, ich wurde aber schon skeptischer, den dritten las ich nur an. Aus den prallen Figuren wurden allmählich sprechende Propagandaplakate. Hatte man den Autor einer Hirnwäsche unterzogen?*
Ich lehne Sprachmanipulation rigoros ab. Sprachmanipulation ist Denkmanipulation. Um den Zugriff auf mein Hirn zu unterbinden, bin ich in den 80ern zum Theater geflüchtet, da hatten wir den Status von Hofnarren. Als die Mauer fiel, war ich froh, frei denken zu können, ich wäre in diesem Land früher oder später wahnsinnig geworden. Ein zweites Mal lasse ich mir das Hirn nicht spalten.
Jeder, der Sprachmanipulation betreibt, behauptet, er täte es für eine gute und wichtige Sache. Jeder. Das ist das Gefährliche daran.
*Die Geschichte dahinter ist weitaus komplizierter. Scholochow hat scheinbar den Roman eines weißgardistischen Offiziers plagiiert und als Spinoff verlängert.