Jetzt hat sich die Polizei also den ersten Pädophilen aus dem SL gepickt. Die Vorwürfe sind schwammig. Er hätte Links zu pädophilem Content angeboten bzw. der Tagesspiegel behauptet in Berufung auf Report, er hätte damit gehandelt. In den Niederlanden würde sogar gegen die virtuelle Kinderpornografie ermittelt. Also gegen Leute, die sich als Kinderavatare ihr Vergnügen holen.
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Ich gehöre nicht zu denjenigen, die beim Thema Pädophilie sofort einen hysterischen Kotzkrampf bekommen. Erfahrung läßt differenzieren. Es hat immer den einen oder anderen guten Onkel gegeben, der seine Hilfe anbot mit der Miene vom Wolf, der Kreide gefressen hat. Ich war alleinerziehende Studentin, die sich am Existenzminimum durchschlug, meine Tochter ein goldgelocktes, zuckersüßes Mädchen. In der Pubertät waren mal ein paar klare Worte nötig, wie ich das mit den zwei Herren um die vierzig sehe, die sich immer mit der Girlieclique im Park rumtrieben. Männer in meinem Leben habe ich sorgfältig darauf abgecheckt, ob sie tatsächlich an mir interessiert sind oder eher an meinem Kind. Wenn sich meine Tochter auf einen Pädophilen eingelassen hätte, dann hätte die Schuld bei mir gelegen. An mangelnder Aufsicht, zu wenig Erziehung zu Selbstbewußtsein, an zu wenig Liebe, die ich geben konnte.
Mich macht der derzeitige Diskurs nervös. Auf der einen Seite gibt es ernst zu nehmende Forschermeinungen, die Pädophilie als nicht therapierbar sondern als sexuelle Bestimmung einordnen. (Ich finde die Quelle derzeit nicht, es stand im Tagesspiegel.) Das hieße, Therapien, die Pädophile umerziehen sollen zu „reifer“ Sexualität mit Erwachsenen sind so viel wert wie die Umerziehungstherapien für Homosexuelle in den 50er Jahren. Mittlerweile setzt man auf Trainings, daß die Betroffenen ihre aktive Sexualität vermeiden. Sie sind nur noch in ihren Gedanken frei. Und in der virtuellen Realität? Inwieweit ist SL Privatsphäre und Spiel?
Mit der Puritanisierung der Gesellschaft in dieser Hinsicht geht einher, daß wir unsere Kinder als sexuelle Wesen entmündigen.
Plötzlich ist alles schmutzig. Die nackte Vierjährige, die sich an der Strandbar auf Papas Schoß wohlfühlt und anfängt an sich zu spielen. Der von der sichtlich aufblühenden Weiblichkeit seiner provozierdenden Tochter völlig irritierte Vater, der erst einmal nur zu einer notgeilen Reaktion fähig ist. Der gesamte Bereich von Versuchung und Ausprobieren.
Warum geben wir so ein paar Leuten, die geschlagen genug sind mit ihrem Problem, so viel Macht? Warum glauben wir, sie könnten sich in unser Familienleben „einschleichen“, unsere Kinder verderben, womöglich noch umbringen? In intakten Familien wird das kaum passieren. Selbstbewußte Kinder werden mit igitt, dieser eklige Typ reagieren. Und in der Übergangszone der Beziehungen zwischen Lolitas und Humberts, Boys und Daddys hat schon gar kein Außenstehender zu richten. Schließlich wird ihnen ja auch im zarten Alter zugetraut, ihr Handy so zu benutzen, daß die Eltern nicht sofort ruiniert sind.