Weihnachten und icke, das ist ja nicht so die super funktionierende Partnerschaft. Dieses Jahr lief das ganz gut. Das Besinnlichkeitsmonster und ich arrangierten uns miteinander.
Das Größte, war, dass das Kindchen, die kleine, resolute Elfe, den Heiligabend ausrichtete. So, wie sie es schon immer wollte. Mit einem Essen am großen Tisch, allen Geschenken unterm Weihnachtsbaum, einem der sie verteilt, öffentlichem Auspacken und zum Schluss noch einem Familienfoto. Ich hatte den ganzem Abend blinkende Herzchen um den Kopf. Selbst die rasante Zusammenstellung von Eltern, Stiefgefährten und Schwiegereltern funktionierte hervorragend. (typische deutsche Bevölkerungspyramide – viele Leute 40+, wenige junge Menschen, keine Kinder)
Meine Eltern machten für eine Nacht Station an der Barnimkante, auch eine Premiere, und es war gut.
Was bei mir passierte, war ein typischer Kitty. Aus der Weihnachtskleinigkeit, ein kleines Patchworkplatzdeckchen für jeden Gast des Weihnachtsabends, wurde eine stundenzehrende Arbeit. Es sah super aus, aber ich wußte schon beim zweiten Arbeitsschritt, dass das zu frickelig ist und etwas erprobtes, unaufwändiges und trotzdem effektvolles besser gewesen wäre. So schaffte ich es schon vor Weihnachten mühelos, mich zu überfordern.
Aus des Kindes „Meh, wir haben gar keine Einladung zum Essen von den anderen!“ entwickelte sich in meinem Kopf „mach doch einen Weihnachtsbraten am ersten Feiertag“. Eigentlich nicht so schlimm, ich nahm ein Rezept, dass ich vor Jahren schon einmal mit Erfolg für 6 Leute gemacht hatte (sogar mit verbundener rechter Hand): Gegrillte Entenkeulen mit dreierlei Gemüsen und Rieslingsauce. Wunderbar vorzubereiten und am eigentlichen Tag gibt es nur noch ein Finish der einzelnen Elemente. Aber irgendwie…
Ich stand in der Küche wie auf dem Schlachtfeld und merkte, das war nicht zu gewinnen. Nicht, weil es nicht richtig geplant war, sondern weil ich den Puffer für Unvorhergesehenes vergessen hatte. Da war (mein klassischer Trigger) ein Zeitlimit eingebaut, weil meine Eltern nicht zu spät loswollten, machte ich zu viel zeitgleich und verlor den Überblick. Das Gemüse stand erkaltet auf dem Tisch, die Ente war noch zu hart, die Klöße schon zu fest und mit einem Tag Verspätung merke ich erst, dass ich einfach hätte sagen können: „Sorry, ich habe eine Dreiviertelstunde Verspätung!“, um das zu entzerren. (Auch die Hilfe meiner Mutter nutzte nichts.)
Und so haderte ich mit mir. Für meine Überhebung, mir so etwas zuzutrauen (das ich vor fünf Jahren fast nebenbei gemacht hatte), für meine mangelnde Leistung, für meinen Scheiß-Anspruch, dafür dass die anderen meinen Stress gesehen hatten… das lässt sich beliebig fortsetzen. Wie blödsinnig.
Nebenher lief mein Berufs-Belastungstest in die anspruchsvolle Phase, auch das hatte ich nicht auf dem Schirm, die Weihnachtstätigkeiten liefen parallel. Naja, dafür ist es auch da, es sollte mir zeigen ob und wie es laufen kann und worauf ich achten sollte – zum Beispiel die privaten und beruflichen Pläne gegeneinander zu gewichten.
Die innere Kitty kam mit in paar unübersehbaren Statements dazwischen. Einen Sonntagsdienst verdrängte ich ganz, da musste man mich erst anrufen, wo ich bliebe. Und meine Dämonen tanzen wieder. Ich wachte nach Luft schnappend aus einem Alptraum auf. Irgendjemand hatte mich in diesem Traum gefragt, was mit meiner Katze sei. Panisch suchte ich die Katze im ganzen Haus ohne sie zu finden, später nur noch nach ihren Spuren, einem Katzenklo, dass ich wohl nicht saubergemacht hatte, das ich aber nicht fand, scheinbar hatte ich es nicht aufgestellt, nach Katzenfutter dass ich nicht besaß, schienbar hatte ich vergessen, welches zu besorgen. Ich wand mich vor Schuldgefühlen, dass sie wahrscheinlich irgendwo eingesperrt und verhungert und verdurstet war, weil ich mich nicht gekümmert hatte. Erst Minuten nach dem Aufwachen wurde mir klar: Ich habe gar keine Katze.
