Vor einigen Wochen hatte ich mit Spannung Siri Hustvedts „Gleißende Welt“ begonnen. Ich kam ungefähr bis Seite 100.
Hm ja, ich motivierte mich ein paar Mal, weiterzulesen, verlängerte die Leihe in der Bibliothek um vier Wochen und gab dann im letzten Drittel auf. Das passiert mir eigentlich nie, es sei denn, ich habe mich übel vergriffen (letztens bei Robert Ludlum, ein später „Bourne“, nach der zwanzigsten Leiche legte ich das Buch fluchend weg). Aber bei Siri Hustvedt wußte ich, was mich erwartet.
Vielleicht war es der Umstand, dass sie die Hauptfigur über ihr umfangreiches Schriftwerk und andere Menschen beschrieb. Das Buch kreiste um ein vorwurfsvolles Vakuum – warum die Heldin keine Anerkennung als Künstlerin bekommt. Alles das, was sie tut, die Scharaden, die Täuschungen, sind mir zu ausgedacht, zu sehr schriftstellerisches Planspiel.
Dabei ist nicht von der Hand zu weisen, dass Männer in ihrem Schaffen bei weitem ernster genommen werden. Dass es hier und da ein Fräuleinwunder gibt, fällt weniger ins Gewicht, da zeitlich begrenzt auf eine kurze Lebensphase. Aber wie diese Beweisführung, dass von einer Frau geschaffene Kunst, von einem Mann präsentiert, plötzlich wichtig wird, aufgezogen und geschildert ist, so verbittert, verkopft und resigniert, mag ich das nicht lesen.
Ich hatte ständig im Sinn, dass das die Ex von Paul Auster schreibt, den ich immer für überschätzt hielt und sie für unterschätzt, die lange Jahre in seinem Schatten stand und sich auch körperlich schmal machte. Und ich verstand nicht, welche Klage auf hohem Niveau die Hauptfigur führen kann. Als schwerreiche Kunsthändlerswitwe könnte sie es richtig krachen lassen, statt dessen stirbt sie an Bedeutungsmangelerscheinungen dahin. (Ja gut, da ist eine dramaturgische Steigerung eingebaut, ein Weichei und ein netter Kumpel sind ihre ersten beiden Künstlerdarsteller und am dritten, der wesentlich cleverer und härter ist, rennt sie vor die Wand und wird selbst zum Spielzeug. Aber es ist un-in-teressant!)
Da schreibt Siri Hustvedt das erste Buch, das keine Frauengeschichte ist oder einen männlichen Helden hat, der genauso ausufernd über Beziehungen redet wie eine Frau und es ist in trockener Papiertiger.
Aber vielleicht ist es genau das. Hätte es ein Mann geschrieben, würde ich es vielleicht ernster nehmen.