Ich kotze gleich

Vor drei Tagen flattere eine Vorankündigung für einen ZDF-Sonntagsfilm ins Haus: „Liebe, Babys und der Zauber Afrikas“.
Auf dem Postkärtchen dominiert zunächst eine Giraffe und die Savanne, unten reihen sich perlenschnurartig nette Fotos: blonde mittelalte Darstellerin mit Negerbaby im Arm, blonde mittelalte Darstellerin auf bayerischem Familienfest, blonde, mittelalte Darstellerin umarmt strahlend resches Mannsbild, brünette jüngere Nebendarstellerin gibt Leopardenbaby das Fläschchen.
Warum protestiert niemand? Jeder männeraffine Film, von Gebühren finanziert, mit gänzlich unironisch gemeintem Titel und Handlung, wie: „Titten, Bier und schnelle Karren“ würde Alice und ihre Schwestern auf die Barrikaden treiben und Rundfunkkommissionen beschäftigen.
Werden hingegen die niedrigsten Instinkte von Frauen angesprochen: Süüüße Babies, Famiiiilie, süüüüße Kerle und süüüüße Tierbabies, so scheint das völlig ok. zu sein.

19 Gedanken zu „Ich kotze gleich

  1. Ich bin tatsächlich offenbar ein Mann (oder habe zuviel Lebenserfahrung).

    Babys sind niedlich, keine Frage, aber die bleiben nicht so. Echt nicht !!!
    Familienfeste sind eine probate Möglichkeit, mich ohne viel Federlesens in die Flucht zu schlagen.
    Auch resche Mannsbilder werden mitunter recht schnell zäh
    – und das Kindchenschema bei Tieren erleidet das selbe Schicksal wie bei Menschen.

    Ein Vorankündigung wie die oben geschilderte würde mich lediglich dazu bewegen, genau diesen Film NICHT anzusehen, weil ich Naivität jenseits des Kindesalters umso ungustiöser finde, je älter ich werde.

  2. REPLY:
    wie wahr!
    manchmal habe ich den eindruck, daß die feministische bewegung garnicht realisiert hat, daß ihr kampf mit in kauf zu nehmenden nebenwirkungen (u.a. selbstverantwortung und verzicht auf nicht auf den ersten blick zu erkennende privilegien) verbunden ist.
    aber auch männer müssen die verwandlung der geilen braut in eine gestreßte ehegattin irgendwann hinnehmen…

  3. REPLY:
    danke! ich finde, daß das fernsehen mit diesen themen vorsätzliche verarsche betreibt.

  4. REPLY:
    … ich dachte bisher verarsche und fernsehen wäre grundsätzlich das gleiche?!

  5. REPLY:
    Ich denke mir ja in solchen Fällen, dass das Interesse der Zuseher da sein muss, sonst würde mans ja nicht senden, oder doch ? Und ich bin mir noch immer nicht sicher, ob ich wissen möchte, wer aller sich diesen Schrott reinzieht …

  6. bah! man weiss doch: Wenn kein Bedarf da ist muss eben welchen schaffen. Nicht die Nachfrage muss zuerst da sein die dann bedient wird. Der Markt funktioniert schon lange nicht mehr so.

  7. REPLY:
    Mein Satzbau funktioniert offensichtlich auch nicht mehr. ;-((

  8. Was will man machen, wir Frauen haben eben ein Kitschgen.
    Und Afrika ist der Renner im Moment.
    Früher waren es Rehkitze im Schwarzwald und Mädels mit Zöpfen. Ich fürchte das hört nie auf.

  9. …ein anschaulich treffender hinweis darauf, dass es mit der weiblichen emanzipation längst nicht so weit ist, wie einerseits (A. S.) behauptet und andererseits (J. K.) offenbar gewünscht…
    …aber mit dem blogeintrag ist der anfang gemacht

    P.S.: Meine seinerzeitige chefin (altes, linksrheinisches verlagswesen) wusste zu berichten (und zu bekotzen), dass es die frauen, nicht die kerle, in ihrem beruflichen umfeld waren, die sich kopfschüttelnd von ihr abwandten, weil sie den halbjährigen erstgeborenen in die kita gab, anstatt daheim zu bleiben mit ihm.

  10. REPLY:
    … oooooooooh, ganz heißes thema!

    aus meiner sicht ist unsere gesellschaft jenseits des geldes in den köpfen durchemanzipiert [außer bei den frauen selbst, bzw. bei einem teil]. die kanzlerin [mit deren art ich übrigens mehr als zufrieden bin] ist dabei nicht die ausnahme. frauen können alles – und die meisten trauen es ihnen auch zu. die gründe, warum das noch nicht in den vorstandsetagen angekommen ist, hat völlig andere gründe.

