Sonntagsmäander im kalten Matsch

[TW: Bin heute völlig grundlos etwas grummelig und schwafelig. Der Text könnte daher zu lang sein und Spuren von Zynismus enthalten.]

Während in New York jede Menge Schnee Ausgangsperren und Gesundheitswarnungen fürs Schneeschippen bringt, machen sich die Polizei und Snowboarder einen Spaß:

Was mich an eine Erinnerung erinnert – als ich zwischen den Jahren „Zurück in die Zukunft“ sah, dachte ich an die Skateboarder, die sich in den 90ern auf dem Kudamm an Bussen und LKWs festhielten.

Zum Thema „Die Polizei tut wilde Dinge“. Berliner Polizei hat mit 500 Leuten ein besetztes Haus umgekrempelt, nachdem ein Beamter beim Autos kontrollieren geschlagen wurde und die Schläger in diesem Haus verschwanden. Große Empörung. Nee, nett ist das nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass die, die sich so empört haben, diese Geschichte im sonntäglichen Tatort oder einer amerikanischen Serie ziemlich geil gefunden hätten.

Der Stamp Quilt hat einen Abnehmer gefunden, was mich sehr, sehr freut. Ich bin mit dem Steppen fast fertig. Natürlich frage ich mich mittendrin wie immer, warum ich auf schöne Steppmuster Wert lege. Es ist nämlich eine brachiale Arbeit, so ein Monster durch die Maschine zu trecken.
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Er hat Wellen bekommen
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und kleine gestickte Fische. Das Kissen und das Tragegeschirr fehlen noch, damit es ein richtiger Schlafplatz wird.

Wenn wir beim Wasser bleiben. Dirk Franke bloggt bei Iberty.net (unter anderem) über Schwimmbäder.
Ich war am Montag wieder in der Gartenstraße. Von der Zeit her habe ich mich immer noch nicht wesentlich verbessert, was mich kreppt. Aber ich bin mit Brustschwimmen genauso schnell wie junge dünne Männer beim Kraulen. Ich habe mich noch mal ein bisschen auf Technik konzentriert. Es ist wunderbar, mit langen, spannweiten, enorm Kraft sparenden Zügen unterwegs zu sein. Es gab am Montag Momente, als die Sonne schräg durch Wasser schien, da fühlte ich mich wie ein großer alter Rochen. (Das Gefühl des Altsein kommt vielleicht daher, weil ich solche Dinge zum zweiten, dritten, vierten Mal erlebe und mich freue, wenn ich sie wieder erringe.)

Für die Nähnerdessen könnte das, was Frau Indica schreibt, interessant sein. Sie war nämlich auf der Curvy  (Insgesamt 3 Blogposts). Die Curvy ist eine Messe für Kleidung für Frauen jenseits von Normgröße. Warum das nun Curvy is Sexy heißen muss, weiß ich nicht. Mir kommt das wie „ich bin fett, aber trotzdem f…ckbar“ daher, gemeint ist es aber sicher als „wir wollen keine Säcke tragen“. Ja nun.
Vor allem bei Anna Scholz schaue ich sehr aufmerksam hin, wie die Schnitte konstruiert sind – wo ist die Taille, was macht sie mit Abnähern etc. Wobei mir die Konstruktionen nicht hundertprozentig passen. Ihre imaginierte Frau hat viel mehr Busen und Hintern als ich. (Aber der Skater-Rock aus blümchenbedrucktem schwarzen Neopren!)
Kaufen würde ich das nicht mehr. Es ist Konfektion, ich habe weder Einfluss auf die richtige Passform, noch auf Innenverarbeitung und Material.

Für andere Menschen, die die Welt der Nähnerds interessieren könnte: Muriel von Nahtzugabe 5cm hat mittlerweile 14 Podcasts über nähende Frauen auf ihrer Seite stehen. Wer die hört, dem sollte endgültig klar sein, dass das Klischee des nähenden Hausmütterchens nicht stimmt.

