Vigil 04

Ich konnte auch mal böse, sehr böse. Meine These, dass sich Menschen nicht großartig ändern, sondern nur Tendenzen weitergeschrieben werden, hat sich bewahrheitet.
Der, den sie am Set das Riesenbaby nannten, hat noch einen Film gemacht, der durchfiel. Der Rest ist Schweigen, er verwaltet wahrscheinlich jetzt die Gemarkungen der Familie.

Überhaupt, die alte Branche. Es muss fürchterliche Aufregung herrschen unter den Agenten. Es ist kaum noch Geld zu verdienen, außer mit großen Namen. Alle starren auf die deutschen Netflix-Produktionsanfänge, aber auch damit wird erst einmal nicht viel Geld zu verdienen sein, das macht man für Ruhm und gute Worte.

Anekdote am Rande: Vor 6 Jahren fragte ich deutsche Redakteure, was sie von der Konkurrenz aus dem Netz halten und sie zuckten die Schultern. Das sei doch youtube oder? Das wäre doch alberner Kinderkram. Für sie wäre es relevant, mehr Geld für ihre aktuellen Projekte zu bekommen.

Noch eine Anekdote: Für die erste Staffel Game of Thrones wurde auch in Deutschland gecastet. Ich hatte da eine Frau, an deren Können ich zwar etwas zweifelte, die aber hervorragend vom Äußeren in die Serie gepasst hätte: Naturblonde Lockenmähne, hellgrüne Augen, einen wohlgeformten Körper voller Muskeln und ein schönes, markantes Gesicht. Ich schlug sie vor und aus irgendeinem Grund konnte ich in den geschlossenen Bereich der Castingdatenbank sehen, wo die Entscheider schon die Favoriten markiert hatten. Man hatte sich auf eine kleine, zarte englische Tänzerin mit Schauspielausbildung eingeschossen. So isset.

Ich bin raus, ich lese jetzt bei Siri Hustvedt davon, wie zufalls- und klischeegesteuert es ist, als Künstler akzeptiert zu werden.

6 Gedanken zu „Vigil 04

  1. Ich glaube, wenn man sich relativ jung für einen unsexy Job entscheidet und das durchhält, dann ist dieser Tanz auf der Klinge nicht so extrem.
    Künstler sein ist nichts, was die Gesellschaft einem fürs tägliche Brot schuldet. Deshalb ist diese Berufung so hart und die Auslese auch.

  2. Die Vigils1bis 4 gefallen mir gut. Auch wenn ich finde, dass auf den Straßen hier in DD montäglich nicht die unterwegs sind, die aus Überzeugung im Ostern geblieben sind…

    • Ja, du hast recht, Lars. Du zählst ja zu den anderen. Mein Bruder auch und mir fallen auch noch einige andere ein.
      Mich zerreißt es, wenn ich diese Leute auf der Straße sehe und ich versuche zu verstehen, was da abläuft.
      Ich mache mal eine Textänderung, um das nicht so absolut da stehen zu lassen.

  3. Ich hab am Morgen nach dem Oscars gemerkt, wie RAUS ich auch innerlich bin. Ich musste die beste weibliche Hauptrolle erstmal googeln. Zu Theaterzeiten hatte ich alle relevanten Filme gesehen und konnte die Nominierten rauf und runter beten.

    Wenn ich doch alle 12 Monate oder so mal wieder meine, gucken zu müssen, was an alten Wirkungsstätten so geht, graust’s mich aufs Neue. aber der Typ künstlerisch-unterbefähigter Managerintendant hat sich wohl bundesweit durchgesetzt.

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