19.8. 10

Ein rasanter Morgenbeginn. Magen und Hirn noch vor dem Frühstück in Aufruhr und dann gab etwas in mir nach. Wie wenn man zum fünfundzwanzigtausendsten Mal ein klemmendes Scharnier betätigt und irgendein von außen völlig intakt aussehendes, wichtiges Kleinteil bricht. Kein Thema, das hier ausgewalzt werden sollte. Aber ich will es doch notieren. Meine Reaktion auf dieses winzige, schabende Knacken, das befreiende Gefühl danach, weil der Druck weg ist und das klamme Gefühl, weil etwas endgültig zerstört wurde, war lakonisch: Ok., so fühlt sich das also an. Dann muß ich jetzt ein paar Dinge in die Wege leiten.

Jetzt weiter im unverschlüsselten Text. Ich fuhr schon wieder in Richtung Möbelschwede und Baumarkt. Im Baumarkt sah ich mir Arbeitsplatten an. Eine hatte es mir besonders angetan: Hirnholz, 4cm dick, aber leider so in den Abmaßen, das ich hätte drei kaufen müssen. Das Bearbeiten wäre preiswert, aber mit 14 Tagen Wartezeit verbunden.
Ich fuhr zurück ins Büro, arbeitete bis mich der Mann abholte und wir wieder in den Baumarkt fuhren, um die Arbeitsplatten zu holen. Aber zuerst natürlich Möbelschwede. Pipifax kaufen. Badteppiche, Stauraumkisten. Kötbullar und Cola aus dem Pappbecher.
Dann zogen wir im Baumarkt eine Wartenummer, nach nicht mal einer halben Stunde konnte ich meinen Bewerb äußern. Inzwischen holten wir Leisten und Bretter, bekamen auch die zurechtgeschnitten und suchten die entsprechenden Schrauben und Beschläge. Mit der abenteuerlichen Konstruktion aus langen dünnen Kupferrohen, die an der Filterpatrone meines Kühlschranks hing, konnte mir leider keiner weiterhelfen. Ich wollte die Kupferrohre auf jeden Fall austauschen, der Kalk, den das Eiswasser an der Zapfstelle hinterließ, war bläulich verfärbt und ich war nicht umsonst vor einigen Jahren der Meinung, ich hätte mir eine Kupfervergiftung zugezogen. (der kleine Hypochonder läßt grüßen) Aber dafür mußte ich wohl zum Profi gehen, denn so kleine Schneidringverschraubungen hat kein Baumarkt.
Unsere Baumarktodyssee dauerte wirklich 4 Stunden. Ich war dem Mann dankbar, daß er mitmachte, denn in mein Auto hätten die Sachen nicht reingepaßt.
Im Baumarkt begegnete mir ein schönes junges Mädchen, das eine wunderbaren Hui- und Pfui-Mischung war. Sie hatte eine nette Figur (was ja in dem Alter keine Leistung ist) und eine braune Harrmähne, trug einen Hinkucker von Strickkleid mit schwarz-weißen Blockstreifen und eine große Sonnenbrille (naja), dazu schlurfte sie leider laut hörbar auf Gummibadelatschen durch die Gegend und kaute mit offenem Mund Kaugummi.

Kurz vor dem Nervenzusammenbruch luden wir in Schöneberg ab. Ich arbeitete bis zum Abend am Schreibtisch nach und fand bei einer Recherche tatsächlich heraus, das der Laden, der mir den Filter für den Kühlschrank geschickt hatte, auch das andere Zubehör führt: Plastikschläuche, Quetschverbindungen, Adapter. Nix Kupferrohr.
So zeichnete sich langsam eine Logistik ab:
letzten Hängeschrank demontieren
Wände zu Ende streichen
restlichen Fußboden scheuern und bohnern
Buchen- und OSB-Platten lasieren
Kühlschrank ans Wasser anschließen
endgültig aufstellen und die klemmenden Türen justieren (grmpf)
und dann konnte es an den Aufbau der Arbeitsplatten gehen.
So langsam habe ich wirklich die Nase voll davon, ich will endlich (!!!) fertig werden.

Der Abend verlief ruhig. Ich gönnte mir Asifernsehen auf RTL II, Frauentausch. Früher fand ich das ja mal sehr lustig, weil authentisch. Aber je mehr diese Dokumentargeschichten auf eine Story gestrickt und sichtlich inszeniert sind, ärgern sie mich.
Diesmal blieb ich hängen, weil ein so schöner Culture-Clash stattfand. Afrikanische Hausfrau mit weißem Mann aus der Großstadt versus eßsüchtige, alleinerziehende Provinzmama. Die Sache war schnell auf den Punkt gebracht: Die Aufsteigerin sagt, Geld mache glücklich und sieht in Wohlstand, Konsum, Sauberkeit und Versorgtwerden ihr Existenzziel – für die Versorgung ist ihr Mann zuständig. Es fällt der schöne Satz: Ich will Sachen, Liebe hab ich genug. Die Absteigerin behauptet, Geld mache nicht glücklich, sie zieht ihr Wohlgefühl aus (nicht ganz freiwilligem) Verzicht, der Liebe zu ihren Kindern und der Verachtung bürgerlicher Tugenden. Putzen, Aufräumen, Arbeiten nur so lange es Spaß macht und es macht nicht lange Spaß, wenn Kühlschrank und Fernseher locken. Der Punkt Versorgung durch einen Mann existiert nicht mehr, sie bezeichnet ihr Zimmer als „männerfreie Zone“.
Eine neben dem ganzen zusammengeklitterten Unterschicht-TV-Klamauk eine schöne Studie über Frauenrollen.

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