A propos Haushalt. Ich habe jahrelang einen Ersatz für die De Longhi-Vaporiera aus den 80ern gesucht, mit der ich bei Heman gekocht habe und bin endlich fündig geworden. WMF hat eine Serie kleine kompakte Haushaltsgeräte aufgelegt. Mit dabei ist ein knuffiger zweistöckiger, getrennt programmierbarer Dampfgarer, den ich nun zum Geburtstag bekomme. Beim Internet-Großkaufhaus gibt es ihn momentan auch recht günstig. (WMF Küchenminis Dampfgarer – Affiliate-Link)

Machen wir einen Sprung zu Männern. In meiner Filterblase scheinen sie momentan europaweit so etwas wie unkontrollierbare, triebgesteuerte Affen zu sein, denen frau mit Mühe etwas angezogen hat.
Bei Edition F beklagt sich eine anonyme Autorin bei ihrem Vater, warum er die alltägliche sexualisierte Gewalt (die url spricht sogar von Missbrauch) gegen Frauen ignoriert und belegt das mit vielen eigenen Erlebnissen. Sie verlangt von ihrem Vater, sich damit auseinanderzusetzen, was es für sie bedeutet, eine Frau zu sein. Er habe Verantwortung übernommen, als er sie in die Welt gesetzt habe.
Nun ist diese Frau, dem Schreibstil nach zu schließen, längst erwachsen und für sich selbst verantwortlich. Ok., der Vater scheint selbst zu bloggen und vor allem über „Genderwahn“.
Sehr dramatischer Post, der mir  – was – sagt? Dass in Frieden, intakten Bindungen und Wohlstand aufzuwachsen nicht unbedingt die eigene Verantwortungsfähigkeit und Resilienz stärkt? Dass um mich herum Sodom und Gormorrha herrscht, ich habe es nur noch nicht gemerkt? Warum leben wir Frauen dann noch nicht zusammen wie die Amazonen und benutzen Männer nur noch zu Botengängen und zum Kinderzeugen? Warum ist für die meisten Frauen die Hochzeit trotzdem der größte Tag im Leben? Warum leben dann Frauen nach der Geburt der Kinder in finanzieller Abhängigkeit vom Mann? Warum tun sich Frauen freiwillig mit unzivilisierten, brutalen Monstern zusammen?
Da ist mir im Moment ein bisschen zu viel Larmoyanz unterwegs.

Bleiben wir bei Männern und Frauen. In einem Prozess wird Mutter und Tochter vorgeworfen, dass sie durch Vernachlässigung den ungeliebten Familienvater an Suff und Folgeschäden krepieren ließen wie einen Hund. Die beiden waren über den Tod des Familienoberhauptes sehr erleichtert, endlich waren sie aus der Falle der Co-Dependenz entronnen.
Doch ihr Handeln wird von der Staatsanwaltschaft als Mord durch Unterlassen interpretiert. Ihnen drohen langjährige Haftstrafen.
Nein, es ist umgekehrt.

