Jahresrückblick 2021

Dieses Jahr braucht es schon wieder eine Präambel.
Ich habe mich wirklich schwer getan, diesen Jahresrückblick zu schreiben. Es fühlt sich so an, als wäre nichts passiert, als wäre dieses Jahr eine Gemengelage aus kleinzirkeligen Ereignissen (Aufstehen, Katzen füttern, frühstücken, arbeiten, kochen, Katzen füttern, Beine hoch, stricken und immer zwischendurch den Mann herzen), Vorsicht und Vermeidung, Ärger über das da draußen (politische Nichtentscheidungen, Versprechungen, die nicht not taten, weil sie nicht gehalten werden konnten, Roßtäuschertricks, Unredlichkeit), dazu das Erstaunen, daß um einen herum die angekündigten Katastrophen ausbleiben und Verunsicherung und Angst, daß sie doch kommen könnten.
Ich bin nie ein grundlos ängstlicher Mensch gewesen (gut, ich kann seit dem Burnout nicht mehr ins Meer gehen, aber das ist eine andere Sache), aber ich habe in diesem Jahr einen kleinen inneren Erdrutsch erlebt, was meine Lebenserwartung betrifft. Ich dachte immer, mich putzt es mit 85 weg, passend zum Gedanken, daß es langsam keinen Spaß mehr macht. Warum auch immer, ich bin mir nicht mehr so sicher. Ich merke langsam das Alter, ich bekomme Rechnungen aus früheren wilden Jahren zugestellt, ich höre von Leuten, die einfach weg sind oder zunehmend Einschränkungen haben, die sie sich nicht hätten träumen lassen.
Dazu die Ungewissheit, ob meine Konstitution eine Covid-Erkrankung als Erkältung abhandeln würde. (Mein hyperaktives Immunsystem krempelt lässig die Ärmel auf, der Rest tippt sich an die Stirn und das Herzchen flattert.)
Dann kam noch der kalte Sommer hinzu und gegen Jahresende verknotete sich alles in mir zu stumpfer, wütender Freudlosigkeit.

Ich hatte mir das eher wie in einem Katastrophenfilm vorgestellt. Da kommt eine Pandemie, die Leute liegen röchelnd auf der Straße und die Leichen werden mit Militärtransporten abgefahren. Dann kommen eine paar nerdige Wissenschaftler, die eine schräge Entdeckung gemacht haben, dazu welche, die die richtigen Analysen aus dem Datenwust ziehen.
Dann eine sehr dramatische Entscheidung, Maßnahmen gegen den Mainstream durchzusetzen. Auftritt korrupter Politiker, der wird entlarvt und kriecht sich schämend aus dem Bild. Auftritt sich selbst vernichtende Hysteriker, sie werden durch etwas geläutert, bevor es zu spät ist.
Dann noch ein retardierendes Moment, wirkt der Impfstoff wirklich? Einer der Helden oder seine Liebste wird krank. Aber: Alles geht gut, die Menschen stehen auf und wandeln wieder, eine junge Mutter herzt ihr Kind und der Wissenschaftler hat scheinbar die Frau fürs Leben gefunden.
Schlußszene: Die Sonne geht nach der alles entscheidenen Nacht auf, die Helden haben überlebt und die Welt gerettet, sie liegen erschöpft und dreckig rum, grinsen sich an und geben sich high five.
Das Leben geht weiter.

Keine Rede von Banalitäten und Versagen, von vorbildlich aus dem Boden gestampften Impfzentren, denen der Impfstoff fehlt, weil schlecht verhandelt. Von einer Immunisierung, die im Sommer wirkt und im Herbst, wenn die Pandemie zurück kommt, langsam abhanden kommt. Was aber so schnell keiner merkt, weil alle beschäftigt sind, auf Ungeimpften rumzuhacken. Von Blindflügen, Versuchen, aus den Zahlen, die über die Feiertage geschlossene Gesundheitsämter nicht liefern, politische Entscheidungen aus dem Kaffeesatz zu lesen. Von kriecherischem Wahlkampf und dem Unwillen, unpopuläre Entscheidungen zu treffen.
Sie merken, ich habe schon Schaum vor dem Mund, ich höre jetzt auf.

