Gestern machte ich mich noch auf die weite, gefährlich kalte Reise in den Prenzlauer Berg. Eine meiner ältesten Freundinnen hatte zum Geburtstag eingeladen. Wir hatten uns über ein Jahr nicht gesehen, meine Kommunikationsfähigkeit läßt doch immer wieder zu wünschen übrig.
Ich kenne sie, seit sie Anfang 20 ist. Da war sie selbstständig mit einer wahnsinnigen Verantwortung und Arbeit rund um die Uhr. Diese ganze Rumhäng-, Ausprobier-, Orientierungsphase hat sie dann mit Anfang 30 begonnen. Gepaart mit einer handfesten Krise, denn je älter man wird, desto schwieriger werden solche Sachen.
Sie war als kleine Business-Soldatin unglaublich verkleidet, mit Plateauschuhen, schwarzrotem Lippenstift und Anzügen, Privatleben gab es so gut wie keines, bis auf etwas Zeit mit den Eltern und meistens den falschen Männern. Als sie dann einer aus der alten Bahn trug, sich natürlich auch bald verpißte und sie merkte, daß es noch andere Sachen als Arbeiten gibt, war sie jahrelang ängstlich und orientierungslos, fast kindlich, mit Babyspeck, Jeans, Holzfällerhemden und strähnigen Haaren. Dann studierte sie, schwamm sich im Job frei und nun stand eine zierliche, schöne Frau im schwarzen Kleid vor mir, die ein Sparschweinchen auf den Tisch gestellt hatte, um Kollekte für neue Laufschuhe zu machen. Schließlich trainiert sie für den Berlin-Marathon.
Uff. Die Kleene. Die mich allen Freundinnen aus dem neuen Leben als ihre langjährige Mentorin vorstellte. Nochmal uff.
Alles im Möbiusschen Band gedreht, gespiegelt. Der größte Teil der Frauen, die dort saßen, studieren an der Hochschule, an der auch meiner Tochter im zweiten Semester ist. Und ich? Coach, berate unter anderem Studenten. Bin aber in einer ähnlichen Wandlung, wie sie die Freundin in den letzten 7 Jahren gemacht hat. Da hat sie Vorsprung und wesentlich mehr Erfahrung als ich.
Ich trank Martinis, futterte Bananenscheiben, die ich in den Schokobrunnen auf dem Tisch tauchte, kleckerte wie ein Wetmeister, versuchte in Kontakt zu kommen und fühlte mich ein bißchen wie die extravagante Tante.
Dann erdete ich mich im Gespräch mit ihrer schwangeren Nachbarin. Interessanter Job, grade geheiratet, es steht noch ein feierlicher Umtrunk mit Freuden aus und ich versuchte mit ein paar Witzchen meine Schangerschaftserfahrungen weiterzugeben.
Ickeso: Champagner geht schon, vor allem, wenn es langsam Zeit für das Kind ist und es nicht rauskommen will.
Sieso: Muß es denn Champagner sein?
Ickeso: Sag deinem Mann, es muß auf jeden Fall guter Champagner sein. (zwinkere ihr zu) Und dann gibt es noch ein anderes Mittel, aber das erfährt du früh genug.
(ich hatte zwei Martini intus)
Sieso: Na da bin ich gespannt. Das muß ja ein großes Geheimnis sein.
Ickeso: Kann ich dir auch gleich sagen. Sex. Dein Mann wird sich sicher freuen.
(dabei hatte ich die grundsätzliche provinzielle Spießigkeit der Prenzlauer-Berg-Bewohner im Kopf und war, ich gebe es zu, ein bissel ironisch)
Sie holte Luft: Äh, ich hab keinen Mann, auch wenn ich grade geheiratet habe.
In meinem Kopf arbeitete es. Hm. Spezialisiert auf Ausländerrecht und Aufenthaltsgenehmigungen…
Sieso: Wir sind eine WG. Ein schwules Paar, meine Freundin und ich.
Ickso: drechselte einen Satz über die niedrige statistische Wahrscheinlichkeit, daß es sich in diesem Viertel bei einer Heirat um sich bei einer Heirat um eine homosexuelle handelte und rettete mich damit, daß ich ihr versicherte, daß Sex mit ihrer Freundin sicher die selbe Wirkung hätte.
(Glaube ich alledings nicht. Das hatte auch was mit Hormonen zu tun, aber egal.)
Sie nahm ihre Jacke. Ich geh dann mal. Ich lächelte wie der japanische Premierminister. Sex mit ihrer Freundin schien noch ein Fettnäpfchen zu sein. Warum kann man sich mit Lesben nicht unverkrampft über solche Sachen unterhalten? Ich habe immer das Gefühl, gerade freundlich über den Tisch gekotzt zu haben.
Als sie dann weg war, redete ich noch lange mit der Freundin. Ich konnte die große Klappe nicht halten und verpflichtete mich zur Teilnahme am Avon-Frauenlauf im Frühjahr. In pinkfarbenem Tütü sozusagen. Das ist doch mal ein Ziel.
Dann erzählte sie mir, daß ein gemeinsamer Bekannter gestorben war. Da wir sowieso schon minutenlang händchenhaltend saßen und ich bei Körperkontakt immer schrecklich emotional werde, hatte ich furchtbar nah am Wasser gebaut.
Deshalb veranschiedete ich mich recht schnell und mit großer Wärme im Herzen.
Hört sich nach einem guten Abend an, selbst ohne den Schokoladenbrunnen (Neid!).
REPLY:
oh ja! und die bar muß bekannt sein für die schokoladenparties, denn es fanden an 3 tischen welce statt.
:-) jöööö….. schoko hin und brunnen her…. könnten sie bitte das geheimnis verraten? *gackert sich eins*
REPLY:
Na das Geheimnis ist gar keins. Wenn in Kind länger braucht, als gedacht, dann darf ie Mutter plötzlich wieder alles, was sie Wochen vorher nicht durfte. Aber wer will schon Sex im unmittelbaren Beisein seines Kindes haben? Bzw. Ist es mit walhaften Ausmaßen auch nicht das reine Vergnügen.