Zuerst kam der seit Wochen aufgeschobene Rundumschlag durch die Wohnung. War nicht mehr feierlich, dieser Dreck. Dann etwas Ausruhen vor dem wilden Abend, der dann auch wie erwartet, sehr laut, menschenreich und voller Gespräche war.
Aber zunächst schaffte ich es, 20 Minuten zu spät zu kommen. Es ist derzeit sehr abenteuerlich, vom Prenzlauer Berg in Richtung Gendarmenmarkt oer Friedrichstraße zu kommen. Klar kann man die U2 nehmen, aber die macht diesen elend langen Bogen durch die Innenstadt und fährt dort sehr langsam. Der Schienenersatzverkehr für die M1 tuts jedenfalls nicht. Er fährt an Stellen ab, die erst noch zu finden sind und wenn dann mal ein Bus kommt, stellt der sich hinten im Stau an. Also besser feste Schuhe anziehen, Regenschirm mitnehmen und stracks laufen, durch schlendernde Touristenmengen quälen, an an engen Stellen auf den Gehsteigen wartende Schulklassen vorbeiwinden, Trabisafaris riechen (Gott sei Dank keine Bierbikes mehr!) und brüllenden und fuchtelnden Geistesgestörten ausweichen. Jeder präsente Ort scheint mittlerweile seinen schreienden Kloppie zu haben.
Ansonsten waren die Gespräche des Abends interessant, es tut gut, immer mal die Filterblase zu verlassen. Ich mag Macher, in diesem Fall waren es Macherinnen. (Interessant, dass es dafür kein rein weibliches Wort gibt.) Hier kamen sie zusammen. Zum Beispiel eine Schulgründerin, deren Konzept vor allem Interesse bei türkischen und arabischen Migranten findet, die wollen, dass ihre Kinder studieren. Eine Privatschule, aber mit nach Einkommen gestaffeltem Schulgeld. Mit Waldorf hat diese Bevölkerungsgruppe nix am Hut, die wollen eher etwas englisch-amerikanisches – konservativ international anmutende Elitebildung.
Eine junge, sehr energische Türkin, die über die Einstellung von Migrantinnen in die Berliner Landesverwaltung reden wollte. Sehr aufgeregte Gespräche zum Thema Kinderbetreuungsangebote (dort landen letztlich alle Gespräche sehr schnell). Dann die Frage, wovon schlecht ausgebildete Frauen leben sollen. Und die Gegenfrage: Welche Frau bezahlt der Friseurin gutes Geld für den Job? Doch wohl die, die gut verdient, wenn wir vom Gattinnenkonzept mal absehen. Entsolidarisierung? Dazu ist das Thema zu kompliziert. Nichts lässt sich nicht teilen, Tauschgeschäfte sind in der spezialisierten Gesellschaft schwierig und auf Almosen von (männlichen) Steuerzahlern zu bauen ist zu kurz gedacht.
Dazu die Wirtschaftssenatorin. Ein altes Schlachtross, von der sich so manche Frau abschauen kann, wie frei geredet wird, ohne dass jemand dazwischen haut.
Witzigerweise war das eine Frauenveranstaltung, zu der ungefähr 30% Männer kamen, weil sie netzwerken wollten und damit war nicht Mädels anbaggern gemeint.
Fazit? Es gibt eine Menge junger Frauen, die ihren Weg gehen werden und sich mit „Mimimi!“ und „Ist das nicht alles schrecklich?“ nicht aufhalten. Dass es diese Impulsgeberinnen gibt, halte ich für sehr wichtig für diese Gesellschaft. Es ist zu hoffen, dass sie sich von Bedenkenträger_innen und Menschen, die gern möchten, dass alles so bleibt, nicht aufhalten lassen.
Außerdem: Wir sollten uns in unserer Filterblase nicht darüber täuschen, was Migranten wollen und wie heterogen diese Gruppe ist.
***gerne gelesen***
Netzwerken – und Netzwerke gründen – ist bei Frauen immer noch viel zu wenig im Fokus. Mimimi reicht nicht.
In der Tat.