Nachdem gestern definitiv nicht mein Tag war (Sie erinnern sich: zur Beruhigung Socken mit komplizierten alten Mustern stricken), ging es heute wieder einigermaßen. Von Doppel-Grmpf zu Einfach-Grmpf.
Die Sonne schien und da ich ohne Brille auf die Wetter-App schaute, erstaunte ich mich über 18 Grad in Aussicht. Die Putzfrau schaute skeptisch, als ich ihr begeistert davon erzählte und meinte, der Wind wäre aber kalt und als ich vor die Tür trat, wußte ich, dass ihr Stirnrunzeln kein Verständnisproblem war. 13 Grad, wir erwarteten und hatten um die Mittagszeit 13 Grad.
Aber wenigstens den kleinen Tomaten geht es gut, obwohl sie auf den Treppenabsatz im Flur umziehen mussten. Ja, ich war zunehmend allergisch gegen ihr simples Wachstum, da mussten sie noch nicht einmal blühen und Pollen verteilen.
Dann habe ich ein Buch von Martha Grimes begonnen und war ganz verdattert, dass es eine Art Pferdemädchengeschichte ist. Na ja, kann man ja mal lesen.
Am Nachmittag die Gliederung für etwas längeres Schriftliches aufgeschrieben, das gar nicht geplant war und den Text habe ich weitgehend im Kopf. Obwohl ich zäh und verzweifelt schon lange an etwas anderem längeren Schriftlichen arbeite. Vielleicht hat das alles seinen Sinn.
Im Schwimmbad über zwei Frauen gewundert, die immer da sind, wenn ich da bin, obwohl ich so unregelmäßig komme. Beide sind sehr, sehr schlank und ziehen sich zusätzlich formende halblange Unterhosen unter die Hosen. War das jetzt Angst vor imaginärem Körperwabbel oder der scharfe Wind?
Ach so, Körperwabbel. In dem Artikel im Spiegel über Gewichtsprävention bei Kindern ist mir so manches nicht klar. Zum Beispiel, die Statistiken. Wenn ich das recht sehe, schlägt Diabetes bei erwachsen gewordenen dicken Kindern vor allem in armen Ländern zu und in Industrieländern bei Männern. Kann es sein, dass es noch andere Ursachen gibt, als als Kind moppelig zu sein? Ob so ein Drill von Kindern wie in Finnland not tut, bin ich mir nicht sicher. Sagt ein Kind, an dessen zu wenig oder zu viel Gewicht / zu wenig oder zu viel Essen die gesamte Kindheit herumgedeutelt, -gegängelt und -genörgelt wurde und das deshalb nie ein entspanntes Verhältnis zum eigenen Körper entwickeln konnte.
Diabetes bei Kindern… Dazu empfehle ich den Artikel in der aktuellen brand eins: „Das Vertrauen in die Medizin sollte erschüttert werden“. „Vor zwanzig Jahren galt derjenige als Diabetiker… 140 Milligramm pro Deziliter Blut. Heute liegt der Grenzwert bei 126 Milligramm….. keine einzige Studie, die den Nutzen eines niedrigeren Grenzwerts belegt hätte.“ Die Grenzwerte werden typischerweise von den US-amerikanischen Fachgesellschaften festgelegt. „Wenn der Cholesterin, Blutdruck- oder Blutzucker-Normalwert gesenkt wird, wie das immer wieder passiert….bedeutet das einen Geldsegen für die Pharmaindustrie.“
Seit etwas mehr als einem Jahr dürfen wir wieder soviel Eier essen wie unser Herz begehrt. Es stellte sich heraus, dass der Cholesterin-Wert aus marketingtechnischen Gründen (!) auf eine einfach zu merkenden Zahl gesetzt worden war und dass es außerdem das vom Körper selbst erzeugte Cholesterin ist, das für die Werte verantwortlich ist… Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Früher nannte man das überschüssige Körperfett bei jungen Frauen „Backfischspeck“. Das klang nicht nach etwas abstoßendem. Meine sämtlichen Nichten und Neffen legten als Klein(st)kinder „Fressphasen“ ein, bevor sie Ihre beträchtlichen Wachstumsschübe hatten. Sie waren nie dick! Ich finde wir sollten schon Babys beim Trinken reglementieren und endlich auch Schwangeren das Essen noch viel mehr beschneiden. Dieser religiöse Wahn was Essen und Gewicht betrifft macht mich sehr wütend, weil er so viel tiefes Unglück bereitet. Oft ist die erste Diät, die erfolreich ist, in der Folge der sichere Weg in das immer größere Übergewicht!