Widmen wir uns nun differenzierteren Betrachtungen. Es gab in Europa eine Zeit, in der Männer beim Anblick eines versehentlich entblößten weiblichen Knöchels der Angebeteten hyperventilierten und Frauen in sonderbaren Spasmen in Ohnmacht fielen. Alles Sexuelle außerhalb der Ehe war verboten – zumindest für normale, gläubige Christen. Vorbei die Zeit der losen Sitten in Badehäusern, vorbei die Zeit der Ausschweifungen an Fürstenhöfen. Die Bürger der sich industrialisierenden Vormoderne sollten keusch sein und sich beherrschen. Die Frau, die ihren Weg kreuzte, auch wenn sie nicht mit einem Beschützer unterwegs war, war unantastbar. (Das galt nicht unbedingt für Dienstmädchen, Wäscherinnen und Bauernmädchen. Da konnte man sein Glück probieren. Die standen außerhalb der Respektswelt.)
Als ich letztens endlich einmal Stolz und Vorurteil las, gruselte es mich. Die dumme Schwester der Heldin brennt mit dem falschen Mann durch und lebt mit ihm ehelos zusammen. Fazit der Familie: Das ist der gesellschaftliche Ruin. Sie wäre besser tot. Der Vater reist dem Paar hinterher, was die zurückbleibenden Frauen der Familie seinen Tod befürchten ließ, denn um die Ehre der Familie zu retten, muss er den jungen Mann zum Duell fordern. Aber es gibt aber eine Ehrenrettung in Form von viel Geld und einer hastigen Trauung.
In der Erfolgszeit dieses Buches unternimmt Napoleon seine ägyptische Expedition und das gebildete bürgerliche Europa phantasiert von den wunderschönen, leicht bekleideten Frauen des Orients. Das Verhältnis der Osmanen zum Sex im Vergleich zu den Europäern verhielt sich vor reichlich 200 Jahren umgekehrt zu dem, wie wir es heute erleben.

Wenn es nur nicht so verdammt zwiespältig wäre. Natürlich haben die herzhaft zugreifenden Herren vom Kölner Bahnhofsvorplatz Respekt vor Frauen. Vor denen, die es wert sind, dass sie sie einmal heiraten. Und diese Frauen halten ihren Körper bedeckt, achten auf ihre Jungfräulichkeit und schauen Männern nicht einfach so in die Augen. Das ist eine völlig andere Definition des Werts einer Frau.
Bisher haben die Konsequenzen dieser kulturellen Kluft vor allem selbstbewußte junge Frauen aus nichteuropäischen Migrantenfamilien getragen. Im Moment schwappt es über, wird aber auch überzeichnet. Fremde, die sich an Frauen ver-greifen, das ist eines der archaischsten Konflikt-Motive. Das triggert jeden und jede.
Ich bin sonst keine Freundin von Frauenbewegungs-Feministinnen, aber ich finde einige Fragen Fragen, die Eva Quistorp stellt und die über die Silvesternacht in Köln hinausgehen, ziemlich berechtigt. Auch wenn sie die Zahl von 80% junger Männer unter den Flüchtlingen wiederholt. Sie fragt, wer eigentlich diesen jungen Männern Partnerin sein soll.
Klar, man könnte genauso abwiegeln, wie man das abwiegelte, als es um Gastarbeiter ging. – Ist doch deren Sache. Ist es nicht, wenn wir nicht demnächst wieder victorianische Verhältnisse haben wollen.

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2 Gedanken zu „Sonntagsmäander im kalten Matsch

  1. Ich habe mir die Curvy natürlich aus verschiedenerlei Gründen angeschaut und noch weitere interessante Aspekte gefunden. Insbesondere bei dem Thema Schnittführung, Bodyscans uns Größentabellen musste ich an Sie denken. Dazu schreibe ich demnächst eine eigene Geschichte.

    Auch die Gespräche mit den drei Nachwuchsdesignerinnen waren sehr interessant. Dazu ebenfalls demnächst mehr, sowie eine Zusammenfassung der Schau und der fotografischen und textlichen Impressionen. Das alles wird sukzessive im Forum Magazin erscheinen, also im Analogblog, und ich verlinke dann, wenn es raus ist.

    Muss mich nochmal belesen, aber der schräge Witz an der Sache ist ja, dass wir hier über erhebliche Prozentzahlen der weiblichen Bevölkerung sprechen, die Mode ab Größe 42 betrifft, wir also mithin keineswegs von „Randgruppen“ sprechen.

    Nun, beispielsweise bei lichter Höhe ab 1,80 Meter dann schon, wie ich in den segmentierten Daten von iSize sehr gut sehen konnte …

  2. Pingback: Results for week beginning 2016-01-18 | Iron Blogger Berlin

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