Jenseits des Blutregens

Vorgestern Abend. Von „Huch im Spiegel steht, im Fußballstadion im Paris gab es eine Explosion, bestimmt ein Vollhonk mit Silvesterknallern“ zu „Gute Güte!“ und Entsetzen zwei Stunden später, als ich durch die Twitter-Timeline scollte.
Ich gebe jetzt bestimmt nicht den Couch Coach. Ich bin zutiefst verunsichert und getroffen. Und trotz dem, diese verhinderten Jediritter nehmen mir bestimmt nicht mein Leben weg, durch die Angst, weil sie gestern so vielen das Leben genommen haben. Denn Wirkung über den eigentlichen Ort des Geschehens hinaus, das wollen sie.
Es geht weiter, anders, bewusster. Es gibt viele Dinge in Europa, die zu verlieren ein großer Verlust wäre. Weiterleben, aufrecht, auch für die, die nun nicht mehr leben. Hölderlin und Molière lesen. Und vielleicht auch wieder Heiner Müller. Anatomie Titus Fall of Rome. Nicht das stärkste seiner Stücke, aber es passt.

Die Woche bestand aus Arztterminen und Rekonvaleszenzbemühungen. Nichts, worüber zu reden lohnt, bevor man 60 wird.

Neuigkeiten aus der Welt der Nähnerds gibt es in einem separate Blogpost nächste Woche, denn ich habe Nählust statt Shoppingfrust gelesen und mir langsam auch eine Meinung zu Geschickt eingefädelt gebildet.

Andere Dinge wollte ich schon lange einmal aufschreiben. Meine absurde Gesellschaftsunfähigkeit, was Essengehen anbelangt zum Beispiel. Zum Brunch gehe ich und habe vorher zumindest schon eine Kleinigkeit gegessen und zwei Tassen Kaffee getrunken, sonst Blutdruck im schwärzesten Keller. Ganz, ganz schlimm ist es, wenn dann noch gar keine Entscheidung darüber gefallen ist, wo denn der Brunch stattfindet und man überfüllte Lokale abklappern muss. (Überhaupt muss es in meinen Augen einen sehr guten Grund geben, morgens das Haus zu verlassen, um in einer vollen, lauten, mit Kleinkindern kontaminierten Kneipe für teuer Geld viel zu viel Essen vom Büffet auf den Teller zu schaufeln – statt in Ruhe ein Stündchen Kaffee zu trinken, morgenzumuffeln, eine Kleinigkeit zu essen und langsam hochzufahren.)
Abends essen gehen heißt bei mir in 80% der Fälle, dass ich eine Viertelstunde nach dem Essen todmüde werde und kaum in der Lage bin, mit einigermaßen intelligenter Miene der Tischkonversation zu folgen und einen Horror vorm Nachhauseweg habe.
Klagen auf hohem Niveau, aber es ist alles nicht so einfach.

Über ein anderes Thema bin ich eher zufällig gestolpert. Seit Monaten höre ich von Leuten, die irgend etwas auf dem Bürgeramt brauchen, dass es keine freien Termine gibt. Das Bezirksamt Pankow gibt mittlerweile den Rat, zur Terminvergabe besser anzurufen. Der Grund: Ein Bot bucht alle Termine kurz nach Freischaltung weg, damit sie verkauft werden können. Von so einer Firma wie es scheint. Jerk-Tech, oder Arschloch-Tech und rechtlich gibt es keine Handhabe. Kannste dir nicht ausdenken.

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4 Gedanken zu „Jenseits des Blutregens

  1. Es gibt so bestimmte BWLer/Startup-Physiognomien… Ohrfeigengesichter

  2. Pingback: Results for week beginning 2015-11-09 | Iron Blogger Berlin

  3. Da geht’s mir so wie Dir: Den Sinn hinter der Mahlzeit „Brunch“ habe ich noch nie verstanden. Warum nüchtern aus dem Haus gehen und sich irgendwo teuer drittklassiges Essen, welches aus Plastikverpackungen auf Platten gematscht wurde, in Gesellschaft vieler lauter Menschen einzuverleiben? Zuhause habe ich meinen bevorzugten Tee, meinen handgestreichelten Gouda und ein weiches Ei meiner Wahl, den Liebsten nahe dabei und die Sonntagszeitung ins Haus geliefert.
    Später darf es gern ein altmodisches Sonntagmittagessen sein. Und zwar Stunden später, nicht, wenn im Lokal die eklig nach Brennpaste stinkenden Chafing Dishes angeheizt werden. Mittagessen macht auch nicht so müde, wie abends essen gehen. Ist aber leider meistens mit unserem Leben als Berufstätige nur am Wochenende zu verwirklichen. Grüße nach Berlin, Anni

  4. Das gibt dem Wort Termingeschäft eine ganz neue Bedeutung; ich bin was bass baff erstaunt, dass es so etwas gibt.

    Und Brunch ist das schöne Kind von Frühstück und Mittagbrot, welches besonders von Späterwachten und Zufrühgekommenen geliebt wird, also von Menschen wie mir. ;-)

    Grüße vonne Elbe!

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