Ich kann mich gut an Deinen Bemerkungen zum Thema „zu dünn“ erinnern. Ich habe zwei Freundinnen, die beide als Kinder und junge Frauen genau dieselben Probleme hatten. Zeitweise haben sie sehr darunter gelitten. Mein Gewicht als Kind und Jugendliche war so lange wirklich sehr gut, bis ich nach einer Kummerspeckphase in das Diäten-Jojo-Karussel geriet. Ich habe bis heute sicherlich schon mehr als 70 kg abgenommen… Trotzdem bin ich jetzt dick und nur froh, dass es mich so spät erwischt hat. So konnte ich noch ein Gefühl für meinen Körper entwickeln. Mich dauert jedes Kind, das so misshandelt wird. Ich habe nie geraucht, nehme keine Drogen, bin absolut gesund und weiss, dass ich ob meines Gewichts trotz IQ von mehr als 140 von manchen für dumm und eine Belastung gehalten werde. Wenn ich eine Currywurst mit Pommes und Majo esse, kann ich auf manchen Gesichtern die Frage „Muss das sein?“ lesen. (auch wenn es an dem Tag das einzige ist, was ich esse) „Unsere“ Fixierung auf das Körpergewicht und manchen anderen „Grenzwert“ ist dumm, gefährlich und grausam.
Mit Ruhe, Entspannung und Glück (Gesellschaft beim Essen) haben beide Freundinnen immer an Gewicht zugelegt, so wie ich parallel immer abgenommen habe und das dann auch halten konnte. Es waren die anschließenden Diäten, die mich wieder reingerissen haben. Es braucht wohl einen anderen Ansatz. Und das wäre ein neues Thema
Das ist in der Tat so, gibt es ein patentierbares Medikament, werden die Normwerte so weit angepasst, dass ganze Kohorten als krank und behandlungswürdig gelten. Hormone wie Insulin sind nicht patentierbar und daher auch keine große Geldquelle, seit es Blutzuckersenker gibt, geht es los damit, Leute zu Diabetikern zu machen.
Das ist gut am Thema Schilddrüse zu sehen. Normwerte groß wie Scheunentore, kaum relevante Forschung, nur universitäre, die kaum finanziert ist, in der Lehre kommt das Organ zu kurz weg. Ist halt keine Erwerbsquelle für die Pharmaindustrie.
oh, das grausame dick/dünn-thema.
kinder mit diäten zu quälen deutet für mich darauf hin, dass die quälenden erwachsenen es selber schon nicht auf die reihe bekommen. die gleichung bleibt immer dieselbe, egal ob mit 4 oder 74 jahren: wenn energie-input > verbrauchte energie, dann gewichtszunahme. nun nimmt uns unsere umgebung so wahnsinnig viele möglichkeiten zur bewegung ab. kinder werden in die schule gefahren, zu den nachmittäglichen aktivitäten, bewegung findet nur noch punktuell statt. da ist die finnische idee mMn eine super sache. so richtig nach gängel klingt das für mich nicht, also nicht mehr als sonst schulisch üblich. für mich klingt es eher nach mehr freiheit, wenn die kinder in der stunde mal eben kurz sich bewegen können (ich brauch so was z.b. zum frustabbau), ohne dass die lehrenden gleich nen blutsturz bekommen und „hinsetzen!!“ befehlen.
die erfahrung, dass körperliche beanspruchung zu ruhigeren, konzentrierteren kindern führt, kann ich auch anekdotisch bestätigen: der enkel ist unausstehlich, wenn er zu lange drinnen hockt und am tablet daddelt. wenn ihn der opa draußen ein bis elf runden „gescheucht“ hat (radfahren, „helfen“ beim rasenmähen=der lütte rennt hin und her und holt/bringt dies und jenes, usw.), ist er tiefenentspannt, hört uns zu und ist in der summe beDEUtend besser zu dirigieren. warum soll das in einer schule nicht auch klappen? freude an der bewegung wurde im artikel genannt. meine vermutung: genau das ist es, was so vielen kindern heute fehlt. das müssen sie – wenn überhaupt – mit viel mehr anstrengung später erlernen oder nachholen. und so manches lernt man als erwachsene/r halt auch nicht mehr so gut. bsp.: gleichgewicht. ich spreche da aus erfahrung.
außerdem überschätzt man den energieverbrauch bei punktueller bewegung gern enorm (hier gilt mMn eher: die masse macht’s), wogegen der energiegehalt des verputzten eher unterschätzt wird – oder doch wenigstens die menge. oder man hat gar nicht aufm zettel, wie viel man wirklich nascht oder nebenbei futtert. all so was.
