Die Digital Media Women Berlin machten gestern eine Veranstaltung zum Thema Frauen in Führungspositionen. Gitta Blatt als HR-Chefin des Berliner Online-Spiele-Entwickelers Wooga und Sheila Marcelo, Gründerin und Chefin von Care, einem Service, der Familiendienstleistungen vermittelt, traten als Keynote-Speakerinnen auf.
Wie das so ist mit Keynotes, das sind ja auch Statements auf Reisen. Gitta Blatt referierte zunächst über die üblichen Statistiken – Frauenanteile an Universitäten, in Berufen, in Führungspositionen – und stellte dann wooga als Hipster-Büllerbü vor, mit vielen Bildern junger, glücklicher werktätiger Menschen, beim gemeinsamen Arbeiten und Pizzaessen. Schön, aber auch Ausdruck eines Arbeitnehmermarktes, denn gerade in dieser Branche schlägt der Fachkräftemangel voll rein und man muss etwas bieten. Unter anderem auch eine Kinderbetreuungsgarantie (die allerdings mit einem unsicheren Lächeln begleitet wurde, keine Ahnung warum, ob die Frage war, ob es nicht reicht oder ob es nicht genutzt wird, ich wäre für einen Hinweis dankbar, das habe ich nicht ganz verstanden), wenn die jungen werktätige Menschen sich zur Fortpflanzung entschliessen.
Sheila Marcelo hat genau letzteres zu ihrem Geschäft gemacht: Kinderbetreuung, Haushaltshilfe, Altenbetreuung, sie bietet wenig qualifizierten Menschen einen Job, der hochqualifizierten Menschen (vor allem Frauen!) den Rücken freihält. Nur darüber sprach sie nicht. Sie sprach über sich, ihre Herkunft, ihren Lebensweg und ihre Ideen. Man hätte im etwas schrappeligen Café des Betahauses eine Nadel fallen hören können, so gebannt war das Auditorium. Folien mit bunten Bildchen waren Nebensache.
Was für eine Person! Unprätentiös, charmant, aber mit der Klarheit eines beinharten Willens. Es ging um Ziele und Ansprüche an sich und andere, um Respekt gegenüber anderen, um hohe Performance und die Aufgabe, immer etwas weiter und zäher zu sein als die Mitarbeiter.
In dieser Präsenz kenne ich eigentlich nur eine Frau in Deutschland, die so etwas ähnlich rüberbringen kann, das ist Sina Trinkwalder.
Halt. Sheila Marcelo hat das Geschlecht kaum zum Thema gemacht. Befragt, was der Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Führungsstil wäre, sagt sie (ich zitiere aus dem Kopf): It’s not important, be just a leader.
Da kommt dann der Moment, wo ich mich frage, ob ein Teil unseres Gender Gaps nicht auch die lähmende Der denkt, ich bin nur ein Mädchen-Projektion ist. Es ist für mich nie wichtig gewesen, aber es muss in vielen tief drinstecken, das beobachte ich immer wieder.
Wo ist das verloren gegangen? Hat es das nie gegeben? Es gibt ohnehin nicht viele Führungskräfte, klar, oben auf der Pyramide stehen nur wenige, aber es gibt Matriarchinnen, Wissenschaftlerinnen, Politikerinnen, Familienunternehmerinnen: Grete Schickedanz, Beate Uhse, Marie Curie, Alice Schwarzer, Angela Merkel und (ja, ich nerve mit meinem Vorbild) Gräfin Dönhoff.
Hat es vielleicht damit zu tun, dass der überwiegende, auf diesen Teil des Berufslebens nicht vorbereitete Teil Frauen früher gar nicht in die Nähe einer Führungs- und Exzellenzposition kam und somit auch nicht scheitern konnte? Wo bleiben die Vorbilder? Ich höre immer nur „Ja, aber nicht wie die!“
Ich kann es nicht differenzieren, denn in meiner Jugend war es egal. Wenn eine Frau unter ihrem Potential geblieben ist, dann hat sie es freiwillig getan und das waren wenige, denn es gab im Grunde keinen Mehrwert, das zu tun. Gibt es jetzt einen?
Fragen über Fragen.
Das Fazit dieses Abends? Denk nicht so viel darüber nach, ob du Frau oder Mann bist. Handele als Mensch. Tur etwas für dich, deine Familie, deine Umwelt und die Gesellschaft.
„It’s not important, be just a leader.“
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Implementiert den unbedingten Willen dazu, aus dem Ponyhofdenken auszusteigen. Und den vermisse ich bei vielen der heutigen Absolventinnen-Generation.
ich halte da auch viele probleme für hausgemacht. ich habe in meinem berufsleben schon viele gute frauen erlebt, die genau so gearbeitet haben und damit auch erfolg hatten … und die die gleichueitig gescheitert sind, weil sie die ganze zeit versucht haben der bessere mann zu sein.
es gibt sicherlich das ein oder andere an den aussagen von sheryl sandberg zu bemängeln, aber im großen und ganzen gebe ich íhr recht, das problem von frauen in führungsebenen ist zumindest teilweise eine frage der eigenen einstelleung der frauen. erfolg bedeutet halt auch kampf und konflikt – und vor allem das erstarken aus niederlagen ohne sich dabei gleich selbst komplett in frage zu stellen (aus meiner sicht DAS hauptproblem von „frauen“ überhaupt). wer bei den großen hunden mitspielen will, der muss halt auch mal das bein heben (wollen).
Ah – Frau Dönhoff ist eine einmalige und sehr beeindruckende Persönlichkeit – ich finde sie allerdings über die Disziplin hinaus auch sehr hart. Es würde mich interessieren, was sie für Sie im Besonderen zum Vorbild macht.
Klarheit, Disziplin, Haltung.
Ich habe in meinem nun beinahe 40-jährigen Berufsleben nicht das kleinste frauentypische Führungsstilelement* kennengelernt. Unerwarteterweise ist allerdings das selbstdarstellerische Schwafeln eher auf Männerseite anzutreffen gewesen.
Da hatte ich letztens auch ein Erlebnis in akademischer Runde…
Da ging es nur um aufblasen, in Szene setzen und D*nnsch*ss reden.