Das gestrige Thema lässt mir keine Ruhe. Ich habe der Frauenbeauftragten der Alice-Salomon-Hochschule einen Offenen Brief geschrieben:
Sehr geehrte Frau Dr. Tegeler,
gestern war ich als Gast auf der Exmatrikulationsfeier anwesend, meine Tochter war unter den Absolventinnen.
Die Preisverleihung auf für Verdienste um die Hochschule und hervorragende Bachelorarbeiten lässt mich sehr ratlos zurück.
Wieso sind bei geschätzen 80% studierenden Frauen mehr als die Hälfte der Preisträger Männer? Und das in einer äußerlichen Atmosphäre, die sehr viel Wert auf Genderpolitik und Gleichstellung legt (Gendersprache, Gendertoiletten, explizite Frauenförderung in vielen Angeboten). Wo allein vom Frauenanteil her hervorragenden Leistungen von Frauen keine Steine im Weg liegen (keine sichtlichen männlichen Seilschaften, kein patriarchaler Überbau, keine männliche Dominanz). Eigentlich könnte es doch umgekehrt sein. Es könnte ein Ereignis sein, wen ein Mann mal einen Preis erringt.
Es geht mir nicht darum, nach noch einer Quote zu fragen. Ich beschäftige mich berufshalber auch mit den Themen Female Leadership, Frauen und Exzellenz und Frauenkarrieren. Fassadenkosmetik bringt die Frauen, mit denen ich arbeite, nicht weiter. Im Gegenteil. Ehrlich gesagt, lässt es mich extrem ratlos zurück, wenn nicht einmal unter so günstigen Bedingungen Frauen als exzellent bewertete Leistungen erbringen. – Was sich letztlich in der prozentualen Aufteilung der Preise niederschlägt. (Ich gehe nicht davon aus, dass dieser Jahrgang eine Ausnahme bildete, das wäre wohl der Erwähnung wert gewesen.)
Ich kann die Frage nur an Sie weitergeben und vielleicht auch an die Redaktion der hauseigenen Gender-Zeitschrift Quer: Woran liegt das?
Ich erlaube mir, die Mail an Sie als Offenen Brief auf meinem Blog https://kittykoma.de zu veröffentlichen, denn hier habe ich gestern bereits über das Thema geschrieben. (http://wp.me/p1WAOQ-263)
Mit freundlichen Grüssen
Jana Kunath
Wenn ich mir die Themen und das Geschlecht der Preisträger ansehe, fällt mir auf, dass es sich bei den Frauen in erster Linie um statische Themen mit eindeutig psychologischem Hintergrund handelt, wohingegen jene der Männer Dynamik und konstruktive Netzwerke als Tenor haben. Die Männer hier zeichnen sich durch hemdsärmeliges Engagement aus, welches umgehend weitere Pluspunkte für den Lebenslauf ergibt und somit unmittelbaren Erfolg bringt, die Frauen profilieren sich durch innovative, rechercheintensive Abschlussarbeiten, nach denen im schlimmsten Fall bald kein Hahn mehr kräht, weil die Forschungsergebnisse sehr komplex sind und sich deswegen im Alltag nicht leicht umsetzen lassen.
Ratlos bin ich trotzdem.
Das ist interessant: Dynamik und konstruktive Netzwerke. Das heißt, der Job ist „nach oben“ und in die Zukunft offen.