anmerkung am rande: mir hat übrigens das grade sehr gehypte „fettl.og.ik“ (von na.dja herrm.ann) geholfen, mein essverhalten besser zu verstehen (und dann auch mein gewicht wieder da hin zu bekommen, wo ich es haben wollte).
zu den frauen in formenden buxen: vielleicht mögen sie auch einfach nur das tragegefühl. geht mir jedenfalls so. (die formung ist nur für mich sichtbar – aber ich mag das tragegefühl einfach.) außerdem friere ich sehr schnell, deutlich eher als praktisch alle in meiner umgebung.
der gatte ist immer wieder verblüfft, wie unterschiedlich wir uns z.b. für unsere (schweißtreibenden!) radrunden kleiden.
er: „mit sommerbefehl“, in shorts und t-shirt unter der jacke, in dünnen handschuhen.
ich: mit radhose, strumpfhose, windbreaker-hose; langem shirt, weste, jacke, regenjacke als windbreaker, in dicken handschuhen und mit unterzieh-kappe unterm helm. kein witz. am sonntag sind wir genau so gefahren.
Aber wenn man sich die Statistik genau anschaut, korreliert Übergewicht in der Jugend in Industriestaaten nicht zwingend mit Diabetes. Da gibt es massive Geschlechterunterschiede, es sind vor allem die Männer betroffen und die betrifft auch Rauchen, Saufen und Unfälle. Es geht meiner Meinung nach mehr um schlechtes Verhalten dem eigenen Körper gegenüber.
Ich verstehe, was du meinst. Das Rumhocken im Kindesalter ist nicht gut. Kinder müssen ihren Körper benutzen und wenn es mal ne blutige Nase gibt, ist es halt Pech. Da sind heutige Erziehungsmaximen (bloß nicht aus den Augen lassen! immer schön vorsichtig! alles lebensgefährlich! oder in der Asi-Variante: Ruhe und setz dia vorn Fernsea!) eher kontraproduktiv.
Aber sobald Dinge fokussiert werden – Bewegungsprogramm, bloß nicht zunehmen, auch nicht in der Schwangerschaft, Ernährungsprogramm – wird es meiner Meinung nach ungut. Schüler sollten Kochen und Hauswirtschaft lernen statt Kalorienzählen und Sport- und Diätprogramme. Energiedichter Industriefraß oder Portionen für Schwerarbeiter und die Bewegungslosigkeit machen fett. Essen ist so billig und gut verfügbar, dass es eine Menge andere Dinge kompensieren kann. Und eigentlich macht nix glücklicher, als nach der Schule einfach rumzustromern und Mist zu bauen. Das können auch Bewegungsbreaks in der Schulstunde nicht richtig kompensieren.
Mich würde interessieren, was die Kinder machen, wenn sie erwachsen sind. Ob sie sich dann erst recht die Schokolade reinhauen, weil es Tabuzone war zum Beispiel.
Ich bin da sehr gebranntes Kind. Ich bin mit 4 Jahren allein unterwegs gewesen und auf Bäume geklettert und seit ich 5 war, im Winter Ski gefahren, aber mit Sportunterricht, also der Simulation von Klettern, Rennen, Werfen, konnte ich nix anfangen. Mir haben sie die Hälfte der Kindheit in den Ohren gelegen, ich solle mehr essen und die andere Hälfte, ich solle weniger essen. Ständig krittelte jemand an meinem Körper herum. Da reagiere ich auch heute noch allergisch drauf. Wohingegen ich nichts dagegen habe, dass ein Kind einfach laufen muss, um von A nach B zu kommen oder es eben Äpfel statt Schokolade gibt. Aber halt nicht: Du sollst laufen, weil du zu fett bist oder Du kriegst deshalb keine Schokolade!
Was die Damen in den engen Höschen betrifft – die sind halt körperlich recht grenzwertig in die andere Richtung unterwegs. Keine Arschbacken und Brüste mehr und die Gelenke dicker als die Glieder.
Oh Gott, jetzt hab ich den Spiegel-Artikel gelesen. Huxley und Orwell blicken fassungslos darauf, dass sie die falsche Ideologie vorhergesagt haben. Ich hoffe, das klingt jetzt nur in der Berichterstattung so schlimm und der eigentliche Alltag ist nicht dauergeprägt von diesen Fettphobieprogrammen.
Ich fürchte, das ist eine Vorausschau auf das, was wir zu erwarten haben. Das mag sich bei den Finnen noch entspannt anhören, Wenn die Deutschen das erstmal richtig durchorganisieren, wird es übel.