Ich bin also die Idiotin, die sogar auf nichtexistente Probleme mit Aktionismus, Versagenspanik und Schuldgefühlen reagieren kann. Sauber.
Aber nun reden wir über etwas anderes. Das Kind und ihr Liebster haben mir Gretchen Hirschs „Rock a Bella“-Buch geschenkt. Auch wenn es wahrscheinlich für mich nicht immer der Fifties-Style sein kann, weil zu taillienbetont und es geht ja eher in Richtung victorianische Zitate, aber ich liebe dieses Buch. Ich brauche kein Slow-Sewing-Manifest zu schreiben, die Frau trifft es. Warum sollten wir mit viel Liebe Kleidung für uns schneidern, die in Materialanspruch und Verarbeitung genauso billig, optimiert und auf schnelle Masse orientiert ist wie das, was wir in Discountklamottenläden bekommen können? Da hat sich jemand mit Konstruktionstechniken auseinandergesetzt, schaut auch in und unter ein Kleid oder ein Jackett und muss nicht an einem Tag einen Fummel fertig machen. Das gefällt mir.
„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer überfordert sich am Besten im ganzen Land?”
Alles ein Irrsinn oder? ;-(
Der große Fortschritt ist, dass ich es jetzt selber zeitnah merke.
Nach wie vor ist es unfassbar spannend, wenn ich mich in Träumen Anderer wiederfinde. Deinen Traum mit der Katze hatte ich EXAKT so mit einem Papageien. Als Kind hatte ich tatsächlich einen, der starb als ich 13 Jahre alt war. Den Traum hatte ich wohl so mit 16 oder 17. Deine Deutungsvariante würde auch auf meinen Traum zutreffen: der Versuch, irgendwelchen Erwartungen (sehr wahrscheinlich denen meiner Eltern) genügen zu wollen und zu scheitern; wo es doch so einfach erscheint, den Erwartungen zu entsprechen…
Oh, es beruhigt mich, dass ich damit nicht allein bin. Das Verrückte ist, dass meine Eltern gar nicht so hohe Erwartungen in mich haben. Ich selbst bin das. #bekloppt
Yeah! Weihnachten erledigt, jetzt noch dieses doofe Silvester, und dann gibts ein ganz neues frisches unbeschriebenes neues Jahr, wie toll!
Schöne Sicht. Ich habe vor unbenutzten Jahren immer etwas Angst, was die wohl bringen mögen.
der fortschritt (yeah!!) ist das erkennen, was genau wann wie hätte anders und zu den eigenen gunsten laufen sollen. und selbst wenn das immer noch ein bisschen mit verspätung kommt, es kommt und das ist doch ziemlich grossartig!
(dieses nähding macht mich ja doch ein bisschen neugierig, wenn ich das so lese und sehe. leider bin ich dafür wirklich nicht gemacht, ich bin eher so der holzhauundzusammenbau mensch. aber da kann sich ja noch was ändern:))
Ich bin da echt dankbar dass ich es mittlerweile merke, bevor ich mal wieder vor der Wand klebe. Der Graf gibt mir auch das eine oder andere Signal, der weiß mittlerweile, wann die Gelegenheiten sind, dass ich den niedrigeren Gang nicht finde.
Und Holz zusammenbauen finde ich ganz großartig. Das kann ich nicht bzw. es sieht immer aus wie im Werkunterricht in der 4. Klasse.
Ohne dir deine Begeisterung für das Gertie-Buch nehmen zu wollen (ich finde es ja auch toll, aber…): Die Schnittmuster sind qualitativ nicht besonders ausgereift. Die #nähnerds sind sich ziemlich einig, dass es da ein paar sehr grobe Schnitzer beim Gradieren gab. Mir war beispielsweise das zuvor noch perfekt passende Suit Jacket nach annähen der Belege zu eng. Bei dem Glockenrock mit der Bogenkante am Bund passt der Beleg nicht auf den angeschnittenen Bund. Andere berichten, dass beim Coat Dress Oberteil und Rockteil von der Weite her überhaupt nicht zusammenpassen. Die Peter Pan Bluse hat einen viel zu engen Halsausschnitt, usw… Es ist ein tolles Buch, aber die Schnittmuster sind mMn nur als Inspiration zu gebrauchen.
Danke für den Hinweis! Ich hatte auch schon flüchtig so etwas gelesen, brachte es aber nicht mit dem Buch auf meiner Amazon-Wunschliste zusammen.
Wenn ich davon etwas mache, muss ich sehr aufpassen.