  11. REPLY:
    …ich halte durchemanzipiert für einen wunderbar postiven begriff, chapeau!
    …ich halte durchemanzipiert für einen wunderbar postiven begriff, chapeau!
    …in der phase der entindustrialisierung halte ich es mittlerweile allerdings für obsolet zu bekennen, dass frauen alles können, das scheint mir hinlänglich bewiesen; spannender finde ich, dass frauen nicht alles tun, weil männer standhaft (und erfolgreich) behaupten, nicht alles zu können, und den frauen die kindererziehung und das weichbild daherum zuschieben und so die entscheiderpositionen behaupten. Bleibt den (teilweise) emanzipierten frauen der vorwurf zu machen, sich das gefallen zu lassen. Ein schiefer vorwurf, ich weiß. Aber ich halte ihn für angebracht.

  12. Da ich nicht weiss wohin mein erster Kommentar verschwunden ist laufe ich nun Gefahr es doppelt zu moppeln.

    Ihr Zorn ehrt Sie, und es gereiecht den meisten Mitmenschen nicht zur Ehre, dass nicht mehr sich darüber erzürnen. Denn betrachtet man die Reduktion auf niedere Instinkte, ist es in keinem Fall vorteilhaft, kann man sich ihnen nicht entziehen. Und da süüüüüüüüüsssssssss immer als verträglicher gilt, wird niemand wagen dagegen zu wettern, der nicht der entsprechenden Zielgruppe angehört. Selbst in scheinbar aufgeklärten und toleranten Haushalten kommt es zu solchen typischen Szenen, wenn sie süüüssss will, er aber auf schnelle Karren steht. Schnell ist er dann der niveaulose Grobschlosser, während sie ja sooo sensibel ist. (na, erhitzen sich schon Gemüter).
    Es amüsiert mich: aus süüssen Babies und süüüüüssssen Tierchen werden mal die süüüssssen Kerle die auch schnelle Karren stehen und wilde Raubtiere, die dann gar nicht mehr soooo süüüüüssss sind.

  13. ja, aber das sind doch nur die ersten 15 minuten, bis dann die giraffe geköpft aufgefunden wird, im darm des babys blut-diamanten in die tschechei geschmuggelt werden, die blondine und die brünette den schrank mit den kettensägen finden und eine mysteriöse zwergin mit britischem akzent in ihrem privatjet landet und die negerbabies zu verschwinden beginnen.

  14. REPLY:
    das mit den vorständen ist oft ein psychologisches ding. frauen sind häufig in der selbstauferlegten rolle gefangen, so gut wie allen anderen menschen gerecht werden zu wollen. das ist aber zuviel des guten und nicht leistbar. männer sind da völlig anders. die wollen nur durchkommen, räumen das allerdringlichste weg, ignorieren den rest, bestellen danach ein bier und schauen frauen auf den hintern. wenn was schief läuft suchen sie sich kumpels, mit denen man das irgendwie hinbiegt. danach bestellen sie ganz viel bier, feiern sich als helden und suchen frauen mit noch besseren hintern, weil sie ja selbst jetzt auch irgendwie noch besser sind. rein evolutionär betrachtet ein sehr erfolgreiches verhalten.

  15. REPLY:
    nichts gegen das kitschgen, das haben sogar cowgirls wie ich.
    aber müssen dafür gleich gebührengelder zur hauptsendezeit rausgeschmissen werden?
    sonst beabtrage ich demnächst subventionen für einen lore-roman-verlag.

  16. REPLY:
    ja, das ist es. zumindest auf den ersten blick.
    wenn es allerdings tatsächlich möglich wäre, die geschichte vom standpunkt der entlassungskandidaten zu erzählen, könnte ein interessantes zeitdokument daraus werden.
    nur sind diese formate nie so investigativ, daß es um die realtität selbst geht. ich denke, es wird eher verquaster sozialdarwinismus mit jeder menge emotion gequirlt. (siehe die castingshows)
    ein fernsehproduzent wird keiner großen und wichtigen firma ans bein pissen. das sieht man doch auch daran, wie vorsichtig sich die fernsehsender bei der hintergrundberichterstattung über die finanzkrise verhalten.
    „der restauranttester“ ist so ein beispiel von krisenschlaglichtern aus der arbeitswelt. nur ist hier derjenige, über den berichtet wird, ein einzelunternehmer und – angeblich – selbst seines glückes schmied. das ist gut konsumierber, aber im hinblick auf die globale arbeitswelt zu kurz gesprungen.

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