Der Wecker klingelte um halb 6. Ich brachte mich irgendwie in Festlichkeitszustand. Im Moment ist alle Kleidung schon warm und rustikal. Stadtkleidung kann ich nicht mehr denken. Hier steht man im Winter auf Parties mitunter mit Jacke und Handschuhen herum.
Wir stiegen mit einer halben Stunde Verspätung ins Auto und fuhren durch den Regen.
Wir waren zwar nicht die Letzten, die ganze Fraktion aus dem Norden kam später, aber die Geburtstagsfeier war schon in vollem Gange. Dem Onkel gratuliert, er solle seinem Bruder auf keinen Fall nacheifern. Verwandte und Bekannte wiedergetroffen.
Es gab Unmengen richtig gutes Essen, getrunken wurde wenig.
Das Enkelkind blieb lieber bei Papa. Sie spricht von Tag zu Tag besser, da ist wohl ein Knoten geplatzt.
Es war ein schönes Fest, sehr warm ums Herze aller.
Am 3. November vor genau 30 Jahren erzählten mein Exmann und ich auf der Geburtstagsfeier des Großvaters, daß wir am nächsten Tag zu der Demonstration auf dem Alexanderplatz gehen wollten. Die pensionierten Offiziere waren entsetzt. Was wir dort wollten. Da wären nur Republikfeinde und vom Westen gesteuerte Provokateure, die naive Bürger des Landes zum weitermarschieren und zum Durchbruch der Mauer verleiten wollten. Wir ließen uns nicht überzeugen. „Denkt ja nicht, dass wir euch aus dem Knast holen!“, hieß es. Der Rest ist Geschichte.
Wir fuhren nachmittags nach Mitte, in der Wohnung nach dem rechten sehen und legten uns hin, um noch etwas auszuruhen. Daraus wurden 3 Stunden Schlaf.
Der Graf fuhr uns zurück und kurz vor Mitternacht waren wir wieder da.
Nächste Woche wird langsamer gemacht.