Ich prokrastiniere hier vor mich hin, während der Graf in Dresden den letzten Akt der freundlich-leidenschaftlichen offiziellen Bewahrung der Buchdruckkunst für sich beendet. (Wenn in einen Handwerksbewahrungsverein erstmal die schwafelnden Herden von den Unis einreiten, die nur noch über etwas reden, es aber nicht können und kennenlernen wollen, weil Diskurs ja so viel geiler ist, rennen Sie schnell und weit.)
Es ist alles gerade ziemlich viel hier und es ist wieder eine Menge dabei, über das ich erst später erzählen kann. Aber der Mittsommer ist jedes Jahr Rush Hour. Diesmal nur anders. Ich bin auf die nächsten Mittsommer gespannt.
Mit der Freundin ein Gespräch über Multitalentiertsein geführt. Leute die im Kreativbereich scheinbar alles sehr gut können: Malen, schreiben, musizieren… Früher war mein Urteil über solche Leute hart: Können sich halt nicht fokussieren, machen nichts richtig, alles nur zu 25% und hauen zum nächsten Effekterfolg ab, wenn es kompliziert wird – Finger davon, die bringens nicht. Dass die von allen Musen geküssten tatsächlich darunter leiden, weil sie sich von einer Sache lange abwenden müssen, um eine andere gut zu tun, war mir nicht bewusst.
An den Schulen bereitet dich keiner darauf vor. „Musste dich halt entscheiden!“, heißt es und für Expertentum in einem Fach reicht es dann oft nicht, weil alles nur angeschrammt wird. Es wäre besser, wenn solche Menschen beigebracht bekämen, wie sie trotzdem und gerade deshalb vorankommen.
Was mich auf das Thema brachte „Tun, was gerade dran ist“. Wie oft arbeiten wir zu Zeiten, in denen wir unsere Aktivität zwingen oder bremsen müssen, weil der Biorhythmus was anderes sagt. Hektische Entwicklungsarbeit mit Überstunden im Februar. Stupide Routine im Juni und September. Und dann ist das alles für den A…
Sich in den Flow arbeiten und dann abbrechen müssen, weil ganz andere Termine anstehen, die einen Meilen zurückwerfen.
Pflügen, säen, jäten, ernten, ruhen. Wie viel haben wir davon vergessen.
Ich wäre für mehr großen Rhythmus im Schaffen. (aus der Luxusposition, ich weiß)
Bei der Zeitungsschau bin ich auf einen Artikel gestoßen, in dem eine Ersthelferin vom Breitscheidplatz (scheinbar war das Paar die Ersthelfer) darüber berichtet, wie viel Ignoranz ihr entgegenschlägt, weil sie das Erlebte nur schwierig verarbeitet. Deutsche sind verdammt gut im Verdrängen und im sich Verbieten von emotionalen Reaktionen. So saßen sie auch schon im Luftschutzkeller und motivierten sich im Glauben an den Endsieg.
In anderen Ländern wäre das Paar als Helden geehrt worden, hier wurden sie ohne Dank nach Hause geschickt. Angehörigen wird der Zutritt zur Trauerveranstaltung verwehrt, es werden Informationen barsch zurückgehalten „WersindSiedenn? Dakannjajederkommen!“ und Menschen, die sich engagiert haben, werden mit Gleichgültigkeit bedacht. Weil wir uns unser normales Leben weiterzuleben nicht verbieten lassen wollen.
Noch zählt das für mich als Hilflosigkeit anhand der noch nicht erlebten Dinge. Noch.
Stiff upper lip könnte Spuren von disgusting enthalten.
Das Berlin-Update: Eine Kakophonie der miestesten Straßenmusikanten der Welt, alle 5 Minuten übertönt von haltenden und anfahrenden Straßenbahnen in der Kastanienallee. Dazu die diensthabenden Schizos, die brüllend die Straße langlaufen. Die Schaukeln im Mauerpark sind bis auf eine alle kaputt. Wie diese Stadt, die als Melting Pot böse überkocht, auf kleinen Inseln internationaler Geldurbanität zu erstarren beginnt.
Was gut war diese Woche:
Entlaufene Jungbullen gesehen und am leeren Darßstrand in erstaunlich warmes Ostseewasser gesprungen.
Die Babydecke beendet. Das war das erste Stück mit der neuen Strickmaschine.
Wenn ich mir das nun zwei Monate alte Enkelbaby auf den Bauch lege, hebt sie den Kopf (das kann sie sehr ausdauernd, weil sie alles sehen will), schaut mich an und beginnt, mir was zu erzählen, mit Kieksen, Gurren und Lächeln. Herzschmelze. Immer wieder.
Bekommen Sie Kinder, so Sie es können. Nur die nehmen Ihnen die Angst vor dem Tod und den Irrtum über Ihre Einzigartigkeit.
Die Babydecke ist wunderschön.
Die ersten „Gespräche“ mit einem Baby sind was besonderes, nicht? Da sieht und hört man sonst nichts mehr als dieses kleine Wesen, das sich darüber freut dass es sich mitteilen kann. Viel Freude damit. Die Zeit aufsaugen und abspeichern. Klingt abgedroschen aber die werden so schnell groß.
LG
Martina