Kitty on the Moon

Jetzt bin ich also dort, wo ich mich seit zwei Monaten hin gewünscht habe. Die Luft hat 23°, wenn die Sonne scheint, es ist windig und im Schatten kann es recht kalt werden. Also astreines Wüstenklima. Um mich herum sieht es auch abwechselnd aus wie nach einer Atomkatastrophe oder auf dem Mond. Berge, die aussehen wie Abraumhalden (von Vulkanen nämlich, manchmal sind die Krater noch wunderbar zu sehen) und dann wiederum feinster Saharasand, bewachsen von magersüchtigen Pflanzen. Den größten Teil des Tages bewege ich mich mit meinem kleinen Auto in einer Staubwolke vorwärts. Dort, wo ich wohne, gibt es nur Schotterpisten.
Mein kleines Häuschen wird von drei Hunden bewacht. Einem kleinen, pupsenden französischen Bullterrier, einem blonden Boxer und einer deutschen Dogge, deren Schulterblätter sich auf Höhe meines Bauchnabels befinden. Mitunter gibt sich auch eine interessant gefärbte Katze die Ehre, die dann einige Stunden auf der Bank vor meinem Haus schläft.
Ich alter Pessimist habe mir schon vor der Abreise gesagt, wenn ich mich so auf den Urlaub freue, kann das eigentlich nur schief gehen. Die Befürchtung ist nicht ganz eingetreten. Allerdings ernähre ich mich momentan von Rotwein und Knoblauch, weil ich mich irgendwann auf dem Weihnachtsmarkt erkältet habe.
Deshalb habe ich bisher auch nur die Zehen ins Wasser gestreckt. Ansonsten habe ich mir die Zeit damit vertrieben, in der Apotheke Aspirin und Halstabletten aufzutreiben und in diversen grausigen Läden, die von Indern betrieben werden, nach einem Schal zu suchen. Aber im Moment hat man nur Fertigprodukte im Angebot: Tücher, schon zu Röcken genäht und fertig gebundene Piratenkopftücher. Ich habe in Jandia Playa so viele hässliche Deutsche gesehen, dass es auch für das nächste Jahr reicht. Fette Frauen in Shorts und schnauzbärtige Männer mit Socken in – bitte festhalten – Crocs.
Aber Gott sei Dank bin ich nicht auf diese Gesellschaft nicht angewiesen. Die Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung sind ziemlich cool.
Gestern Abend hat mich die Insel bereits gebührend empfangen. Ich fuhr etwas skeptisch zu dem Fischrestaurant, dass der einzig bemerkenswerte Platz im nächstgelegenen Ort ist. Was mich empfing, war atemberaubend: eine Steilküste mit spritzender Gischt, ein blutroter Sonnenuntergang über dem Meer, durchzogen von schwarzen Wolken und dazu der genialste gebratene Fisch, den ich je gegessen habe. Zudem mit einem genialen Preis. Als ich auf der Karte las, Seezunge für 8,50 €, hielt sich das zunächst für einen Scherz oder für eine 100 g Portion. Es war tatsächlich eine ganze Seezunge.
Ich laufe derzeit etwas absurd durch die Gegend. An der rechten Hand trage ich einen weißen Baumwollhandschuh. Das fördert die frische Haut auf den Fingern mehr als der dicke Verband und Pflaster vertrage ich nicht, wie lösen die Haut wieder auf. Ich bewege mich noch immer so vorsichtig wie ein Krebs, der gerade seinen alten Panzer abgeworfen hat.
Und heute gehe ich früh ins Bett, damit ich morgen den Sonnenaufgang mitbekomme.

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13 Gedanken zu „Kitty on the Moon

  1. *Männer mit Socken in – bitte festhalten – Crocs.*
    Da möchte ich doch sehr um ein Foto bitten verehrte Frau Koma, das würde sehr gut in meinen kleinen Bewerb passen !

  2. da würde ich mich doch gerne für einen nachmittag/abend selbst einladen und kurz vorbeibeamen…
    enjoy! Sie hams verdient!

  3. machen’se mal ’nen ausflug, es lohnt sich …

    früh aufstehen. die ostküste hoch bis corralejo (p.s. guter fisch). dann mit der fähre übersetzen und in playa blanca (nix wie weg) einen wagen mieten und eine karte kaufen. ziel: der playa famara, unterhalb des famara massivs.

    auf dem weg zu sehen: richtiger mond (timanfaya nationalpark), dagegen wirkt fuerte wie ein tropischer regenwald. am ziel zu sehen: atemberaubendes. unberührter kilometerlanger sandstrand vor einer 600m felswand im atlantik. tosende brandung, rauh und gewaltig. ein eindruck, der ein leben lang hängen bleibt. und auf der rückfahrt vielleicht noch den besten fisch aller zeiten in el golfo, ein dorf ohne strom …

    [man, bin ich gerade neidisch.]

  4. REPLY:
    Den Nationalpark kenne ich von einem früheren Lanzarote-Aufenthalt. Ich hatte tatsächlich überlegt, einen Tag nach Lanzarote überzusetzen. Den Norden und den Nordwesten von Fuerteventura kenne ich mittlerweile sehr gut, ich war vor zwei Jahren fast fünf Wochen hier. Der bergige Südwesten, wo ich derzeit bin, ist wirklich sehr gewöhnungsbedürftig, weil so gut wie nichts zu Fuß erreichbar ist. Wahrscheinlich sind sie früher hier auf Eseln geritten. Mal einfach zum Strand, das bedeutet, selbst in Sichtweite des Meeres, eine dreiviertel Stunde Fußmarsch durch Erosionsrinnen oder 5 min Autofahrt.
    Der Tindaya steht auf jeden Fall auf meiner Liste. Ich will da endlich rauf! Habe mir extra neue Wanderschuhe dafür gekauft, damit ich mit dem Schotter nicht wieder runterrutsche.

  5. REPLY:
    Danke! An den Bildchen bastele ich gerade, Hunde sind gar nicht so einfach zu fotografieren, die bewegen sich ständig.

  6. REPLY:
    Leider leider war ich nicht so geistesgegenwärtig, die Kamera zu zücken. Ich war einfach zu schockiert. Sollte ich aber noch einmal über die Berge in dieser Hölle fahren, bringe ich auf jeden Fall ein Foto mit.

  7. .. gute Erholung und viel Spaß und ein Bildchen von den vierbeinigen Bewachern fänd ich auch ganz nett ;-))

  8. ich möchte auch da sein wo du bist! ich würde dir die gesamte apo mitbringen, ich bin ja seit april krank und habe sämtliche drogen bereits im haus. und seit fünf jahren nicht sonne gesehen… übrigens heilen wunden in feuchter umgebung noch besser ab, deshalb diese schmierigen bepanthen salben. aber ein weisser handschuh a la jacko ist auch nicht schlecht. geniess es und liebe grüsse!

  9. …habe fuerte immer gemieden wie der stille den prollstrand und war viel lieber in st. cruz d.l. palma drüben, cortado trinken, oben am kleinen platz hinter dem st. maria fake… soll man doch umdenken?
    Und: sehr gute besserung!

  10. REPLY:
    umdenken? ich weiß nicht. ich kenne jan nur lanzarote und fuerte.
    hier gibt es eine menge sehr einsamer flecken und wenn da leute unterwegs sind, dann sind es keinedeutschen oder englischen rednecks, weil die nächste biertränke so weit ist.

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