Zugenommen oder abgenommen?
Immer noch schwankend, je nach körperlicher Arbeit und Temperatur. Könnte langsam etwas weniger werden wegen der Gesundheit.

Haare länger oder kürzer?
So kurz wie seit fast 10 Jahren nicht. Der Zopf hing mir schon wieder bis in den Hosenbund und vor Weihnachten schnitt mir der Graf die Haare unter den Schulterblättern ab. Fühlt sich besser an und sieht besser aus.

Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Gleich geblieben.

Mehr ausgegeben oder weniger?
Gleich viel.
Mit einem Akzent auf schönem Geschirr zu Spottpreisen, die Generation, die ihr gutes Geschirr schonte, tritt gerade ab und die Erben verschleudern oder verschenken die schönen Sachen. In 3 Jahren ist das vorbei. Deutsches Porzellan galt einmal als das Beste der Welt. Könnte mit Autos auch so passieren.

Der hirnrissigste Plan?
Ich verdränge so was gern, keine Ahnung, ob es einen gab.

Die gefährlichste Unternehmung?
Sicher eine der „scheiß drauf, wir treffen uns jetzt einfach“-Unternehmungen.

Der beste Sex?
Die Ehe tut dem gut.

Die teuerste Anschaffung?
Ein Fürstenberg Greque mit schlichtem Goldrand und ein großes Konvolut Villeroi & Boch Alt Amsterdam, das ein geschenktes Service der gleichen Art ergänzte.
Die Abdichtung der Bleche auf den Mittelgiebeln und die Stabilisierung eines Schornsteinkopfes.

Das leckerste Essen?
Das, was uns die Herren Spontiv gekocht haben.

Das beeindruckenste Buch?
Keine Bücher, nirgends. Ich kaufe ab und zu, aber lese nicht.

Der ergreifendste Film?
Ich hätte gewünscht, es wäre der Bond gewesen. Aber der hatte mit zu sehr Schlagseite in Richtung Schmonzette. Daß die Geschichte mit Craig von Anfang an frauenaffiner wurde, fand ich gut. Das ganze Ding mit dem Kind war mir zu sehr Rührfetzen.

Die beste Musik?
Alte Rocksongs, Metallica, Aerosmith, Chris Rea, so was.

Das schönste Konzert?
Nix.

Die meiste Zeit verbracht mit…?
Dem Grafen und dem Haus, weil wir viel innen gearbeitet haben.

Die schönste Zeit verbracht mit…?
Dem Grafen, der wunderbar klaren Luft hier, der jungen Familie und dem Enkelkind und den Schlosskatzen, die nun erwachsen sind.

Vorherrschendes Gefühl 2021?
Haben schlimme Zeiten früher auch so angefangen? Mit dem Gefühl, daß daß alles ein Witz ist und die Leute irre werden?

2021 zum ersten Mal getan?
Mich mit etwas impfen lassen, das noch nicht langfristig gesichert erprobt ist. Ging ja nicht anders.
Das Enkelkind hier gehabt ohne Elternkontrolle. (Fernsehen und Süßigkeiten!)

2021 nach langer Zeit wieder getan?
Zartes Goldrandgeschirr mit der Hand gespült.

3 Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?
Das Enkelkind so selten zu sehen.
Die zweite Staffel „Pandemie“.
Daß ich mittlerweile eine so hohe Stirn habe wie Jerry Hall, allerdings mit Geheimratsecken.

Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Das war eigentlich nicht der Fall, man muß ja nicht immer an allem herumbiegen. Es läuft wie es läuft.

Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?
Ich weiß es nicht.

Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Die Zeit hier.

Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
Der ist irgendwo in meiner inneren Verknotung steckengeblieben.

Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
Ich weiß es nicht.

2021 war mit 1 Wort…?
Ein ganz mieses Sequel von 2020.

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