Manchmal haut eine banale Erkenntnis richtig rein. Also zumindest bei mir ist das so.
Amazon möchte in dieser ungeliebten und geisterhaft verlassenen Shopping-Mall an den Kudamm-Theatern ein Lager für taggleiche Lieferungen in Berlin einrichten. In einem Areal in teuerster Lage – wenn nicht der Denkmalschutz für die alten Reinhardt-Kammerbühnen seit 15 Jahren alle Investoren frustrieren würde. Aber es ist nur ein Versuch auf Zeit.
Taggleiche Lieferung hört sich erst einmal schick an. Das ist fast wie Shoppen gehen, nur ohne das Haus zu verlassen. Damit sind sogar die Instant-Wünsche und Frust-Käufe abgedeckt, für die das Internet ansonsten wenig geeignet war, weil man zwischen Bestellung und dem Gedanken, die Sache in den Händen zu halten, noch ein paar Tage hat, um zur Vernunft zu kommen.
Der Einzelhandel kann das immer noch nicht so richtig denken. – Wenn der Kunde nicht kommt, kann man es dem Kunden bringen, das wäre eine Möglichkeit. Die ist aber beschränkt, weil in der Kalkulation Mieten und Personal an der Stelle kalkuliert sind, die Internethändler für die Logistik ausgeben können.
Ich frage mich schon seit einigen Jahren, was die Kaufentscheidung in Zukunft bestimmen wird, wenn man Dinge nicht mehr real ansehen und anfassen kann. Ich kaufe im Netz vor allem Marken, deren Versprechen ich kenne und denen ich vertraue oder die mir empfohlen wurden. Um No Name mach ich einen Bogen. Was aber, wenn die RL-Markenerfahrung bei vielen Produkten ausgelaufen ist? Sind Geschäfte dann nur noch Showrooms? Bekommen wir Muster geschickt?
Zurück zu den großen Internethändlern. So angenehm ich es finde, mich nicht durch Menschenmassen wühlen zu müssen oder Geschäftsöffnungszeiten zu beachten, die unterschwellige Botschaft ist eindeutig: Du kannst jederzeit kaufen und liefern lassen, damit du
a. auch in entlegenen Regionen jeden Sch… konsumieren kannst.
b. mehr und flexibler arbeiten kannst und die Freizeit für Selbstoptimierung reservierst, um noch mehr kaufen zu können.