12.7. 10

Gestern war der erste Arbeitstag in meinem neuen Büro. Es fühlt sich verdammt gut an. Kein Straßenlärm, nur die Vögel spektakeln und die Bäume im Hof rauschen (so Wind ist natürlich). Jetzt fehlt nur noch etwas Feintuning. Die Küche erneuern und noch ein paar Möbel aus dem Lager holen, den Balkon und die Fenster putzen und schon ist es nett.
Die brüllende Hitze verhinderte jede Effizienz. Die Person, die mich auf den Abschiedsbrief hin hysterisch beschimpfte, nahm meinen Support in einem einstündigen Telefonat in Anspruch, verriet aber am Schluß noch, daß sie seit Monaten auf der Suche nach einem anderen Dienstleister ist. Jeder hat seine eigene Hölle, ihre ist die Unsicherheit.
Die Gespräche mit den anderen Klienten haben ihre Panik verloren, es kommen Respektsbekundungen und sogar Glückwünsche für den konsequenten Aufbruch.
Trotzdem waren die Telefonate anstrengend. Wie gut, daß die Matratze schon daliegt, ich legte mich nachmittags zum Schlafen hin, das Handtuch im Schlepptau, daß mich schon den ganzen Tag begleitete, nicht weil ich Vogonen begegnen könnte, sondern weil mir der Schweiß in die Augen lief.
Nach zwei Stunden hatten sich trotz geschlossener Fenster und Jalousien Treibhaustemperaturen entwickelt. Ich tat noch ein paar Handschläge und radelte nach Hause.
Ich stand vor der bei den Temperaturen absurden Aufgabe, etwas zum Essen zu besorgen. Denn ich war mit dem besten heterosexuellen Freund zum Baden verabredet. Was seit Jahren heißt: kleines Picknick, für das ich sorge und eine Flasche Prosecco, die er mitbringt. (Außerdem Autan, denn die brandenburgischen Seen sind voller Mücken.)
Ich kaufte, reichlich erstaunt darüber, daß Rogacki in der Woche schon um 18 Uhr schließt, bei Ulrich Kaßlerbraten, Leberkäs, Kartoffelsalat und herrlich fiese Tuben Grillsenf und Ketchup-Majo-Mix und sauste gen südöstliche Stadtgrenze.
Das war einer der Momente, in denen ich noch einmal die Dekadenz meines Autos genießen konnte. Bei geschlossenen Fenstern und offenem Dach macht die Klimaanlage einen herrlichen Kältepool daraus. Über mir zischte der Wüstenwind und ich sag laut: „Ich möchte ein Eisbär sein“. Besonders die Zeile „Eisbären müssen nie weinen“ hat es mir schon immer sehr angetan.
Beim Freund angekommen, erfuhr ich, das das Picknick mit seinen beiden Töchtern am Abendbrottisch stattfindet. Alkohol fällt auf Grund des letzten Ereignisses für mich ohnhin aus, also gab es auch keinen Prosecco.
Mit dickem Kartoffelsalatbauch philosophierte ich noch darüber, ob mein Körper das Fehlen von Alkohol nun mit Heißhunger auf Kartoffelsalat mit Mayo kompensiert und wir führen an einen allerliebsten See, der warm wie eine Badewanne war.
Auf der Decke im Sand philosophierten wir über das Leben, meinen neuen Beruf (der Freund unterstützt mich sehr bei der Neuausrichtung) und das ewige Männerfrauenthema. Seine Freundin, die er nach 4 Jahren nun auch in der Öffentlichkeit zuläßt, ist mir nämlich zu devot. Sie himmelt ihn ohne Ende an und kommt nur, wenn sie gerufen wird. Ich fragte mich, ob sie ihm nicht irgendwann langweilig würde. Er meinte aber, er würde auch mit dem Alter ruhiger und bräuchte keinen Streß mit unzufriedenen Weibern mehr. Sie würde auf diese Weise ohnehin eine Menge bei ihm erreichen. Hmja. Ich lerne, glaube ich, nie so zu sein, wie Männer Frauen gern hätten.
Weil in unserem Blickfeld drei riesige Gewitterwolken anfingen, in Blitzen zu leuchten, fuhren wir nach Hause, er hatte nämlich alle Fenster in seinem Haus offen gelassen und traute seinen (volljährigen) Töchtern nicht zu, daß sie diese rechtzeitig schließen.
Ich hielt mich nicht mehr lange auf, warf die Decke und den restlichen Kartoffelsalat für morgen in meinen kleinen Panzer und fuhr die Stadtautobahn gen C-Burg. Den schwarzen Wolken und Blitzen entgegen, begleitet davon:

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Ein Gedanke zu „12.7. 10

  1. haben sie einen kindergarten für neurotische erwachsene geführt???
    nur mal gut, dass nun etwas anderes kommt :-)

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