8.10. 10

Endlich Freitag.
Obwohl ich mttlerweile kaum noch in diesen Kategorien denken muß. Was waren das für Zeiten, als ich am Sonntag nachmittag das kalte Grausen bekam und am Donnerstag abend fröhlich wurde. Zur Zeit ist das nicht angesagt.
Diesen Tag widmete ich dem Kapitel „Ordnung im Nestchen“. Ich fand für Sperrgut einen Platz, putzte endlich mal ordentlich durch und baute die kleinen Tischchen auf, die ich bei IKEA im Sonderangebot erstanden hatte. (Man kann sie nicht einmal mehr verlinken, es gibt sie nicht mehr.) Hübsche Teile, groß genug für ein Dinner for One oder einen Tea for Two, aus schwarz gebeiztem Gummibaumholz, einer hoch und rechteckig und zwei niedriger und quadratisch. So gebaut, daß sich die beiden quadratischen Tische nebeneinander unter den rechteckigen schieben lassen. Theoretisch. Wenn nicht die beiden kleinen Tische zwei oder drei Millimeter zu breit wären. Mit verkanten und schieben geht es. Für den akkuraten Menschen heißt dies aber: Schelifen oder hobeln, beizen und polieren. Argh!
Das aufgeräumte Nestchen hat einen kleinen Tanzplatz in der Mitte bekommen. Nun fehlt noch ein gemütlicher, nicht zu großer Sessel zum Beine hochlegen, damit ich in der Freizeit nicht immer in der Horizontalen auf der Tagesdecke des Betts herumlümmele.

Der Abend gehörte dem EM-Qualifikationsspiel. Ich saß mit HeMan in Kreuzberg in diesem netten kleinen türkischen Grillrestaurant, wo das Fleisch noch per Messer haschiert wird. Wenn ich den Hals reckte, konnte ich den Fernseher sehen.
Der größte Tisch war für eine Herde Volksbühnendarsteller reserviert, die nach und nach zum Probenende eintrudelten. Ich dachte mir: Wie nett, die wollen heute alle Fußball schauen. Weit gefehlt. Sie begannen schon vor dem Essen mit ner Pulle Raki einen Geburtstag zu feiern. Laut und ungeniert, wie Theaterschauspieler nun mal sind. Sie erzählten sich mit Stütze in der Stimme ihre ewig gleichen Geschichten: Und als ich Nackt auf der Vorbühne stehe, da sitzt so ein Idiot in der ersten Reihe, der hat damit ein Problem. Das Gegenüber: Nee! Wirklich? Die Erzählerin: Ja, son pensionierter Polizeioffizier, der hat mich hinterher angezeigt. Soller doch nicht ins Theater gehen!
btw. An diesem Tisch saß niemand, den ich hätte freiwillig nackt sehen wollen. Auch nicht als Provokation (Gähn!).
Nun habe ich mit solcher Art Gesprächen acht Jahre verbracht. Mit neunzehn hat mich das noch fasziniert. Drei Jahre später wußte ich, daß diese Themen in einer Endlosschleife vor immer den gleichen Zuhörern laufen.
Nach dem Essen zogen wir weiter. Wir kamen in der Halbzeitpause bis zum Bateau Ivre und fanden tatsächlich einen freien Platz an der Theke. Der größte Teil der Stammgste war schon schwerst in einer Stimmung, die man nur noch als introvertiert bezeichnen konnte, da sie sich vor allem darauf konzentrierten, sich auf den Beinen zu halten und ihre Drinks nicht zu verschütten.
Neben mir stand ein mittelschwer angesoffener Tüp, der ununterbrochen in breitem Hessisch auf ein blondes Mädel einredete, die ihn vorbildlich supportete: Echt? Wirklich! Ja Wahnsinn! und so Zeug. Was ihn zu noch mehr Profilierung anspornte. (Gehts noch? Wir wollen hier alle Fußball sehen!)
Er erzählte Blondie von seinem Privatschullehrerjob. Daß seine Chefs alles dämliche Zonies seinen, die krass autoritäre Sachen von ihm verlangen würden. Er sich dann aber schlichtweg weigere und sein Ding durchziehe und sich niemand traue, ihm an den Karren zu fahren. etc. pp. Ich hatte nicht übel Lust, ihn in seine Zone zurückzuschicken, wo wahrscheinlich alle diesen schlimmen Dialekt sprachen.
Nach dem Spiel brachen einige Türken mit ihren Autos in Richtung Kudamm auf, um dann eben den deutschen Sieg und Özils Tor zu feier und ich war dann doch mittelprächtig bettschwer.

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