Gestern abend in einer Charlottenburger Trattoria. Ich bekomme ein feedback zum diary. HeMan braucht keine Kommentartaste und ein eifriger Leser ist er schon lange nicht.
Scharf, sagt er, böse und kompliziert in der Weltsicht, aber gut zu lesen, weil in geschliffenem Stil. Kitty hätte ein Problem mit Männern und wäre anstrengend. Sie sagt nie, daß sie etwas oder jemanden mag.
Er schien etwas in der Richtung von Empathie, Warmherzigkeit und Zuneigung zu vermissen, so ganz konnte ich ihm nicht folgen. Was war die message? Ging es um Kittys kolumnistisch öffentlich gemachte Weltsicht oder um meine scheinbar mangelhaft ausgedrückte Liebe zu den Mann hinter dem Alias HeMan?
Vorvorgestern ebenfalls in einer Charlottenburger Trattoria. Die Freundin – erfolgreiche Drehbuchautorin – hat es bereits auf den Punkt gebracht. Du zeigst dich nicht. Du bist eine sehr gute Kommentatorin, aber für Literatur bist du zu distanziert.
Das ist hart. Ich habe immer geglaubt, nackiger kann ich mich nicht mehr machen. Meine Stacheln sind mir kleinem Igel eine ganze Menge wert. Zugegeben, ich bekomme mitunter nicht viel von der Welt mit, so zusammengerollt.
Aber soll ich jetzt in Psychosprech ausbrechen? Von dem Kind erzählen, dem es sehr gut ging? Denn es hatte gutbürgerliche Eltern, es wurde nicht geprügelt, es war nicht verdreckt und halb verhungert. Es war nicht im Heim entsorgt. Nein, es kam nur zur Unzeit. Ein Verkehrsunfall, der eine miese, immer noch existierende Ehe gestiftet hat. Und es wurde herumgereicht. Ein kleines Bündel mit Zubehör, ein Wandervogel. Mal Sonnenscheinchen, mal Fremdkörper, mal Dressierpüppchen, mal Störfall und auch geliebtes kleines Mädelchen. Und das in manchmal täglichem, stündlichen Wechsel. Die Onkel, Tanten, Eltern, Großeltern kamen und gingen unkalkulierbar.
Daß sich eine gewisse Vorsicht aufbaut, ist vielleicht nicht unverständlich. Denn jeder, dem sie ihre Liebe schenkte, von dem sie Liebe empfing, konnte im nächsten Moment weg sein. Und wer hat ihr gesagt, daß sie nicht vielleicht daran schuld war? Und jeder Verschwundene war ein Tritt ins Herz.
So also war es. Die ganz normalen Klischees.
Doch es dauert, sich davon zu erholen. Irgendwann ist es hilfreich, die eigene Gebrauchsanweisung gelesen zu haben, die Karte der inneren Minenfelder zu kennen. Zu merken: aha, da ist es also wieder, statt blindwütig ins Leben zu rasen, ohne Rücksicht auf Verluste. Was allerdings Authentizität kostet. Und neuerlich Anpassung bedeutet.
So also ist es.